Beiträge von Monika

    Zitat

    Original von Nananele
    Was mir noch aufstößt ist: Kindern die stören immer die volle Aufmerksamkeit
    zu schenken, halte ich nicht für ganz unbedenklich, denn was lernt man
    daraus?


    In einer Gemeinschaft ist jeder von allem, was geschieht auf seine Weise
    betroffen. Es scheint mir deshalb nützlich für eine Gemeinschaft, Störungen
    Aufmerksamkeit zu schenken.


    monika :)

    Zitat

    Aus Monikas Klasse würde ich meine Kinder nehmen, ...


    Das wäre für mich völlig in Ordnung.


    Auch mich hat man mal zurückgerudert und ich habe mein Bestes getan,
    um dem zu entsprechen, was man von mir erwartete. Dann habe ich
    festgestellt, dass das, was nicht 'verpönt' ist, erhebliche Nachteile hat.
    Gerade im Hinblick auf das Leben.
    Aufs Leben vorbereiten, heißt aus meiner Sicht inzwischen Urheber eigenen
    Entscheidens zu sein. Meine Frage "Möchtest Du ...?" ist nichts weiter als
    ein Merkmal des Freiraumes, den jedes Kind braucht um 'entscheiden'
    zu lernen.
    Ich lerne mit den Kindern aus wichtigen Gründen anders und es geht
    anders. Auf den Rahmen Bildungspläne habe ich meines Wissens Bezug
    genommen.
    Da hat es ja inzwischen auch deutliche Veränderungen gegeben.

    Zitat

    Da werdet ihr ja irgendwas unternehmen müssen, da die Lernwilligen ja nun zwangsläufig gestört sind.


    Jawohl. Störungen haben bei mir Vorrang! (vgl.'einigen' in meinem
    Posting weiter oben!)


    monika :)


    Allein dazu stehen - weil man etwas anders macht - ist ein Problem.
    Ich bin gern bereit, dich zu unterstützen.


    Ein erster Schritt könnte sein, dass mit dem Alleinstehen so zu sehen:
    Die anderen stehen auch allein da. Nicht weil sie was anderes im Sinn
    haben, sondern weil sie sich danach richten, wonach sich die meisten
    richten. Nämlich nach der Auffassung: Lernen der Schüler entspräche
    dem Lehren der Lehrer. Das lernen wir Lehrer als Schüler in der Schule,
    das haben wir im Studium gelernt, das haben die Ausbilder im
    Referendariat so gelehrt und das lehren uns Kollegen,
    Vorgesetzte, Eltern …


    Wir Lehrer sind also in einer misslichen Lage. Wir werden ausgebildet an
    Hand einer Lerntheorie, die eigentlich Lehrtheorie heißen sollte. Eine
    Theorie die behauptet, die richtigen Methoden, Didaktiken, Strukturen,
    Organisationen zu kennen, um jedem einzelnen optimales 'lernen' zu
    ermöglichen. Diese Maßlosigkeit macht m.E. Kinder (und Eltern) zu
    Empfängern, statt zu Mitwirkenden und uns Lehrer macht sie blind für
    das, was möglich sein könnte. Diese Maßlosigkeit kostet
    übermenschliche Kraft, sie laugt uns aus, sie lässt uns unsere Berufswahl
    in Frage stellen. Jeder ist doch froh, wenn er die Klassenzimmertür
    hinter sich zumachen kann und keiner sieht, wie wenig es bei ihm
    mit dieser Theorie in der Praxis klappt.


    Ich finde es wichtig, dass wir uns gegenseitig darin unterstützen,
    "neben dem Dienstweg den jeweils eigenen Weg" (Ich danke Dir
    für diese Bemerkung über robischon, Franz-Josef-Neffe.) zu finden.


    monika :)

    Zitat

    Original von sarahkatha
    regeln haben wir gemeinsam erarbeitet, alle kinder wollten sich dran halten... naja, die vorsätze halten sich sehr sehr kurz.


    In der Tat sind Vorsätze kurzlebig. Sie enthalten aber so etwas wie 'Ideale'
    bzw. 'Wünsche'. Daher halte ich es für positiv, wenn Deine Schüler sich
    wünschen, diese Vorsätze umsetzen zu können. Sie wissen nur noch nicht,
    wie sie diese Vorsätze umsetzen können. Das liegt – wie Du selbst
    erwähnst - vor allem daran, dass sie bestimmten Verhaltensmustern
    folgen, die ihnen vertraut sind. Ich kenne nicht dieses Petermann-Training.
    Ich praktiziere aber seit Jahren das Konzept EINIGEN, mit dem ich es
    Schülern ermöglichen kann, vertraute Verhaltensmuster aufzugeben.


    Von zentraler Bedeutung sind im Rahmen dieses Konzeptes 'hinsehen' und
    'beschreiben'. D.h. der Lehrer leitet die Kinder dazu an, jeweils ihre Sicht
    des Konfliktes zu schildern und mit allen Beteiligten eine Rekonstruktion
    der Konfliktentstehung und des Konfliktverlaufes vorzunehmen. Dazu ist
    es immer auch hilfreich Dritte miteinzubeziehen, die den Konflikt
    beobachtet haben.


