Referendariat komplett verkraftet?

  • Hallo Ihr Lieben!


    Mein Ref. liegt - Gott sei gelobt - nun schon eine Weile hinter mir. Trotzdem kommen mir immer wieder Sätze oder Bemerkungen von der Ausbilderseite hoch, die mich verunsichern. Egal, wie oft ich versucht habe, diese z.T. sehr verletzenden Sätze zu vergessen, es gelingt mir nicht ganz. Die Tatsache, dass ich mit Note "2" abgeschlossen habe, hilft da auch nicht sonderlich.


    Wem geht es ähnlich und wer hat Tipps? Vielen Dank und God bless you!

  • Voodoopuppen helfen ungemein :D



    nee, jetzt mal im Ernst, ich habe aufgrund eines Schulwechsels mehrere Schulleiterbesuche hinter mir (sechs im Ganzen), zudem häufig Hospitationen von Referendaren, letztens auch noch Schulinspektion...


    und jedesmal denke ich mir: auch meine Fachleiter sowie mein achso pädagogischer Hauptseminarleiter haben letztendlich nicht verhindern können,dass aus mir doch noch ein vorzeigbarer Lehrer geworden ist...


    :P

    "Get thee back into the tempest and the Night´s Plutonian shore!...
    Take thy beak from out my heart, and take thy form from off my door!"
    Quoth the raven: "Nevermore." (E.A.Poe,The Raven)

    • Offizieller Beitrag

    Halllo Krijtfee,
    ganz ehrlich: Ich mache teilweise meine Stundenvorbereitungen noch so, wie im Ref "eingebläut" (sie haben sich aber auch bewährt) und ich hab einen kleines Dankesgebet zum Himmel geschickt, als ich mitbekommen habe, dass beide Ausbilder (persönliche Demütigungen gehörten mit zur Ausbildung....) endlich ihren Sessel geräumt haben.
    Nach dem Examen hab ich ungelogen erstmal ein halbes Jahr gebraucht, um mich seelisch zu regenerieren.
    Dann hab ich ziemlich bald danach selbst Refs betreut- als Mentorin- und inzwischen hab ich ständig Unterrichtsbesuche,
    sei es von Austauschlehrern, vom Direktor, von Austauschschülern, von Schülern, die mich drum bitten: "Dürfen wir in Ihren Unterricht kommen, das ist nicht so langweilig wie draußen rumhängen?" :D
    Und mein Direktor meinte nach seinem Besuch hinter vorgehaltener Hand, er könnte sich die Examensnote gar nicht erklären, die gezeigte Stunde sei hervorragend gewesen....
    Also, man sammelt seine eigenen Erfahrungen, aber das Ref hängt mir schon noch nach und das wird es wohl auch noch eine Weile lang tun...

    • Offizieller Beitrag

    Es geht wohl jedem so, dass er etwas von dem üblen Beigeschmack des Referendariats mitnimmt, und sei es noch so viele Jahre her. Selbst altgediente Kollegen, die das Ref. 20 und mehr Jahre hinter sich haben, bekommen einen trotzdigen Gesichtsausdruck, wenn bei uns vor einem Unterichtsbesuch die Ausbilder zur Tür des Lehrerzimmers herein kommen, und nicht selten hört man "Oh Gott, da wird gleich wider so ein armes Hascherl verhackstückt!"
    Viel davon mag selektive Erinnerung sein, anderes wieder nicht - Fakt ist: ich habe noch keinen einzigen Kollegen kennen gelernt - nicht einen! - der da sagte: "Das Referendariat war wirklich eine gute (meinetwegen auch nur halbwegs erträgliche - oder sinnvolle) Zeit.


    Ich selbst habe zwar schlussendlich ein sehr gutes Examen gemacht und hätte (!) während des Refs wenig Anlass zu existenziellen Ängsten bezüglich Noten/Bestehen gehabt - WENN ich denn jemals um meinen Leistungstand gewusst hätte: den teilte man mir aber nur so kryptisch mit, dass es alles hätte heißen können zwischen "super" und "miserabel": die Nachbesprechungen dauerten immer knapp eine Stunde - und es wurde Erbsen gezählt, was das Zeug hielt. Oft ging ich raus und war am Boden zerstört.
    Außerdem habe ich die Art und Weise wie man infantilisiert wird, wie Ängste aus dem Nichts gezaubert werden, und wie die Relation zwischen unwichtig und wichtig völlig verdreht wird ("Wäre es dem Stundenziel nicht dienlicher gewesen, die Überschrift an der Tafel noch einmal farblich hervorzuheben?") als extrem belastend empfunden.


