Probleme mit einem Schüler

  • Hallo!
    Ich wollte euch um eure Meinung bitten.


    Ich habe einen Schüler in der ersten Klasse, der total neben der Welt steht. Ich kann ihn schlichtweg nicht einordnen. Er fällt manchmal überhaupt nicht auf, an manchen Tagen aber ist es ziemlich schlimm mit ihm. Und weil er mich auch schon nervt, bin ich sicher nicht mehr objektiv, drum würde ich gerne von euch wissen, ob und was ihr mit so einem Schüler machen würdet.


    Ich versuche mal, ihn zu beschreiben: Er ist sehr clever, besonders in Mathe, beteiligt sich aber NULL am Unterricht, es scheint nichts zu geben, was ihn interessiert (also in der Freiarbeit z.B. hängt er nur ab, oder in der Bibliothek findet er sich kein Buch, in Sachunterricht usw. macht er ohnehin nicht mit, im Sesselkreis meldet er sich nicht, wenn es ihm nicht passt, kommt er gleich gar nicht in den Kreis - oder er geht plötzlich weg und legt sich quer über seinen Tisch, weil es ihn jetzt nimmer freut,...) wenn er nicht gerade auffällt, weil er 'irgendwas' tut, dann starrt er an die Wand die am anderen Ende des Raumes ist. Es hat Monate gedauert, bis ich erreicht habe, dass er mich anschaut, wenn ich mit ihm rede - das tut er jetzt natürlich mit einem Blick, den könnt ihr euch sicher vorstellen.
    *Bemerken* tut man ihn nur, wenn er sich wieder mal einen Plastiksack über den Kopf stülpt und zudreht, wenn er sich vor die Klasse stellt und erklärt, er wird mal reinkommen und alle erschießen, wenn er im Sport plötzlich nicht mehr auffindbar ist, und dann seelenruhig erscheint und sagt er hätte sich bereits oben umgezogen, weil er der Erste sein wollte, wenn er erzählt, er hätte heute das erste Mal alleine zur Schule kommen dürfen, und das war lustig, weil er ist extra auf die Straße gelaufen, wenn ein Auto kam, wenn er in der Bibliothek während dem Vorlesen masturbiert, wenn er seinem 'Freund' an den Hals springt und voll zudrückt, wenn man plötzlich das Gefühl hat, er hat grad gar nix verstanden und er dann später erklärt, er hat das gemacht, weil er an Regentagen immer Späße macht, wenn er anderen Jungs Sachen anschafft, die sie machen MÜSSEN (z.B. im Klo die Klorollen überall verteilen), usw.
    Ich könnte tausend solcher Begebenheiten aufzählen, immer wieder passieren Dinge, mit denen man überhaupt nicht rechnet - er gefährdet sich und andere.


    Seine Mutter meint nur, er ist ja so ein liebes, schönes Kind, und zu ihm, er muss sich schon bemühen und der Lehrerin folgen - ????


    Was würdet ihr machen? Bei der Beratungslehrerin fällt er eigentlich nur durch besondere Passivität auf. Er ist genau so, wie ich mir einen Amokläufer vorstelle - ein ruhiges Pulverfass, bei dem man nicht weiß, wann es explodiert.


    Ich bin echt am Ende meines Lateins. ?(

  • Oh bugger - nicht, dass ich mich in der Grundschule auskennen würd, aber das hört sich nicht einfach an. Als unbedarfter Ratschlag:


    1. Schreib ein Protokoll bei Vorfällen, die über normalen kindlichen Übermut hinausgehen, und halte das Verhalten möglichst sachlich fest. Wenn du davon schon mal eine Handvoll hast, kann die Mutter das Verhalten nicht mehr so leicht beiseite wischen.
    2. Frag gezielt andere Kollegen nach ihren Erfahrungen mit dem Kind, bitte sie ggf. darum, ebenfalls ein Protokoll anzulegen.
    3. WIrd das Kind bei mehreren Kollegen auffällig, müsstest du eigentlich beantragen können, dass es dem Schulpsychologen vorgeführt wir... weiß aber nicht genau, wie das bei euch geregelt ist.


    Viel Glück,
    w.

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

  • Hallo Müllerin,


    ich bin zwar nur Mutter, aber habe selbst ein "ADS-Kind". Deshalb habe ich mit sehr vielen Dingen gerade im Bereich, warum sind Kinder anders, problematisch ect... befasst.


    Für mich hört sich das wirklich nicht gut an. Ich kann deine Bedenken teilen.


    Ich bin der Ansicht, dass das Kind einem Fachmann vorgestellt werden müsste. Gibt es bei Euch in Österreich einen Schulpsychologischen Dienst? Die Leute sollte man dringend einschalten.


    Die Schilderungen könnten auf verschiedene Störungen bzw. Auffälligkeiten hinweisen.