    Um jedem Kind zu ermöglichen, den Konflikt und sein eigenes Verhalten
    unbelastet in Augenschein nehmen zu können, ist es nötig, sich jedes
    Urteils, jeder Schuldzuweisung zu enthalten. Ich lasse auch nicht zu,
    dass Schüler sich gegenseitig endlos beschuldigen. Ich sage dann:
    "Mich interessiert, wie es zu eurem Streit gekommen ist!"
    Beschuldigen verhindert nach meinen Erfahrungen Verhaltensänderungen.
    Hilfreich dagegen ist die 'Einstellung', dass keiner der Beteiligten
    Konflikte positiv erlebt und im Prinzip immer darauf aus ist, mit dem
    anderen einvernehmlich zu agieren.
    Dass Deine Schüler sich ändern möchten, haben sie ja bereits deutlich
    gemacht. Diesen Wunsch kannst Du miteinbeziehen.


    Im Verlauf des gemeinsamen 'hinsehen' und 'beschreiben' auf das, was
    war und wie es überhaupt zu dem Streit kam, beruhigen sich erst einmal
    die Gemüter. (Wo dies nicht geht, weil die Schüler zu aufgewühlt sind,
    kann man das Gespräch später führen.) Die emotionale Beruhigung
    schafft die Basis, sich das, was war, genau anzusehen. Dann kann man
    darüber nachdenken, ob einem das gefallen hat. Im Hinblick auf Eure
    Regeln könntest Du möglicherweise einwerfen: "Gefällt es Dir, wenn
    jemand dich würgt?" oder "Gefällt es Dir anderen weh zu tun?"


    Im Zusammenhang mit solchen Fragen kann man dann mit jedem
    einzelnen herausfinden, wie er es anstellen kann, das zu tun, was er
    eigentlich gern tun möchte.


    Mit einem Drittklässler bin ich gerade dabei zu lernen, was er tun
    kann, um sein Muster: "Wenn ich wütend werde, raste ich aus!" aufzubrechen.
    Ich habe ihm vorgeschlagen, zu mir zu kommen, wenn er wütend wird.
    Er meinte: "Ich weiß nicht, ob ich das schaffe!"
    Ich: "Ich kann die anderen Kinder bitten, zu mir zu kommen, wenn sie
    sehen, dass Du wütend bist!" Er: "Ja, das geht." Und nun bin ich
    gespannt, ob es funktioniert.


    Wenn es dir gelingt, Konflikte auf die kurz umrissene Art und Weise zu
    "bearbeiten", entsteht zwischen den Kindern nach und nach eine neue
    Kultur des Miteinanders. Mir hat dieses Konzept innerhalb eines halben
    Jahres ermöglicht, das Übergewicht körperlicher Konfliktlösungen in
    einer Klasse zur Ausnahme werden zu lassen.


    Ich bin gern bereit, mich mit Dir darüber weiter auszutauschen.


    monika :)


    PS: Bei einem kurzen Blick in das Petermann-Training habe ich
    festgestellt, was es mit dem Konzept EINIGEN gemeinsam haben könnte.
    Auch die Petermänner gehen davon aus, dass Menschen sich ändern
    möchten und dies auch können. Sie bieten dazu Ideen an und erproben
    anderes Verhalten.

    Mein Beitrag entstand als Antwort auf den Wunsch eines Teilnehmers,
    Näheres über meine Handlungskonzepte zu lesen. Dem habe ich gern
    entsprochen. Dabei blieben viele Fragen offen.


    Meine Formulierung "Möchtest Du …?" oder "Möchtet ihr …?" entspricht
    meiner Sicht auf 'lernen'. Ich behaupte nicht, dass sie die einzig mögliche
    oder gar die "richtige" sei. Für mich zählt, ob 'lernen' funktioniert und ob
    alles was zum 'lernen' anregen soll, auch dafür brauchbar ist.


    Ich behaupte: Menschen lernen von Geburt an, weil sie lernen möchten.
    Sie hören damit ihr Leben lang nicht auf. Ich knüpfe an diese
    allgemeinmenschliche Aktivität an und verbinde sie mit den Anforderungen
    der Rahmenkonzepte und den Bildungsplänen der Fächer. Ich leite die
    Kinder an, wie sie innerhalb dieses Rahmens ihre eigenen Lernwege finden
    können. Mit Unterricht hat das nichts mehr zu tun.


    Eltern, Schüler reagieren auf meine Anleitung zum 'lernen'
    erst einmal so, wie dies hier auch Lehrer tun: Jeder darf tun und lassen
    was er möchte. Jeder lernt nur, wenn er Lust dazu hat. Das funktioniert
    für Kinder (und auch für Eltern) und auch für mich nicht, weil wir Augen
    im Kopf haben und sehen, wie es im Leben so zugeht. Es dauert einige
    Zeit bis Schüler durch mein Verhalten merken, dass bei mir nicht das
    "Lustprinzip" gilt, sondern dass ich sie und ihren Wunsch zu 'lernen' beim
    Wort nehme. Wir bauen gemeinsam Brücken zu dem, was wir laut
    Richtlinien lernen sollen. Wir schaffen gemeinsam Lernsituationen und
    Trainingszeiten. Wir beraten gemeinsam wie wir Lernprobleme lösen
    können. Wir nehmen Störungen ernst, thematisieren alles, was bei uns
    geschieht.


