Ich bin früher auch viel gependelt (OWL - Südbaden, 750 km Entfernung). Mit dem Auto waren meine Vorhersagen viel ungenauer (durchschnittlich 4 Unfälle auf der Strecke, Stau in Stuttgart (wieso ist dieser Tunnel immer gesperrt, wenn ich kam), locker eine Stunde und mehr Verspätung). Mit dem Zug hatte ich nie mehr als 10 Minuten Verspätung (auch weil die Regionalbahn auf den IC wartete und die anderen Fahrgäste auf mich).
Ich habe eben mal meine Zugharten in den letzen 15 Jahren überschlagen und bin zu dem Ergebnis gekommen, daß ca. 2/3 aller Fahrten mit massiven Verspätungen endeten. Die Gründe für die Verspätungen waren dabei aus meiner Sicht absolute Nichtigkeiten. Wobei ich festgestellt habe, daß die Regionalbahnen noch am zuverlässigsten und pünktlichsten fahren, aber auf der Langstrecke mag ich mir die DB echt nicht antun. Da ist jede Autofahrt, auch selber am Steuer, entspannender.
Meine Highlights der letzten Jahre:
- Die Lufthansa konnte im Sturm in Frankfurt landen, aber die Züge fuhren nicht, weil ihnen der Sturm zu heftig war. Tja, früher zu Dampflok-Zeiten waren allein schon wegen des Funkenflugs der Lokomotiven die Bahnböschungen rechts und links der Strecke abgeholzt. Da gab es nichts, was bei Sturm auf die Gleise hätten stürzen könnnen und die Bahn warb mit: "Wir fahren bei jedem Wetter!"
- Mit dem ICE in Wuppertal liegengeblieben, weil in einem 1. Klasse-Wagen die Klimaanlage defekt war. Einfach den Wagon zu räumen und weiterzufahren, ging nicht. Stattdessen blieb erst einmal der komplette Zug stehen. Nach 2 Stunden ging es dann irgendwie weiter.
- In Frankfurt im Bahnhof stehengeblieben, weil der Zug überfüllt war. In einem ICE gibt es wohl neuerdings keine Stehplätze mehr. Jedenfalls weigerte sich der Lokführer loszufahren und bis die Bahnpolizei den Zug soweit geräumt hatte, daß wir paar verbleibenden Fahrgäste endlich los konnten, dauerte es 80 Minuten. Es waren natürlich alle Anschlußzüge weg.
- Eine Fahrgastgruppe, die sich an einem Bahnsteig in die Wagontür gestellt hat, sodaß die Tür nicht schließen konnte. Dort warteten sie aufs Pizza-Taxi.
- Züge, die verspätet abfahren, weil sie noch auf Fahrgäste aus anderen Zügen warten, was dann aber zur Folge hat, daß man den eigenen Anschlußzug nicht mehr erreicht! Und das immer und immer wieder.

Wie man meiner Meinung nach die Mißstände abstellen könnte:
- Massiver Streckenneubau. Der langsame Güterverkehr auf der Schiene muß vom schnellen Personenverkehr entkoppelt werden. Also eigene Schnellfahrstrecken für den Personenverkehr. Kein Güterzug hat auf diesen Strecken etwas zu suchen.
- Die Strecken werden wie früher massiv freigeschnitten, auf das es wieder heißt: "Wir fahren bei jedem Wetter!" Zuverlässigkeit in der Beförderung zählt.
- Es wird nur noch rollendes Material gekauft, das sich bewährt hat. Notfalls werden die Konstruktionszeichnungen der alten Baureihe 103 wieder rausgeholt, die Produktion erneut aufgenommen und die viel zu anfälligen ICEs von Siemens ausgemustert.
- Wiederaufbau der bahneigenen Versuchsanstalten. Was die Hersteller versprechen ist gut, aber selber zu testen was das Material kann, ist wesentlich besser.
- Der Fahrplan ist heilig! Es wird auf keinen Zubringerzug gewartet, weil dies extreme Folgen an anderer Stelle mit sich bringt. Die Kette der Verspätungen wird immer größer.
Leider waren es bei meinen Zugreisen immer wieder Menschen, die sich vor Züge warfen.
Mein Opa war Lokführer und hatte selber in seiner ganzen Karriere zwei Selbstmörder vorm Zug. Er meinte dazu nur, daß der Führerstand bei den Dampfloks gottseidank hinten war, so daß man gar nicht so genau sehen konnte, was sich direkt vor der Maschine abspielt. Trotzdem meinte er, daß damals die Strecken weitaus weniger lange gesperrt waren bei solchen Vorfällen, als dies heute der Fall ist. Außerdem waren für die Lokführer die Fahrpläne heilig und die Lokomotiven wurden im Plan nicht bis an die Maximalgeschwindigkeit getrieben. Die Baureihe 01 z.B. hatte eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h, wurde aber nur mit 100km/h eingeplant. Da konnte der Zug kleine Verspätungen sogar echt wieder aufholen. Ähnlich ist es ja auch heute beim Shinkansen in Japan. Der Fährt zwar auch mit 300km/h durch die Lande, wie unserer ICE auch. Aber wenn es gilt Verspätungen aufzuholen, dann kann der Shinkansen auch 360km/h hinlegen, wohingegen beim ICE bei 300 wirklich Ende ist.