In der Zwischenzeit hat sich allerdings ein anderer Gedanke in meinem Hinterkopf manifestiert: Da ich meine Vorliebe für Englisch und englisch-sprachiges Ausland habe, wäre da so eine Idee, Deutsch im englisch-sprachigen Ausland als "Fremdsprache" zu unterrichten, schon keine unschöne Vorstellung. In meiner Unwissenheit heraus, dafür sei es wohl am besten, komplett Germanistik studiert zu haben und da ich ja sowieso ein zweites Fach fürs Lehramt brauchte, entschied ich mich also für Deutsch neben Englisch.
Ich bin aber nach wie vor nicht wirklich glücklich - ich war zwar in Deutsch in der Schule nie sonderlich schlecht, aber jetzt auch nicht gerade im 1er Bereich. Eher zwischen 2 und 3. Bücher habe ich früher zwar privat viel gelesen, aber eben Unterhaltungslektüre - nie wäre und ist mir von mir aus eingefallen, mal einen deutschen Klassikerschinken wie Goethe oder Kafka privat zu lesen. Dafür war ja der Deutschunterricht in der Schule da, wo man da halt durch musste. Genau diese Haltung und diese Prädisposition ist es auch, die mich furchtbar unsicher werden lassen, wenn ich mir gedanklich vorstelle, wie ich später einer Klasse Literatur bzw. Literaturinterpretation näher bringen soll, wo ich mir meinerseits während der Schulzeit doch zu jedem Pflichtlektürewerk mehrere Lektürehilfen gekauft habe, um mich dort interpretationstechnisch abzusichern und zu bereichern. Noch dazu habe ich gerade im ersten Semester einen Mediävistikkurs, sprich mittelalterliche Literatur und Sprachtgeschichte.
Die Sprachgeschichte und Grammatik finde ich ihrerseits ganz interessant, auch die Linguistik allgemein (da bin ich unter den Studenten alleine auf weiter Flur, die sich ja alle soo freuen, wenn endlich die klassische Literaturschinken kommen), aber eben die mittelalterliche Geschichte und Literatur sagt mir nicht so zu.
Mittlerweile hat mich das alles in eine regelrechte Lebenskrise geworfen. Mein Studium war von Anfang an eine wilde Achterbahnfahrt, in Englisch bereits zur Hälfte durch, aber scheinbar kein optimales Zweitfach. Noch dazu bin ich mir recht unsicher, ob ich für den Beruf des Lehrers geeignet bin. Dass ich im Jugendheim bei sozialschwächeren Jugendlichen gutes Können als total unerfahrener frisch-gebackener Abiturient gezeigt habe, zeigt zwar, dass eine gewisse soziale Fähigkeit vorhanden sein muss, aber das macht eben das Unterrichten alleine auch nicht aus.
Durch den Versatz in den Fächern, kann ich also auch noch kein Praxissemester antreten, was für dieses aktuelle Semester eigentlich schon anberaumt wäre, also vergeht weiterhin mehr und mehr Zeit, ohne zu wissen, ob ich dafür überhaupt geeignet bin. Im November war ich sogar mal kurz davor, abzubrechen und da ich in Englisch schon so weit war und damit das alles nicht umsonst gewesen wäre, wollte ich von Lehramt auf Bachelor wechseln, dort den Bachelor beenden und mit dem Wissen, dass mir ein Bachelorabschluss in Englisch so gut wie nichts bringen würde, mich nach einer Ausbildung oder ähnlichem umsehen.
Da ich nach etwas Beruhigung diesen Schritt aber dennoch für etwas überstürzt hielt, bin ich also immer noch eingeschrieben. Wie damals im Abitur, strebe ich eine möglichst breitgefächerte Basis an, wo mir danach so viele Möglichkeiten wie möglich zur Verfügung stehen. Ich habe Angst davor, mich auf etwas festzulegen, aus Angst und Unsicherheit, es könnte nachher nicht das richtige sein und das Gerede, was man über das Lehramtsstudium immer so hört, Lehramt sei quasi eine Einbahnstraße, wer auf Lehramt studiere, wisse, worauf er sich einlasse und als was er später ende, macht die ganze Situation nicht besser für mich, sondern nur noch schlimmer.
Mein inneres kämpft mit dem Dilemma, jetzt auf Lehramt fertig zu studieren, um zumindest den Abschluss in der Tasche zu haben (das Referendariat müsste ich ja nicht zwangsweise antreten) und danach dann eventuell in eine andere Richtung zu gehen und andererseits jetzt lieber die Notbremse ziehen und jetzt nach einer Ausbildung suchen. Mir geht dauernd durch den Kopf, dass ich ja sowieso bereits 1 Jahr später als Kind eingeschult worden bin, noch dazu habe ich nach dem Abitur 1 Jahr durch das FSJ "verschwendet", jetzt bin ich bereits 23, wenn ich auf Lehramt fertig studiere, würde ich Richtung 30 zu gehen. Mit Schrecken lese ich im Internet sogar von gewissen Altersbeschränkungen bei Ausbildungen, was bedeuten würde, ich könnte später nach dem Studium gar nicht mehr alle Ausbildungen
antreten?
