Beiträge von Antimon

    Ähnliches gilt für die Corona-Maßnahmen: Förderlich waren die bestimmt nicht, aber die Abwärtsentwicklung begann bereits um Jahre früher. Und das auch in Ländern wie Norwegen oder Island, in denen es an den Schulen kaum Corona-Maßnahmen gab

    Das stimmt jetzt einfach nicht. Der Absturz zwischen 2018 und 2022 ist für Deutschland eklatant, in den von dir genannten Ländern setzt sich lediglich ein Trend fort. Dass das in Deutschland überhaupt nicht anerkannt wird, finde ich bemerkenswert. Aber es wundert mich auch nicht. Dann müsste man ja zugeben, dass man ernsthaft was falsch gemacht hat.

    Und wieder unterstellst Du mir eine Aussage, die ich nicht getätigt habe

    Was wolltest du dann mit deiner Liste? Das frage ich dich jetzt zum dritten Mal. Ich stelle Fragen, die du nicht beantwortest sondern dich stattdessen empörst, ich würde dir was unterstellen. Diskutieren geht anders, da ist damit zu rechnen, dass jemand Fragen stellt und anderer Meinung ist.

    Antimon

    Natürlich meine und beschreibe ich das deutsche Schulsystem bzw. die Probleme, die ich darin ausmache. Dass einzelne oder vielleicht sogar viele der von mir genannten Kritikpunkte exklusiv deutsche Probleme wären, kann man daraus jedoch schwerlich ableiten.

    Für ein derartiges Postulat fehlt mir auch schlicht das Wissen um die Schulsysteme der anderen PISA-Teilnehmer.

    Wie kommst du dann darauf, dass die von dir genannten Punkte die Ursachen für das schlechte Abschneiden bei PISA sind? Wenn alle anderen die gleichen Probleme haben müssten auch alle anderen sehr viel schlechter Abschneiden. Also was genau hat deine Liste mit dem Thema PISA zu tun? Über "Schulsysteme" schreibst du ohnehin nicht, mehr so über den allgemeinen gesellschaftlichen Verfall. Das ist natürlich eine bequeme Sicht auf die Dinge, denn dann kannst du als Lehrperson sicher nichts zu einer Verbesserung der Situation beitragen.

    Hatte ich behauptet, dass es sich dabei um ein exklusiv deutsches Problem handelte? Wieso also sollte ich mich dahingehend erklären?

    Ja, hast du. Oder was meinst du mit "unseren Schulsystem" wenn nicht das deutsche Schulsystem? Infolge macht es nur Sinn, dass du dich auf die deutsche Gesellschaft beziehst. Ich kann jedenfalls die von dir geschilderten Probleme in meiner Umgebung nicht erkennen.

    Ja, das ist dann schwierig. Wir haben halt etwa 25 % eines Jahrgangs am Gymnasium aber noch mal 20 % an der Fachmittelschule. Bei uns spielen aber auch die Fachhochschulen eine viel grössere Rolle, die Fachmaturität ist ein durchaus hochwertiger Abschluss.

    Bei uns klappt es sehr gut mit der Durchlässigkeit weil wir in der Regel zwei Schulformen im gleichen Schulhaus haben. In der Sek I kommt es immer mehr, dass alle 3 Niveaus zusammengefasst sind. Ich kenne das aus Deutschland nur von den Schulen in privater Trägerschaft. Ich war selber an einer katholischen Schule mit Gymnasium und Realschule. Das wäre einfach zu organisieren und würde einiges bringen, denke ich. Als Lehrperson muss man sich dann auch automatisch mit den verschiedenen Leistungsniveaus befassen, ich finde das sehr bereichernd.

    In der Lesekompetenz sind es 40 Punkte Unterschied mit Profilberücksichtigung.

    Das ist ein Phänomen der erzwungen Mehrsprachigkeit, daa zeigt sich in der Schweiz auch bei landesinternen Vergleichstests. Das gleiche spiegelt sich auch immer schon in den belgischen PISA-Ergebnissen. Die intrinsisch mehrsprachigen Länder müssen damit zurecht kommen, also einfach mal weniger mimimi an der Stelle.

    Es ist nicht zielführend, zu lamentieren, dass da jetzt so und so viele Migranten sind, die Deutsch nicht als Muttersprache haben. Sie sind halt da. Ich schrieb ganz oft schon, ich musste meine Sprache hier an einen durchschnittlich ärmeren Wortschatz anpassen. Mei, dann langt's halt nicht für Goethes Faust, man darf sich aber auch gerne fragen, ob es dafür noch langen muss.

