Umzug nach Weitweitweg fürs Ref ?

  • Hallo,


    ich hab zwar schon ein, zwei Themen in die Richtung meiner Frage gelesen, aber ich würde einfach alle bitten, die speziell fürs Ref weiter (so ab 150/200 km) umgezogen sind, mal zu erzählen, wie es ihnen damit ergeht / erging.


    In meinem Heimatbundesland geht es für mich ohne längere Wartezeit nicht ins Ref. Da ich ein Mangelfach habe, lief es dafür in anderen BuLä wie von selbst. Ich konnte mich sogar zwischen drei Angeboten entscheiden, weiß schon die Schule, so dass auch der Umzug prima organisiert werden kann ... NUR habe ich Manschetten davor, 400 Kilometer wegzuziehen.
    Ich stelle mir das jetzt sicher (hoffentlich ?) total übertrieben schlimm vor, wenn ich höre, dass manche Leute nach den ersten Unterrichtsversuchen die ganze Nacht heulen, weil alles sooo sch... ist. Ich bin nicht aus Zucker, aber wenn das Ref an sich eine fortlaufende psychische Belastungsprobe ist, packt man da gleichzeitig auch den Umzug in eine wirklich - auch von der Mentalität her - völlig fremde Umgebung ( von der Großstadt aufs Land, von "Osten" nach "Westen", vom atheistisch / evangelisch Geprägten ins katholische)?
    Ich sollte vielleicht noch hinzufügen, dass ich mir für mich in der Gegend abgesehen vom Ref keine Zukunft vorstellen kann. Gefühlsmäßig hab ich da eigentlich "nix zu suchen": Ist halt bloß ein in Kauf genommenes Übel, um die Ausbildung schnell fertig zu kriegen ...


    Ich würde mich freuen, wenn die Leute, die eine ähnlich Situation erleben / erlebt haben, ihre wie auch immer gearteten Erfahrungen kurz posten.


    Liebe Grüße,
    wortlos

  • Hallo!
    Meine LAA ist vor etwas mehr als einem Jahr aus dem niedersächsischen Küstenland in das Ruhrgebiet gezogen. Sie ist zwar mit ihrem Mann hergekommen, aber am Anfang hat sie sich nie vorstellen können, hier länger als die zwei Jahre zu bleiben. Eltern und Freunde waren eben alle in der Heimat.
    Inzwischen überlegen sie, "für immer" hier zu bleiben - ist ja auch schön hier ;)
    Denn auch in der erstmal fremden neuen Umgebung finden sich neue, nette Leute, Mitreffis, Vereine, Gemeinden, was auch immer du in deiner Freizeit so tun möchtest.
    Was ich damit sagen will: Wagen würde ich es auf jeden Fall, denn zwei Jahre sind nicht ewig und wie es danach weitergeht, weißt du jetzt ja auch noch nicht. Und 400 Kilometer sind ja nicht die Welt, so dass du zumindest an längeren Wochenenden und Ferien nach Hause kannst.
    LG pinacolada

  • Für mich ist das auch ein Riesenproblem. Hier in Thüringen siehts sicherlich schlecht aus und meine Freundin muss auf jedenfall noch paar Jährchen hier bleiben. Wie das alles wird :( ...

  • Hallo,


    das mit dem Umziehen kann einem doch nicht nur bei einem Bundeslandwechsel passieren. Ich bin im Ref innerhalb Bayerns viermal (!) umgezogen. Zum ersten Mal an den Ort meiner Seminarschule, dann an den ersten Einsatzschulort, dann an den zweiten, dann wieder zurück zur Seminarschule. Schließlich für die Planstelle wieder an einen anderen Ort. Meine Freunde haben schließlich gar nicht mehr die neue Telefonnummer und Adresse notiert, da sich das eh dauernd geändert hat.
    Wenn es dumm läuft, hat man von Aschaffenburg ins Allgäu die 400 km auch locker. Also, ich verstehe echt nicht ganz, wovor du Angst hast. Ich habe in der Zeit viele Leute und verschiedene Städte kennen gelernt. Auch die Erfahrung, mehrere Schulen gesehen zu haben, möchte ich nicht missen. Ich kenne einige Leute aus Thüringen und Sachsen, die zum Ref nach BY kamen und eigentlich zurück wollten, aber jetzt hier sehr glüclklich ihre Planstelle haben.
    Klar, man hat viel zu tun, aber dann kommt man eben auch gar nicht so sehr dazu, groß Heimweh zu haben...