    Ich arbeite an einer normalen Grundschule. 55% meiner derzeitigen Schüler
    kommen aus muslimischen Familien. 10% kommen aus anderen Kulturen.
    Für meine Kollegen bin ich ein Problem (und ich nehme das sehr ernst):
    Die Skala der Bewertungen reicht von "Das ist doch nichts besonderes!"
    bis zu "Das geht doch gar nicht, was Du da machst!" Mein Schulleiter
    meint u.a., dass ich zu wenig reglementiere. Mein Schulrat sagt neben
    anderem, mir fehle Subordination. Ich sage zu all dem: Ja, da ist was dran!
    Nur an einem ist nichts dran: Schonraum habe ich nicht. Ich bin froh,
    wenn man mich in Ruhe arbeiten lässt. Wenn Kollegen interessiert sind,
    antworte ich gern.


    monika :)

    Lernen ermöglichen, heisst …


    anregen, statt belehren.


    z.B. anlässlich einer Wespe im Klassenraum anzuregen: "Möchtet Ihr mehr
    über Wespen wissen?" Ich habe das Ja-Geschrei meiner Schüler noch in
    den Ohren, als ich vor wenigen Wochen so in ein Naturthema
    eingestiegen bin. Die Schüler fragen: "Möchtest Du auch etwas über
    andere Insekten wissen?" Bienen, Ameisen, Kellerasseln und
    Schmetterlinge wurden nachgefragt. Wir sammelten, was wir schon
    wissen und was wir nicht wissen. Von mir dazu Angebote gemacht:
    Ausflug in unsere grüne Umgebung mit Becherlupen, Film über Bienen,
    Besuch eines Imkers, Besuch eines tropischen Schmetterlingshauses, …
    Darum rankten sich Texte schreiben, lesen, Groß- und Kleinschreibung …
    Immer mit der Fragestellung: "Möchtest du …" oder "Möchtet Ihr…"


    echte Fragen stellen. Lehrerfragen sind in der Regel keine
    Fragen, die sich dem Lehrer stellen, sondern Fragen, die er benutzt, um Wissen abzufragen.
    Nützlich und sinnvoll scheint mir für Hausaufgaben zu sein, neu
    Erworbenes zu trainieren. Also fragte ich jeden (immer wieder):
    "Was könntest Du zu Hause üben, um darin besser zu werden?"
    Mit der Zeit fiel jedem etwas ein und sie begannen ganz individuelle
    Hausaufgaben zu machen. Schließlich war nur noch einer übrig. Er
    entschuldigte sich mit den unterschiedlichsten Gründen. Ich fragte ihn:
    "Kann es sein, dass du einfach keine Lust hast, Hausaufgaben zu machen?"
    Er sah mich zweifelnd an, fürchtete wohl das übliche Tadeln.
    "Ich schimpfe nicht! Mir ist es lieber, wenn Du es sagst, wie es für dich ist."
    Er: "Ich hatte keine Lust!". Die anderen sagten dazu nichts. Sie sind
    noch nicht darin geübt, in der Klasse spontan miteinander zu reden.
    Ich ließ diese Aussage zwei- dreimal zu, dann meinte ich – da die
    anderen Kinder nichts dazu äußerten: "Ich mache mir Sorgen um Martin.
    Er hat keine Lust, Hausaufgaben zu machen. Habt Ihr Ideen für ihn?"
    Durkan meinte: "Du interessierst Dich doch sehr für Fußball, Martin. Du
    könntest doch etwas über Fußball lesen oder etwas darüber schreiben!"
    Martin hatte am nächsten Tag Hausaufgaben: Er las uns eine
    Fußballgeschichte vor. Seither macht er Hausaufgaben.


    thematisieren: Alles was uns betrifft, ist Gegenstand eines
    Gespräches, oft nur eines ganz kurzen, oft nur eine Bemerkung,
    während wir gerade etwas gemeinsam tun. 'Lernen' ist eines der
    zahlreichen Dauerthemen.
    Manchmal setzen wir uns zusammen und helfen uns gegenseitig auf die
    Sprünge, wieso wir eigentlich was lernen. "Wieso soll man Wörter so
    schreiben, wie sie im Duden stehen?" Eine Schülerin stellte in diesem
    Sinne eine Frage vor Jahren und fügte hinzu: "Du kannst doch lesen,
    was ich schreibe – oder?" Ich bestätigte dies. "Für mich genügt das
    auch. Doch anderen genügt das nicht!" "Ja, das stimmt!", meinte eine
    andere Schülerin. "Mein Vater schimpft mit mir, weil ich so viele Fehler
    mache!" "Und meine Mutter ist Sekretärin. Wenn die Fehler in einem
    Brief macht, kriegt sie Ärger mit ihrem Chef!", erzählte ein Junge.
    "Hat sie dir das erzählt?" "Ja!" Ich beglückwünschte ihn im Stillen zu seiner Mutter. ..
    Manchmal ist es nur ein kurzer Austausch: Eine Schülerin trägt ein Gedicht
    vor. Die anderen sind beeindruckt. "Wie hast du das geschafft?",
    frage ich. "Melissa hat es mir oft vorgelesen und ich habe es immer
    wieder nachgesagt!" So kriegen wir Tipps zum Lernen.
    Oder der Imker erzählt, wie er gelernt hat, Bienen zu züchten.