    Die Reflexe, die ich auch heute - also 5 Jahre nach dem Ref. - noch übrig behalten habe:
    Ich ertappe mich immer noch dabei, kurze Anfälle der Wahnvorstellung zu haben, dass eine Stunde, die ich in 20 Minuten vorbereitet habe, keine gute Stunde sein könne.
    Ich versuche oft immer noch, meinen Stundenanfang und mein Stundenende durch einen Ein- und Ausstieg zu rechtfertigen - auch wenn es manchmal einfach keinen Sinn macht.
    Ich habe auch einen trotzigen Gesichtsusdruck, wenn die Ausbilder ins Lehrerzimmer kommen ;) - und ich versuche meinen Referendaren aufgrund meiner Erafhrung immer gleichzeitig beides zu vermitteln: Das machst du für deine Fachleiter (und es ist ein unrealistischer Aufwand!) - und das hier würdest du im richtigen Leben machen und so solltest du es ab und zu üben (also die ratz-fatz-Methode). In der Hoffnung, dass diese Referendare nicht dem zweiten gnadenlosen Praxisschock anheim fallen: nämlich bei der ersten vollen Stelle zu versuchen 26 UB-reife Stunden zu halten und sich damit ins Koma zu arbeiten.


    Ansonsten geht es mir wie Hermine: es tummeln sich in meinem Unterricht Referendare, Praktikanten und deren Ausbilder - und komischerweise meckert heute keiner mehr an ein- und ausstiegslosen Stunden und einheitlich grünem Tafelbild rum. Ich warte immer drauf... :) ...?

  • Zitat

    ich habe noch keinen einzigen Kollegen kennen gelernt - nicht einen! - der da sagte: "Das Referendariat war wirklich ...eine halbwegs erträgliche - oder sinnvolle Zeit.


    Naja, einen schon...


    Gruß,
    Remus

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

    Einmal editiert, zuletzt von Remus Lupin ()

  • Meine Fachleiter waren immerhin so realistisch, nach dem Ref anzumerken, dass es im Berufsalltag nicht auf diesen ganzen überkandidelten Kleinkram ankommt.
    Einerseits macht mir das als Berufsanfängerin das Leben leichter, andererseits habe ich damals gedacht verar... kann ich mich selbst. :rolleyes:

    Was man zu verstehen gelernt hat, fürchtet man nicht mehr. Marie Curie

  • Zitat

    In der Hoffnung, dass diese Referendare nicht dem zweiten gnadenlosen Praxisschock anheim fallen: nämlich bei der ersten vollen Stelle zu versuchen 26 UB-reife Stunden zu halten und sich damit ins Koma zu arbeiten.


    Oh,ja! Ich habe vor einem 1/4 Jahr meine erste volle Stelle angetreten und bin ganz schön depremiert. Ich empfinde das Ref. im nachhinein als echt locker. Ich setze mich jetzt komischerweise viel mehr unter Druck als vorher und kann ihn aber nicht abstellen :( (Die vielen Vorbereitungen, die Elternarbeit, Klassenorganisation usw..) Meine Stunden sind total unbefriedigend, da einem ja schließlich 2 Jahre lang eingehämmert wurde, dass man "toll einsteigen, reflektieren, beurteilen, reagieren, artikulieren, ... und nicht zuletzt laminieren.. usw." soll!!
    Ich hoffe, dass ich bald eine "gesunde" Einstellung zum Schulalltag bekomme...

    Zitat

    Ich ertappe mich immer noch dabei, kurze Anfälle der Wahnvorstellung zu haben, dass eine Stunde, die ich in 20 Minuten vorbereitet habe, keine gute Stunde sein könne.


    ...und auch glücklich mit der "Schwellendidaktik" werde.

  • Zitat

    Remus Lupin schrieb am 27.12.2005 11:40:


    Naja, einen schon...


    Gruß,
    Remus


    Zwei!
    JJ

  • Zitat

    Justus Jonas schrieb am 03.01.2006 22:21:


    Zwei!
    JJ


    Es war halbwegs erträglich und sogar eine deutlich mehr sinnvolle als sinnlose Zeit.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    • Offizieller Beitrag

    Also mein Ref war mehr als nur erträglich. Es war eine intensive, arbeitsreiche Zeit mit Höhen und Tiefen, Erfolgen und Misserfolgen - alles in allem bin ich da seelisch völlig unbelastet raus.
    Das Einzige, mit dem ich immer noch etwas zu kämpfen habe (vgl. den Thread zum Thema, ob ich genug getan habe), ist, dass ich ständig meine zu wenig zu tun. (Ab wann es genug ist, lässt sich in unserem Beruf ja nur schwer taxieren, weil die Arbeit in dem Sinne nie endgültig getan ist).