Das löst Panik in mir aus!! Und zwar ziemlich gewaltige, ich bekomme Existensängste, ich sehe mich später mit Anfang 30 nach Ausbildungen suchen, die eigentlich 17-jährige antreten und sehe Absagen auf mich zukommen wegen meines Alters oder wegen Überqualifizierung durch mein Studium. Etwas anderes außer Lehramt lässt sich mit meiner Fachkombination auch nur schwer machen, oder sagen wir, es gibt sonst kaum etwas, was ich arbeitsmäßig machen wollen würde (Ich will nicht unbedingt Lektor in einem Verlag sein oder in einer Bücherei arbeiten müssen).
Noch dazu stelle ich mir mehr und mehr die Frage, ob der Schritt Richtung Lehramt überhaupt der richtige war. Diese Entscheidung war noch dazu eine sehr kurzfristige!! Ich wollte etwas sicheres, mit geregelten Arbeitszeiten und gutem Einkommen - war Lehramt einfach nur eine Notoption, weil ich mir dadurch gutes Einkommen, Arbeitszeiten und Ferien inklusive Verbeamtung erhofft habe, genau die "Sicherheit", die mir eigentlich wichtig ist, denn ich bin kein Risikomensch?
Selbst während der Zeit des FSJs nach dem Abitur war mir nicht klar und habe ich nie in Erwägung gezogen, je Lehramt machen zu wollen. Ich interessiere mich hobbymäßig sehr für den Medienbereich, Film/Fernsehen/Radio, habe während meiner Schulzeit ein Praktikum bei einem örtlichen bekannten Fernseh- und Radiohaus gemacht als Medientechniker in Bild und Ton und es hat mir ziemlich gefallen, aber auch da kam nach dem Praktikum die Mahnung der Ausbildungsleiterin, auf den Platz des Medientechnikers bewerben sich hunderte. Es herrsche ein totaler Überschuss an Bewerbern. Nach langer Recherche war das Bild,das ich vom Medienbereich bekam, ein eher ernüchterndes: Hohes Risiko wegen viel zu vieler Bewerber, nur befristete Jobverträge und das Gehalt ist auch eher ähnlich wie mit der Sozialarbeit im Jugendheim.
Das Interesse für die Fernseh/Radiotechnik ist aber dennoch auf jeden Fall da und auch privat habe ich mir sehr viel Wissen in diesem Bereich autodidaktisch angeeignet. Aber es erfüllt eben nicht ganz so meine Vorstellungen von Jobsicherheit und geregeltem Einkommen, denn in manchen gewissen Medienjobs kann es sogar sein, dass im nächsten Monat keine Aufträge mehr ins Haus flattern und dann sieht's düster aus.
Deswegen führte mich das alles letztendlich Richtung Lehramt, aber hier sitze ich nun, in 3 Wochen Prüfungen in Deutsch. Eine Prüfung, die Mediävistikprüfung, werde ich vermutlich sogar schieben, da ich mich zu schlecht vorbereitet fühle; das Übersetzen mittelalterlicher Texte ins Neuhochdeutsche klappt nicht immer reibungslos und ich weiß gar nicht so recht, wie ich mich auf 2 Prüfungen mit einem rießigen stofflichen Lernumfang gleichzeitig vorbereiten soll, die nur eine Woche voneinander entfernt sind. Ich will nicht versagen und schlecht abschneiden, daher gedenke ich, die eine Prüfung zu schieben, dadurch habe ich die Semesterferien mehr Zeit, mich konzentriert darauf vorzubereiten. Habe das schon einmal in Englisch gemacht, weil ich oftmals so anfällig für Prüfungsangst bin, dass es reicht, wenn irgendein Themengebiet unklar ist und ich mich dann total schlecht vorbereitet fühle und Versagensängste habe. Ich denke dies resultiert auch daraus, dass ich bisher Englisch immer nur alleine studiert habe; ich bin es scheinbar nicht recht gewohnt, dass eben im Normalfall 2 Fächer im Studium dabei sind und das wirft mich jetzt total aus der Bahn. Noch dazu halt die immer wiederkehrenden Selbstzweifel wegen des Zweitfachs Deutsch.
Ich weiß einfach nicht mehr weiter, ich bin monatelang depressiv, befinde mich in einer Abwärtsspirale, weiß nicht, welche Schritte nun die besten wären, lieber Lehramt durchziehen, damit eben wenigstens die "Möglichkeit" dazu bestünde und ich so breitgefächert wie möglich aufgestellt bin, dafür aber eventuell in Kauf nehmen müssen, dass ich mit Anfang 30 vielleicht wegen zu hohen Alters kaum noch eine Ausbildung in einem anderen Bereich kriegen kann, oder jetzt lieber Lehramt schmeißen, dann halt auf die Möglichkeit des Lehrens verzichten und sich vielleicht ewig vorwerfen, warum habe ich es nicht probiert, wäre ich damit besser dran gewesen?
Ich weiß einfach nichts mehr! Das Studium empfinde ich zur Zeit nur noch als tägliche Last, weil ich gar keine Perspektive mehr habe, kein Ziel, das gründet in Versagens- und Existenzängsten, die mich dann nur noch mehr blockieren!
Es tut mir so Leid, euch diese halbe "Doktorarbeit" vom Umfang her aufgetragen zu haben, aber wie oben angesprochen, ist dieser Bereich nur ein Bereich von vielen anderen, teils auch familären, die mich beschäftigen.
Ich danke für Hilfe und Meinungen!!