    einigen, statt schlichten. Miriam steht heulend vor mir und
    beklagt sich über Zaid, der sie in ein Gebüsch geschubst hat. Um Ärger
    mit mir zu vermeiden – das erwartet er aus alter Gewohnheit – wiegelt
    er erst mal ab. "Ich hab' Dich nur ein bisschen geschubst!" "Aber ich bin
    ins Gebüsch gefallen!", meint Miriam. "Das stimmt!", bekräftigt Aline.
    "Aber Du hast schlimme Wörter zu mir gesagt!", verteidigt sich Zaid weiter.
    "Aber nur, weil Du mich nicht auf den Baum gelassen hast!", verteidigt
    sich Miriam.
    Ich bin der Meinung, dass rechtfertigen nichts bringt. Mit
    Schuldzuweisungen löst man auch unter Erwachsenen keinen Konflikt.
    "Wie hat euer Streit denn angefangen!" Wichtig für diese Art von
    Konfliktlösung ist, dass jeder erleben kann, dass er - ohne getadelt
    zu werden - sein Verhalten beschreiben kann. Schließlich kommen
    wir zum Anfang des Streites: "Thomas hat gesagt, ich soll dafür
    sorgen, dass niemand mehr in den Baum klettert!" Thomas steht
    dabei und meint: "Ich habe damit aber nicht gemeint, dass du andere
    schubsen sollst!" Zaid guckt betroffen. Nun hat er wieder den
    Schwarzen Peter, denke ich und er merkt es daran, dass ihm
    unbehaglich ist. Er kann es nur nicht sagen.
    Deshalb frage ich Thomas: "Wie hast Du es denn gemeint!" "Na, es
    waren schon so viele Kinder im Baum und ich hatte Angst, dass jemand
    runterfällt, wenn noch mehr dazukommen. Ich habe ja nichts von
    schubsen gesagt!" "Zaid wollte dir helfen und ihm ist 'schubsen'
    eingefallen!"
    Alle Beteiligten sind ganz still und nachdenklich geworden. "Was hätte
    denn Zaid tun können?", frage ich. Miriam meint: "Zaid hätte mir das
    ja sagen können!" Zaid guckt wieder betroffen. "Hat Dir Thomas
    gesagt, warum niemand mehr in den Baum klettern soll?", frage ich.
    "Nöö!", meint Zaid. Keiner sagt mehr etwas. Ich mache einen Vorschlag:
    "Was haltet ihr davon, wenn wir gleich in der Klasse gemeinsam darüber
    nachdenken, was Ihr tun könnt, wenn jemand denkt, dass schon
    genügend Kinder im Kletterbaum sitzen?" Sie nicken, spielen den Rest
    der Pause friedlich miteinander. Und wir haben wieder etwas zum
    thematisieren.


    Das war ein kleiner Einblick in einige meiner Handlungskonzepte.


    monika :)

    Zitat

    Original von deadmanrulez
    Super wäre es, wenn ich noch von verschiedenen Leuten ein paar hilfreiche Tipps für die Praxis kriegen könnte. Etwas handfestes...Ich bin für alles dankbar.


    Ein paar Ideen, die ich bei Interesse gern näher erläutere.


      Du brauchst sozial kompetente Handlungskonzepte.
      Sozial kompetent können Schüler dann werden, wenn man mit
      ihnen sozial kompetent umgeht.

      Regeln entstehen aus gemeinsamem Handeln.
      Sie sind nicht Initiatoren sozialen Miteinanders.


      Thematisieren: Handeln von Schülern und Pädagogen
      als Anlass gemeinsamen Nachdenkens über Möglichkeiten sozialen
      Handelns aufgreifen.


    monika :)

    Die Frage von Nadine lautete:

    Zitat

    "Was macht man denn nun, um 28 Erstklässler in einigermaßen gelenkte Bahnen zu bringen?"


    Die Tradition eines ganz bestimmten Lernens könnte der Hintergrund
    dieser Frage sein.
    Die Art dieses 'bestimmten Lernen" besteht aus meiner Sicht darin,
    dass Lehrer Lernziele für die Schüler festlegen, die diese erreichen
    sollen. Um diese Lernziele erreichen zu können, ist Disziplinieren ein
    Grundprinzip des Lehrerverhaltens. Beides ist derart selbstverständlich,
    dass kaum jemand in der Schule auf die Idee kommt, dass Störungen
    des Unterrichts eine Folge davon sein könnten.

    Ich kenne keinen Menschen – es sei denn im pathologischen Milieu –
    der Zwang gut findet. Gegenüber kleinen Menschen aber wird
    im Rahmen der Schule Zwang als Mittel des Lernens eingesetzt.


    Mein Vorschlag ist sehr weitreichend. Ich habe nach dreißig Jahren
    Berufstätigkeit die erwähnten Prinzipien außer Funktion gesetzt.
    Für mich ist Lernen meiner Schüler etwas, das ich ermöglichen kann,
    ohne Schüler ('discipulos') zu disziplinieren. Dazu braucht es andere
    Handlungskonzepte, als die, die üblicherweise angewendet werden.
    Bei Interesse kann ich diese gern näher erläutern.


    monika :)

    Nadine, Du beschreibst ernsthafte Probleme.


    Viele deiner Schüler sind nicht bloß müde, sondern sie sind voll auf dem
    Geleise der Verweigerung angekommen. Menschen verweigern das,
    was sie nicht mögen. Kinder machen da keine Ausnahmen.


    Es könnte sein, dass diese Verweigerung REAKTANZ auf das ist, was
    die Kinder in ihrer kurzen Schulzeit schon an Unerfreulichem erlebt
    haben. Wenn Du jetzt zu weiteren MASSNAHMEN im Sinne von
    "Streng-strenger-amstrengsten" greifst, könntest Du möglicherweise
    jede Art von Lernfreude gleich mit ausrotten.


    Ich habe gerade eine dritte Klasse übernommen, die derart diszipliniert
    wurde, dass sie jedes Selbstvertrauen in die eigene Lernfähigkeit
    verloren hat und nur noch darauf wartet, was ich sie anweise zu tun.
    Lernen bedeutet aber selbst aktiv sein.


