Verwendung von didaktisiertem Material

  • In meinen Augen ist es eine feine Sache, dass es sowas gibt. Denke da vor allem an Lektüren, deren Interpretationen und Stundengestaltungsvorschläge. Jetzt kommt mir aber des öfteren der Gedanke, ob das vielleicht jemanden stören könnte à la " Das müssen Sie selber machen, nix Klett und Co." Wie macht Ihr das?? Ich kann und will mich nicht in die Uni setzen, um Sekundrliteratur zu (unter) suchen, zu analysieren und mir dann ein paar Stundenentwürfe aus dem Ärmel schütteln....

  • Du wirst im Referendariat nicht darum herumkommen, dir auch selber etwas auszudenken. (Denn das sollst du ja unter anderem lernen. ;) )


    Grundsätzlich ist das Material, denke ich, nicht verpönt - denn es ist ja für den Unterricht gemacht. Aber: man sollte schon selber in der Lage sein, originelle und funktionale Std. zu entwerfen und durchzuführen.


    In diesem Zusammenhang solltest du dich mal mit dem "Methoden-Pädagogenquatsch" beschäftigen, über den du dich ja nicht so begeistert gezeigt hast. ;)

  • Mal ganz davon abgesehen: Ich konnte am Anfang mit den "vorbereiteten" STunden nicht sooo viel anfangen.
    Es ist bei mir regelmäßig in die Hose gegangen, wenn ich einfach eine Stunde aus einem Buch rauskopiert habe (im täglichen Unterricht, nicht in U-Besuchen).
    Heute habe ich den Blick dafür, mit welchem Material ich ohne viel eigene Vorbereitung selber mit meinen Kindern total toll arbeiten kann. Und ich merke auch sehr schnell, dass ich manche Sachen auch einfach nicht machen kann, weils mir einfach überhaupt nicht liegt, SO zu arbeiten.


    In Showstunden darfst du natürlich auch Anregungen aus Stundenentwürfen nehmen. Du solltest aber auf keinen Fall Sachen unreflektiert übernehmen, sondern alles hinterfragen und überdenken. Die Seminarleiter kennen das verfügbare Material und nehmen dich dann auseinander. Was du auch auf keinen Fall tun solltest: Etwas übernehmen und nicht angeben, woher du das hast.

    Vermeintliche Rechtschreibfehler sind ein Vorgriff auf kommende Rechtschreibreformen und deren Widerruf.

  • @philpsophus: Richtig lesen:-) Mein Mentor sieht das so, nicht ich! Außerdem haben Menschen unterschiedliches Kreativitätspotenzial, meines ist halt weniger stark bis garnicht ausgeprägt:-)

  • Zitat

    Isabella schrieb am 27.01.2006 18:24:
    Außerdem haben Menschen unterschiedliches Kreativitätspotenzial, meines ist halt weniger stark bis garnicht ausgeprägt:-)


    Naja, kreative Ideen fallen wahrscheinlich für niemanden aus dem Himmel, sondern entwickeln sich aus Sachen, die man mal gesehen/gelesen/sonstwie mitbekommen hat.


    Anregungen für kreative Textarbeit gibt's z. B. schon mal hier, hier und hier.



    P.S.


    Zitat


    @philpsophus: Richtig lesen:-) Mein Mentor sieht das so, nicht ich!


    Nicht dass es so wichtig wäre, aber gelesen habe ich:


    Zitat

    Meine eine Mentorin hat z.B. deutlich gesagt, dass sie der ganze Methoden-Pädagogenquatsch nervt ( mich übrigens auch:-),


    Wie lese ich das denn richtig?

    • Offizieller Beitrag

    Ich kann für mich nur sagen, dass das meiste Material mir eher ein Klotz am Bein ist. Ich brauche wesentlich länger um eine vorgefertigte Stunde für meinen Kurs passend umzuarbeiten, als ich dafür brauche, mir was Vernünftiges selbst auszudenken. Was mich übrigens trotzdem nicht hindert immer wieder Kaufanfälle zu kriegen, in der trügerischen Hoffnung Zeit zu sparen... ;)

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • philosophus: Danke für die links! Hast schon recht. Bin gerade etwas zu sehr blockiert. Für eine Mittelstufenklasse habe auch ich manchmal kreative Ideen, aber in der OS finde ich es halt schwierig. Schließlich geht es da auch um die Heranführung an wissenschaftliches Arbeiten und die kritische Auseinandersetzung mit Texten..Viele 13 er kann man mit spielerischen Methoden einfach nicht locken, was ja auch ok ist, solange keine Lehrprobe ansteht. Und selbst dann kann man es vielleicht begründen...hoffe ich:-)


    meike: Die Erfahrung mache ich auch gerade. Das Material finde ich oft richtig gut, aber wenn ich dann die Únterrichtsvorschläge lese, wird mir ganz anders und ich bin dann noch blockierter als vorher.

