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Heute hat ein Drittel einer jungen Klasse besorgt auf mich eingeschnattert, mich bloß nicht impfen zu lassen. Dass da Gift drin sei, wussten sie in ihrem zarten Alter ganz genau. Da weiß man, was in der Region in den Köpfen los ist. Frustrierend.
Und wie hast du reagiert? Hast du mit denen ehrlich über deine Bedenken bezüglich AZ gesprochen, aber auch darüber, warum du dir umgekehrt bei den mRNA-Impfstoffen persönlich weniger Sorgen machst? Hast du ihre Bedenken ernst genommen in dem Sinne, dass man tatsächlich Langzeitfolgen aktuell noch gar nicht abschätzen kann, aber auch eingeordnet, weil man eben umgekehrt abwägen müsse, ob diese unbekannten Langzeitschäden tatsächlich gewichtiger wären, als eine aktuelle Corona-Infektion es wäre (für einen selbst oder eben auch Mitmenschen, die Risikogruppen angehören)? Hast du darauf verzichtet, ihnen Vorträge über LongCovid zu halten (was ziemlich überwältigend sein könnte), ihnen aber umgekehrt Raum gegeben Fragen offen stellen zu können?
Ich finde, dass sehr viele meiner Schülerinnen und Schüler sich aktuell intensiver denn je mit aktueller Tagespolitik befassen und darüber informieren, versuchen aktuelle wissenschaftliche Ergebnisse zu erfassen, die auch für uns Erwachsene oft verwirrend und überwältigend sind und ganz nebenbei auch noch darum ringen eigenen Positionen zu finden und zu begründen. Ich sehe es nicht als meine Aufgabe an meine SuS zu bekehren; tatsächlich weise ich immer als erstes mal drauf hin in solchen Debatten, dass die Impfstoffe für sie ja eh nicht frei gegeben wären, sie also womöglich noch Jahre Zeit hätten, Langzeitfolgen zu beobachten, ehe das für sie releavnt sein könnte. Das nimmt erfahrungsgemäß nämlich ganz viel Fahrt raus aus der Debatte, die sich ruhiger und emotional weniger aufgeheizt einfach viel besser führen lässt. Ich halte dich genau deshalb allerdings für einen eher schwierigen Ansprechpartner für deine SuS aktuell zu dem Thema, denn ich befürchte, es könnte dir schwer fallen, ihnen den Raum zu geben, den sie für ein solches Gespräch (dass sie ja letztlich zu suchen scheinen) benötigen würden.
Und weil es an der Stelle passt: Geht es dir eigentlich mental aktuell gut Nymphicus? Hast du Menschen um dich herum, mit denen du über deine tiefgreifenden Sorgen offen sprechen kannst und die dir Halt geben? Achtest du ausreichend auf dich, dass du raus kommst, die Natur wahrnimmst, die vielen schönen Frühblüher mit allen Sinnen erfasst, Vögel hörst und siehst, erste Knospen bewunderst, den Eichhörnchen nachschaust, dich in die Wolken träumst oder was immer sonst dir gut tut und dir hilft den Kopf wieder einmal ganz und gar frei zu bekommen von Fernuntericht, Wechselunterricht, Präsenzunterricht, LongCovid, B117, Impfungen und allem anderen? Ich mache mir um ehrlich zu sein zunehmend Sorgen um dich angesichts der Vehemenz sämtlicher deiner Beiträge und der Verbissenheit, mit der du dich praktisch ausschließlich zu Corona äußerst. Wir alle müssen unserem Verstand auch mal eine kleine mentale Auszeit von diesem Wahnsinn erlauben (das geht ganz regelkonform, also kein Grund, sich aufzuregen), damit wir den Marathon durchstehen. Pass auf dich auf, dass du dich nicht nur noch verlierst in all dem (geht viel zu einfach, ich weiß. Ich verbringe auch täglich deutlich zu viel Zeit damit Nachrichten zu lesen und zu sehen, die sich nur mit Corona beschäftigen. Ist seit einem Jahr das erste am Morgen und das letzte am Abend...)