Regeln und Rituale?

  • Wer kann mir die beiden Begriffe genau definieren und sie voneinander abgrenzen?


    Danke für eure Hilfe!
    Käferchen

  • Rituale sind im Zeitablauf, in Form und Raum weitgehend festgelegte "Einrichtungen". Z.B. der Erzählkreis am Montagmorgen oder der Pausenanfang, der mit dem gemeinsamen Frühstück beginnt.


    Regeln schaffen Verlässlichkeit beim Arbeiten und dienen dem "guten Unterricht" :D
    Sie sind auch festgelegt (am besten gemeinsam mit den Schülern), können aber auch verändert werden.


    Das ist, dass, was mir in der Eile (von Hilbert Meyer) eingefallen ist.
    Sorry, muss zur S-Bahn....


    Leila

  • Eine Regel ist eine Handlungsvorschrift oder die Beschreibung einer Gesetzmäßigkeit, wie z.B.
    - Klassenregeln
    - Rechtschreibregeln
    In beiden Fällen wird eine richtige Form oder ein richtiges Verhalten festgelegt, anderes Verhalten als falsch markiert. Ziel einer Regel ist die Hervorbringung regelgerechten Verhaltens.


    Ein Ritual ist eine festgelegte Abfolge von Handlungen, wie z.B.
    - Begrüßungsritual in der Klasse
    - Wandlungsritual im kirchlichen Ritus
    Ein Ritual ist nur zum Teil durch eine sachgebundene Absicht motiviert; der Schwerpunkt des Rituals liegt in seiner Durchführung. Der festgelegte Ablauf erzeugt Vorhersehbarkeit und Sicherheit.


    Mit anderen Worten: Ein Ritual ist regelgeleitet, da der Ablauf eines Rituals durch Verhaltensregeln festgelegt wird. Die Befolgung der Regeln wird durch die feste Form und den Zusammenhang des Rituals erleichtert.


    Noch anders:


    1. Regel: Wir begrüßen uns zu Beginn der ersten Stunde im Sitzkreis. (Fehlverhalten: Sich zur ersten Stunde nicht in den Sitzkreis setzen, nicht guten Morgen sagen)
    2. Regel: Wenn wir im Sitzkreis sitzen, kommt jedes Kind dran und darf in Ruhe aussprechen.
    (Fehlverhalten: Dazwischenreden, nichts beitragen)
    3. Regel: Wir beenden den Sitzkreis gemeinsam mit einem Lied.
    (Fehlverhalten: Vorzeitig aufstehen, nicht mitsingen)


    Ritual:
    Zu Beginn der ersten Stunde setzen sich alle Kinder in den Sitzkreis. Sie sagen einander guten Morgen und erzählen der Reihe nach kurz von ihren Erlebnissen des letzten Tages. Zum Abschluss des Sitzkreises wird gemeinsam ein Lied gesungen, dann gehen alle Kinder an ihren Platz zurück.


    Die Regeln geben Verhalten innerhalb des Sitzkreises vor - unabhängig davon, ob der Sitzkreis tatsächlich stattfindet oder nicht. Das Ritual umfasst ist die eigentliche Durchführung des Sitzkreises, die durch tägliche Wiederholung eingeschliffen (ritualisiert) werden soll.


    So müsst's stimmen,
    w.

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

  • Ganz erfassen kann ich die beiden Begriffe immer noch nicht. Vielleicht können wir noch eine Liste erstellen und diese Einordnen:
    Ich beginne beispielsweise zu klatschen, um die Aufmerksamkeit der Schüler zu erhalten. Die Schüler beginnen dann mitzuklatschen bis ich aufhöre. Regel oder Ritual???
    Lehrer zählt bis drei, dann muss alles aufgeräumt sein. Regel?


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  • Die Regeln:
    "Wenn ich anfange zu klatschen, müsst ihr mitklatschen und aufhören, wenn ich aufhöre".
    "Wenn ich bis drei gezählt habe, muss alles aufgeräumt sein".


    Die Anwendung bzw. Durchführung dieser durch die Regeln beschriebenen Abläufe zählen dann zu den allgemeinen Ordnungsritualen- zwar Mini-Rituale, ich würd's aber durchaus als Ritual sehen.