    Mit Druck und Disziplin produziert man lernschwache Schüler.


    Monika :)

    Von einem Erlebnis erzählen können Kinder dann, wenn sie etwas erlebt
    haben. Ein gemeinsames Erlebnis (z.B. der Besuch im Zoo...)
    könnte ein Thema für alle sein.


    Das gleiche Thema für alle, wäre nur für diejenigen eine Erlebniserzählung,
    die sich an ein entsprechendes Erlebnis erinnern können. Alle anderen
    sind auf ihre Phantasie verwiesen: Science fiction. Oder
    verweigern sich. (Schwarze Schafe)


    Um diesem Dilemma zu entrinnen: Ich würde Drittklässler dazu anleiten,
    etwas zu beschreiben, das sie beim Schreiben unmittelbar vor sich haben
    oder woran sie sich deutlich erinnern können.


    Monika :)

    Zitat

    Original von Elin
    ..weil meine Erklärungen versteht er irgendwie nicht


    Er kann vielleicht nur nichts damit anfangen, weil er sich über den Sachverhalt im Irrtum befindet. Er hat vermutlich wegen seines Irrtums Probleme beim Umsetzen dessen, was du ihm sagst.


    Irrtümer könnten durch Unklarheiten entstehen:
    Vielleicht hat er zwischen 'einem' und 'einen' bzw. 'dem' und 'den' noch nie unterschieden?
    Vielleicht ist ihm der semantische Unterschied der beiden Fälle unklar? Versucht doch Beispiele zu finden, wo für ihn Dativ bzw. Akkusativ kein Problem sind.
    Vielleicht hört er den Unterschied nicht? Verwechselt er sonst vielleicht auch 'm' und 'n' im Auslaut?
    Gibt es für ihn muttersprachliche Aspekte (Aussprache, andere Grammatik), die das Merken von Unterschieden beeinträchtigen?


    Wenn er nicht unterscheiden kann, könnte dies dazu führen, dass er gewöhnlich keinen Unterschied macht. Alte Gewohnheiten können nur durch geduldiges Einüben neuer Gewohnheiten zu eigenen neuen Gewohnheiten werden.


    Es könnte ihm helfen, mit ihm gemeinsam Unterschiede zwischen 3. und 4. Fall zu finden. Ich ziehe solches gern den Dudenregeln vor, weil es dem Schüler die Möglichkeit gibt, an eigene Spracherlebnisse anzuknüpfen. Umsetzen von Neuem hängt davon ab, ob ein Lerner Anknüpfungspunkte findet. Der so entstandene Kriterienkatalog könnte ihm helfen, sich zu orientieren. Es hilft ihm vermutlich auch, diese anzuwenden und zu erläutern, wie er sich jeweils entscheidet.


    Monika

    Ich bin zwar schon seit längerem hier registriert, habe aber bisher noch wenig gepostet. Ich denke, dies könnte sich in nächster Zeit ändern. Ich bin seit 35 Jahren Lehrerin in Hamburg und habe vor mehr als zwei Jahren einen Neustart meines beruflichen Ethos begonnen. Ich habe mich aus den alten und wie ich fand für alle Beteiligten hinderlichen Fesseln eines lehrerzentrierten Unterrichtes gelöst und 'Lernen' als die gemeinsame Aufgabe zwischen den Schülern und mir gesetzt. Statt methodenstrukturierter Instruktion, leite ich individuell an, halte Vorträge zu neuen Themen, bzw. Kinder tun dies. Wir thematisieren gemeinsam alle Probleme mit und rund ums Lernen. Vor kurzem habe ich dazu im Netz Falko Peschel entdeckt, der das was ich mache, mit "offenem Unterricht" bezeichnet - und so wie es aussieht, auch ähnliches wie ich darunter versteht -, was ich lieber mit "offenem Lernen" bezeichnen möchte. Denn "Instruieren geht nicht" nach meiner Auffassung. Lernen ist eine ausschließlich indviduelle Tätigkeit. Lehrer können anleiten, unterstützen, Ideengeber sein, Infos vermitteln ... Helfer bei Problemen sein, Konzepte entwickeln ... reflektiert gruppendynamisch agieren ...


    Mein Grundkonzept des Lernens heißt "Herausfinden". Lernen ist für mich ein menschliches Grundbedürfnis. Sollten Kinder keine eigenen Lernimpulse mehr zeigen, dann hat die Schule, die Gesellschaft ein wirkliches Problem. Erwachsene, die nicht lernen wollen bzw. lernen verlernt haben, können nicht kreativ mitwirken. Ich habe den Eindruck, dass Schule häufig daran mitwirkt, dass Schüler 'lernen' verlernen, weil dort u.a. die pädagogische Grundüberzeugung herrscht, dass es bestimmte Methoden gäbe, nach denen erfolgreich zu lernen sei.


    Da der Lehrer bestimmte Methoden anbietet, wird er zum Bestimmer des Lernens und damit nimmt er seinen Schülern das Urbedürfnis nach einem Lernen, das deren jeweils eigenen Impulsen entspräche. Methoden sind eine feine Sache. Sie enthalten ein Repertoire an Lernmöglichkeiten. Doch es gibt weder die eine noch die andere Methode, die durchweg funktioniert. Methoden haben m.E. immer den Nachteil, dass sie dem Lernen des jeweiligen Schülers nicht so ganz entsprechen und daher immer etwas neben der individuellen Lernwirklichkeit liegen. Dies kann Schüler irritieren und sogar zu Lernproblemen führen.