  • Ich bin auch 300 km umgezogen und hab es nicht bereut. Zeit für Heimweh bleibt nicht und an "andere Gepflogenheiten" gewöhnt man sich erstaunlich schnell. Und ich überlege auch, ob ich tatsächlich wieder zurück "nach Hause" will...

    Sei immer du selbst! Außer, du kannst ein Einhorn sein - dann sei ein Einhorn! :verliebt:

  • @ all: erstmal danke für die aufbauenden Worte.


    MarcoM: Mit einem Partner, eventuell Wochenendbeziehung ist das ja nochmal ein ganz anderes Kaliber. Kann verstehen, dass du dich damit nicht wohlfühlst.


    @ gingergirl:
    Menschen sind unterschiedlich. Manche freuen sich auf so eine Erfahrung. Andere finden die Aussicht einfach schrecklich. Kommt vielleicht auch drauf an, wie zufrieden man mit seiner aktuellen Umgebung ist.
    Ich habe eine Freundin, die fürs Studium sehr weit umgezogen ist, eigentlich eine liebe, aufgeschlossene Person. Seit ihrem Wegzug leidet sie an extremen Depressionen und will nur noch wieder zurück, obwohl sie mit der Ausbildung zufrieden ist und dort mittlerweile Mann und Kind hat.
    Klar, sowas soll man sich nicht zum Vorbild nehmen, aber das ist kein absoluter Einzelfall. Ich kenne sogar jemanden, bei dem eine latent vorhandene Schizophrenie durch einen Umzug quer durch Deutschland akut wurde.
    Solche Beispiele machen einen nachdenklich, deshalb freue ich mich, wenn ich hier von anderen höre, dass das auch gut klappen kann, dass man mit der Entfernung klarkommt, dass man supernette Menschen kennen lernt und tolle Erfahren macht...


    Liebe Grüße,
    wortlos

  • Hallo wortlos,


    für das REF bin ich gut 230km an das andere Ende meines Bundeslandes gezogen. Von alles REf-Seminaren, war das mir zugewiesene das, wohin ich vom Ort her betrachtet am wenigsten wollte..... Ich hatte sogar vor, den Bescheid zu schreddern. *lach* Da ich allerdings das Bundesland nicht wechseln wollte und die übrigen Seminarorte bis auf einen ebenfalls nicht so dolle waren, habe ich den Platz angenommen.


    Umziehen ist für mich ein Graus! Fremde Umgebung, fremde Leute, ggfs. andere Mentalität und dann noch in eine Region, in die man eh niemals nimmer nicht wollte. Um es kurz zu machen: Es war halb so schlimm.


    Die Mentalität der Leute ist und war nicht so mein Ding. Alle ganz nett, aber etwas langweilig und angebunden. Die Landschaft öööööddee! Mir fehlten die Bäume, das Grüne, das Üppige. Die Mitreferendare waren alle nicht so mein Fall. Entweder (nach außenhin) alle super, problemlos und überhaupt brachte man alle auch noch so schlechten Schülern nicht bloßes Wissen bei, sondern wie man selbstständig Wissen erarbeitet. Oder öde. (Dumm nur, dass diese Super-Pädagogen am Ende ihre Organisation des Ref. nicht gebacken bekamen. *grins*). Aber ich schweife ab. Also, teils war es nett dort, teils öde. Aber keiner sagt, dass man dort auch für immer bleiben muss. Ich bekam eine Stelle an meiner Ausbildungsschule angeboten, die ich aber ablehnte. Auch, wenn Schüler und Kollegen nett waren.


    Alles in allem tat der Tapetenwechsel aber gut! Man kommt raus, sieht und erlebt was neue und weiß am Ende doch wohl zu schätzen, was man an der Heimatregion hat. :)


    Grüße vom
    Raket-O-Katz, das wieder Zuhause ist!

  • Hallo wortlos,


    Zitat

    Ich sollte vielleicht noch hinzufügen, dass ich mir für mich in der Gegend abgesehen vom Ref keine Zukunft vorstellen kann. Gefühlsmäßig hab ich da eigentlich "nix zu suchen": Ist halt bloß ein in Kauf genommenes Übel, um die Ausbildung schnell fertig zu kriegen ...