    Gruß
    Bolzbold

    • Offizieller Beitrag

    Fertig bin ich zwar noch nicht und einige Punkte kann ich schon nachvollziehen, aber bisher hab ich nicht das Gefühl seelisch verstümmelt nach zwei Jahren wieder irgendwo aufzutauchen. Klar hab ich Höhen und Tiefen und mach mir so meine Gedanken, weil ich meistens an meinen Stunden recht wenig Vorbereitungszeit drin stecken habe, was aber daran liegt, dass ich vorher seeeehr lange mit dem Thema in mir rumlaufe, bevor ich die Planung konkret mache und bei UBs dauert das auch länger, weil ich dann immer wieder drüber nachdenke, aber es hilft mir, denke ich, darüber zu reden. Wenn mich die Leute wieder auf den Boden der Tatsachen holen und mir sagen, dass der UB nicht so schlecht gewesen sein kann, weil wir uns darüber unterhalten haben, ob die Überschrift nicht besser mit dem Lineal unterstrichen werden sollte, ob die Hausaufgabe nicht zu lang ist, ob der Filmausschnitt nicht kürzer hätte sein können, etc. Dann merke ich, dass meine Stunden gar nicht so schlecht sind. Und wenn das die Mentoren dann auch sagen und strahlend das Zimmer verlassen, dann muss ich sagen, ist mir nicht danach, meine Fachl.eiter die ganze Zeit auf den Mond zu schießen, weil ich wirklich sinnvolle Tipps und Tricks und auch Material von ihnen bekomme.


    Liebe Grüße,


    Dalyna

  • Ja, das Ref war anstrengend und arbeitsintensiv und ich kann mich da bolzi nur anschließen.
    Aber ich hatte faire Seminarleiter und Mentoren, die mir geholfen haben, meine Ideen umzusetzen. Daher empfinde ich die Zeit schon als sinnvoll.


    LG, silja

  • Zitat

    Hermine schrieb am 27.12.2005 10:52:
    inzwischen hab ich ständig Unterrichtsbesuche,
    sei es von Austauschlehrern, vom Direktor, von Austauschschülern, von Schülern, die mich drum bitten: "Dürfen wir in Ihren Unterricht kommen, das ist nicht so langweilig wie draußen rumhängen?" :D


    Ich find's gerade sehr witzig, das zu lesen. Bin noch mitten im Referendariat und mir ist das im ersten halben Jahr bestimmt 6-7 x passiert, dass irgendwelche Schüler, die ich noch nie gesehen hatte, mit in meinen Unterricht wollten! Irgendwie hab ich da also dauernd irgendwelche abgerissenen Punks sitzen, die lieb gucken und Däumchen drehen und ganz still sind, um bloß nicht zu stören, die einmal auftauchen und dann nie wieder. Sowas gab's zu meiner Schulzeit nicht! Was IST das bloß? :P Können die nicht so lange in die Stadt gehen und ein paar Euros schnorren? ;)

  • @ Patcho:


    da wäre ich an deiner Stelle vorsichtig, ich bin zwar im Schulrecht nicht allzu bewandert, aber meines Wissens brauchen Gäste im Unterricht die Zustimmung des Direktors, z.b. wenn es sich um Schüler handelt, die die Schule demnächst besuchen wollen. ..
    außerdem gibt es glaub ich eine Bestimmung, die Personen ohne jegliches dienstliches oder verwandtes Interesse den Besuch untersagt... sonst hast du demnächst noch Eltern da sitzen, die mal schauen, was der Referendar ihren Kinderchen so beibringt...


    mfg
    der unbekannte Lehrer

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    Einmal editiert, zuletzt von the-unknown-teacher-man ()

  • Zitat

    the-unknown-teacher-man schrieb am 05.01.2006 21:49:
    @ Patcho:


    da wäre ich an deiner Stelle vorsichtig, ich bin zwar im Schulrecht nicht allzu bewandert, aber meines Wissens brauchen Gäste im Unterricht die Zustimmung des Direktors, z.b. wenn es sich um Schüler handelt, die die Schule demnächst besuchen wollen. ..


