Beiträge von WillG

    Was die Massenüberwachung betrifft hat die Realität diese Dystopie doch längst eingeholt.

    Ach was. Das ist die übliche Panikmache und Hysterie. Sind unsere persönlichen Daten weniger privat als früher? Ja, natürlich. Aber man kann sich auch davor schützen, wenn man sich aktiv mit dem Thema beschäftigt. Wir sind meilenweit von einem verpflichtenden Telescreen, der in jeder Wohnung hängt, sich nicht ausschalten lässt und ohne Unterlass Audio- und Videoaufnahmen übermittelt, ohne dass man die Kontrolle darüber hat. Und jetzt kommt mir nicht mit Alexa, die stellt man sich ja immer noch freiwillig in die Wohnung, wenn man das für richtig hält.

    Die Disukssion, die wir hier gerade nicht führen, ist ja im Forum nicht neu. Sonst habe ich mich auch mehr beteiligt.
    Dies ist aber das erste Mal, dass du, @alias, tatäschlich mal ein paar Argumente auf den Punkt bringst, statt nur die polemische Frage aufzuwerfen, wer denn nun der größere Fanatiker ist. Ich kann deinen Punkten gut zustimmen, sehe aber ausschließlich im Punkt 3 ein überzeugendes Argument für den konfessionellen Religionsunterricht. Ich bin mir nicht sicher, ob dieses eine Argument für mich persönlich ausreicht, denn Manipulation kann trotzdem noch zur Genüge stattfinden. Ein inhaltlich klar ausgerichteter Ethikunterricht kann die Schüler meiner Meinung nach auch ausreichend stärken, um sich gegen solche Manipulationen zu wappnen, ohne konfessionell eingefärbt zu sein.


    @Wollsocken80
    Den Ethikunterricht würde ich - gerade an der SekII - nicht in Frage stellen. Die philosophischen Inhalte wurden ja schon genannt. Alias hat eben noch die - ich finde auf die schnelle dein Zitat nicht mehr, deshalb nur paraphrasiert - kruden Märchen und obskuren Aberglauben als wichtige Grundlage unserer Kultur angegeben. In diesem Sinne würde ich das unterstützen: Nicht als Sachtexte, auch nicht als Heilsbringer, aber doch als Grundlage, um vieles in unserer Kultur zu verstehen. Gerade schon im Bereich der deutschsprachigen Literatur ist man ohne gewisse Bibelkenntnisse verloren. Also: Bibel als Unterrichtsinhalt im Sinne eines wichtigen kulturellen Bezugstext, ohne weitere esoterische Bedeutung. Nun könnte man sagen, dass das doch der Deutschunterricht leisten soll, aber da bin ich bei Krabappel: Der ist schon voll. Außerdem ist das auch wichtig für Kunst, Geschichte etc. Da passt das in ein Fach, das sich ohnehin mit Philophie und anderen geistesgeschichtlichen Hintergründen beschäftigt, doch viel besser rein.

    Völlig OT:
    Ich ertappe mich immer mehr dabei, wie es mir einfach zu blöd ist, auf xenophobe Provokationen, mit denen man da und dort immer häufiger konfrontiert wird, einzugehen. Ich meine damit nicht die hardcore Parolen, sondern eher die pseudo-gemäßigte "Das wird man doch wohl noch sagen dürfen"-Kategorie.
    Dass das nicht unbedingt gut ist und dass man diesen Meinungen konsequent entgegenhalten muss, ist mir natürlich klar. Hat jemand einen guten Tipp für mich, wie ich diese Ermüdung angesichts der gesamtgesellschaftlichen Verhältnisse überwinden kann?

    Und niemand, der unseren Beruf nicht macht, kann sich dieses manchmal echt zermürbende Gefühl vorstellen, dass man eigentlich nie Feierabend hat.

    Ist vielleicht auch eine Frage der inneren Einstellung. Ich kann sehr gut Feierabend/Wochenende/Ferien machen und dann auch ein Feierabend-/Wochenend-/Feriengefühl haben. Wenn ich etwas geschafft habe und irgendwann beschließe, dass es jetzt auch genug ist, stört mich das überhaupt nicht, dass man ja noch sie viel tun könnte. Auch wenn ich merke, dass heute gar nichts geht und den Stift fallen lasse, kann ich sehr gut abschalten und die Freizeit ohne schlechtes Gewissen genießen. Das kann man sich gut antrainieren - und das sollte man auch tun.


