Beiträge von Philio

    Mich wundern etwas die hohen Zahlen in dem Artikel. Die Abbrecherquote war über viele Jahre immer so um die 40-50% im Fach Mathematik.

    Habe jetzt die Zahlen nicht recherchiert, aber mich wundert das auch. So richtig erklären kann ich mir das nicht … wie schon diskutiert, den Mismatch zwischen Schul- und Unimathematik gab es schon immer. Ich könnte mir höchstens vorstellen, dass mehr Studierende falsche Vorstellungen von dem Fach haben als früher … was irgendwie paradox ist, stehen doch heutigen Studierenden mehr Informationen zur Verfügung als jeder anderen Generation. Für Fächer wie Mathematik und Physik braucht es vor allem Interesse und den Willen, durchzuhalten auch wenn man eine zeitlang komplett gar nicht versteht… hm, vielleicht liegt es auch daran, in einer Zeit, in der „instant gratification“ die Norm ist.

    Ich selbst hatte „nur“ Grundkurs in Mathe, aber zugegeben, nachdem ich das Abi für Nichtschüler gemacht habe, war ich es gewohnt, mir alles selbst zu erarbeiten - von daher kann ich nicht sagen, ob „zu leichte“ Kurse an der Schule damit zusammenhängen. Ich bezweifle das, ehrlich gesagt.

    Der Fokus ist ein völlig anderer, Beweisführung, statt Anwendung der Mathematik. Diese Umstellung erfordert schon ein großes Maß an selbstständigen Lernen und vielleicht sind auch viele enttäuscht, da sie was anderes erwartet haben.

    Das wäre meiner Ansicht nach ein sinnvoller Ansatzpunkt für eine weiterführende Diskussion: Was könnte von Seiten der Schule getan werden, um diese Umstellung zwischen Schule und Uni etwas leichter zu gestalten? Klar, es studiert nur ein Bruchteil später Mathematik, aber zum Beispiel eine systematische Einführung in Beweise und Beweistechniken fände ich auch unter einem Allgemeinbildungaspekt nicht verkehrt. Das Konzept eines logisch stichhaltigen Beweises verstanden zu haben, hat m. E. durchaus einen über die Mathematik hinausgehenden Mehrwert. Dafür könnte man gerne etwas Vektorgeometrie kürzen :P

    Noch kurz zum Vergleich mit der Schweiz überhaupt - er ist grundsätzlich in gewisser Weise "unfair". Gymnasien in der Schweiz haben das Recht der Hausmatura und damit haben die Lehrpersonen die Möglichkeit, ihr eigenes Curriculum zusammenzustellen und in der Matura auch zu prüfen (übrigens, noch nebenbei - die Sek I wird in der Schweiz ohne Abschlussprüfung beendet). Klar, es wurden überkantonale Standards festgelegt und diese finden sich auch in den Unterrichtsplänen der Gymnasien wieder. Allerdings sind diese Lernziele oftmals nur stichwortartig ausformuliert und lassen den Lehrpersonen grosse Freiräume in der Ausgestaltung ihres Unterrichts. Besonders gilt das für die Schwerpunkt- und Ergänzungsfächer. Ob jetzt die Berechnung von Fourierkoeffizienten (wie in der Beispielprüfung im Video) auf dieser Stufe pädagogisch besonders wertvoll ist, darüber kann man diskutieren.

    Gut finde ich bei Krötz grundsätzlich schon die Idee, das fachliche Niveau hochhalten zu wollen. Was ich bei ihm aber vermisse, sind brauchbare und zeitgemässe Lösungsvorschläge. Leider ist die Quintessenz bei ihm oft "früher war alles besser, besonders in Bayern", von seinen (von mir bereits erwähnten) nicht zielführenden Kulturkampfparolen mal ganz abgesehen.