    Und woher weißt du, dass bei uns die Doofen verschont wurden? Vielleicht war es genau umgekehrt?

    Ich meinte eher China & Co. Deren Stichprobe beschränkt sich z. B. auf Hongkong und Macau. Ich habe aber mal nach dem deutschen Auswahlverfahren gegoogelt und da wird tatsächlich auch sichergestellt, dass "reguläre" Neuntklässler überrepräsentiert sind. Zusätzlich zu 30 zufälligen 15jährigen wird eine vollständige 9. Klasse gewählt und daraus weitere 15 15jährige SuS. Ich habe es nicht finden können, wie das in der Schweiz gemacht wird. Die Uni Bern organisiert es, ich suche mal weiter, ob ich noch was dazu finde.

    Wisst ihr, was mir beim nochmaligen Lesen der Ländernotizen gerade aufgefallen ist? In der Schweiz haben absolut (!) mehr Jugendliche teilgenommen als in Deutschland. Irgendjemand meinte doch, die Auswahl sei in Deutschland verzerrt. Wohl eher nicht zum Negativen, würde ich sagen, die Stichprobe ist relativ gesehen ja 10 x kleiner als bei uns. Das gleiche gilt für Südkorea, Japan, China, ... Na gut. Wenn man die "Doofen" einfach nicht zum Test schickt, ist klar, woher die Ergebnisse kommen. :lach2:

    Ganz bewusst, denn ich bin es leid, über Kausalitäten zu diskutieren, die ist eben so nicht nachweisbar wie eine Korrelation und am Ende dreht es sowieso jeder wieder so, dass es zu seinem Weltbild passt.

    Da brauchst du gar nichts drehen, es gibt genügend Gegenbeispiele von denen ich auch welche konkret benannt habe.


    Dass der nächste Pisa Test nicht besser wird, wenn man die Bildungsausgaben um 20% erhöht, indem man in allen Schulen vergoldete Wasserhähne investiert, dürfte allen klar sein.

    Offensichtlich ist das mindestens in der Politik nicht so klar, wie du es darstellst.

    Der Zusammenhang zwischen den Mathematikleistungen und den Bildungsausgaben pro Schüler liegt bei einem R Quadrat Faktor von 0,54, das ist für derartig komplexe Zusammenhänge ein ausgesprochen hoher Faktor.

    Das ist eine Korrelation, keine Kausalität. Im Bericht wird schon sehr deutlich darauf hingewiesen, dass es vor allem drauf ankommt, *wofür* das Geld ausgegeben wird.

    Es stimmt eben nicht. Die Behauptung stand hier schon öfter mal, aber sie lässt sich nicht belegen. Es wird in den Ländernotizen recht gut erklärt, wie die Zusammenhänge sind. Die höchsten pro-Schüler-Ausgaben im gesamten OECD-Bildungsraum hat immer schon Luxemburg und die landen immer schon auf sehr mittelmässigen Rängen. Interessant ist, dass dort zugleich auch die Lehrpersonen am besten bezahlt sind (ich glaube sogar weltweit). Ich wüsste echt zu gerne mal, was bei denen läuft, dass das immer so mau rauskommt. Über Estland habe ich letztes Jahr im Sommerurlaub einiges gehört, was ich sehr interessant fand. Ich vermute stark, dass da in der nächsten PISA-Runde ein ähnlicher Absturz wie bei den Finnen bevorsteht. Estland zahlt absolut beschissene Löhne und hat ein riesen Problem mit der Rekrutierung junger Lehrpersonen. Da stehen wohl zum Teil noch 70jährige vor den Klassen und irgendwann können auch die nicht mehr.

    Ich empfehle jedem, einmal zwanzig Minuten zu investieren und sich die Ländernotiz des eigenen Landes anzusehen.

    Ländernotiz Deutschland

    Ländernotiz Österreich

    Ländernotiz Schweiz

    Danke, ja das habe ich schon gemacht. Es ist eben viel interessanter, sich die Trends über einen längeren Zeitraum anzuschauen und auch die gesellschaftlichen Entwicklungen, die dahinterstecken als die blöde Vergleicherei mit den tollen Chinesen und den nicht mehr ganz so tollen Finnen.

