Ich muss sagen, dass ich C.B. in vielen Punkten verstehen kann. Es kann übrigens auch sehr viele positive Aspekte haben sich zu Höherem berufen zu fühlen. Das sind meistens die Lehrer, die an der Schule den Ruf haben fachlich einiges abzuverlangen und es auch "fachlich drauf zu haben". Das sind auch meist diejenigen, die sich für die Repräsentation ihres Fachs an der Schule einsetzen, sei es bei Wettbewerben oder anderen fachlichen Aspekten.
Erinnere mich noch genau an meinen früheren Chemielehrer, der hatte einen Doktortitel und wäre eigentlich lieber Professor geworden, wir wären seine 2. Wahl aber er würde uns auch gerne unterrichten. Einfach ehrlich der Mann. Als einer der wenigen Lehrer hatte er einen Unterricht auf einem Niveau gemacht, das mich stark gefordert hat. Er hat sich speziell für die Leistungsstarken eingesetzt und das inhaltliche Unterrichtsniveau vollkommen nach oben hin ausgereizt. Anstatt das Niveau abzusenken, damit auch die Schwachen aus unserem Kurs mitkamen (die meiner Meinung nach großteils eh im falschen LK, wenn nicht gar an der falschen Schulart waren!) hat er Gas gegeben für uns interessierte Chemiecracks. Dabei war er trotzdem fair den anderen gegenüber, hat aber eben seinen Fokus auf Leistung gehabt. Auch hat er Hilfestellung für die Schwachen gegeben, aber vor allem mit Aufträgen zu selbstorganisiertem Nacharbeiten außerhalb des Unterrichts, denn sein O-Ton "Unterrichtszeit ist fürs Wiederholen zu schade, das müsst ihr zuhause machen, sonst kommen wir nicht zu den spannenden Themen". Das war noch ein Lehrer, der Motivation bei den Guten einfach durch große Fachkompetenz erzeugt hat, nicht durch irgendwelche verrückten Methodenwechsel, pädagogischen Motivationstricks oder andere, lernzeitverbrennenden Schnickschnack den manche heutzutage machen (müssen), damit die desinteressierten Schüler überhaupt noch zuhören. Und er war einer, der nach der Chemie AG noch stundenlang da blieb um mit uns einen neuen Versuch zu testen.
Das ist in SLH auch einfach ein Problem der Abschaffung des Gymnasiums. Besager Lehrer hatte noch den Mut knallhart zu sagen:"Wenn Du keine Lust auf den Unterricht hast, da ist die Tür." Und wir Interessierten haben auf die Tische geklopft und gedacht "Endlich sagts denen mal einer!".
Heutzutage läuft das ja ganz anders. Da wird ja am Gymnasium mitgeschleift, wer seinen Namen schreiben kann, und wenn jemand keine Lust hat, dann muss der Lehrer ihn selbstverständlich motivieren. Wenn einer Schüler ruft "Langeweilig, wofür braucht man das", dann erntet er Applaus von seinen Mitschülern. Und wenn man als Lehrer andeutet, dass einige nicht ans Gymnasium gehören bekommt man schiefe Blicke von den Superpädagogen.
90% Lehrer die ich selber hatte, haben sich um ein eher seichtes, massenkompatibles Niveau bemüht: Unterricht für den Durchschnitt oder gar Unterricht für die schlechten Schüler. Und alles musste bunt und crazy, am besten noch dramatisch sein. Wir guten Schüler waren dabei oftmals unterfordert.
Das Gymnasium sollte meiner Meinung nach die Schulart für die leistungsfähigsten und leistungswilligsten Schüler sein und ich würde mir auch mehr Kollegen wünschen, die sich nebenher für Forschung an der Uni interessieren und von ihrem Fach so begeistert sind, dass sie liebend gerne, wenn sie die Möglichkeit hätten, ihre Brötchen in der Forschung verdienen würden.
Ich bin auch so jemand. Dennoch unterrichte ich auch gerne und meine Begeisterung für das Fach springt oft über und steckt so manchen Schüler oder Schülerin an. Bei denjenigen, die sich durch Begeisterung für das Fach nicht anstecken lassen, kann man durch pädagogische und didaktische Spielereien eh meist allenfalls ein Strohfeuer entzünden. Bei denen bemühe ich mich um Fairness und gebe Hinweise zum Nachlernen, aber den Kopf zerbrech ich mir über diejenigen, für die ein Gymnasium ursprünglich mal gedacht war.
Sorry, aber das musste mal raus, nachdem ich heute eine freistundenlange Diskussion miterleben musste, wie man einen desinteressierten, nicht sonderlich intelligenten Schüler mit Verhaltensauffälligkeiten (der auch in einer meiner Klasse sitzt und den ich erfolgreich am Verlangsamen meines Unterrichts hindere) zu besseren Leistungen bringen kann. Eine komplette Freistunde haben die Damen sich da bekakelt. Eine davon unterrichtet Erdkunde in der Klasse und erzählt den Schülern fachlichen Bullshit zum Ozonloch, das ich dann wieder geradebiegen darf. Fast wäre ich hingegangen und hätte gesagt, sie solle die Freistunde lieber nutzen um ihr fachliches Wissen aufzubessern, anstatt irgendwelche pseudopädagogischen Experimente zu planen. (Hübsche Sternchen ins Mitteilungsheft für gute Mitarbeit, in einer 8. Klasse, ich bitte Euch). Aber das ist eben der mainstream der neuen Lehrer(innen). Da schätze ich männliche Kollegen doch irgendwie mehr, die sind meist pragmatischer und fachlicher.