    Was ich mir bei ihm (oder in vergleichbaren Diskussionen) wünschen würde, wäre mal die Bereitschaft zum "Out-of-the-Box-Thinking" - unter Berücksichtigung der Realität in den Schulen, selbstverständlich. Was Mathe angeht, da könnte man von mir aus (auch in der Schweiz ;)) gerne mal heilige Kühe schlachten und sich (zum Beispiel) überlegen, was in einer gymnasialen Oberstufe kanonisch sein sollte - ist der Dreiklang von Analysis, Vektorgeometrie und Stochastik wirklich das Mass aller Dinge?

    Es gibt auch ein sehenswertes Video von ihm, in dem er einmal die ganzen Einflussnehmer (Bertelsmann & Co.) in einem Schaubild darstellt, die im Hintergrund Schulpolitik machen.

    Ja, aber gerade hier zeigt sich sein Ambivalenz - in einem anderen Video spricht er über die USA und dort schein er das Wirken der Heritage Foundation (nach meinem Verständnis) nicht so schlecht zu finden.

    Allgemein finde ich schade, dass er es für nötig hält, auf den "Culture Wars Train" mit aufzuspringen. Man sollte denken, dass jemand seiner intellektuellen Kapazität über Diskussionen auf diesem Niveau erhaben sein müsste.

    Prof. Krötz hat gestern auf YouTube ein Video hochgeladen, in dem er das Schulssystem der Schweiz (und die Mathematik darin) darstellt und kommentiert. Wer sich einen "Deep Dive" zum Schweizerischen Schulsystem anschauen möchte, die Fakten sind sehr akkurat (die stammen auch nicht von ihm, sondern von Prof. Norbert Hungerbühler, einem Mathematikdidaktiker von der ETH ;)). Sonst eigentlich nur die Kommentare, die man sowieso schon von ihm kennt ...

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    Hi 👋🏻 Wie gut, dass ich vor kurzem einen Beitrag als Antwort auf ähnliche Fragen geschrieben habe und mich jetzt selbst zitieren kann 😂

    Philio
    11. Juli 2025 02:25

    Über die Forensuche kannst du weitere Beiträge zu diesem Thema finden - falls du Fragen hast, frag gerne… ich versuche dann, die zu beantworten so gut es geht ( bin kein Sek I Lehrer, nur Sek II).

    Einen aktiven User, der diese Erfahrung selbst gemacht hat, gibt es meines Wissens nach derzeit nicht im Forum.

    Ein „Outside-View“ ;) Bund und Länder könnten ja mal einen Blick in die Schweiz werfen, wenn sie das Beamtensystem wirklich abschaffen wollen.

    Dann müssten allerdings zwei Dinge passieren. Erstens: Bund und Länder müssten sehr tief in die Tasche greifen und die Finanzierung des neuen Systems auch langfristig sichern. Zweitens: Bürokratische Strukturen müssten massiv abgebaut werden. Wie ich Deutschland kenne, wird beides eher nicht passieren 😂

    Ah, wenn ich schon mal dabei bin … nur dass keine Missverständnisse aufkommen :)

    Man studiert nicht ein/zwei Fächer auf Uniniveau und ist dann erst komplett in 6-7 Jahren durch, damit man dann bei einer Grundschule unterrichten kann, sondern mind. 5 Fächer auf akzeptablen Niveau

    Hm, darüber kann man lange diskutieren… anyway, in der Schweiz ist „Eigenverantwortung“ eines der gesellschaftlichen Grundprinzipien. Das Studium Primar liefert die notwendigen fachlichen Grundlagen, es wird aber schon davon ausgegangen, dass du als ausgebildete Lehrperson mögliche Defizite erkennen und diese eigenständig beheben kannst.