    Schlimm ist es nur, wenn man irgendwie nicht zu Potte kommt, die Arbeit immer wieder aufschiebt und dann am Ende des Tages weder Freizeit gehabt hat noch etwas geschafft hat. Dann habe ich auch kein Feierabendgefühl. Das ist aber eine Frage des Zeitmanagements und dass so etwas doch immer wieder vorkommt, ärgert mich selbst tierisch.

    Interessant, wird man dann "runtergruppiert"? Sonst klingt das nicht unbedingt nach Aufgaben, die weniger Arbeit erfordern...

    Runtergruppiert tatsächlich nicht. Wenn es eine Abordnung ist, dann bleibt man in der Regel in seiner Besoldungsstufe. Ansonsten sind solche Stellen eher noch Beförderungsstellen, aufgrund der höheren Verantwortung (und meist höheren Arbeitszeit).

    Nein. Da müsstest du wohl aus dem System aussteigen und dich bewerben, wie jeder andere auch

    Hier würde ich widersprechen. Ich weiß nicht, wie das in NRW ist, aber in der Regel gibt es zumindest die Möglichkeit, sich innerhalb der Beamtenstatus in die Bildungsverwaltung abordnen zu lassen und dann einen Bürojob zu besetzen. Hier heißt das auf der ersten Ebene "Mitarbeit des MBs". Dann gibt es natürlich noch Abordnungen ins Kultusministerium.
    Hier in Bayern können solche Jobs beim MB durchaus auch im Rahmen einer Versetzung erfolgen, so dass man gar nicht in den regulären Schuldienst zurück muss. Ob man evtl. noch ein paar Stunden unterrichtet, weiß ich nicht. Ich wäre allerdings sehr überrascht, wenn es das bei euch nicht geben würde.

    Ich habe gelegentlich Nebenjobs. Nicht, um Geld zu verdienen, aber manchmal ergibt es sich bei meinem rein privaten Hobby, dass man doch bezahlt wird, und dann muss ich eben einen Nebenjob anmelden.
    Ich hatte auch schon Lehraufträge an der Uni oder hab Vorträge auf Konferenzen gehalten, für die ich bezahlt wurde. Einmal habe ich Sprachferien in England betreut. Das alles musste ich als Nebentätigkeit anmelden.
    Allerdings waren das alles Dinge, die ich rein aus Interesse/Lust getan habe. Fürs Geld war das nicht nötig.
    Ich würde neben dem stressigen Ref und neben dem zeitlich anspruchsvollen Berufsalltag als Lehrer nichts weiters aus (finanziellem) Zwang machen wollen. Ist auch bei der Besoldung gar nicht notwendig. Aber Hobbies sind wichtig - und wenn es für die auch Geld gibt, nimmt man das halt mit.

    Kennt Ihr persönlich Fälle, in denen jmd. zum Amtsarzt musste, weil Zweifel daran bestand, ob die Person wirklich krank war?

    Mein Schulleiter hat uns als PR mal darüber informiert, dass er beabsichtigt, einen Kollegen, der über Jahre hinweg aktenkundig auf "verdächtige Weise" krank war, zum Amtsarzt zu schicken. Passiert ist da nie was, wohl weil die übergeordnete Behörde unseren Chef zurückgepfiffen hat.

    Keine Ahnung, wie das in Niedersachsen ist, aber in den Bundesländern, in denen ich mich ein wenig auskenne, darf man während einer Beurlaubung nicht so ohne weiters eine andere Tätigkeit ausführen.

    Da biete ich weniger. :) Einmal lesen, alle Fehler anstreichen. Einen positiven Aspekt und einen Tipp ins Freifeld unters Bewertungsraster. Daneben ein Blatt für mich mit Dingen, die ich, wie du, vor der ganzen Klasse bespreche.

    Mache ich auch so. Minus dem positiven Aspekt und den Tipp. Das inhaltliche wie auch sprachliche Feedback gibt es per Ankreuzraster. Vielleicht 8min bei einer einseitigen Arbeit.

    Kollegen, die sich bisher kritisch über die AfD geäußert haben, überdenken ihre Äußerungen ab jetzt vielleicht und unterlassen eine kritische Behandlung der Partei sicherheitshalber.

    Also, ich werde in meinem nächsten Oberstufenkurs Deutsch wieder eine Rede von Björn ("Bernd") Höcke analysieren. Und wenn mich dann jemand bei der AFD anschwärzt, so what? Das würde ich eher als Ritterschlag sehen.

