Beiträge von fossi74

    Und wenn man das getan hat, dann "versaut" es auch nicht "das Leben", wenn der Seminarlehrer eine "falsche Bewertung" abgibt, sondern man kann halt das eine Ziel nicht mehr erreichen.

    ... sagt der saturierte Beamte, der es (sicher auch durch Leistung, aber auch mit einer guten Portion Glück) durchs Ref geschafft und anschließend eine Planstelle erwischt hat und dem nichts mehr passieren kann, außer dass ihm der Himmel auf den Kopf fällt. Sorry, aber das ist eine Haltung, die ich hier im Forum des öfteren verspüre und die von mir ein ganz klares "gefällt mir nicht" bekommt.

    Und ich bleibe dabei: Der Seminarlehrer/Fachleiter/Schnullipups/Younameit hat eine Macht über Wohl und Wehe erwachsener Leute, die im Berufsleben ihresgleichen sucht. Das gilt übrigens nicht nur für Geisteswissenschaftler, sondern durchaus auch für Naturwissenschaftler, deren Staatsexamen (anders als bei den Geistis) wohl durchaus weniger wert ist als ein Diplom.

    Ein ehemaliger Schulleiter von mir hatte dermaßen nah am Wasser gebaut, dass er kaum während der Abschlusskonferenz den Kollegen für das abgeleistete Schuljahr danken konnte, ohne dass ihm die Tränen kamen. Das haben ihm weder Kollegen noch Schüler übelgenommen.

    Ach so, der ZEIT-Online-Artikel... einer der Kommentatoren dort bringt es auf den Punkt: Die Online-Ausgaben der Printmedien sind mittlerweile zu einer Art Orientierungsstufe zwischen Schülerzeitung und richtigem Journalismus verkommen. Nuff said.

    Ich habe mich lange gefragt, ob es daran liegt, dass Naturwissenschaften komplexere Thematiken behandeln, aber bin zu der Überzeugung gelangt, dass auch in Fächern wie Deutsch oder Geschichte durchaus anspruchsvolle Zulassungsarbeiten geschrieben werden können. Ich hatte mal eine linguistische Zulassungsarbeit einer Freundin vor der Nase, da merkte man deutlich, dass es sich um Wissenschaft handelte.

    Wow - und das aus dem Munde einer *ehrfürchtigerschauer* Natuuuuurwissenschaftlerin. Mit Diplom! Da wird es einem arm-im-Geistes"wissenschaftler" wie mir ganz selig ums Herz. Danke, danke, danke!

    Ist es in gewisser Weise typisch oder empfinde ich es nur als typisch, dass die weiblichen Teilnehmer dieses Threads Maßnahmen empfehlen, die von der / vom Geschädigten selbst ausgehen (Lobkarten, Flüsterkultur etc.), während nur die beiden männlichen Diskutanten darauf hinweisen, dass bei zu hoher Lärmbelastung am Arbeitsplatz der AG in der Pflicht ist?

    fragt sich
    Fossi

    Hm, das klingt verdammt nach den Bedingungen, unter denen ich Sprachen unterrichte.Ich bilde meine Schüler aus und bewerte sie.
    Okay, es gibt eine gewisse Kontrolle in Form der Respizienz, aber Prüfungsprotokolle wird es bei euch doch wohl auch geben?
    Dass sprachliche Leistungen nicht so eindeutig zu beurteilen sind wie eine Matheaufgabe ist ein gängiger Vorwurf an sprachliche Fächer.

    Sind jetzt alle Sprachenlehrer inkompetent oder Idioten?

    Der alles entscheidende Unterschied: Du versaust den Schülern nicht das Leben, wenn Du eine falsche Bewertung abgibst. Und sollte Dir jetzt spontan das Abi als Gegenbeispiel in den Sinn kommen: Auch da halte ich es für nicht ganz unproblematisch, dass die Fachlehrer die Abiturleistung bewerten. Mein Asyl-Gastland B-W ist da wesentlich weiter, Stichwort "Tour de Ländle".

    Auch ich habe es einmal gewagt, eine kritische Bemerkung zu machen, kann ich nur jedem davon abraten, es wird zu deinem Nachteil sein.

