Im konkreten Fall hat der BGH ja gerade eine Amtspflichtverletzung festgestellt, d.h. das OLG darf jetzt einen Sachverständigen prüfen lassen, ob die Unterlassung der Lehrer zu der Schädigung geführt hat, was dann eine Haftung nach sich ziehen dürfte. Das heißt jetzt natürlich nicht, dass es sich um strafbar falsches Verhalten handelt, falsch war es aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit.
Im Endeffekt wird es sich - wie so oft - um eine Regelungslücke handeln, die letztendlich vom BVerfG geschlossen werden muss. Ich habe bis jetzt (allerdings auch durch Zeitmangel bedingt) noch keine obergerichtlichen Entscheidungen zum Thema "Garantenpflicht von Lehrkräften" gefunden; die Frage ist aber zu interessant, um sie fallenzulassen. Ich werde dieser Tage mal schauen, ob und was die einschlägigen Kommentare zu dem Thema sagen.
Der Lehrer ist in seiner Funktion als Aufsicht sicherlich auch Garant für die körperliche Unversehrtheit seiner Schutzbefohlenen.
Ja - aber in erster Linie dadurch, dass er für eine möglichst sichere Umgebung sorgt. Schüler an der Stange bis zur Hallendecke klettern zu lassen (ob man das überhaupt noch darf?), ohne Matten unterzulegen, wäre mit ziemlicher Sicherheit ein Verstoß gegen die Garantenpflicht. Das kann auch ganz andere Dimensionen annehmen, z. B. die Einfriedung des Pausenhofs, wenn bekannt ist, dass regelmäßig schulfremde Personen dort dealen oder sonstwie Ärger machen (Garantenstellung dann natürlich nicht für den einzelnen Lehrer, sondern den Schulleiter, der sich wiederum an den Schulträger halten muss). Ob mangelhafte (wenn sie es denn war!) Erste Hilfe auch dazu zählt, wird sich ja im weiteren Verlauf des Prozesses zeigen.
Ansonsten gilt auch in dem Fall, in dem der Lehrer vor der Frage steht, ob er in den Fluss springen soll oder nicht, die Norm des § 323c StGB - Du musst tun, was Dir den Umständen nach zuzumuten ist. Dem Rettungsschwimmer ist es zuzumuten, in den Fluss zu springen (aber nicht 10 m vor dem Stauwehr), dem Laienschwimmer eher nicht.
Ich kenne übrigens (persönlich) den Fall eines Rettungsschwimmers, gegen den mal wegen unterlassener Hilfeleistung ermittelt wurde, weil er einer Frau nicht nachgesprungen ist, die sich in Suizidabsicht in den Fluss gestürzt hatte. Das Verfahren wurde schnell eingestellt: Er hatte nämlich zwei Kleinkinder dabei, die er nicht unbeaufsichtigt am Flussufer lassen konnte.
Jetzt habe ich gerade noch eine schöne Darstellung der Garantenpflicht gefunden, auch mit schönem Fallbeispiel. Siehe vor allem den Abschnitt "Garant und Qualifikation".
Eines noch - unjuristisch, aber vielleicht angebracht: Wie beschissen die Situation natürlich für alle Beteiligten ist, sollte man nicht außer acht lassen - für den Schüler, der jetzt wohl ein Pflegefall ist, für dessen Eltern und für die beteiligten Lehrkräfte, die sich wahrscheinlich schwerste Vorwürfe machen und zusätzlich noch als ignorante Trottel dastehen, die nichts von Erster Hilfe verstehen.