Der Frust mit der "Schulscharfen Ausschreibung"

  • Guten Tag,


    ich bin Grundschullehrerin im befristeten Angestelltenverhältnis. Ich bin seit knapp sechs Jahren an meiner Schule tätig und hatte insgesamt 11 Verträge/bzw. Verlängerungen. Da wir ein junges Kollegium sind und in den letzten Jahren der Baby-Boom bei uns ausgebrochen ist, hatte ich dieses "Glück". Ich weiß, dass es vielen KollegInnen schlechter geht, da sie sich in den Ferien arbeitslos melden müssen und zum Teil sehr lange auf eine Weiterbeschäftigung warten.


    An meiner Schule sind insgesamt 5 VertretungslehrerInnen, die anderen KollegInnen sind nach mir angestellt worden.


    Ich habe inzwischen ein Englischstudium mit einer 1 vor dem Komma abgeschlossen. Das sage ich jetzt nicht, weil ich angeben will, sondern weil mein 1. Examen "nur" eine 2 vor dem Komma hat und die Note ja scheinbar eine gute Lehrerin ausmacht. Eingestellt werden scheinbar nur die mit 1,0.


    Obwohl ich nur einen Vertretungsvertrag habe, fühle ich mich an meiner Schule zugehörig und wohl. Ich war und bin jetzt auch wieder Klassenlehrerin. Das Verhältnis zu den anderen Kolleginnen und zu der Schulleitung würde ich als gut bezeichnen....EIGENTLICH...


    Wir haben in dieser Woche erfahren, dass unsere Schule 3 Stellen ausschreiben darf!!!
    Es wurde uns "Vertretungskräften" aber nicht persönlich gesagt, sondern so quasi nebenbei in der Pause. So zwischen Tür und Angel. Das fand ich erstmal ziemlich komisch. Von der Direktorin kam nur die Bemerkung, dass jetzt geguckt werden müsse, welche Fächer bei uns Mangelfächer sind. Englisch ist definitiv erwünscht!!! Es werden zwei Englischlehrkräfte gesucht.


    Spätestens an dieser Stelle hätte ich mir gewünscht, dass die Schulleitung auch mal ermutigend erwähnt, dass es bereits engagierte Kolleginnen (ohne festen Vertrag) an der Schule gibt mit einer Englischqualifikation und diese Bewerber bei der Auswahl berücksichtigt werden.


    Stattdessen wurde über eine imaginäre Lehrkarft gesprochen, ich fand es unerträglich und habe die beiden direkt gefragt, ob es denn überhaupt erwünscht sei, dass sich die befristeten Lehrkräfte bewerben.
    Daraufhin kam nur ein schlappes "Ja, doch!".


    Aber viel, viel schlimmer finde ich, das selbst nach einer Woche kein persönliches oder ermutigendes Wort von der Schulleitung gefallen ist. Stattdessen findet eine große Geheimniskrämerei statt: Gestern durften alle Festangestellten ins Zimmer der Konrektorin, um den Ausschreibungstext zu verfassen.
    Wir, also der "Rest" mit den schlechten Verträgen, saßen wie die begossenen Pudel im Lehrerzimmer, ein saukomisches Gefühl. Vielleicht haben sie ja ausgewürfelt, wer bleiben darf oder wer von uns überhaupt erwünscht ist.


    Mich hat anschließend eine Festkraft quasi mit Tränen in den Augen angesprochen und gesagt, dass sie es ganz komisch findet," dass sie da praktisch mit reingezogen wird" und "ein ganz komisches Gefühl bei der ganzen Sache hat". Ich konnte nicht sprechen, da ich sonst in Tränen ausgebrochen wäre.


    BITTE: Versteht mich nicht falsch. Ich hoffe das klingt nicht alles eitel oder eingebildet: Ich bin einfach nur super-gefrustet!!!
    Ich habe einfach nicht das Gefühl, dass ich "erwünscht" bin, bin scheinbar nur ein blöder Lückenbüßer gewesen! Den anderen Vertretungslehrerinnen geht es genau so. Die meisten wollen jetzt einfach "nur weg"!


    Warum fällt es der Schulleitung so schwer uns, die in der Warteschleife hängen, mal persönlich anzusprechen? Am liebsten würde ich die beiden fragen, das ist aber taktisch gesehen nicht klug.


    Gibt es KollegInnen in ähnlichen Situationen? Wie wird es bei Euch an der Schule gehandhabt? Wie geht ihr mit der Situation um?