    Um vielleicht mal zurück zum eigentlichen Thema zu kommen:
    Nach abgeschlossenem Ref kannst du natürlich auch als Bundesprogrammlehrkraft arbeiten. Da sind die Konditionen in der Regel deutlich besser als bei den OLKs. So ganz genau kann man das nicht sagen, da die Schulen eben die Vertragskonditionen für OLKs selbst festlegen (da hat Nordseekrabbe natürlich recht), während die Konditionen für BPLKs und ADLKs zentral in Köln festgelegt werden.
    Dass man sich das Land nicht aussuchen kann, stimmt im Prinzip. Allerdings wirst du nicht nach Argentinien oder Indonesien zwangsverschifft, nur weil du dich irgendwann mal für den Auslandsschuldienst beworben hast. Du bekommst erstmal ein Angebot, das du natürlich auch ablehnen kannst. Oft kommt vor dem "offiziellen" Angebot auch erstmal eine "inoffizielle" Anfrage, ob du dir die DS in Land XY vorstellen könntest. Das ist also halb so wild.
    Und dann kannst du natürlich noch Initativbewerbungen an die Schulen in dem Land, das du dir wünschst, schicken und ihnen quasi sagen "Hey, hier bin ich. Mich gibts auch und ich bin toll. Gebt mir mal einen Job!". Kann sicher auch nicht schaden.


    Alternative Wege ins Ausland wären als Lektor des DAAD oder der Robert-Bosch-Stiftung, über das Goethe Institut (Experte für Unterricht) oder einfach durch Direktbewerbung an entsprechenden Schulen und Institutionen.


    Ganz egal wie, die Entscheidung zwischen Ausland und Planstelle musst du an dieser Stelle deines Lebenslaufs treffen. Erst mit Planstelle und ein paar Jahren Berufserfahrung kannst du beides kombinieren.

    Leicht OT: Ich finde es extrem seltsam, dass man in manchen BLs offenbar in die Schulkonferenz (hier in Bayern: Schulforum) gezwungen werden kann. Das ist eigentlich das, was wirklich keinen Sinn macht.
    Hier ist das eine normale Wahl, die man natürlich auch ablehnen kann.
    Seit mehreren Jahren arbeiten wir im PR darauf hin, dass die Kollegen verstehen, in welchen Gremien sie Mitspracherecht haben und wie wichtig das ist. Wir informieren auch regelmäßig darüber, über welche Themen sie in diesen Gremien bestimmen können. Seitdem haben wir eigentlich immer Kollegen, die sich bewusst freiwillig für das Schulforum melden und diese Aufgabe auch ernst nehmen. So muss das auch sein.
    Und die kommunizieren ihre Meinung zu den relevanten Themen auch offen in der GeKo, dann wird diskutiert. Am Ende entscheiden sie aber natürlich selbst, wie sie abstimmen sollen. Eventuell kommen ja während der Sitzung des Schulforums nochmal neue, überzeugende Argumente.
    Wenn die Kollegen nicht selbst entscheiden könnten, wie sie abstimmen wollen, dann könnte man sich das auch gleich sparen und der Schulleiter nimmt einfach das Ergebnis der GeKo-Abstimmung mit ins Schulforum.

    Übrigens ist das ganze nix schlimmes. Die SL ist halt verpflichtet, Dir Maßnahmen bzw. ein Gespräch drüber anzubieten.

    Ganz so unbedeutend ist die Sache nicht. In der Regel ist eine durchgeführte BEM-Maßnahme eine wichtige Voraussetzung, um später eine evtl. Dienstunfähigkeit attestieren zu können. Soll heißen, wenn innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine zweite BEM-Maßnahme durchgeführt wird, kann man deutlich schneller beim Amtsarzt landen.

    Ich hab es so verstanden, dass die TE zur Zeit das Gefühl hat, dass sie fachlich nicht hinterherkommt, also müsste sie die Zeit reduzieren, um sich einzuarbeiten, das geht aber nicht. Und das erzeugt Druck.

    Aber das ist doch genau das, wogegen Pareto helfen kann. In diese Richtung gingen auch andere Hinweise, u.a. meiner, die sich nicht direkt auf Pareto bezogen haben.
    Das Gefühl, fachlich nicht hinterher zu kommen, kommt aus dem Anspruch, fachlich zu 100% fit zu sein. Um den Unterricht vorzubereiten und zu stemmen, reichen aber eben erstmal die 20%, die man sich recht schnell draufschaffen kann.
    Ich sehe Pareto nicht als Rechenexempel, so wie du es hier machst, wenn du von 15min auf 3min herunterrechnest und dann nochmal weiter auf 36 Sekunden. Es geht mehr um eine Grundeinstellung, dass man eben nicht 100% perfekt sein muss, noch nicht einmal annähernd. Es reicht ein Bruchteil davon.
    Ich möchte im Englischunterricht ganz aktuell etwas zu Kavanaugh machen? Dann suche ich nicht zwei Stunden nach dem perfekten Artikel, sondern nehme einen der ersten brauchbaren Kommentare, die ich in der NY Times oder im Guardian finde. Ich möchte das mit Infos zu Checks&Balances ergänzen? Dann kopiere ich einen Infotext aus einem Schulbuch. Die Texte werden nicht schön formatiert, es gibt keine besonderen, handlungsorientierten Aufgaben dazu, sondern vielleicht zwei Aufgaben mit klassichen Operatoren. Und schon sind 45 Minuten in 10 Minuten vorbereitet.


