Wir könnten auch "Ist der Osten Deutschlands ausländerfeindlich?" fragen und ähnlich diskutieren.
Wenn man empirische Studien empirische Studien sein lässt, die bei so weiten, schwammigen Begriffen ("Bildungssystem", "jungenfeindlich") kaum valide sein können, und stattdessen etwas nachdenkt, kann man aber festhalten:
Wir können nicht nicht diskriminieren, jede Handlung ist eine Diskriminierung und beruht auf Diskriminierung.
Auch wenn es Ausnahmen gibt, werden einzelne Jungen und Mädchen als Jungen und Mädchen wahrgenommen und nicht einfach nur als Kinder, da wird diskriminiert. Natürlich wird auch bei Hautfarbe, Haarfarbe und Augenfarbe diskriminiert. Ich könnte nicht sagen, ob die spontane Unterscheidung nach Geschlecht oder nach Hautfarbe stärker ist - da müsste man eine empirische Studie machen. Aber wir diskriminieren wahrscheinlich eher nach Geschlecht als nach Augenfarbe, sowohl spontan und unbewusst als auch bewusst - eine Lehrkraft wird häufiger eine Liste nach Geschlecht als nach Augenfarbe geordnet anlegen, auch als nach Hautfarbe.
Die "vermeintliche Feminisierung" (Tibo) des Schulsystems ist nur vermeintlich vermeintlich. Wenn man unter Feminisierung der Schule die Prägung der Schulkultur vornehmlich durch Frauen versteht, prägen bei 90 Prozent weiblichen Lehrkräften an Grundschulen und einem ähnlich hohen Anteil an Grundschulleitungen nun einmal Frauen die Schulkultur. Die anderen Schulformen ziehen nach.
Die weiblichen Lehrkräfte prägen die Schulkultur sicher nicht unbewusst entgegen ihren eigenen Normen und Verhaltensmustern, sondern nach ihnen, genau so wie Männer das auch tun. Ein Großteil der Handlungen ist unbewusst oder wird nicht immer neu reflektiert, da muss kein böser Wille sein.
Zur Ausgangsfrage: Der Osten Deutschlands ist natürlich nicht ausländerfeindlich. Trotzdem ist Chemnitz keine Stadt, die ich einem dunkelhäutigen Kollegen empfehlen würde, um dort als Lehrer zu wirken.