    Ich freue mich auf Eure Antworten.
    Viele Grüße
    Soraya

  • N'Abend Soraya,



    ich kann mir lebhaft vorstellen, wie du dich fühlst - das Verhalten ist obermies. Also mögliche Erklärung kann ich mir nur vorstellen


    - dass die lieben Chefs nicht zwischen den Zeitverträglern unterscheiden können/ wollen und deshalb so ungeschickt reagieren
    - dass nach der eierlegenden Wollmilchsau gesucht wird bzw wilde Sonderqualis erträumt werden und man das nicht so deutlich sagen will.


    Was ich nicht verstehe, ist, warum du sie nicht darauf ansprechen willst - wenn ihr eh alle "nur noch weg" wollt, kann man ja nicht mehr allzuviel verreißen. Ich könne mir vorstellen, dass ein freundlich-sachliches Gespräch mit der Schulleitung wenigstens die Luft reinigen könnte.


    Ich drück dir die Daumen, dass es trotzdem klappt,
    w.

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

  • Nach längerer Beobachtung des Schulbetriebs kann ich dir nur einen Rat geben:


    Erwarte von Schulleitern, Schulräten, Fachleitern an Seminaren und den anderen höheren Chargen keine besonders ausgeprägten Qualitäten im Bereich menschlicher Sensibilität.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Hallo Soraya,


    ich kann mich wolkenstein nur anschließen: es ist echt kein kollegiales Verhalten! Gerade bei schulscharfen Ausschreibungen hat doch die Schule die Möglichkeit, den Ausschreibungstext möglichst passend auf eine Kollegin der Schule zu formulieren. In eurem Falle würde mir als "Entschuldigung" der Schulleitung höchstens einfallen, dass sie euch gern alle einen Vertrag mit fester Stelle geben würden, dass sie aber nur drei nehmen dürfen. Oder die Schulleitung war die ganze Zeit nicht richtig mit euch allen zufrieden - dann hätte sie aber doch mal was sagen können ...!? Sprich doch mal euren Personalrat an, der darf ja auch am Ausschreibungstext rumfeilen. Und wenn das nichts bringt, die Schulleitung. Und die muss ja schon sehr gute Gründe haben, wenn sie solch ein merkwürdiges Verhalten an den Tag legt!
    Du hast das Recht auf ein Zeugnis, und dann kannst du dich auch wegbewerben, egal, wie es an deiner Schule weitergeht.
    Viel Erfolg trotz allem!
    Gruß venti :)

  • Danke schön für die schnellen Antworten.
    Es tut gut, sich hier auszutauschen und ein bisschen "Frust abzulassen".
    Ihr habt beide Recht: Leider, leider sind nicht alle Schulleiter "menschlich geschickt". (Ich will es mal so formulieren...)


    Ich vermute eben auch (und davor habe ich auch Angst) das "meine" Schule den Ausschreibungstext so formuliert, das sich nur Spitzenkräfte mit allen nur erdenklichen Sonderqualifikationen bewerben können. Ich habe "nur" Deutsch, Mathematik, SU und Englisch. Ich "Depp" kann keine Homepage erstellen und habe keinen Schwimmschein, aber hey, ich kann mit Kindern umgehen und bereite meinen Unterricht vor und nach, engagiere mich an der Schule, unterrichte Kunst fachfremd, betreue seit Februar die Lehramtsanwärterin mit....Aber das reicht nicht!!!


    Ich möchte die Schulleitung persönlich ansprechen, habe aber Angst, dass ich missverstanden werde oder "mehr" kaputt mache. Eine Freundin sagte mir heute, dass ich auf jeden Fall das Bewerbungsverfahren abwarten sollte. Hinterher kann ich das Gespräch mit der Schulleitung führen, da ich dann eh nichts mehr zu verlieren hätte: Mein Vertrag wird zum 23. Juni auslaufen! Ich habe ein drittes Schuljahr, das nur so nebenbei gesagt. Für die Kinder wäre das der 4. Lehrerwechsel!!!


    Ich könnte nur noch schreien X(

    Wann wird das endlich aufhören, man fühlt sich wie der letzte Depp .


