Anscheinend hattest du ein lässiges Ref.
Als ich ins Ref ging, gab es bei uns tatsächlich auch noch die 3monatige Phase ohne eigenverantwortlichen Unterricht. DAS war sehr schnell danach rum. Heute ist es so, dass die Referendare gleich zu Beginn theoretisch 6 Stunden eingenverantwortlichen Unterricht erteilen - mit allem, was dazu gehört (Differenzierung, Inklusion, Notengebung). Manchmal bekommen Schulen mit Lehrkräftemangel Referendare, dann haben diese gleich noch ein paar Stunden mehr, die sie allein absolvieren, da keine Lehrkraft frei ist, sie zu begleiten. Zudem beginnt man nicht mehr mitten im Jahr, sondern jeweils zum Halbjahr und hat auch gleich Verpflichtungen im Seminar und Unterrichtsbesuche.
Buhu, mein Ref war viel härter als deins? Wirklich?
Ich verstehe noch immer nicht, über was genau du dich eigentlich aufregst.
Grundlagen aus dem Studium sind im Ref hilfreich, klar. Aber die relevante Essenz aus 8 SWS Pädagogik und die Grundlagen der Fachdidaktiken nach am Anfang des Refs nachzuarbeiten ist auch kein Hexenwerk. Das macht das Ref noch anstrengender, aber ganz offensichtlich schaffen das ja zahlreiche Lehramtsanwärter irgendwie. Auch diejenigen, die quasi ohne Didaktikkenntnisse aus dem Lehramtsstudium kommen (entweder, weil sie als Quereinsteiger ohne Kurs kommen oder weil sie das Studium druch in der Didaktik geschlafen haben), können das schaffen.
Da steckt überhaupt keine Entwertung der Kollegen an Grundschulen drin. Ich behaupte ja nicht, dass Didaktik und Pädagogik für die Tonne sind und die Fachwissenschaft das einzig Wahre ist. Natürlich sind Pädagogik und Didaktik sinnvoll. Das Wissen muss irgendwo herkommen, aber eben nicht zwingend aus Uni Seminaren sein. Gelernt, wie man praktisch Wissen an die Schüler bringt und wie wichtig soziale Gefüge sind, habe ich im Referendariat.
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Wer im Studium nicht aufgepasst hat, sollte seine Prüfungen nicht bestehen können und nicht zum Ref zugelassen werden.
Das Examen hat mit dem Rest des Studiums nichts zu tun. In Hessen werden die Prüfungsthemen und Fragestellungen mit Dozenten individuell besprochen und müssen nicht mit der Schule zusammenhängen. In den Grundwissenschaften wurde ich zur Außenpolitik Chinas und das Politische System der BRD (Politik) sowie zur Leseförderung und Hattie Studie (in Pädagogik). Meine Prüfung im Fach Englisch war schriftlich ohne Didaktikanteile (Prüfungsthemen: Semantik und Syntax). In Informatik hatte die mündliche Prüfung tatsächlich Didaktik Anteile. Die bezogen sich aber nur auf die Einführung in die Didaktik der Informatik. Für jede Prüfung gabe es vorgegebene Texte, die einfach nur bearbeitet werden mussten. Da die Didaktik Einführung bei mir zum Examenszeitpunkt schon ein paar Jahre her war, habe ich mich eben hingesetzt und in ein paar Tagen noch mal einschlägige Literatur durchgearbeitet und die Veranstaltungsfolien angesehen. Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt schon eigene Lerngruppen erfolgreich bespaßt hatte, musste ich eben die Veranstaltunginhalte noch mal auswendig lernen.
Lange Rede kurzer Sinn: Solange man irgendwie durchs Studium kommt, und wenn es mit Bulimielernen ist, schafft man es auch ins Ref.
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Letztlich ist es eine mangelhafte Ausbildung, wenn man z.B. zu Beginn des Refs den Unterschied zwischen Methodik und Didaktik nicht kennt oder keine grundlegende Planung erstellen kann.
Bei uns war es nicht viel mit "hören" und "sitzen", das meiste waren Seminare und es brauchte aktive Mitarbeit.
Auch der Praxisanteil war damals schon hoch, inzwischen ist er es an sehr vielen Unis, es ist sogar ein komplettes Semester hinzugekommen, in dem die Studierenden in die Schulen gehen, hospitieren, unterrichten und auch Besuche absolvieren.