    Alternativ könnte ich natürlich die gesamte Anhörung durcharbeiten, einen passenden Ausschnitt digital ausschneiden und als Hörverstehensaufgabe mit schickem Arbeitsblatt erstellen. Vorher habe ich natürlich nochmal in der Tagespresse den gesamten Fall ausführlich nachgelesen, um auch ja zu 100% auf alle Fragen antworten zu können.
    Ich könnte dann anhand von drei Stationen einen Minilernzirkel zu Checks&Balances erstellen und schließlich sollen die Schüler selber einen Kommentar verfassen. Vielleicht bereite ich dafür noch Rollenkarten vor (dem. Senator; rep. Senator; Frauenrechtlerin) und lasse den Kommentar dann mit Video aufzeichenen und schneide das Ganze zu einer NAchrichtensendung zusammen.
    Kostet mich vermutlich das ganze Wochenende; füllt wahrscheinlich auch eher drei bis vier Stunden aus, aber der Mehrwert ist äußerst gering. Und wenn dann etwas schief geht, z.B. weil die Schüler schlecht drauf sind oder die Technik versagt, dann ist der Frust umso größer.


    So verstehe ich Pareto. Der billige NYT-Kommentar und der Infotext aus dem Schulbuch tun es auch - vor allem für ein Thema, das ich im nächsten Durchgang nicht mehr besprechen werde. Wenn ich jetzt aber eine Lektüre vorbereite, von der ich weiß, dass ich sie auch noch in den kommenden Jahren behandeln werde, und die mir persönlich auch Spaß macht, dann kann ich mich da reinhängen - wenn ich will.

    Wie bereitet ihr Unterricht vor? Versteht ihr das Thema immer 100%ig? [...]


    Wie viel Zeit steckt ihr in die Unterrichtsvorbereitung? Wie plant ihr Unterricht effizient?

    Ich kenne mich in deiner Schulform nicht aus, deswegen weiß ich nicht, wie brauchbar die folgenden Gedanken sind.
    In Englisch ist es so, dass der Sek.2-Lehrplan immer wieder Themen vorsieht, die eigentlich nur sehr bedingt mit dem Fach zu tun haben. Das sind dann so Dinge wie Climate Change, Cloning etc.
    Bei diesen Themen verstehe ich natürlich nicht alles. Ich verstehe, wenn ich sie zum ersten Mal unterrichte, sogar manchmal relativ wenig. Und klar lese ich mich dann ein, aber nicht in der Form, dass ich mir ein 500-seitiges Genetiklehrbuch reinpfeife, das ich ja sowieso nicht verstehe. Bei der Materialsuche stößt man auf Texte, Filme, Grafiken etc., die man dann vielleicht nicht im Unterricht verwenden kann, für die ich mir aber dann doch ein wenig (!) mehr Zeit nehme, um einen Überblick bekomme. Und wenn dann doch mal eine Schülerfrage kommt, die ich nicht beantworten kann, oder wenn mich Schüler auf einen inhaltlichen Fehler hinweisen? Dann erkläre ich ihnen, dass ich eben kein Biolehrer bin und das Thema nach bestem Wissen und Gewissen unterrichte. Im nächsten Durchgang passe ich es dann an, brauche aber schon deutlich weniger Zeit.
    Etwas anders sieht es aus, wenn mir ein Thema unterkommt, das durchaus zu einem Fachgebiet gehören würde. Sagen wir, ich müsste plötzlich South Africa unterrichten: nie etwas dazu gemacht, noch nie dagewesen. Aber hier würde ich etwas mehr Zeit investieren, denn natürlich gehören englischsprachige Länder, ihre Kultur, Geschichte etc., zu meinem Fachgebiet. Das fände ich aber keine allzu große Belastung, weil es mich auch interessieren würde.
    Aber auch hier bliebe ich entspannt, wenn ich mal etwas nicht wüsste.