    Genau so habe ich damals auch gedacht, als ich mich als "Wessi" dazu entschlossen habe, mein Ref in den neuen BuLäs zu machen.


    Wie ist es dazu gekommen? Nach meinem 1. SE bin ich Hals über Kopf der Liebe folgend zu meinem damaligen Verlobten in die USA gezogen. Vor meiner Abreise habe ich dennoch widerwillig den Rat einer guten Freundin befolgt und mich für SH aufs Ref beworben, obwohl ich mir in den Kopf gesetzt hatte, high school Lehrerin in den USA zu werden. Wie ich das bewerkstelligen wollte, wusste ich nicht. War halt mein "American Dream" zu dieser Zeit und ich schwer liebeskrank und nicht ganz zurechnungsfähig.


    Nach ein paar Monaten ging beziehungstechnisch und jobtechnisch alles den Berg runter. Ich war am Ende und da flatterte die Zusage aus SH ins Haus. 5 Tage Rückmeldezeit. Ich schaffte es nicht mehr, mich rechtzeitig zurückzumelden, da bereits 3 Tage verstrichen waren und ich die Zeitverschiebung nicht berücksichtigt hatte. Naja, da habe ich mich halt ganz schnell für ein anderes BaLü im Osten beworben, und es klappte sofort, weil die dort händeringend gesucht haben. Auch wollte ich ganz weitweit weg ans andere Ende der Welt, da hörte sich "Osten" sehr vielversprechend an.


    Zitat

    Ich bin nicht aus Zucker, aber wenn das Ref an sich eine fortlaufende psychische Belastungsprobe ist, packt man da gleichzeitig auch den Umzug in eine wirklich - auch von der Mentalität her - völlig fremde Umgebung ( von der Großstadt aufs Land, von "Osten" nach "Westen", vom atheistisch / evangelisch Geprägten ins katholische)?


    Es ist eine sehr große Herausforderung und ich denke jetzt im nachhinein, dass ich meine Flucht in den Osten etwas unterschätzt habe. Ich hatte sehr guten Kontakt zu den anderen Refis (auch einige Wessis darunter), die einer jüngeren Generation angehörten, für die die Wende v.a. auch Vorteile gebracht hat. Als aber die Probleme an der Schule und mit einigen meiner Mentoren immer größer und somit psychisch belastender wurden, hätte ich mir meine vertraute Umgebung und mein soziales Umfeld nur zu gern herbeigewünscht.


    Als dann noch mein Vater im entfernten SH im Koma lag und ich es aufgrund der Entfernung nicht mehr schaffte vor seinem Tod bei ihm zu sein, habe ich meine Entscheidung sehr bereut.


    Viele der Lehrer an meiner Ausbildungsschule sahen sich als "Opfer" der Wiedervereinigung, v.a. die Kollegen der Gesellschaftswissenschaften hatten hart zu kämpfen und waren maßlos enttäuscht und angesichts der Chancen, die die jüngere Generation hat, auch neidisch. Ich erinnere mich noch, wie ich mit einer Kollegin den Fachschaftsraum Geschichte entrümpelte. Da landeten wortlos aber mit verhaltenen Tränen ganze Diareihen zu Marx und Engels in der Mülltüte, Lehrerhefte, die Tafelbilder zum Klassenkampf darstellten, etc, somit die Arbeit ganzer Jahrzehnte einer ganzen Generation an Lehrern.
    Unter den Englischlehrern herrschte ein verhohlener Anti-Amerikanismus vor, weshalb ich in viele Fettnäpfchen trat, als ich blauäuigig über meine Vergangenheit redete.
    Kurzum: ich bemerkte sehr bald mir gegenüber gewisse Vorbehalte und empfand dies - nicht so sehr die Ausbildung selbst - als psychische Belastungsprobe.


    Als Refis hatten wir die Aufgabe, an den Schulen einen Demokratisierungsprozess in Gang zu setzen, indem moderne Unterrichtsmethoden in die Klassen eingeführt wurden. Dies stieß auf noch mehr Widerstand bei einigen Mentoren und als Ref landete man deshalb sehr schnell mal zwischen den Stühlen.


