Unterricht, Stundenverteilung

  • Guten Tag zusammen!


    Ich bin einschließlich des Referendariats in meinem siebten Schuljahr, habe davon einige Jahre an einer IGS gearbeitet, bin nun wieder am Gymnasium tätig.
    Erstmals seit dieser Zeit poste ich in einem Lehrerforum, da bislang "alles lief" oder von mir selbstständig gelöst werden konnte. Jetzt wäre ich sehr dankbar für eine Rückmeldung!


    Ich habe gerade meine Stundenverteilung für das kommende Schuljahr erhalten -- und bin doch etwas bestürzt:
    Von meinen 24,5 Stunden spielen sich nur zwei in Fächern ohne Klausur(en) oder Klassenarbeiten ab.


    Konkret:
    - jeweils einen Deutsch-Grundkurs in 12 UND 13 (letzterer P3) [2 vierstündige Klausuren pro Halbjahr]
    - in Geschichte das Gleiche, aber ohne schriftliches Abi (jeweils 1 zweistündige Klausure pro Halbjahr)
    - in Philo einen 11-er-Kurs (1 zweistündige Klausure pro Halbjahr)
    - den Rest machen Deutschkklassen in 7, 9, 10 aus (unterschiedliche Anzahl an KLA), nur zweimal davon Geschichte in 10 und 9 (keine Klassenarbeiten, aber natürlich "Tests")
    - dazu: Klassenleitung in 10 (inkl. Klassenfahrt nach Berlin), Fachleitung in Geschichte


    Was mich ärgert: Die Fachkonferenz in Deutsch besteht aus 17 KollegInnen, es gibt insgesamt jeweils 2 Grundkurse in 12 und 13. Das bedeutet, dass ein Großteil der übrigen FachkollegInnen fast nur in der SEK I oder in 11 unterrichtet.
    Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich bewerte nicht die Arbeit in der SEK I als geringer, war selbst bereits Klassenlehrer in 5/6, weiß um den Aufwand, aber erfahrungsgemäß bedeuten Korrekturen (insbesondere Deutsch in der Oberstufe) einen Zeitblock, der betonartig im Alltag und den Ferien steht.


    1. Stelle ich mich an oder ist das schon ein ganz schöner "Batzen"?
    2. Welche Möglichkeiten bestehen? Gespräch mit Schulleiterin und Oberstufenleiter ist bereits erfolgt -- Ergebnis: Das Ganze ist wegen fertigen Stundenplans wohl nicht umplanbar, auch wenn müde Mühe, etwas noch zu ändern, seitens der Schulleiterin gezeigt wurde.


    Sorry für diesen sehr langen Eingangsbeitrag, Rückmeldungen würden mir aber sehr helfen, meine Situation besser zu berwerten!


    Viele Grüße und vielen Dank!


    c. p. moritz

  • Hallo c.p.moritz,


    das ist nichts anderes als der real existierende Mangel an Arbeitsgerechtigkeit. Hängt auch mit Fächerkombinationen zusammen. Mich trifft es wie fast immer mit 6 Korrekturen: 5x Englisch, davon 1 LK12, 1 GK 13, eine 10, eine 7, eine 5, plus eine Französisch-8. Ich korrigiere mir gewohnheitsmäßig einen Wolf, und eine Klassenleitung habe ich auch noch. Noch schlimmer sind nur die Kollegen dran, die die Kombination Deutsch und Englisch haben. Die haben teilweise SIEBEN Korrekturen. Zwei von denen haben auch noch eine Klassenleitung und machen Fahrten.
    Ich werde keine Klassenfahrten mehr machen, da mir das zuviel Korrekturzeit stiehlt, das kann ich mir einfach nicht mehr leisten. Ich überlege auch, den Fachvorsitz Englisch und die Betreung der Lehramtspraktikanten abzugeben - mal sehen.
    Unser Chef sagt einfach, die Verteilung ging nicht anders zu machen. Dabei hatten wir schon mal des Langen und Breiten auf einer Konferenz diskutiert, dass die Klassenleitung nicht automatisch am Hauptfachlehrer hängenbleiben muss - jemand, der in einer Klasse Bio und Erdkunde unterrichtet, kann genausogut dort die Klassenleitung übernehmen. Aber gemacht hat der Chef das nicht.
    Manche Kollegen sagen mir auch, "Geh doch auf halbe Stelle, wenn du so viele Korrekturen hast", aber das habe ich schon mal mehrere Jahre gemacht und damit meine Ruhegehaltsansprüche entscheidend geschädigt.
    Das Mindener Arbeitszeitkonten-Modell ist derzeit bei unserem Schulministerium (NRW) ein beliebtes Ankündigungsargument. Ich galube aber, wenn es nicht verpflichtend eingeführt wird, bringt es gar nichts, weil unser Kollegium (überwiegend NICHT Doppelkorrigierer) sich dagegen aussprechen wird und alles bleibt beim alten.