    Vom Referendariat habe ich schon genug gehört, was das Studium in Deutschland noch unattraktiver gemacht hat :D

    Nur dass du dir keine falschen Vorstellungen machst - es gibt hier keinen Ausbildungsabschnitt, der „Referendariat“ heisst, aber die Inhalte eine deutschen Refs sind trotzdem Teil deines Studiums - unter anderem auch bewertete Unterrichtsbesuche, in denen du vielleicht nicht gerade mit Wattebäuschchen beworfen wirst. Niemand wird gerne kritisiert, aber zu lernen, mit Kritik produktiv umgehen zu können, ist ein Bestandteil der Lehrerausbildung - egal welches System.

    Bayern hat keinen Master, sondern ein Staatsexamen mit bei Grundschullehramt 7 Semestern Regelstudienzeit. Außerdem nicht zwei Fächer, sondern ein "Unterrichtsfach" und drei Didaktikfächer.

    Wieder was dazugelernt :) Aber das macht es eher schwieriger als einfacher… die erwähnten 5 Fächer sind in dieser Terminologie reine Unterrichtsfächer, Pädagogik und Didaktik gehören hier einfach als Obligatorium mit zum Studium dazu.

    Nachdem du, PlacerSun, die 5 Fächer erwähnt hattest - die kannst du in 3 Jahren Bachelor nicht in der fachlichen Tiefe studieren wie 2 Fächer in einem Masterstudium in Bayern. Eine sofortige Anerkennung halte ich daher sowohl aus formalen wie auch aus inhaltlichen Gründen für so gut wie ausgeschlossen - ich würde davon ausgehen, dass du einige Auflagen wirst erfüllen müssen, solltest du nach Bayern wechseln wollen.

    Ich bin auf der Suche nach Schlagworten, die ihr suchen würdet, wenn ihr euch Unterstützung in eurer Arbeit wünscht.

    Wie hoch sind typische Stundensätze für Consulting in der Privatwirtschaft?

    Die würde ich mir nämlich erlauben, dir für meine aufgewendete Zeit in Rechnung zu stellen :P

    Nachtrag: Es lohnt sich definitiv, Schulen direkt zu kontaktieren wenn du soweit bist, auch wenn gerade nichts ausgeschrieben ist… Ein persönlicher Kontakt kann das entscheidende Kriterium sein, dich jemandem zu bevorzugen, den eine Schulleitung nur vom Papier kennt.

    Auch würde ich mich nicht nur auf Zürich oder Zug beschränken - viele Kantone sind z.B. von Zürich aus gut erreichbar und zur Arbeitsstelle zu pendeln ist in der Schweiz völlig normal und dank sehr gut ausgebautem ÖV auch problemlos möglich (ich selbst pendle auch von meinem Wohnort an meinen Schulort, dauert je nach Verbindung 20-25 Minuten mit dem Zug und Züge fahren 3-4 mal pro Stunde).

    Diese Seite hier

    https://www.zh.ch/de/bildung/job…-schulfeld.html

    verweist auf publicjobs.ch. Hast du da schon geschaut?

    Mit Ausschreibungen ist es ähnlich wie in Deutschland auch - kurz vor dem neuen Schuljahr wirst du nicht viele offene Stellen finden, denn die Gesamtplanung sowie die Klassen stehen bereits fest. Um diese Zeit finden sich typischerweise nur Ausschreibungen, die Notfälle abdecken sollen, die kurzfristig eingetreten sind.

    Folgende Info ist wichtig für dich - im Gegensatz zu Deutschland stehen die Klassen und der Stundenplan oft lange vor den Sommerferien fest… an meiner Schule zwischen April und Juni. Zudem gilt eine dreimonatige Kündigungsfrist zum Ende Schuljahr, d.h. der Stichtag ist der 30. April (das Schuljahr beginnt mit dem August).

    Entsprechend wird in dieser Zeit auch viel nach Personal gesucht. Analoges gilt in kleinerem Umfang auch für den Übergang vom Herbst- zum Frühlingssemester (meistens Anfang Februar, die Ausschreibungen sind dann entsprechend früher).

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