Ich bin auch immer verwundert, wie unterschiedlich die Bekanntenkreise doch sind. Tatsächlich haben wir zwar auch Lehrerfreunde, aber ein Großteil unserer Freunde/Familienangehörigen/Bekannten sind keine Lehrer, sondern so einige Juristen, BWL/VWLer, Ingenieure, ITler, Produktdesigner und auch Handwerker (mit eigenem Betrieb).
Mal abgesehen von denjenigen, die "irgendwas Schöngeistiges" studiert haben (namentlich Kunstgeschichte und Philosophie) oder als angestellte Wissenschaftler arbeiten (meine Freundin verdient netto fast exakt das gleiche wie ich), verdienen die meisten unserer Nicht-Lehrerfreunde deutlich mehr, die allermeisten liegen bei ~100 000/Jahr + nette Perks wie wahlweise Dienstgeräte (Handy, Laptop), Büro mit Gleitzeit und Massage/Yoga/guter Mensa usw, bei Präferenz Homeoffice, Dienstwagen, Urlaub zu bezahlbaren Preisen außerhalb der Ferien, Bezahlung der Kita/firmeninterne Kita, die Möglichkeit, den Job mit in den Urlaub zu nehmen usw. Netto haben die zwar natürlich nicht das Doppelte, aber sehr viele Annehmlichkeiten, die das Leben deutlich erleichtern bzw. sehr viel Geld einsparen. Kitagebühren sind jetzt plötzlich mal eben 585 Euro, das merkt man schon. Man merkt auch, ob man nur Sprit zahlen muss, oder noch den ganzen Rest,d er zum Auto dazugehört. Oder ob der Urlaub 1500/Woche kostet oder eben doch nur 900/Woche.
KEINER von diesen Menschen würde jemals freiwillig Lehrer werden wollen oder bangt fürchterlich um seinen Job (was natürlich auch branchenabhängig ist, anektdotisch halt) oder kann keine Elternzeit nehmen. Die Annahme, dass man soviel Geld nur verdient, wenn man seine Seele an die Firma verkauft mag in Einzelfällen noch stimmen, ist aber bei Weiten nicht mehr allgemeingültig. Mein bester Freund schickt mir morgens um 10 sein erstes Bild von seinen Füßen im Planschbecken, während er daheim am Laptop sitzt, Kaffee trinkt und 120000 im Monat verdient.
Mein Bruder arbeitet seit 2 Jahren als Ingenieur, erste Stelle nach der Uni. Gehalt: 87000 Euro. Sorry, aber da muss man sich heutzutage teilweise wirklich nicht mehr wundern, wenn der Job als Lehrer als zunehmend unattratktiv empfunden wird, gerade in einer Zeit, in der ständig und überall große Flexibilität (schönes Beispiel: Die Frau von meinem anderen Bruder muss jetzt zusehen, dass Sie irgendwie einen Job in der Gegend findet, in der er eine Stelle hat, weil seine Schule ihn noch weitere 4 Jahre nicht gehen lassen wird. Für die beiden bedeutet das einen realen Lohnverlust, weil sie völlig abseits der Gegegenden suchen muss, wo ihr Profil gefragt ist. Wer hat auf sowas denn noch Bock?) von einem eingefordert wird, die der Status als Beamter schlichtweg nicht mit sich bringt. Sicherheit ist wichtig, letztendlich aber doch oft nicht entscheidend genug.
Ich bin mit meinem Einkommen durchaus zufrieden, aber meine mir bekannten Fälle von Nichtlehrern arbeiten sich bei Weitem nicht in irgendwelchen krassen Führungspostionen zu Tode, mit einer Ausnahme: Mein Ex pendelt jede Woche zweimal nach Malmö. Er verdient aber auch nochmal das Doppelte.