    Ich habe meine 2 Jahre im "Osten" zum einen als Bereicherung und Abenteuer erfahren, viel über die Lebensbedingungen in den neuen Bundesländern nach der Wende gelernt, die nach der Wiedervereinigung quasi vergessen wurden und verstehe die Menschen dort viel besser als vorher. Viele sensible Jugendliche sind tatsächlich nach den Erfahrungen der Wende schizophren geworden.
    Auf der anderen Seite war es zu meiner Ausbildungszeit für jemanden wie mich mit meiner Fächerkombi eine Extrembelastung, die auch viele (hoffentlich nicht irreparable) Schäden hinterlassen hat.


    Ich würde mir heute mehr Erfahrungsberichte einholen, und mir mehr Gedanken über die möglichen Konsequenzen machen. Pauschalisieren kann man m.E. Refi-Erfahrungen nicht, die sich weitweg vom Heimathafen abspielen. Da spielen sehr viele persönliche, gesellschaftliche, historische Faktoren mit rein, die dann über die subjektiv wahrgenommene psychische Belastung entscheiden.


    Viele Grüße


    klöni

  • Hallo...


    Ja, das kenne ich irgendwoher :) Ich hab einen Refplatz ca 150 km (und ohne Auto sind das 4 Zugstunden!) entfernt von der Heimat bekommen und 300 km weit weg von meinem Freund. Außerdem musste ich vom Land in die Stadt, aber auch vom evangelischen ins katholische.


    Am Anfang war ich nicht glücklich, ich bin jedes WE gependelt und hatte gar keine Gelegenheit neue Leute kennenzulernen, mir über Mentalitäten oder sonstiges Gedanken zu machen, da man immer ziemlich viel zu tun hat! Aber ich hab mich auch innerlich ziemlich gesperrt und mir keine Mühe gegeben und z.B. Einladungen von Mit-Liv abgeleht.


    Mittlerweile bin ich seit im zweiten Hauptsemester und lebe immer noch :)


    Aber mal im Ernst, ich habe an der Schule einen netten Kollegen kennengelernt und deshalb die 4jährige Beziehung zu meinem Freund beendet. Angekommen bin ich immer noch nicht so richtig, aber ich kenne mittlerweile ein paar nette Leute, mit denen man sich auf einen Kaffee treffen kann und in der Schule und dem Studienseminar läuft es auch gut. Das Ref. ist natürlich anstrengend, aber ganz ehrlich auch eher eine Frage der Organisation. Jedenfalls habe ich noch keinen Abend heulend vor Einsamkeit und Frust verbracht. Es kommt immer drauf an, was man macht. Die Mentalität in der neuen Gegend (Mainz!) gefällt mir mittlerweile besser als die von zuhause und ich überlege nach meiner Prüfung ganz hier zu bleiben :)


    Viel Erfolg für die Entscheidung!


    Juldine

  • Ich habs auch getan. Konnte zwischen mehreren Standorten wählen und bin am Ende fast 500 Kilometer umgezogen fürs Ref. Kam aus Hessen, wo alle nur Horrorgeschichten über das modularisierte System erzählt haben, die da geblieben sind und ich bin in der Zeit (bessergesagt sogar ein halbes Jahr schneller) in Ba-Wü ganz glatt durchs Ref gelaufen. Hätte besser kaum laufen können und ich hab es nie bereut, den Schritt gegangen zu sein. Ich bin auch nach dem Ref geblieben, vermisse zwar Familie und Freunde manchmal aber es heißt ja nicht, dass ich nie in meine alte Heimat zurück gehen kann. Für zwei Jahre ist es sicherlich eine Erfahrung wert, auch nochmal was anderes zu sehen, das hat mir nicht nur beruflich, sondern auch persönlich eine Menge gebracht. Zurück kann man immer und zwei Jahre gehen auch ruckzuck rum. Viel Glück und viele Grüße, Marie

  • Ich bin für's Ref 550 km bis nach Flensburg gezogen und dann nach dem 2. Examen nach Hamburg. Beide Schritte hab ich nicht bereut :D

  • Danke für die vielen Rückmeldungen!
    Hört sich ja wirklich alles weniger gruselig an als man immer glaubt ... und am WE habe ich über meinen Sportverein lustigerweise Menschen aus meinem zukünftigen Schul- und Seminarort kennengelernt, die mich gleich zum Training eingeladen haben ... was soll ich sagen: Langsam fange ich an, mich ein bisschen mehr zu freuen als zu gruseln.


    Beste Grüße,
    wortlos.

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