    Ich verwende Methoden als Anregungen für mich, ich setze sie Schülern nicht vor. Ich lerne am Lernen meiner Schüler die Vielfalt individueller Lernwege und -hemmnisse kennen und finde mit ihnen gemeinsam weitere Schritte ihres Lernens.


    Das erst einmal ganz grob zu mir und meinem Arbeiten. Nachfragen beantworte ich gerne.


    Monika

    Zitat

    Original von monster Kind, dritte Klasse, hat Probleme in Mathe. Schwierigkeit liegt im Bereich der Subtraktion. 47 bis 93 sind bei ihr beispielsweise 56. DENN von der 4 bis zur 9 sind es 5 und dann von 7 bis zur 3 sind es 6...
    ....Die Lehrerin sagt, dass eine vier als Note ausreichend sei...keine gezielte Förderung im Unterricht


    Erst einmal brauchen Eltern und Kind Unterstützung, weil die Kollegin ihrer Dienstpflicht nicht nachkommt. Das ist zumindest ein Anlass für ein ernstes Gespräch mit ihr, indem ihr freundlich verdeutlicht wird, dass das Kind ihre Unterstützung braucht!


    Mir ist noch nicht klar, welchen Denkfehler das Kind macht. Deine Beschreibung gibt für mich nur Auskunft darüber, dass das Kind nicht klar kommt. Übrigens kenne ich ähnliches von meinen Schülern. Sie scheint einerseits irgendwie etwas von Stellenwertübergängen anzuwenden auf der anderen Seite berücksichtigt sie dies nur teilweise und wendet Vertrautes an.


    Erst einmal solltet ihr versuchen herauszufinden, was sie sich dabei denkt. "Wie kommst du dazu?" Dazu wäre es hilfreich, sie die gleiche Aufgabe mit irgendeinem unstrukturiertem Material vollziehen zu lassen, damit sie merkt, dass sie da ein Problem hat. Denn sie wird vermutlich mit unstrukturiertem Material zu einem anderen Ergebnis kommen.


    Und dann ist es wichtig herauszufinden, was ihr hilft, sich dieses abstrakte Geschäft des stellenwertbezogenen Rechnens vorstellbar machen zu können. Hier hilft immer Anschauung, Handeln ... Welches Material ist dabei m.E. nicht so wichtig!


    Noch eine kurze grundsätzliche Anmerkung dazu: Subtrahieren und Dividieren widerstrebt Kindern meist, weil es was mit 'Hergeben' zu tun hat. Da verkleinert sich eine Ausgangsmenge und dies scheint irgendwie ein prinzipielles Hemmnis zu sein.


    VIEL GEDULD!


    Monika :)

    Das, was du beschreibst, kommt gar nicht so selten vor. Erstklässler beginnen mit viel Freude und Elan sich dem zu widmen, was in der Schule als 'Lernen' bezeichnet wird. Plötzlich steht alles still. Lerneifer und Kontaktbereitschaft werden reduziert, in deinem Fall sogar abgelehnt.


    Meine Vermutung: Inzwischen hat das Kind beim schulischen Lernen irgendetwas erlebt, dass es veranlasst sein anfängliches Engagement einzustellen. Es könnte sein, dass dieses Erleben im Bereich des Misserfolges liegt. Auch Erwachsene reagieren bei Misserfolg so ähnlich: Sie stellen das Lernen auch ein, weil sie plötzlich feststellen, sie können das, was sie lernen möchten, nicht erreichen. So hat z.B. eine vierzigjährige Frau aus meinem Bekanntenkreis das mit Freude begonnene Klavierspielen aufgegeben, weil sie Schwierigkeiten dabei erlebte, die sie nicht meistern konnte. Entmutigt hörte sie auf. Dies könnte bei deiner kleinen Schülerin so ähnlich sein. Sie könnte z.B. festgestellt haben, dass sie nicht so schön, nicht so schnell ... schreiben kann, wie andere Kinder ihrer Klasse. Sie möchte aber genauso erfolgreich sein, wie die anderen Kinder - das ist ein Grundbedürfnis jeden Schülers, ja ich würde sagen ein allgemein menschliches Grundbedürfnis: Jeder möchte mit den anderen mithalten können.


    Es könnte weiter der Fall sein, dass man zu Hause enttäuscht ist, weil das Kind nicht so erfolgreich lernt, wie es am Anfang den Anschein hatte. So muss die kleine Schülerin beides verkraften: Die eigene Enttäuschung und die der Eltern, Geschwister ... Dies kann sehr beeinträchtigend für eine Erstklässlerin sein. Wie beeinträchtigend, hängt u.a. ab von der persönlichen Konstitution (Frustrationstoleranz, Reife, Belastbarkeit ...), von der Fähigkeit der Umgebung zu merken, dass dieses Kind da ein Problem hat...


    Die Zuneigung zur Lehrerin bringt sie womöglich zusätzlich in Schwierigkeiten. Da sie erlebt hat, dass ihr vieles nicht so gelingt, wie sie bzw. ihre Umgebung sich dies wünscht, verweigert sie die Erfüllung der Anforderungen, weil sie vielleicht fürchtet, dass sie getadelt wird, dass sie die Zuneigung ihrer Lehrerin verliert und sie in den Augen ihrer Mitschüler an Wert verliert. Vielleicht wird sie ausgelacht oder von ihren Mitschülern abfällig kritisiert? So steckt sie in einer Sackgasse. Sie möchte lernen und hat Schwierigkeiten erlebt und meint, es geht nicht. Also stellt sie es ein.