    Diese Bestimmung gibt es, ich bin mir aber nicht sicher ob Eltern nicht ein Hospitationsrecht haben (nach Absprache / Anmeldung). Es kommen aber zwischendurch bei mir auch immer wieder Schüler die zugucken wollen - meistens sind sie dann mit jemand verabredet der bei mir ne Stunde hat oder so. Leute aus meiner Schule lasse ich mit dem Hinweis rein, dass sie sofort gehen wenn sie quatschen; wenn ich sie noch nie gesehen habe oder gleich weiß dass sie nicht ruhig sein können dann müssen sie draußen bleiben...
    JJ

    • Offizieller Beitrag

    Im Ref wäre ich grundsätzlich auch vorsichtiger gewesen, da saß aber sowieso so gut wie fast immer der SL mit drin, so dass "anderer" Besuch schlichtweg nicht möglich war.
    Die Austauschschüler und Praktikanten sind natürlich mit Einwilligung des Direktors bei mir.
    Und bei den beiden Schülern handelte es sich um Sechstklässler, die noch nachmittags Unterricht hatten-mir also zumindest durch Begegnungen in der Pause bekannt waren.
    Aber auch mit ihnen hatte ich abgemacht, dass sie nur bleiben dürfen, wenn sie ruhig sind und mitmachen- hat super geklappt.
    Hermine

  • Eltern haben zumindest in NRW definitiv das Recht zu hospitieren. Bei uns wird das auch immer mal gemacht. Wir empfehlen es den Eltern auch hin und wieder, denn das zeigt ihnen dann ganz gut mal, wie das Kind sich in der Schule verhält. Was findest du daran denn so schlimm, unbekannter Lehrer?


    Gruß
    Britta

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,


    nach den überraschend vielen positiven Referendariatserlebnissen, kann ich nur sagen, dass ich es absolut gruselig fand und Zeit und Nerven als vergeudet ansehe!


    Vielleicht liegt es an den unterschiedlichen Bundesländern oder auch nur an den Studienseminaren.


    Mir ging es jedenfalls teilweise wie Meike: uns wurde nie eine Note gesagt; bemängelt wurde immer irgendetwas. Die Schwere des "Vergehens" konnte man aber nicht einschätzen.
    So haben letztlich dann Kollegen eine 1 oder auch eine 4 als Vornote bekommen, die das nie erwartet hätten.


    Mir persönlich ging es so, dass mich seitdem immer noch unter Druck fühle, keine perfekte Stunde zu halten. Als würde mir mein FL noch im Nacken sitzen.
    Wenn in einer Stunde etwas nicht so gut läuft, bekomme ich schon mal Anflüge von Panik, bis ich mir sage, dass mich niemand beobachtet oder bewertet und ich notfalls komplett umschwenken kann.
    Sehr schade finde ich auch, dass mir meine ursprüngliche Freude und Leichtigkeit flöten gegangen ist. Zwar macht mir der Beruf imme rnoch Spaß, aber er bedeutet jetzt auch Druck und Belastung - ein Gefühl, das ich ganz klar auf das Refi zurückführe! Als ich angefangen habe, hätte ich die Welt umarmen können, weil ich einen so schönen Beruf ausüben darf. Das haben sie mir gründlich ausgetrieben und durch Leistungsdruck ersetzt.
    Der Beruf ist immer noch schön und richtig für mich, aber eben nicht mehr unbelastet.


    Nein, ich würde nicht sagen, dass ich das Refi schon komplett verkraftet habe! In mir ist auch eine ziemliche Wut auf diese Ausbildungsmethoden und die Ausbilder vom Studienseminar.
    Der Brief, den ich mit 2 Kolleginnen deshalb formulieren will, ist in Arbeit. Jede versucht gerade ihre persönlichen Erlebnisse in diesem Studienseminar in Worte zu fassen.


    Interessant finde ich auch, dass selbst unsere Beste (1,2) sagt, sie wolle die Zeit am liebsten nur vergessen - schrecklich!


    LG,
    Melosine

  • Zitat

    Britta schrieb am 06.01.2006 10:09:
    Eltern haben zumindest in NRW definitiv das Recht zu hospitieren. Bei uns wird das auch immer mal gemacht. Wir empfehlen es den Eltern auch hin und wieder, denn das zeigt ihnen dann ganz gut mal, wie das Kind sich in der Schule verhält. Was findest du daran denn so schlimm, unbekannter Lehrer?


    naja, es gibt ja auch durchaus Eltern, die immer alles besser wissen und können, mit den Noten für ihr Kind nicht einverstanden sind, usw.
    so etwas würde mich nervös machen, wenn die dann die ganze Zeit mitstenographieren ... naja, das gute alte Fachleitertrauma, nur eben mit Elterneinschlag
    In der Grundschule macht das vielleicht noch Sinn, mit der Grundschulpädagogik kenn ich mich nicht besonders aus, aber mir als Schüler wäre es furchtbar unangenehm gewesen, wenn meine Eltern im Unterricht gesessen hätten ...


    mfg
    der unbekannte Lehrer

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