    Je mehr ich über außerbayerische Ausbildungssysteme höre, desto mehr weiß ich das bayerische zu schätzen (ha, wenn mir vor zehn Jahren einer gesagt hätte, dass ich das mal sagen würde...!). Zumindest sind hier die Seminarlehrer Leute aus der Praxis mit fast vollem Deputat und nicht irgendwelche ans Seminar weggelobten egomanischen Psychopathen mit Profilneurose. Diese Rolle übernehmen hierzulande schon die Schulleiter :teufel: .

    Für die Refs gilt: Offen geäußerte Kritik kann sich zum Nachteil auswirken - wenn einen der Seminarlehrer nicht mag. Dann allerdings wirkt sich alles zum Nachteil aus, insofern ist es auch wieder egal. Mag einen der Seminarlehrer, dann wirkt sich nichts zum Nachteil aus. Ob man gemocht wird (das ist hierzulande also ein legitimes Ziel, liebe Meike!) entscheidet sich meist in den ersten Tagen des Refs.

    Mikael, nein. Bitte schließe nicht von dir auf andere.Ich beute mich nicht aus, ich habe vielleicht einen anderen Zeitplan als du. Kollegen handhaben das durchaus unterschiedlich, von "wir alle machen dies und das "kann zumindest in meinem Fall keine Rede sein.
    Ich will einfach morgens nicht hetzen. Weder bei mir im Bad noch am Frühstückstisch noch in der Schule. Mein Privatvergnügen.

    Eben - Dein Privatvergnügen. Und wenn Du morgen beschließt, dass Du Dich im Bad noch weniger hetzen und noch gemütlicher frühstücken willst und auf das morgendliche Gejammer von Kollegin Siebenrist-Landshuter
    keinen Bock mehr hast... dann bist Du eben ab übermorgen erst fünf vor um in der Schule.

    IAW: Die Arbeitszeitrechnung von Mikael ist nicht von der Hand zu weisen. Die halbe Stunde vor Unterrichtsbeginn fehlt abends am Schreitisch.

    der unbedingte Will, Lehrer zu werden! Wenn Du das unbedingt willst, dann wirst Du es auch irgendwann schaffen. Auch mit Deutsch/Geschichte.

    Im vollen Bewusstsein, dass der Thread über zwei Jahre alt ist, geht dieser Rat nicht an den TE, sondern an alle, die momentan in ähnlicher Situation sind:

    GLAUBT DIESEN QUATSCH NICHT!


    Genauso könnte ich sagen, "Ich habe den unbedingten Will, im Lotto zu gewinnen, also werde ich es irgendwann schaffen."

    Und ich mochte eigentlich schon immer "meine" Geisteswissenschaften.

    Das spricht Dir auch keiner ab. Ein ganz persönlicher Rat: Ich selbst würde (ich wiederhole mich) nie mehr eine Ausbildung machen, die mich auf den Staat als praktisch einzigen Arbeitgeber festlegt. Als AG ist der Staat - nennen wir das Kind ruhig beim Namen - ein Arschloch. Die "Sicherheit", auf die ja ganz viele im Berufsleben so großen Wert legen, hast Du nur noch als Beamter, und dann ist es in erster Linie die Sicherheit, mies behandelt zu werden.

    Wenn Du so auf die Geisteswissenschaften stehst, dann studier Jura, das ist nämlich auch eine. In Deiner Freizeit kannst Du dann immer noch ausgiebig Romane lesen und historische Studien betreiben. Und auch hier nochmal der dringende Rat: Finger weg von Geschichte! Lass Dir auch an der Uni nichts vom Pferd erzählen, von Leuten, die dann "am Ende doch noch reingekommen sind" und zu dem Zeitpunkt, an dem sie Dir das erzählen, fest im Sattel sitzen.

    Viel Erfolg bei der Berufswahl!

    Ist der Bedarf an einer Schule wie dem Gymnasium, wo man ja Zahlen bzgl. Grundschüler, Übertrittsquoten und Pensionierungen hat, wirklich so schwer voraus zu berechnen?

    Ich sag ja immer: Es ist toll, dass es geschützte Werkstätten gibt, in denen Leute, die auf dem freien Arbeitsmarkt chancenlos sind, die Möglichkeit haben, eine sinnvolle Tätigkeit auszuüben, wenn man nicht gerade zwei linke Hände hat. Ist das der Fall, bleibt nur noch eine Stelle in einer Behörde.