    Es hilft herauszufinden, 'wie' sie zu ihrer entmutigenden Schlussfolgerung gelangt ist. Du könntest sie vielleicht fragen, wie es kommt, dass sie jetzt nicht mehr so gern schreibt. Meistens fällt Kindern dazu etwas ein, wenn man ihnen Raum dafür lässt. Warum-Fragen bringen dagegen nichts, denn meistens ist es Bündel von Faktoren, die kleine und große Menschen zum aufgeben veranlassen. Sie hat irgendwie resigniert, sie ist entmutigt.


    Biete ihr begleitend andere Schreibgeräte, Papiere, Tafeln zum Schreiben an. Es ist dabei wichtig, jeden Druck von ihr zu nehmen - d.h. nicht sie in Ruhe zu lassen. Im Gegenteil: Sie braucht jetzt geduldige Anleitung. Du könntest ihr sagen, dass sie nicht schreiben muss, denn niemand muss lernen. Sie kann aber lernen, wenn sie es möchte und du kannst ihr in Aussicht stellen, mit ihr gemeinsam herauszufinden, wie sie Schreiben lernen kann, wenn sie es möchte. Sie vertraut dir und das ist die Brücke über die das gemeinsame Herausfinden und ihre Weiterentwicklung gelingen kann.


    Die Auffassung, nicht lernen zu müssen, steht im Gegensatz zu dem, was wir Lehrer sonst glauben denken zu müssen. Wir machen Druck, wenn Schüler sich verweigern. Doch Du schreibst ja schon, dass dies überhaupt nichts bewirkt. Denn das Kind hat sich entschieden. Das Kind befindet sich m.E. eigentlich in einem Irrtum, der dazu führt, dass es das Problem auf eine Weise löst, die sich eigentlich gegen sein ureigenstes Lernbedürfnis richtet. Es kommt darauf an, ihm aus diesem Irrtum herauszuhelfen und ihm Möglichkeiten des Weiterlernens aufzuzeigen - ohne Druck, ohne Tadel, ohne Apelle ...


    Monika

    Zitat

    phoenixe schrieb am 11.01.2007 23:36:
    ...möchte ich kurz anmerken, dass sich das ausbildungssystem von generation zu generation selbst reproduziert.


    Auch dies könnte Anlass zum Nachdenken geben: Die Reflexion über Ausbildungsinhalte zusammen mit der Frage „Wie lernen Schüler“ wird als bereits beantwortet vorausgesetzt. Und grade dies war ja auch ein Konflikt zwischen Referendarin und Ausbildern bzw. Kollegen im vorliegenden Beispiel! Es gibt also völlig unabhängig von persönlichen Problemen, sachliche Defizite der herrschenden Ausbildungsinhalte, bzw. von Theorien über das Lernen und seine Vermittlung!


    monika

    Zitat

    Schmeili schrieb am 11.01.2007 23:06:
    Bei meinen Seminarleitern kann ich nciht über mangelnde Kompetenzen (ausser der fehlenden KOmpetenz einen Kalender zu führen *grrr*) klagen, muss ich jetzt mal lobend über alle meine Seminarleiter sagen..
    LG Schmeili


    Mit meinem Beitrag wollte ich keinen Rundumschlag gegen die Seminarleiter oder Mentoren vollziehen. Derartiges würde am Inhalt der Diskussion um eine den Schülern und damit auch den Lehrern dienende sachgerechte Ausbildung vorbei führen.


    Mir scheint in dem vorliegenden Beispiel, das ich verwendete, vor allem die Frage nach dem Verhältnis zwischen Lernen und Disziplin von inhaltlicher Relevanz zu sein.


    monika
    :)

    Lehrer, die Anleiter von Referendaren werden, müssen zumindest in Hamburg keine Kompetenzen nachweisen, außer der Bereitschaft die Mehrarbeit zu leisten. Dann werden sie in einer einmaligen Veranstaltung darüber informiert, wohin der Weg für die Referendare geht und welche Aufgaben ein Anleiter hat und welches Gewicht, die Stimme des Anleiters schließlich bei der Prüfung hat. Eine weitere Veranstaltung dient dem Erfahrungsaustausch.


    Was die Seminarleiter anbelangt, bin ich überfragt. Sicher gibt es jemand in der großen Runde, der dazu Infos hat.


    Gruß
    monika :)

    Zweiter Teil:


    Gleich zu Anfang räumt PF ein: „ ...ich hatte Mitschuld an meinem Scheitern“ ...Dies entspricht zum einen ihrem an sich selbst angelegten Maßstab, ist andererseits aber auch wohl das Ergebnis der Lehrerausbildung, die den Anteil des Verschuldens des Lehrers an schulischem Misserfolg hoch bewertet. Die Aufforderung Selbstkritik zu üben gehört zum Pflichtteil jeder Nachbesprechung bei UBs. Ob die Zuweisung von eigener Schuld gerechtfertigt oder überhaupt sinnvoll ist, wird dabei nach meiner Erfahrung nie betrachtet.


    Als Gründe für ihr Scheitern nennt sie ihre pädagogischen Defizite, Vorfälle, die nicht hätten sein dürfen, ihr Selbstbewusstsein dahingehend, weil sie Fehlverhalten von Schülern anders als Kollegen und Vorgesetzte interpretiert habe.