    Zur Frage der Dauer der Unterrichtsvorbereitung: Ich brauche dafür nicht mehr sehr viel Zeit. Auch hier geht es darum, die Ansprüche deutlich herunterzuschrauben. Wenn du inhaltlich halbwegs (s.o.) fit bist und eine Repertoire an Standardmethoden für dein Fach parat hast, geht das oft in wenigem Minuten oder tatsächlich beim Überschreiten der Türschwelle.
    Zum Beispiel: Ob ich jetzt Emilia Galotti oder Iphigenie auf Tauris lese, ich hab ein Arbeitsblatt zum Aufbau des Dramas nach Gustav Freytag, das ich aus dem Ordner ziehen kann. Eine Figurenkonstellation kann ich mithilfe von Standbildern etc. zu beiden Dramen machen. Die Schüler können Figuren charakterisieren und dann "casten", mit welchen Schauspielern sie die Rolle besetzen würden (mit Begründung) etc. etc. etc.
    Das ist alles nicht besonder kreativ, aber es passt für beinahe jede Lektüre. Solange ich selbst die Lektüre gründlich kenne und auch inhaltliche und motivliche Zusammenhänge verstanden habe, kann ich solche Stunden quasi ohne Vorbereitung machen. Und selbst wenn es mal nicht klappt, kann man daraus was lernen. Ich habe die Schüler auch schon mal versuchen lassen, den geschlossenen Dramenaufbau bei Woyzeck nachzuweisen. Daraus, dass sie sich nicht einig wurden, sind wir ganz schnell zum offenen Drama gekommen.


    Was ich sagen will: Überlege dir, was du bereits alles an Methoden und Materialien hast, die umfassend einsetzbar sind. Dann komm von dem hohen Anspruch runter, alles müsse kompetenz- und handlungsorientiert sein. Denk an dich! Du kannst wirklich nicht jeden retten, also rette wenigstens dich selbst!

    Es mag wohl beides sein, rezeptive Immersion, man bekommt ein intuitives Gefühl für Satzmelodie und Strukturen - und gleichzeitig aktive Produktion durch Sprechen und/oder Schreiben. (Das ist natürlich nicht wissenschaftlich belegbar von mir - bin zu müde und erschöpft dafür - deshalb nur ganz subjektiv mein eigenes Erleben - I beg your pardon.)

    Aber bei der Textproduktion in der Oberstufe wurde ja auch keine Grammatik mehr explizit abgefragt, da ging es einfach um die diversen Inhalte - ich hätte damals nicht sagen können, ob ich jetzt eine Partizipialkonstruktion genutzt habe oder eine Passivkonstruktion noch warum da ein Gerundium kommen muss. Es klang und las sich für mich zu dem Zeitpunkt einfach falsch oder richtig - das berühmte Sprachgefühl erzeugt durch die dauerhaften Sprachbäder zu Hause. Es hätte mich zu dem Zeitpunkt auch überhaupt nicht interessiert, Satzbau erklärt zu bekommen.


    Nach dieser fanatischen Phase hielten dann die ersten englischen Taschenbücher Einzug, Ayla und der Clan der Bären, Der Fänger im Roggen...


    Auch heute noch, wenn ich in amerikanischen Foren schreibe, habe ich immer ein online Wörterbuch parallel offen, um sprachliche Feinheiten während des Schreibens nachzuschlagen.

    Man darf aber auch nicht vergessen, dass man als (zukünftiger) Englischlehrer eventuell eine Affinität zur Sprache hat, die gerade die Schüler, die mit grundlegenden Formen Schwierigkeiten haben, nicht mitbringen. Natürlich fallen MIR in Büchern, Filmen, Serien etc. interessante Formulierungen auf oder auch Ausdrucksweisen, die der Norm, die ich mal gelernt habe, widersprechen. Und natürlich versuche ich, mir diese zu merken, um mein eigenes Englisch weiterzuentwickeln. Aber glaubt ihr wirklich, ein Schüler, der sich zwingen muss, einen Film auf Englisch zu sehen, hat Sinn für so etwas? Natürlich wird sich auch bei denen ein gewisses Sprachgefühl durch die Rezeption einstellen, aber das dauert eben seine Zeit. Die oft beschworenen Skandinavier werden der Sprache in den Medien seit ihrer Kindheit ausgesetzt, nicht zwei Jahre vorm Abi. Da muss man schon ein wenig strukturierter herangehen und auch den Schülern, die der Sprache eben nicht so viel abgewinnen können, dass sie sich dafür interessieren, aktiv Hilfestellungen geben. Ich bin immer noch der Meinung, dass der Tipp "lesen und hören" hier einfach nicht ausreicht.

Werbung