  • Ich sehe es wohl so wie Heike. Früher habe ich auch diverse Materialien bestellt - in der Hoffnung, sie tatsächlich mal benutzen zu können. Letztlich ist das aber kaum der Fall gewesen. Nur wenige Käufe waren ihr Geld wert.


    Gruß,
    Remus

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

  • Zitat

    Isabella schrieb am 28.01.2006 11:17:
    Schließlich geht es da auch um die Heranführung an wissenschaftliches Arbeiten und die kritische Auseinandersetzung mit Texten..Viele 13 er kann man mit spielerischen Methoden einfach nicht locken.


    Wissenschaftspropädeutik und 'alternative' Methoden der Textarbeit schließen sich m. E. nicht aus. Es geht ja auch bei diesen Methoden nicht darum, irgendetwas einfach 'nur so' zu basteln o.ä.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Isabella - hier einige meiner "Rezepte" die ich mal getestet und für gut befunden habe. Vielleicht helfen sie dir für die OS. Ich hab sie in Themen der Erarbeitung geordnet.


    Einstieg in die Lektüre:


    1. Filmsequenz aus der Mitte / dem Anfang zeigen: Spekulieren lassen, worum es gehen, wohin es sich entwickeln wird. Später überprüfen. (PA, GA)


    2. Schräge oder bezeichnende Zitate quer durchs ganze Buch sammeln, raten lassen, wohin das führen wird, später überprüfen. (PA)


    3. Google Bildersuche zu Figuren, da findet man oft super Szenenbilder aus Theateraufführungen oder Filmen, diese auf Folie, Figuren vorab "charaketrisieren" lassen, später gucken obs gestimmt hat. (EA; PA, GA)


    ______________________________________


    Charakterisierung:


    1. "Neulich in der Kneipe": Figur(en) treffen sich im Wirthaus und diskutieren beim Bierchen /Wein ihre Motive, Absichten, Einstellungen (zu Aspekt X, oder generell). (GA)


    2. "Gerüchteküche": Nachbarn, Bedienstete oder Bekannte treffen sich im Treppenhaus; "HamSe schon gehört? Wir haben da diesen neuen Herrn../Nachbarn...) und erklären sich dessen Verhalten oder Motive oder... (GA)


    3. "Spiegel": Schüler sprechen zu (am besten realen) Spiegel an der Wand. Innerer Monolog... (EA)


    4. Tagebucheinträge: Was bewegt mich, was treibt mich um, warum habe ich X getan, wer bin ich, wo will ich hin? (EA)


    5. Brief an Mutter/Vater/Herrn/Gott/andere Figur. Am besten unterschiedliche Arbeitsaufträge an verschiedene Gruppen. (EA in GA)


    6. "Auf der Couch": Beim Psychiater wird ein Analysegespräch geführt (PA) oder der Psychiater schreibt ein Gutachten über die Figur (EA)


    _______________________________


    Figurenkonstellation / Beziehungen


    1. "Gerüchteküche 2" Man unterhält sich bei Hofe (oder sonstwo) über diese oder jene Affaire oder die unsägliche Beziehung zwischen... oder diese wundervolle romantische Liebe oder den Streit ... (GA)


    2. Japanischer Touristenführer: Die S. bilden eine Statue (auch: Standbild) zur Beziehung oder den Machtverhältnissen zwischen X und Y. Ein japanischer Touristenführer beantwortet die verwunderten Fragen der japanischen Touristen (Kameras mitbringen!). Die Fotos werden ausgedruckt und zur Vertiefung beschriftet.


    3. Die Schüler etnwerfen selbst ein Tafelbild zur Erklärung, der Rest des Kurses muss diese Grafik dann erklären. (PA oder GA)


    _________________________


    Während der Lektüre, je nach vorherigem oder kapitelweisem Lesen:


    1. Nächsten Handlungsabschnitt antizipieren lassen (schriftlich oder in gespielten Szenen spontan) (EA, GA)


    2. Zwischentexte schreiben: Heißt, die Schüler fügen die unausgesprochenen Gedanken der Figuren in den Text ein, oder sie fügen Kommentare aus dem off ein, oder verschiedene Schüler fügen Gedanken/Kommentare verschiedener Figuren ein. (EA, PA)