    Ich vergleiche natürlich auch nur mit einem Bildungssystem von 26 verschiedenen. Aber ehrlich ... soooo verschieden sind sie am Ende dann doch nicht, auch wenn alle sich das immer gerne einbilden wollen. Das nennt man Lokalpatriotismus, oder? Ich sag da nur: Kniet nieder, ich habe das Zentralabi in Bayern gemacht (hab ich wirklich!!).

    Ach ja, das gute bayerische Abi. Hab ich auch hinter mir, kannst mir damit also nicht imprägnieren. Ist auch nicht mehr, was es mal war. Dennoch: "Das" deutsche Bildungssystem gibt es einfach nicht, genauso wenig wie "das" schweizerische. Und im Detail gibt es dann doch sicher deutliche Unterschiede, wobei die Vorstellung, dass irgendwelche in die Politik gegangenen Bergbauern aus Appenzell-Innerrhoden so ganz eigenständig über die Bildungspolitik in ihrem Kantönli bestimmen können, schon irgendwie gruselig ist. Aber mei, es scheint zu funktionieren.

    ich halte es für absurd, dass es in Deutschland eine akademische Ausbildung mit einem einzigen, ganz konkreten Berufsziel gibt. Wir sind hier an den schweizer Gymnasien eben Fachpersonen mit der Zusatzqualifikation "Lehrer" und das funktioniert ganz wunderbar so. Ich halte das schweizerische Bildungssystem für qualitativ sehr viel besser, als das deutsche.

    Soso. Dazu zwei Anmerkungen:

    1. Ich kann nicht für die Naturwissenschaften sprechen, aber mein Studium der Germanistik und Anglistik für das Lehramt an Gymnasien war deutlich anspruchsvoller als das entsprechende Magisterstudium - mehr Hauptseminare (mit jeweils einer Hausarbeit, die heute locker als Bachelorarbeit durchgehen würde), eine Zulassungsarbeit, deren Umfang und Anspruch der Magisterarbeit gleichstand (viele haben sie denn auch zusätzlich als Magisterarbeit eingereicht) und am Schluss ein Staatsexamen, dem gegenüber die Magisterprüfung ein besserer Witz war.
    Insofern bin ich auch (und lege da auch Wert drauf!) "Fachperson" (komischer Ausdruck. Helvetismus?) mit der Zusatzqualifikation (erworben durch ein Staatsexamen in Psychologie und Pädagogik sowie durch das Referendariat) "Lehrer". Ich weiß also nicht, was Du mit "akademische Ausbildung mit einem einzigen Berufsziel" meinst.

    2. Von welchem "deutschen Bildungssystem" sprichst Du eigentlich? Also konkret, von welchem der 16?

    Und morgen was anderes. Die Kollegen, die sich hinstellen und den Arbeitsmarkt für 10 Jahre im Voraus zu kennen meinen, leiden und einer leichten Selbstüberschätzung.

    Was das Lehramt angeht, so sollte die generelle Marschrichtung mittlerweile jedem ersichtlich sein, der für zehn Pfennig Verstand hat: Irgendwer hat den Politikern vor ein paar Jahren was von demographischem Wandel und Rückgang der Schülerzahlen erzählt und von Inklusion und davon, dass man dann einen Haufen Lehrerstellen [Achtung: Triggerwort!] einsparen könne, und daran glauben die Herrschaften seitdem unverbrüchlich. Dieses Szenario wird unerbittlich verfolgt, komme, was wolle - alles unter dem universalexkulpierenden Motto des Sparens.

    Was not täte, wäre eine entschiedene Gegenbewegung aus der Bevölkerung, die sich mal darüber klar werden müsste, dass mindestens 50% der Politiker schon jetzt überflüssig sind. Wäre man mal so mutig, radikale Gebietsreformen durchzusetzen - hach, was könnte man einsparen an Bürgermeistern (ab 4000 € aufwärts), Landräten (ca. 10000 € im Monat), Landesregierungen (Minister: ca. 12000 €, Ministerpräsidenten: ca. 20000 € im Monat)... ganz zu schweigen von Gemeinden unter 5000 Einwohner (oder warum nicht gleich 10000? Moderne Datenverarbeitung machts möglich). Wer braucht Mini-Bundesländer wie [ach, möge jeder sein Lieblingsbeispiel einsetzen], jeweils komplett mit Landesregierung, Parlament und zugehörigem Verwaltungsapparat? Aber ich schweife ab.