    Wenn der Junge auch vielleicht auch Probleme hat, die sozialen Zusammenhänge, sozialen Interaktionen zuverstehen, könnte so etwas vielleicht auf Asperger-Syndrom hinweisen.


    http://www.aspiana.de/haupt/deframe.htm
    http://www.autismus-etcetera.de/


    (nicht schrecken lassen, Aspergersyndrom ist eine sehr eigene Form des Autismus übrigens von einem Österreichischen Kinderarzt mehr oder weniger entdeckt).


    Es gibt auch Foren dazu, mit Eltern, selbst Betroffenen.


    Es gibt gerade in dem Bereich viele Möglichkeiten.


    Natürlich könnte auch rein die Erziehung eine Rolle spielen, die Mutter, die Familiensituation.


    Es könnte aber auch, so unglaublich das klingt, eine Hochbegabung dahinter stecken.


    Ich beneide Dich nicht.


    Viel Glück, vor allem, dass dem Jungen geholfen wird.


    Doris

  • Sehe ich genauso wie Doris...
    Sicher kein lernbehindertes Kind. Sein (dissoziales) Verhalten aber zeigt deutlich, dass es ein Riesenproblem hat mit sich und in der Interaktion mit anderen. Die Ursachen lassen sich nur in einer umfassenden Kind-Umfeldanalyse unter Einbeziehung der Familie und Vorgeschichte abklären! Je früher desto besser (für das Kind vor allem, aber auch für die Mitschüler und die Lehrkräfte).
    So wie du es beschreibst, testet dieser Kleine ständig die Grenzen (bis auf das Äußerste...- vielleicht bekommt er zuhause keine?), die Geduldsgrenze seiner Lehrerin, die Geduldsgrenze seiner Mitschüler, letzlich auch die "Lebens"grenze - seine eigene, wenn er sich als "Straßensprinter" betätigt!
    Warum er das macht, wird nur unter o.g. Bedingungen abklärbar sein... m.E. nach ist ein so kleiner Kerl aber noch erreichbar (therapierbar) - und je länger gewartet wird, desto schwerer wird` s . Also nun "Dienstweg" zwar einhalten aber tätig werden...(schließlich hast du ja auch eine "Aufsichtspflicht") ...


    LG cecilia

  • An Autismus habe ich auch schon gedacht, auch weil er oft so demonstrativ abweisend ist, er schaut dann einfach durch einen hindurch und ignoriert einen (und auch die hohe Begabung würde doch dazu passen, denke ich).
    Und Grenzen bekommt er zu Hause kaum, so weit ich das aus Gesprächen mit der Mutter beurteilen kann, er wird abgöttisch geliebt, und die Eltern sind laut Mutter sehr traurig, weil er kein kleines Baby mehr ist (ist der Jüngste von drei Kindern).


    Die Idee mit dem Protokoll finde ich sehr gut, danke für den Tipp (und für die Links). Es passieren so viele Kleinigkeiten, die vergisst man dann im Trubel auch leicht wieder.


    Habe nächste Woche ein Gespräch mit der Mutter und unserer Direktorin - der Beratungslehrerin habe ich schon davon erzählt, aber da sind immer wieder noch dringendere Fälle, die vorher behandelt werden.

  • .....und möglicherweise hast du nun schon die Antwort für das Verhalten des Knaben geliefert...
    "Die Eltern sind traurig, weil er kein kleines Baby mehr ist!"
    ..........................................................
    Wenn die Eltern ihn abgöttisch (wie einen Gott!!!!) lieben, kann es ihnen auf gar keinen Fall egal sein, wenn er körperlich zu schaden kommt bei seinen kleinen Experimenten oder auf Dauer in der Schule Schiffbruch erleidet! Da kannst du sie packen! Von ihrer Seite ist nämlich nun "Initiative" gefragt (ohne Wissen und Billigung der Eltern wird nix durchzusetzen sein!)


    LG Cecilia

    • Offizieller Beitrag

    Alle bereits erwähnten Ursachen kommen auch meines Erachtens nach in Frage. Ein Kind mit Aspergersyndrom unterrichte in Sport. Seit es therapiert wird, kommen alle Seiten gut damit zurecht. Sollten Erziehung bzw. fehlende Grenzen im Elternhaus die Ursache sein, wird es ein harter Brocken. So einen Jungen habe ich vor Kurzem aus meiner Klasse in die Parallelklasse gegeben (mit Einverständnis der Mutter, die mir die Schuld für sein Verhalten gibt). Ich konnte einfach nicht länger die Verantwortung für seine und die Gesundheit der anderen Schüler übernehmen. Mal abgesehen davon, dass meine Nerven ziemlich durch waren! Nun fällt er in der neuen Klasse negativ auf - nichts hat sich geändert ... Die Mutter war 'heimlich' beim Schulpsychologen, hat mir bis heute kein Ergebnis der Untersuchungen mitgeteilt. Jetzt haben wir aktuell im ersten Schuljahr einen ähnlichen Fall und stehen wieder vor einer Wand. Die Eltern wollen einfach nicht mitarbeiten.
    Ich wünsche dir da mehr Glück!


    strucki

    Ein Niederrheiner ist einer, der nix weiß und alles erklären kann.
    Hanns Dieter Hüsch

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