Beiträge von c. p. moritz

    Ich sehe es nochmals anders.

    Diese Trennung von Theorie und Praxis ist nicht angemessen.

    Denn das tun Linguisten in der Regel gar nicht.

    Genau das von dir Kritisierte ist m. E. längst Mehrheitsmeinung in der sprachwissenschaftlichen Forschung und findet sich auch im oben zitierten Beitrag von Peter von Polenz.

    Präskriptive Einführung neuer sprachlicher Elemente funktioniert ohnehin nicht, mit Ausnahme vielleicht von Fachtermini. Aber auch da ist es schwierig. Oder wie viele kennen die Leistung ihres PKWs in Kilowatt oder sagen "Gliedermaßstab" für "Zollstock"?

    da klingt Student oder auch Hochschüler für mich passender als Studierender oder Hochschullernender.

    Das ist aber eine völlig andere Aussage als zu behaupten, die Bezeichnungen im nominalisierten Partizip Präsens wären falsch! Dein Geschmack ist etwas gänzlich anderes als grammatische Richtigkeit, die du davor so stark wertend bemüht hast. So leicht willst du jetzt also entkommen? Das klappt nicht.

    Hier widersprichst du dir doch selbst. Wer weiß denn heute schon, dass Student im Lateinischen ein Partizip war? Das ist doch niemandem transparent.

    Außerdem verweise ich darauf, dass bei den wenigen (Berufs-)Bezeichnungen im Partizip wie Handelsreisender, Vorsitzender, Erstgebärende irgendwie klar ist, dass man das nicht dauerhaft tun kann. Zudem sind die regulären Bildungen wie *Handelsreiser, *Vorsitzer und *Erstgebärerin tendenziell sprachlich blockiert.

    Eben! Genau so weit hergeholt wie die Begründung "Studierender" könne man laut Gymshark nur sein, wenn man dies ohne Unterlass täte!

    Und dass man das auch nicht dauerhaft tun kann und dennoch sein, war doch gerade mein Argument gegen Gymsharks Argument, warum man angeblich (sic!) das Partizip Präsens "grammatikalisch falsch" verwendete, gebrauchte man es als gendernautrale Bezeichnung für "Studenten".

    Also, nein. Ganz und gar nicht widersprüchlich.

    "Studierende" ist noch recht neu, aber irgendwie scheint den Verwendern dieses Begriffs noch nicht aufgefallen zu sein, dass er grammatikalisch häufig falsch verwendet wird, da er voraussetzt, dass jemand just in dem Moment studiert - und das ist bereits dann nicht der Fall, wenn jemand zwar sein Buch aufgeschlagen hat, aber statt zu lesen/lernen mit Quatschen, Comic zeichnen oder Tagträumen beschäftigt ist.

    Deine Begründung ist m. E. weder plausibel noch frei von Fehlern.

    1. Das Wort "Student" impliziert ebenfalls, dass jemand gerade studiert, da es vom Partizip Präsens Aktiv von lat. "studere" (etwa: sich fleißig und eindringlich einer Sache widmen) abgeleitet ist. Deine Begründung sticht also nicht.

    2. Du schreibst der grammatischen Form eine Semantik zu, die in dieser Form gar nicht gemeint ist, da das Partizip eben nicht die semantische Aufladung hat: "immer, jetzt und ohne Unterlass etwas tun". Sehr schön dazu die obige Analogie zur "fleischfressenden Pflanze".

    Wer entscheidet dann deiner Meinung nach, welchen Ausdruck wir für die Leute in den Hörsälen wählen?

    Ich verstehe nicht, wieso du dich damit so schwer tust. Du hast doch Französisch studiert, also im weitesten Sinne auch LIngustik. Dann sollten dir doch Faktoren des Sprachwandels geläufig und bekannt sein, dass es nicht "die" Institution gibt, welche entscheidet und unerschütterliche Vorgaben macht, sondern Sprache eine Mischung aus arbiträren Festlegungen von Signifikanten für bestimmte Signifikate ist. Diese bedürfen einer gesellschaftlichen Konvention, die wie die Gesellschaft selbst stets im Wandel ist. Sog. Sprachpurismus beruht demnach auf einem fundamentalen Missverstehen von Sprache und deren Entstehung und Wandel.


