ZitatOriginal von Meike.
Gut, ich bin keine Grundschullehrerin. Ich kann mir den "Empfehlungsstress" nur sehr vage vorstellen. Nehme aber an, dass das in den Familien und auch in den Kollegien ganz schön Druck aufbaut.
Ist es denn so, dass man nur dann ein ruhiges Gewissen haben kann, wenn man seine Empfehlung auch durchgesetzt hat? Oder kann man es mit einem "Ich persönlich halte - nach dem derzeitigen Stand und aufgrund der und der Kritierien - diese und jene Schulform derzeit für die angmessenste" belassen - und bei dem Rest einfach den Eltern vertrauen?
Eltern haben, zumindest gesetzlich, das Recht auf freie Schulwahl. Ich finde das gar nicht so schlecht. Umwählen kann man dann später auch noch. Am besten wäre in dem Zusammenhang natürlich eine Schule, die allen Kindern und Lehrern (!) gerecht wird. Aber das ist ein anderes Thema.
Der Empfehlungsstress ist sehr präsent. M.E. beginnen die ersten Auswüchse bereits im zweiten Halbjahr des dritten Schuljahres. Ich denke aber nicht, dass die Eltern daran schuld sind, ich glaube eher, es ist eine Verkettung der Umstände. Dass beispielsweise die Lernstandserhebungen in das letzte Viertel des dritten Schuljahres fallen, ist auch nicht unbedingt förderlich.
Ich habe diese Empfehlungsgespräche bereits zweimal hinter mir, ich bin allerdings mit den Eltern soweit gut übereingekommen. Ich fand es aber jedesmal wichtig, mitzuteilen, dass es sich bei den Gesprächen um Beratungsgespräche handelt, die m.E. ergebnisoffen geführt werden sollten, auch wenn in NRW die Grundschulempfehlung bindend ist. Ich habe mich also auch mehrfach von guten Argumenten von Elternseite überzeugen lassen. Ich denke auch, dass es wichtiger ist, Hinweise mit auf den Weg zu geben, die gehört werden, als wenn man sofort die Türen zuschlägt und kein Gespräch mehr möglich ist. Insgesamt habe ich mir jedesmal sehr viel Zeit genommen, und mich im Zweifelsfall auch öfter mit Eltern getroffen.
Insgesamt bin ich sehr unglücklich über die Rolle, die man mir zuweist. Ich möchte nicht bei so jungen Kindern über eventuelle Lebenschancen entscheiden. Wahrscheinlich fällt es mir auch deswegen sehr schwer, weil ich kaum mehr als ein Zeitfenster der nächsten zwei Jahre überblicken kann, wenn überhaupt. Ich kann nämlich nicht hellsehen! Wenn ich dann im Bekanntenkreis höre, dass einige im Zehn-Minuten-Takt "abgefertigt" werden, kann ich den Frust mancher Eltern auch verstehen, die sich in ihrer Rolle nicht ernst genommen fühlen.
Viele Grüße