    3. Modernisieren: Was wäre, wenn diese Szene / Handlung im Frankfurt / New York / Paris des 21 Jhdts gespielt hätte? (PA GA)


    4. "Was wäre gewesen, wenn": (für Konflikte, Wendepunkte, Höhepunkte etc) umschreiben lassen. (EA; PA; GA)


    5. "Teufelchen/Engelchen" : Der laufende Text wird von links vom Teufel, von rechts vom Engel kommentiert (ein S. liest Text vor, Teufel und Engel greifen ein) - bei wichtigen Entscheidungen des (tragischen) Helden z.B. (GA)


    __________________________________



    Epoche/historischer Hintergrund/philosophischer Hintergrund:


    Hier muss man jeweils vorher ein paar Sachtexte zu bestimmten Aspekten / der Epiche gelesen haben!)


    1. (GA) Ein (elisabethanischer / romantischer/ viktorianischer/weimarer...) Theaterbesucher steht vor dem Theater und diskutiert mit seinen Bekannten die gerade gesehene Aufführung. Skandal! Begeisterung! Langeweile! Unverschämtheit! Ohnmacht der Frauen!


    2. (EA) Der Stückeschreiber sitzt in seinem Kämmerlein und triumphiert oder greint - über den (Miss)Erfolg der Aufführung und die Reaktionen des (zeitgenössischen) Publikums. Warum haben sie so reagiert? Welchen Zeitnerv hat er getroffen(beleidigt)? Wieso ist das Publikum bloß so, wie es ist? Was werden die Kritiker sagen? Wird man ihn verhaften? Feiern?


    3. Ein zeitgenössischer (liberaler vs konservativer) Zeitungsbericht drückt seine Verachtung / seine Verehrung des gerade aufgeführen Stückes / erschienenen Romans aus. (PA in Klassenhälften)


    4. Ein Zeitgenosse schreibt dem Verfasser einen Brief zur Situation des Volkes / der Moral / der Frauenrolle /.... und erklärt, warum solche Stücke /Romane gerade jetzt gebraucht werden / zensiert / verbrannt / belohnt / werden sollten.


    _____________________________________


    Bewertung (von Aspekten / Figuren / der Lektüre)


    1. Gerichtsverhandlung über den Protagonisten / Antagonisten / Autor (GA mit Awälten Richtern, Staatsanwaltschaft, dem Delinquenten)


    2. Die Götter des Olymp beobachten des bunte Treiben der Figuren (X und Y) und überlegen sich, ob und wenn, dann wie man das bestrafen/belohnen muss.


    3. Talkshow: Experten diskutieren das Verhalten von X, den Mord an Y, die Sprache des Autors, die Brauchbarkeit des Romans in der Schule, die Entscheidung Y, .... (am besten in Gruppen mit vorher festgelegten Expertenrollen : dafür, dagegen / Lehrer, Eltern, Schüler / Konservative, Liberale / ...). Muss gut vorbereitet sein, sonst wirds flach.


    4. Umfrage: Schüler kreieren eine Umfrage mit Bewertung des Aspekts X / des Romans für die andere Hälfte des Kurses, Auswertung in den Gruppen, Ergebnisse vergleichen. Was hat die Art der Fragen mit dem Ergebnis zu tun?


    5. Fastwriting: (Sehr offene!!) Frage zum (zu bewertenden) Thema /der Figur / dem Roman X wird gestellt. Schüler dürfen ganz still eine Minute drüber nachdenken. Kein Wort wird gesprochen. Dann schreiben die Schüler 2 Minuten ohne abzusetzen (!!) - der Stift darf nicht hingelegt werden: was kommt, das kommt, schreibschreibschreib...) Oft geniale und unerwartete Ergebnisse!


    ___________________


    So, ich hoffe, das hilft deiner OS -Kreativität ein wenig ...


    Lieber Gruß
    Meike



    (edit: ein paar der Tippfehler raus)

  • Super, Meike!
    Da sind auch noch ein paar Sachen für mich dabei (die Sache mit dem Spiegel find ich klasse.)


    :):):)

    • Offizieller Beitrag

    Danke, Philo, aber Warnung: gerade DIESE Methode fanden viele Schüler sehr schwierig. Es ist ein Wagnis vor dem ganzen Kurs vor einem Spiegel zu stehen und mit sich "selbst" ins Gericht zu gehen (auch wenn ich nur eine Firgur aus einem Roman bin) - nur was für gute Kurse mit wenig gehemmten Schülern! Am besten freiwillig mit anderer Methode als Alternative.

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