    Ich denke pädagogische Defizite sind normal bei Referendaren. An diesen Defiziten sollte während der Ausbildung gearbeitet werden, und zwar so, dass der zukünftige Lehrer eines Tages selbständig daran weiterarbeiten kann. Denn defizitäres Verhalten hört nie auf! Vorfälle, die nicht hätten sein dürfen, sind sicher auch in diesem Zusammenhang zu einzuschätzen. Auch hier gilt: Referendare sollten lernen können, auf das, was sie als defizitär, bzw. veränderungsbedürftig erleben hinzuschauen und zwar genau hinzuschauen und dann gründlich nachzudenken.


    Schuldzuweisungen, die berühmte gut gemeinte Kritik von Anleitern, Kollegen und Ausbildern verhindern das gelassene und ruhige Hinschauen, weil sie persönlich verletzen. Der Kritisierte fühlt sich angegriffen und verteidigt sich entweder laut oder schweigt hilflos. Schließlich nennt sie - zwar ironisch, doch so hat sie es erlebt -, ihre aus guten Gründen abweichende Sichtweise über Fehlverhalten von Schülern, als Grund für ihr Scheitern. Ich halte eigene begründete Sichtweisen für äußerst wertvoll. Denn nur aus Eigenem kann auch eigenes Handeln erwachsen. „Behinderungen verstärken das Risiko für Disziplinstörungen“ nennt sie als weiteren Grund für ihr Scheitern. Jede Abweichung von der Normalität – dazu gehören z.B. auch Glatzen, dicke Brillen, im Grunde jede den Schülern fremde Eigenart eines Lehrers usw. - ist für Schüler Anlass, um spontan zu reagieren, und Spontaneität stört immer die Disziplin eines herkömmlichen Frontalunterrichtes. Nach einem verursachenden Schuldigen zu suchen, halte ich hier für kontraproduktiv, weil derartiges einfach passiert, weil die Dinge so sind wie sie sind, und eben ausagiert, besprochen und vielleicht verändert werden sollten.

    Ich kann hier beim besten Willen nichts entdecken, das mich veranlassen könnte, jemandem zu raten, die Ausbildung zum Lehrer aufzugeben. Im Gegenteil: Hier handelt es sich um Aufgaben, die die Ausbildung anpacken sollte!


    Ganz anders die Sichtweise der beteiligten Ausbilder. Da werden „Rüffel“ verteilt, hektische Betriebsamkeit gezeigt, elementare Regeln der Hospitationskunst verletzt und die Referendarin kritisiert. Schließlich erteilt man ihr den Rat, ihre Ausbildung abzubrechen. Leicht könnte man der Versuchung erliegen, diesen Damen und Herren Schuld zuzuweisen. Doch weil auch diese durch das schmiedende Feuer einer ähnlich fatalen Lehrerausbildung gehärtet worden sind, - womit ich nicht der Verantwortungslosigkeit das Wort reden möchte – wollen wir sie als das nehmen, was sie sind: Ausbildende Pädagogen, die keine Anleitung zum Lehrberuf erfahren haben, sondern so – wie sie es mit pf machen – zu einem funktionierenden Rädchen im Gefüge der Schule verbogen, d.h. verleitet worden sind. Es gilt, sie aufzuklären! Denn das, was aus ihrer Sicht plausibel erscheint, ist bei genauem Hinsehen Unsinn. Hier wird einer Referendarin die erfreulicherweise, auf Grund eigenen Hinschauens eigene Urteile fällt, die – was sie soll und darf – Fehler macht, Ausbildung verweigert. Man signalisiert ihr lediglich, dass sie funktionieren soll. Sie soll keine Beschwerden verursachen, und das in einem doppelten Sinne. Weil sie aber beharrlich weiter ausgebildet werden will (Sie will eine brauchbare Lehrerpersönlichkeit entwickeln. Siehe unten.), indem sie widerspricht (aufmuckt), selber denkt, vermutlich auch experimentiert wird sie als ungeeignet für diese Ausbildung gehalten. Ich frage mich (nicht zum ersten Mal in meinem Leben), welchen Wert hat eine solche Ausbildung?

    Die Folgen für powerflower und für jeden, der ähnliches erlebt, sind verheerend. Die Verunsicherung durch die Aufforderung zu funktionieren, beeinträchtigt ihren Unterricht. Sie wird unsicher, nervös. Sie hat sogar Angst um Hilfe nachzusuchen, weil sie negative Konsequenzen befürchtet.
    Aber sie macht nicht nur sehr schwere Zeiten durch, nein, die Geschichte nagt an ihrer Selbstachtung. Sie beschuldigt sich weiterhin selbst am Scheitern beteiligt gewesen zu sein, sie empfindet ihre Behinderung, ich weiß nicht zum wievielten Male in ihrem Leben als schuldhaft, Sie sieht sich gebrandmarkt, stigmatisiert sollte sie das Referendariat noch einmal aufnehmen wollen.


    Dabei bringt sie viele Vorrausetzungen mit, die sie im Lehrberuf dringend brauchen kann: Sie besitzt Beobachtungsgabe, Urteilsfähigkeit, weiß um ihre Defizite und Lernbedarf. Und noch eins: Sie weiß, dass ihre eigene Persönlichkeit von großer Wichtigkeit ist. Sie wollte lernen an sich das zu entwickeln, was ihr als Ideal eines Lehrers vor Augen stand. Doch sie erhielt nicht die entsprechende Ausbildung. Denn sie scheiterte letztlich „an den Vorgaben, die ... als Referendarin einzuhalten“ waren.


    Am Anfang ging es ums Versagen. Frage: Wer oder was hat hier versagt?


    monika :)

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