    Alles Liebe
    Soraya

    • Offizieller Beitrag

    Liebe Soraya,


    vielleicht baut es dich ein wenig auf: Bei mir hat es nach sechs Jahren (und vier Monaten) im Februar geklappt, u.a. wegen meiner Englisch-Quali und der langjährigen Berufserfahrung. Mit einem Staatsexamen in Englisch sehen deine Chancen noch besser aus. Deshalb bewirb dich großflächig! Ich habe immer zuviel Rücksicht auf Familie und Vertretungsschule (Klassenführung, nette Kollegen usw.) genommen. Dann hatte ich das Glück, dass 'meine' Schule ausschreiben durfte und die Schulleitung sehr kommunikativ war ...
    Wäge mal die Chancen deiner Mitbewerber ab (Berufserfahrung, Fächer, sonstige Qualifikationen). Nimm Kontakt zum Personalrat auf und lass deine Bewerbungsmappe von einem neutralen Schulleiter beurteilen. Dann würde ich dir ebenfalls raten, nach Veröffentlichung der Ausschreibung ein Gespräch zu suchen. Du hast wirklich nichts mehr zu verlieren. Diese Haltung hat bei mir eine ungeheure Kraft ausgelöst, sonst hätte ich das Bewerbungsgespräch nicht überstanden. Dort musst du dich dann bestens verkaufen und alles geben. Denk immer dran: Nach sechs Jahren Lückenbüßer kann es nicht mehr schlimmer werden!
    Falls es nicht klappt, würde ich aber auch die Konsequenzen ziehen, d.h. ein ernstes Gespräch im Schulamt, das die verd..... Pflicht hat, nach so vielen Jahren eine Schule für dich zu finden, die dich wirklich haben will. Ich habe einige Jahre gebraucht, um auch mal bestimmt aufzutreten und auf meine Lage aufmerksam zu machen. Beim Personalrat war ich jedenfalls allen namentlich bekannt.


    Ich drücke dir alle Daumen und du kannst mir gerne eine PN schicken, wenn du persönlichere Infos austauschen möchtest.
    LG Talida

    Ein Niederrheiner ist einer, der nix weiß und alles erklären kann.
    Hanns Dieter Hüsch

  • Zitat

    alias schrieb am 05.05.2006 20:44:
    Nach längerer Beobachtung des Schulbetriebs kann ich dir nur einen Rat geben:


    Erwarte von Schulleitern, Schulräten, Fachleitern an Seminaren und den anderen höheren Chargen keine besonders ausgeprägten Qualitäten im Bereich menschlicher Sensibilität.


    traurig, aber leider nur allzu wahr X(

    "Get thee back into the tempest and the Night´s Plutonian shore!...
    Take thy beak from out my heart, and take thy form from off my door!"
    Quoth the raven: "Nevermore." (E.A.Poe,The Raven)

  • Hallo,


    ich kann dich sehr gut verstehen, denn ich habe es auch 5 jahre hinter mir, aber vielleicht kann ich einen weiteren Gedanken einbringen.


    Ich stand in der gleichen Situation wie du. Ich war 2 Jahre EZU-Vertretung an einer Schule, insgesamt war es die 7. Schule, und an dieser Schule konnte eine Stelle ausgeschrieben werden. Sämtliche Textfassungen und Gespräche über diese Stelle fanden ohne mich statt, Gespräche verstummten meine SL konnte mir nicht mehr in die Augen sehen. Dann war aber klar, dass die Stelle so ausgeschrieben wurde, dass ich zumindest die Möglichkeit bekam, mich zu bewerben. Gesagt getan! Erst als ich die Einladung aus dem Postkasten nahm, wusste ich, dass ich zumndest schonmal eingeladen war, vorher kein Wort von Kollegen oder SL.


    Ich kann nur von Glück sprechen, dass ich es geschafft habe und sich die Kommission für mich entschieden hat. Hinterher gab es einige Gespräche und Erklärungen für diese seltsamen Verhaltensweisen.


    Eine wichtige Erklärung war, dass das gesamte Verfahren Rechtsverwertbar sein muss, und alle große Energie hineingesteckt haben alles so fair wie möglich zu machen.
    Meine SL hatte einfach allergrößte Sorge, dass eine andere Kanidatin das Verfahren anfechten würde. Das war der entscheidende Grund.


    Beim letzten Durchgang hat meine SL nicht auf unsere EZU-Vertretung ausgeschrieben, das war echt bitter, sie hatte nicht mal die Chance auf die Stelle.


    Halte weiter durch, es wird auch für dich eine Stelle geben.


    LG Tiger

    Jedes Kind braucht einen Engel,
    der es schützt und der es hält.
    Jedes Kind braucht einen Engel,
    der es auffängt, wenn es fällt.
    (Klaus Hoffmann)

  • Zitat

    b-tiger schrieb am 05.05.2006 23:14:
    Meine SL hatte einfach allergrößte Sorge, dass eine andere Kanidatin das Verfahren anfechten würde. Das war der entscheidende Grund.