    Ich zitiere etwas ausführlicher aus meinem LIeblingsaufsatz von Peter von Polenz (Geschichte der deutschen Sprache. Berlin/New York: W. de Gruyter, 1978 (9., überarb. Aufl.). (= Sammlung Göschen 2206.) S. 5, Hervorhebungen von mir.) zu diesem Thema:

    Der Sprachwandel wird vom normalen Sprachteilhaber gewöhnlich nicht bemerkt, denn Sprache funktioniert immer nur als unbedingt gültiges synchrones Kommunikationssystem einer gegenwärtigen Sprachgemeinschaft, muss also als grundsätzlich unveränderlich erscheinen. Nur demjenigen, der ein außergewöhnliches Erinnerungsvermögen hat oder mit Sprachdokumenten aus der Vergangenheit zu tun hat, ist die diachronische Blickrichtung möglich, die den Sprachwandel erkennen lässt. Wer selten dazu Gelegenheit hat und nur zufällige Einzelheiten des Sprachwandels beobachtet, ist meist darüber verwundert und neigt zu der Ansicht, früher habe man noch ‚falsch‘ gesprochen, oder aber (in sentimentaler oder historischer Ehrfurcht vor der Vergangenheit): Die Sprache der Vorfahren sei noch nicht vom modernen Zeitgeist ‚verderbt‘ gewesen. Schon seit uralten Zeiten sind die Menschen über den Sprachwandel und die damit zusammenhängende Sprachverschiedenheit beunruhigt gewesen. Sie haben das unfassliche Phänomen der Wandelbar­keit und Zersplitterung der doch unbedingte Gültigkeit beanspruchenden Sprache mythologisch gedeutet als eine Strafe für Sünden, die den Menschen vom göttlichen Ursprung der einen und wahren Sprache entfernt habe (Babylonische Sprachverwirrung). Die Vorstellung von der göttli­chen ‚Ursprache‘ und der Heillosigkeit der Menschensprachen und ihrer Geschichte wirkt teilwei­se noch bis in die Zeit der Romantik nach; und die Klage über den ständigen ‚Sprachverfall‘ ist noch heute ein beliebter Topos in der kulturpessimistischen Sprachkritik, nicht zuletzt weil man gewohnt ist, die lebende Sprache der Gegenwart am Vorbild des ‚Klassischen‘ oder des ‚Urtümli­chen‘ zu messen. Seit der Aufklärung werden Sprachwandel und Sprachverschiedenheit mehr und mehr als selbstverständliche Erscheinungen der menschlichen Sozialgeschichte anerkannt.

    Tatsächlich hilft mir die App, Privates und Schulisches noch besser zu trennen als vorher (bzw. weniger schlecht).

    Eine Unterteilung in verschiedene Tätigkeiten ist mir dann schon wieder zu viel Aufwand. Es kommt freilich darauf an, was man alles möchte.

    Ich nutze auf Empfehlung aus diesem Strang "StempelUhr". Sie ist für meine Zwecke optimal (z. B. automatischer Start an bestimmten Ort gebunden, Erinnerungen, Statistiken), geht aber funktional beinahe über das hinaus, was ich brauche.

    Mit Watch als Ergänzung total benutzerfreundlich.

    Dann erleuchte die anderen doch damit. ;) Vor allem beim (Gummi-)Begriff Gender wünsche ich wirklich viel Vergnügen, da jeder da etwas anderes drunter versteht. Mir sind Definitionen von Synonym für "sex" (biologisches Geschlecht) bis Geschlechtsidentität (so einer Art angeborener geschlechtlicher Essenz/Seele, die in einem wohnen soll) bekannt.

    Ich habe sogar schon eine Professorin aus den Gender Studies gehört, die sagte, dass sie diesen Begriff meiden würde, weil selten klar sei, was man damit eigentlich meine. Irgendwie tragisch, dass ein Fachbereich dann auch nach so etwas nahezu Undefinierbarem benannt ist ...

    Natürlich kann man den Tenor eines Beitrages auch absichtlich missverstehen oder ignorieren. Ich habe mich in erster Linie an der rein binären Denkweise gestoßen. Dass Termini in Denotation und Konnotation kontrovers diskutiert werden, ist damit doch nicht ausgeschlossen.

    Aber vielleicht habe ich nicht präzise formuliert, ich versuche es erneut: Es gibt mir sehr zu denken, dass offenbar keine semantischen Unterschiede jenseits von 1 und 0 gesehen werden.

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