    Vieles liest sich in den Ländernotizen für Deutschland und die Schweiz ziemlich gleich. Die nach wie vor starke Korrelation zwischen sozialem Status und Schulleistungen haben wir hier eben auch nur tritt das weniger als Problem hervor, wenn eben alle Werte grundsätzlich besser sind. Das einzige, worin sich die Ländernotiz natürlich stark unterscheidet, sind die Angaben bezüglich der pandemiebedingten Schulschliessungen. Ich bin nach wie vor überzeugt davon, dass unsere Kinder und Jugendlichen davon profitiert haben, dass sie die allermeiste Zeit irgendwie "normal" in der Schule waren und auch deswegen die Veränderungen zwischen PISA 2018 und PISA 2022 marginal sind. Der deutsche "Absturz" in dem Zeitraum ist schon beeindruckend.

    Schon bei der 1. Pisa-Studie war eine zentrale aber kaum diskutierte Erkenntnis, dass die höchste Korrelation der Ergebnisse zum Faktor "pro Schüler in das Bildungssystem investiertes Geld" bestand.

    Das stimmt so pauschal eben nicht und es hat auch noch nie gestimmt. Über einem gewissen Schwellenwert hängt es vor allem davon ab *wofür* das Geld investiert wird und nicht mehr *wie viel*. Die pro-Schüler-Ausgaben liegen in Estland z. B. sogar leicht unter dem OECD-Durchschnitt, auch Japan investiert deutlich weniger als Deutschland. In der Schweiz sind die Ausgaben pro Schüler etwas höher, der Abstand in den erzielten Leistungen ist unterdessen aber doch recht deutlich. Wir bezahlen hier halt vor allem mehr Lehrpersonen, Klassen mit über 30 Kindern bzw. Jugendlichen gibt's hier nicht mal an den weiterführenden Schulen.

    Wie so oft bei solchen Themen wird das bei uns medial längst nicht so verbissen und anklagend diskutiert. Die Schweiz ist immer schon schlecht in der Lesekompetenz. Den Artikel fand ich ganz nett:

    https://www.srf.ch/kultur/gesells…sen-wieder-cool

    Es geht nicht drum, wer schuld hat, sondern was man tun könnte. Josia Jourdan ist übrigens ein Ehemaliger von uns. Nach Windrad-Umut jetzt Bücher-Josia, wir bilden Berühmtheiten aus! ^^

    Das haben mir auch Kolleginnen und Kollegen, deren eigene Kinder dran teilgenommen haben, so erzählt. Ich kenne meine Schöfli gut genug, die sind ja nur 1 Jahr älter als die PISA-Teilnehmer*innen. Die Mehrheit hätte schlicht keine Lust, sich da grossartig Mühe zu geben. Ich glaube auch nicht, dass sie sabotieren würden aber für eine echt Prüfung würden sie's besser machen. Unser System ist eh nicht ganz so notengeil wie im benachbarten Ausland. Nicht grad wenige unserer Maturandinnen und Maturanden rechnen sich aus, was ihnen bei den Abschlussprüfungen "langt". Es macht ja nichts, wenn da ein 2er im Französisch steht, Hauptsache bestanden.

    Ach naja, das hieß es von den Ukrainischen Schülern auch und dann hat sich herausgestellt, dass dort alle Nachhilfe nehmen, um im Stoff ein Jahr weiter zu sein als hier. Auswendiglernen und Drill hat seinen Platz, verstehen was man da überhaupt auswendig lernt aber hoffentlich auch.

    Die ukrainischen Schüler, die in der Ukraine angeblich kurz vorm Master an der Uni waren und sich bei uns nicht fürs Gymnasium qualifizieren?

    Ich finde wirklich, dass dieses PISA-Zeug massiv überschätzt wird. Man sollte mehr danach schauen, wie die Schulabgänger*innen in der Berufslehre respektive an der Uni zurecht kommen. Dafür bräuchte es seriöse Erhebungen und keine anekdotischen BILD-Interviews mit frustrierten Bäkermeisterinnen und Mathe-Dozentinnen.

    Da bin ich gespannt. Vielleicht kannst Du ja mal grob berichten, ob Du weinst oder jubelst oder was dazwischen machst

    Klingt nach erstaunlich viel Einigkeit über alle Fachbereiche hinweg. Und dass wir überhaupt gefragt werden ist auch nicht selbstverständlich.

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