So ... und wer macht diesen Druck nun? "Carina büffelt bis zu zwei Stunden täglich" ... heißt es in der Doku. Aus meiner Sicht kommt der Druck nicht von der Schule und auch nicht vom mehrgliedrigem Schulsystem - der kommt von den Eltern.
Warum muss ein Kind unbedingt nach der 4. Klasse aufs Gymnasium? Das ist sicher kein "muss", das von der Schule kommt. Mein Eindruck ist, dass die Kinder, die den Übertritt nur mit stundenlangem Büffeln und dann auch nur knapp schaffen, am Gymnasium oft nicht gut aufgehoben sind ... brauchen wir wirklich Übertrittsquoten von 50% auf das Gymnasium?
Gut, das Gymnasium führt zum Abitur und viele Eltern wollen das Abitur für ihr Kind, weil ihm damit (fast) alle Wege offen stehen ... aber wenn der Weg über das Gymnasium zum Abitur für das Kind nun einfach zu schwierig ist oder auch: in der 4. / 5. Klasse NOCH zu schwierig?
An allen Informationsabenden der Gymnasien erlebe ich, dass die enstprechenden Lehrkräfte die Eltern auch darüber informieren, dass mehr Wege nach Rom bzw. zum Abitur führen ... vielleicht für die Kinder besser geeignete Wege ... aber dennoch werden die Kinder ans Gymnasium angemeldet. Warum? Wer baut denn hier Druck auf? Das Schulsystem, das durchaus Alternativen kennt? Eher nicht ...
Alternativen:
FOS/BOS sind wohl bekannt. Unsere Schule (Gymnasium) bietet Schülern mit gutem Realschulabschluss die Möglichkeit, die 10. Klasse am Gymnasium noch einmal zu machen und dabei ganz gezielt auf die gymnasiale Oberstufe vorbereitet zu werden. Dann können die SuS in die Oberstufe - und die Erfolgsquote beim Abitur ist sehr hoch.
Das heißt, das Schicksal der Kinder entscheidet sich eben nicht schon endgültig mit dem Übertrittszeugnis der 4. Klasse - das ist ein immer wieder gern bemühtes bildungspolitisches Ammenmärchen.
Für viele, viele Kinder wäre die Realschule in den letzten Jahren in Bayern der viel bessere Weg gewesen (keine ständigen Reformen weil das G8 halt doch nicht funktionierte, kein Nachmittagsunterricht ... an der Realschule den Zweig mit Französisch nehmen und dann nach der Realschule ans Gymnasium oder an die FOS ... wo ist da jetzt wirklich der große, unmenschliche Druck? ... ja sogar Hauptschulabschluss + Berufsausbildung + BOS führt zum Abitur ...).
Und ja, ich habe auch drei Jahre an FOS/BOS unterrichtet ... und wenn ich mir jetzt die Eltern und ihre Erwartungshaltung an das Kind anschaue, dann weiß ich, wo der Druck herkommt.
Ich kenne auch wenige Lehrer, die erwarten, dass die Eltern die Hausaufgaben zeitaufwändig kontrollieren (soll heißen: auf Richtigkeit) ... wäre schön, wenn die Eltern sicher stellen, dass die Hausaufgaben gemacht werden ... dazu braucht es aber kaum großen Zeitaufwand.