    Das ist aber mal ein Paranoiker als Schulleiter... Interne Bewerbungen sind eine recht alltägliche Sache - nicht nur in der Schule sondern auch in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes. Rechtlich wasserdicht ist die Bewerbung, wenn die formalen Kriterien erfüllt werden und der Bewerber die nötigen Qualifikationen beibringt. Für welchen Kandidaten sich die Schule entscheidet, kann die Kommission mit ziemlich weitem Ermessensspielraum entscheiden.


    Ich sehe absolut keinen Grund, warum so ein Geheimse um deine Bewerbung gemacht worden ist. Wogegen genau soll denn bitte ein abgelehnter Kandidat eine Anfechtung vorbringen und wie sollte er bitte seine Beschwerden spezifieren?


    Nele

  • Zitat

    the-unknown-teacher-man schrieb am 05.05.2006 22:33:


    traurig, aber leider nur allzu wahr X(


    Da muss ich aber nun mal eine Lanze für die Schulleitung brechen. Ich weiß nicht, wie es im Grundschulbereich ist, aber ich habe mehrere wirklich kompetente und menschlich nette Schulleiter (und Stellvertreter) erlebt. Mein Chef ist nicht nur sehr engagiert, sondern auch menschlich (gegenüber Lehrern, Schülern, Eltern, Ausbildern) hervorragend. Und die Arbeit als Schulleiter (auch mit ebensolchen unliebsamen Entscheidungen, die manchmal getroffen werden müssen), möchte ich nun wirklich nicht machen. (Allerdings finde ich den oben genannten Fall nicht besonders lobenswert, ich lehne aber Pauschalisierungen ab.)

    Man muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“

    Elie Wiesel

  • Ich kann auch nur Gutes über die Schulleitung im Umgang mit uns Lehrern und Referendaren berichten, zumindest nach dem, was mir bekannt ist. Aber wie es bei Einstellungen oder Ausschreibungen aussieht, kann ich nicht beurteilen.

  • Liebe Kolleginnen und Kollegen im Forum,


    ich möchte mich ganz herzlich bedanken für die zahlreichen Beiträge, Ermutigungen und Tipps, die ich hier erhalten habe. :)
    Sicherlich kann man nicht alle Schulleiter in einen Topf werfen. Ich wollte mit meinem Text niemanden angreifen.


    Die Meinungen in meinem Bekannten- und Freundeskreis zu meinem "Problem" gehen sehr weit auseinander:


    Auf der einen Seite wurde mir geraten, mich ganz gelassen zu verhalten, das Thema in der nächsten Zeit nicht anzusprechen, meine Bewerbungsmappe anzufertigen und offiziell bei der Schulleitung abzugeben. Dann fühlten sich die Damen gebauchpinselt.


    Andererseits, und das war auch mein Grundgedanke, sagen viele, dass ich auf der nächsten Konferenz (die wäre morgen *schluck*) die Sache ganz öffentlich ansprechen sollte, und zwar höflich und sachlich (versteht sich von selbst), aber trotzdem bestimmt und direkt.


    Ihr könnt euch vielleicht vorstellen, dass ich die letzten Nächte nur gegrübelt habe :(


    Vielleicht werde ich es morgen einfach von der Stimmung auf der Konferenz abhängig machen. Kann sein, dass die Schulleitung von sich aus auf das Thema zu sprechen kommt und ich nochmal nachhaken werde.
    Vielleicht werde ich mein Kollegium einfach damit konfrontieren, dass es mir zur Zeit schlecht geht und ich daher ein paar Fragen zu den Stellen und zu dem Verfahren habe, die ich sehr gerne beantwortet hätte. Ich wünsche mir einfach mehr Transparenz und ich finde das haben Vertretungslehrkräfte nach jahrelangem Engagement auch verdient.


    Ich werde euch berichten, wie ich mich entschieden habe und wie es bei uns an der Schule weitergegangen ist.


    Ich werde mich flächendeckend bewerben, am Dienstag fahre ich zum Schulamt, da habe ich mich schon angekündigt und zu der nächsten Personalratssitzung gehe ich auch.


    Der Grundtenor meiner Freunde und auch hier im Forum ist, dass das Verhalten der Schulleitung alles andere als ermutigend und loyal ist. :) Daher denke ich, dass die "Herrschaften" einen kleinen Denkanstoß verdient hätten!


    Liebe Grüße von
    Soraya

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