Lehrermangel: Berliner Senat will Hilfslehrer unterrichten lassen

  • Hallo zusammen,
    heute steht folgender Bericht in der Berliner Morgenpost:


    Weil dem Land die Lehrer ausgehen, will der Senat schon vom nächsten Schuljahr an Absolventen anderer Studiengänge als Pädagogen einstellen, wenn keine ausgebildeten Lehrer zur Verfügung stehen. Und dies gleich in zehn Fächern:
    Mathematik, Physik, Chemie, Informatik, Englisch, Latein, Spanisch, Musik, Ethik und Französisch.


    "Das ist die nackte Verzweiflung" kommentiert der Sprecher der Lehrergewerkschaft GEW, Peter Sinram.
    "Es ist absurd, daß Berlin zusieht, wie ausgebildete Nachwuchslehrer in andere Bundesländer abwandern, weil sie dort bessere Einstellungsbedingungen haben und jetzt versucht, die Lücken mit pädagogischen Laien zu stopfen" kritisiert GEW-Chefin Rose-Marie Seggelke.


    "Ein Handwerksmeister könnte den Schülern ganz andere Dinge beibringen als ein Lehrer" sagt Bundesbildungsministerin Annette Schavan nach dem Rütli-Schock.


    In anderen Bundesländern werden Lehrer mit bedeutend besseren Konditionen gelockt als in Berlin, wo Angestellte mit einem Zwei-Drittelvertrag und ohne Urlaubs- und Weihnachtsgeld eingestellt werden, bieten Länder wie Hamburg, Hessen oder Bayern Einsteigern eine volle Beamtenstelle.
    ?( Da mache ich mir mit drei Kindern viele Gedanken.
    :) Was meint Ihr?

  • Wenn ich das Gerede und vor allem das Herausreden des Berliner Senats, besonders von Herrn Böger, höre, dann wird mir richtig schlecht. Da könnte ich mich stundenlang drüber aufregen.


    Erst vergraulen sie sehr viele Lehrer noch vor dem Referendariat, weil sie angeblich nicht gebraucht werden. Diese wandern dann in andere Bundesländer ab. Und die, die dann doch einen der wenigen Referendariatsplätze bekommen haben, will Berlin dann anschließend nicht mehr, so dass auch diese Junglehrer sich auf den Weg in andere Bundesländer begeben (einige haben Glück und können immerhin in Brandenburg arbeiten und müssen nicht unbedingt umziehen).


    Und dann kommt plötzlich der große Aufschrei, dass keine Lehrer da sind? Die haben doch wirklich einen Knall da oben.
    Selbst wenn jetzt wirklich keine jungen Lehrer mehr da sein sollten (was ich für ein absolut falsches Gerücht halte), dann sollte man sich im Senat mal fragen, was man falsch gemacht hat.
    Hätte man nicht alleine mit einem Blick in die Akten feststellen können, wann wieviele Lehrer gebraucht werden? Hätte man da nicht schon vor der großen Pensionoierungswelle sukzessive Lehrer einstellen müssen, um den angeblich nun drohenden Mangel zu verhindern?


    Ich persönlich bleibe aber dabei... es gibt genug ausgebildete Lehrkräfte (auch in den angegebenen Mangelfächern)! Aber wenn der Senat die "Hilfslehrer" einstellt, kann er natürlich Unsummen an Gehalt sparen!
    (Dazu gab es ja auch die Meldung in den Zeitungen, dass die Ausbildung an den Unis für Lehrer verkürzt werden soll. Damit sind die Lehrer schlechter ausgebildet und haben damit nicht mehr das Anrecht auf das momentan übliche Gehalt, was die jetzt noch gut ausgebiledten Lehrkräfte haben.) - Ohne Worte!

  • Auch in Berlin wird doch gelegentlich gewählt? Und das Wählen mit den Füßen hat dort eine lange Tradition...

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

    • Offizieller Beitrag

    Hallo ihr,


    Nell du bringst es auf den Punkt.
    Letztes Jahr hatten sie 19 Stellen für Grundschullehrer schulscharf ausgeschrieben, davon 14 glaube ich an den Europaschulen (d.h. Muttersprachler gesucht). Der Rest Musik oder Englisch. Dann fiel ihnen etwa vor einem Jahr ein, dass sie weitere Stellen ausschreiben müssen über ein zentrales Verfahren. Und uuuuuuuuuuuuuuuuuuuurplötzlich, im Juli nämlich, ein paar Tage vor Schuljahresbeginn, fiel ihnen auf, dass Lehrer fehlen. Da wurden dann schnell Bewerbungsgespräche abgehalten, einige waren aber dann auch im Urlaub und so bot sich die Situation, dass von den nochmal ausgeschriebenen Stellen für Grundschullehrer mit Musik oder mit Mathematik als Erstfach nur 3/4 besetzt werden konnten, nicht genug Bewerber. Es ist DER Lacher. Vor allem weil ich weiß, wie viele meiner ehemaligen Kommilitoninnen bereits weg sind. Eigentlich sind nur noch 4 aus meinem engeren Freundeskreis in Berlin, davon eine arbeitslos, eine im Referendariat mit bisher nur Ablehnungen (alle 1 Mangelfach) und 2 sind gar nicht erst in die Schule gegangen, sondern arbeiten in anderen Bereichen.