    Viele Grüße
    Fossi

    In Zeiten der zunehmenden Unfähigkeit, zielgerichtet zu kommunizieren, Texte und Subtexte so zu verstehen, so dass man nicht über den Tisch gezogen werden kann, in Zeiten von Querfronten und Chemtrailgläubigen und Menschen, die in keiner Zeitung mehr die Faktenlage von der bauchgefühlten Wahrnehmung trennen können und deshalb reflexartig mit "Lügenpresse!" reagieren, in Zeiten, wo Menschen glauben, dass Homosexualität eine durch Homöopathie heilbare Erkrankung sei, in Zeiten wo sich "Reichsbürger" selbst Pässe ausstellen, weil sie glauben, in einer Besatzungszone zu leben, wo man die gesammelte Rechte bei "Friedensdemonstrationen" findet und irgendwelchen armen Friedenswilligen nichtmal merken, dass da nur ein geklautes Label draufsteht, und in Zeiten, wo Menschen glauben, dass die Kanzlerin einen Deal mit den arabischen Nationen gemacht hat, dass die Deutschen qua Immigration und Kinderkriegen "augetauscht" werden sollen und in Zeiten wo rassistische Herrenmenschen in grottigem Deutsch ekelhafteste Dinge wieder sagen und schreiben dürfen - in solchen Zeiten kann man die Geisteswissenschaften gar nicht hoch genug einschätzen. Nicht annähernd hoch genug.

    Powi, Geschichte, Ethik - und Deutsch sind demokratische Grundlagenfächer und sowas von notwendig.

    Gut gebrüllt, Löwin - aber ich musste unwillkürlich an einen meiner Chemielehrer denken, der mal gesagt hat, "Deutsch, Englisch, Geschichte... was soll denn das alles? Chemie, das ist das Entscheidende! Hier, der Tisch vor Euch, die Wand hinter Euch - alles Chemie!" Oder in anderen Worten: Du sprichst von Texten, Subtexten und Manipulationstechniken - der Kollege Naturwissenschaftler oder Elektrotechniker versteht nur lorem ipsum und erwidert, dass man mit Philosophie keine Autos bauen könne (ohne auch nicht, aber das geht dann natürlich wieder über den Ingenieurshorizont). Das ist wohl der Preis (besser: ein Teil des Preises) der Hochtechnologiegesellschaft.

    Ein Wort noch zur Studienfachwahl: Ich bin auch so frei, von bestimmten Fächern abzuraten. Ich sage mittlerweile jedem, der es hören will, dass es ein großer Fehler ist, sich mit Dingen zu beschäftigen, die nur in staatlichen Bildungskontexten beruflichen Mehrwert versprechen. So schön die Beschäftigung mit diesen Dingen auch sein mag.

    "Wissenschaftliche Basis" alleine ist schon ein Witz für Naturwissenschaftler. Mir ist in der gesamten vom Studienseminar geforderten sog. "Fachliteratur" (die zudem durchgängig deutsch war und nur deutsche Quellen zitiert hat, also ob es außerhalb Deutschlands keine pädagogische Forschung gäbe) kein einziger auch nur im geringsten empirisch abgesicherter Artikel untergekommen. Die Veröffentlichungen bestehen praktisch durchweg aus "A fordert", "nach B gibt es ... Lerntypen", "C nennt..." usw.

    Auch das restliche Niveau der sog. Fachartikel ist z.T. unterirdisch. Triviale Tatsachen lang erläutert, mehrfache Wiederholungen identischer Aussagen im selben Artikel usw. sind an der Tagesordnung.

    Ich habs an anderer Stelle schon mal gesagt: Es gibt wohl keine Fachrichtung, die so dermaßen selbstreferentiell ist wie die universitäre Pädagogik/Didaktik - drei, vier Verlage und so fünfzehn bis zwanzig "große" Namen, und das war's. Und dann wird fröhlich hin- und herzitiert, schwall ins All, bis die Schwarte kracht... aber was solls. Die Leute wollen ja auch von was leben, und wenn man nichts anderes gelernt und vor allem keine praktische Erfahrung in der Schule hat, muss man in der Didaktik schlau daher reden.

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