Es ist auch mangelhafte Ausbildung, wenn ein aktueller Gymnasialrefi weder in der Schule noch im Studium Shakespeare gelesen, keine formalen Kenntnisse der Grammatik und keine Ahnung vom Brexit hat. Oder Informatikrefis zwar Java Projekte betreuen sollen, aber selbst im Studium nur ein bisschen Delphi gemacht haben und da auch nie so richtig ins Programmieren reingekommen sind. Oder Datenstrukturen erklären sollen, die sie selbst nicht verstanden haben. So ist das eben. Wenn man aus dem Studium kommt, hat man wenig Ahnung. Wo damals (tm) auch das Lehramtsstudium ein Fachstudium war, ist es jetzt ein Sammelsurium von Halbwissen und ein bisschen vor Klassen und Kommilitonen stehen und so tun, als sei man Lehrer. Das Ref ist dann trotzdem ein kaltes Wasserbecken, in das man geschubst wird, mittlerweile nur ohne die fachliche Sicherheit, dass man wenigstens inhaltlich weiß, von was man redet. Das ist noch eine Baustelle, die da unnötig aufgemacht wird.
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Dann haben sie ja offenbar mehr gelernt, als du erwartet hattest, und nicht weniger, kennen unterschiedliche Methoden und haben gelernt, diese entsprechend der Inhalte und Zielsetzungen auszuwählen.
Nein. Die haben eine Liste von Vor- und Nachteilen auswendig gelernt und können diese auf Nachfrage nicht auf ihren Unterricht anwenden. Natürlich lernen die das. Gefühlt ist der überwiegende Teil der Lehrer, die am Ende des Refs rauskommen, durchaus brauchbar. Das lernt ein Refi aber auch, wenn er davon im Studium nichts gehört hat und sich dann im Ref ein Methodenbuch schnappt um seinen Unterricht zu machen. Das muss ja so oder so jeder. Auch die, die mal irgendwann Vor- und Nachteile auswendig gelernt haben.
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Mein Studium ist inzwischen zu lang her, als dass ich sagen könnte, dass ich mehr oder weniger in den Fachwissenschaften erlernt hätte, als die, die nun in die Schulen kommen. Auch ändern sich Lehre und Forschungsschwerpunkte, Neues kommt hinzu, das sollte doch gerade in den Naturwisschenschaften noch viel deutlicher sein, als in anderen Fächern, wo es nicht so offensichtlich ist.
An den Grundlagen der Naturwissenschaften und der Informatik ändert sich nichts. Es wird alles irgendwie bunter und interaktiver, aber inhaltlich tut sich da nichts. In den Bereichen, in denen sich wirklich etwas ändert, arbeiten Lehrer nicht.
Im Gegenteil ändert sich in Englisch ständig etwas. Und wenn es nur das Referenzland und die Referenzliteratur ist. Wobei sich auch kulturell und politisch im englischsprachigen Raum einiges tut.
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Ich stelle fest, dass sie sehr viel Rüstzeug mitbringen, sehr engagiert sind und das Team bereichern.
Als BerufsanfängerInnen werden sie nicht alles können und wissen.
Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, dass das Fachliche an der Grundschule die wenigsten Referendare überfordern sollte.
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Nein? Was denn? Abgebrochene, unfertige Fachwissenschaftler?
Warum kann man Lehramt nicht als interdisziplinären Studiengang anerkennen, in dem man unterschiedliche Wissenschaften miteinander verbindet?
Warum muss man einen Nachteil suchen, wenn sich Studierende in mehrere Fachgebiete einarbeiten und dies in einem Beruf gewinnbringend zusammenführen?
Lehrer sind Lehrer. Komische Frage. Pädagogen sind Pädagogen, Informatiker sind Informatiker, Lehrer sind Lehrer.
Zumindest aus der akademischen Perspektive, aus der wir da gerade drauf schauen.
Ich bin schon länger für ein studienbegleitendes Referendariat. So ähnlich, wie bei Medizin Studenten (jaja, ich weiß, die haben kein Ref; aber die haben praktische Ausbildugnsanteile). Dann hätte das Sammelsurium an Halbwissen wenigstens direkte Bezüge zur Praxis.