    @ Remus
    Ja, schon. Aber viele haben Familie, der Lebenspartner arbeitet in Berlin und sie können nicht einfach weg. Oder wollen nicht weg. Ich glaube nicht, dass ich auf einem Dorf klarkommen könnte. Leider hat der Senat ja schon das Monopol und Brandenburg schließt sich meistens an von den Arbeitsbedingungen her.



    Grüße,
    Conni

  • Ich weis gar nicht warum ihr euch so aufregt.
    Nachdem die Schulpolitik in Berlin ja scheinbar dafür gesorgt hat, dass großenteils eh kein geregelter Unterricht mehr stattfinden kann, ist es doch sowieso unerheblich ob nun ein ausgebildeter Hauptschullehrer oder ein arbeitsloser Gerüstbauer hilflos vor der randalierenden Klasse steht. Dann ist es doch nur konsequent auch hier die kostengünstigere Lösung zu wählen.
    Das ganze ließe sich eigentlich noch optimieren: man könnte in den Klassen Kameras installieren, die alle zentral von einem 1-Euro Jobber überwacht werden. Dem drückt man dann einfach ein Handy in die Hand, so dass er im Bedarfsfall Polizei oder Krankenwagen rufen kann und schon ist der Aufsichtspflicht genüge getan.

  • Hallo Moebius,
    ich kann Deinen Beitrag nicht so stehen lassen. Sicher gibt es in der Berliner Schulpolitik einiges zu verbessern (vielleicht auch in anderen Bundesländern) , dennoch darf darüber auch - wie es Nell und Conni getan haben kontrovers diskutiert werden.
    Meine Kinder gehen auf eine Grundschule wo ein geregelter Unterricht stattfindet, die Lehrer sind sehr engagiert.
    Berlin hat viele gute und sehr gute Schulen - Ausnahmen bestätigen die Regel.
    Den letzten Teil Deines Beitrages halte ich für "übertrieben".
    Bezogen auf das Ausgangsthema frage ich mich, warum Berlin nicht die nötigen Lehrer einstellt.
    Ist das nur die Haushaltslage?
    ?(
    Gruß ;)
    Steppel

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Steppel,


    ich denke, dass es überwiegend die Haushaltslage ist. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, existiert diese Bankgesellschaft ja noch, für die damals der CDU-Senat bürgte und die nun megapleite ist. Mir erzählte mal ein Bänker, solange die existiert, hat Berlin die Schulden mitzutragen, es sei denn das Land melde Insolvenz an. Dann gehen alle Ausgaben auf den Bund über.
    Wir hatten bis vor Kurzem noch nichtmal das Geld, um die neuen Bücher und Arbeitshefte für die vom Schulbuchkauf befreiten Kinder zu kaufen...


    Ansonsten hast du Recht: Es sind die Ausnahmen, die die Medien groß rausbringen und an denen dann das Lehrerbild festgemacht wird.


    Eine gute Schule auf dem Titelblatt würde keine guten Verkaufszahlen bescheren, zu unspektakulär.
    Alle Grundschulen, die ich kenne oder auf die Kinder von Freunden und Bekannten gehen, leisten im Rahmen der finanziellen und personellen Möglichkeiten gute oder sehr gute Arbeit. In einigen Bezirken gibt es auch von der EU geförderte Hauptschulen, auf denen Schüler mit vielen unentschuldigten Fehltagen und sehr schlechten Noten 2 oder 3 Tage pro Woche lernen und an den anderen Tagen Praktika in Betrieben und Firmen machen. Die meisten Lehrer dort leisten eine überaus engagierte Arbeit, fahren 3 Tage pro Woche durch die ganze Stadt ohne bezahlte Fahrzeit und die, die ich dort kenne, haben ein sehr gutes Verhältnis zu ihren Schüler/innen. An diesen Schulen wird versucht, für die Jugendlichen eine berufliche Perspektive zu schaffen - sofern dies in unserer Gesellschaft "vorgesehen" oder "erwünscht" ist und an diesem Punkt enden dann auch die Möglichkeiten von Schule.


    Grüße,
    Conni

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