    Der Unterschied liegt in der Ebene: Eine Regel ist etwas Theoretisches, das mit praktischer Umsetzung erst mal nix zu tun hat - sie stellt nur ein "soll-so-sein" auf. Ein Ritual hat zwar einen vorher festgelegten Ablauf, ist aber erst in dem Moment ein Ritual, in dem es auch wirklich stattfindet. Regeln sind Regeln, ob sie nun eingehalten oder gebrochen werden. Ein Ritual, das nicht akzeptiert/ durchgeführt wird, ist kein Ritual.


    Mein ich wenigstens,
    w.

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

  • Hallo,
    ich würde dieses Thema gerne nochmal aufgreifen. Wolkensteins Darstellung des Unterschiedes zwischen Regeln und Ritualen leuchtet mir ein. Aber was ist mit Riten im Vergleich zu Ritualen oder gar mit ritualisierten Handlungen? Weiß da wer was drüber?
    Danke!
    P.

  • Ritualisierte Handlungen sind Handlungen, die so selbstverständlich geworden sind, dass sie ablaufen, ohne dass man darüber nachdenken oder sich noch eigens zu ihnen aufraffen muss. Man spart es sich dann, ihre Notwendigkeit jedesmal erneut zu diskutieren oder sich immer neu dazu aufzuraffen. (Betten machen, Zähne putzen, Hausaufgaben zu einer bestimmten Zeit machen, Schuhe ausziehen ...) - Routinen .


    Rituale nenne ich solche Handlungen, wenn ich sie bewusst inszeniere und im Zusammenleben mit anderen Menschen (Kindern) "stifte", einsetze und praktiziere.


    Riten meinen ursprünglich weitgehend vorgegebene Abläufe in religiösen Bezügen sowie automatisierte Abläufe im Anschluss an einen bestimmten Reiz bei Tieren, im erweiterten Sinne werden heute jedoch Rituale und ritualisierte Handlungen (z. B. eine bestimmte Einschlafzeremonie, die das Einschlafen erleichtert) ebenfalls als Riten bezeichnet.


    Bablin

    Wer hohe Türme bauen will,
    muss lange beim Fundament verweilen.
    Anton Bruckner

  • Darf ich an diesen - eher theoretischen - Beitrag eine praktische Frage hängen?


    Welche Regeln und Rituale findet ihr im GS-Alltag besonders wichtig, welche sollten also von Anfang an (Beginn Klasse 1) eingeführt werden und klar sein? Meine Ideen dazu sind
    - andere nicht stören
    - andere nicht ärgern
    - leise arbeiten.


    Habt ihr weitere Ideen? Die Frage ist nun, welche Konsequenzen folgen, wenn eine der Regeln nicht eingehalten wird? Versteht mich nicht falsch, ich möchte auf keinen Fall gleich mit Strafen kommen/drohen, aber ich halte es für sinnvoll, wenn die Kinder die Grenzen kennen und um meine Reaktionen darauf wissen.


    Deshalb überlege ich, wie ich z.B. damit umgehen soll, wenn einer der Erstklässler (trotz der Möglichkeit zum Spielen zwischendurch) sich nicht an die "leise arbeiten"-Regel halten kann. Klar, am Anfang würde ich immer wieder auf das entsprechende Symbol zeigen, ihn evtl. noch mal leise darauf hinweisen - aber dann? Ich kenne solche Situationen aus dem Referendariat (Brennpunktschule), aber da hatte ich eine Klasse maximal vier Stunden pro Woche und war keine Klassenlehrerin, sodass durchgehend konsequente Maßnahmen durch mich gar nicht möglich waren. Jetzt aber habe ich diese Möglichkeit...


    Wie handhabt ihr das denn? Es interessiert mich ehrlich!

  • Ich denke, wenn man eine Klasse führt, dann löst sich das von dir beschriebene Problem von selbst im Laufe der Zeit, WENN man die Regeln konsequent einfordert. Wenn es ein Kind so gar nicht zu kapieren scheint, dann hat das normalerweise andere Gründe, denen es nachzugehen gilt (Verhaltensauffälligkeiten, Probleme mit sich und seiner Welt,...); da hilft es nichts, das Symptom zu bekämpfen, sondern da muss man nach der Ursache forschen - DANN ändert sich auch das Verhalten in der Schule ;).
    Ist zumindest meine Erfahrung.

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