    Wie sieht das denn an anderen Schulen aus, kann mal jemand berichten? Danke schon mal!
    Putzi

    "I think it would be a great idea." (Mohandas Karamchand Gandhi when asked what he thought of western civilization)

  • hallo putzmunter,


    vielen dank für deinen einblick in den schulalltag anderswo! ich habe ja nun dieses jahr ebenso viele korrekturen plus abi, klassenleitung, fachleitung und -fahrt, die von dir zitierten sprüche und argumente kommen mir bekannt vor.
    vielen dank nochmals, ich bin zu müde für eine längere aw, später einmal mehr!


    gute nacht!

  • Zitat

    Original von putzmunter
    Manche Kollegen sagen mir auch, "Geh doch auf halbe Stelle, wenn du so viele Korrekturen hast",
    aber das habe ich schon mal mehrere Jahre gemacht und damit meine Ruhegehaltsansprüche entscheidend geschädigt.


    Dieser Vorschlag hieße ja auch nur, dass man seine eigenen Überstunden nicht nur ableistet, sondern auch noch aus dem Privatsäckel selber bezahlt und zusätzlich, wie du richtig schreibst, auf seine Altersversorgung verzichtet! Wie man auf eine solche, mit Verlaub schwachsinnige Idee kommen kann, ist mir rätselhaft. Soweit ich weiß, ist das momentan noch das Extrem der Selbstausbeutung, ob wir Lehrerschaft in unserer Kurzsichtigkeit zu noch exotischeren Einfällen kommen, wird sich zeigen.


    Eine befriedigende Antwort habe ich auf das Problem auch nicht. Ich weiß nur, dass die Relation zwischen eingesetzten Investitionen, Aufgabenlast und Arbeitsergebnis eine Konstante ist. Das heißt, wenn wir die begrenzte Resource Arbeitszeit auf mehr Arbeitsprozesse verteilen, sinkt die Qualität des Outputs. Das ist offensichtlich so vom Dienstherrn gewünscht, also sehe ich auch keinen Grund, privat zusätzlich in Arbeitszeit zu investieren.


    In anderen Worten - wir müssen schneller und schlampiger arbeiten und auf die Qualität unserer Arbeit pfeifen. Das ist schade, aber strukturell bedingt. Luxus gibt's eben nicht mehr.


    Nele

  • Hi,


    deine Korrekturbelastung ist in der Tat sehr hoch. Wenn das Gespräch mit der Schulleitung nichts erbracht hat, dann solltest du erst einmal den Lehrerrat konsultieren (du kannst selbst am besten wissen, ob und wie er an eurer Schule funktioniert) sollte das nichts bringen bzw. nicht gehen, dann gibt es noch den Personalrat, findest du über deine Bezirksregierung. In der Regel kann dadurch Abhilfe geschaffen werden.
    Viel Glück dabei!


    Gruß Lieselümpchen

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich! (Afrikanisches Sprichwort)
    :)

  • hallo,


    lieseluempchen, ich komme aus s.-h., es gibt hier keinen lehrerrat, nur den personalrat. von diesem verspreche ich mir leider nicht viel. habe mich mittlerweile schon fast abgefunden. aber vielen dank für deinen vorschlag.
    EDIT: ich glaube, was bei euich der "lehrrerat" ist bei uns der "örtliche personalrat".


    Nele, ich kann deine argumentation nachvollziehen, doch zweifle ich daran, ob man damit etwas bewegt, denn schlampig zu arbeiten wirkt sich in erster linie auf die schüler aus. was dazu kommt: was macht dann noch spaß am beruf? es gibt zwar auch guten unterricht, der nicht vorbereitet ist, halte ich aber nicht für die regel.
    was heißt "schlampig" bei korrekturen: fehler, die ich sehe, nicht anstreichen, mir die kommentare sparen? das sparte zeit, damit verletzte ich allerdings meine dienstpflichten und -- was mich mehr ebschäftigt -- mein gewissen gegenüber den schülern!


    ich finde unsere situation zum k***. ich hatte solche lust auf diesen beruf und die länderministerien veranstalten eine politik nach dem motto "mitarbeiterdemotivation"

  • Hi C. P. Moritz,


    das hört sich nicht gut an. Dennoch hier ein weiterer Tipp: Wende dich an einen Berufsverband. Ich bin seit über 25 Jahren im Schuldienst und habe diesen immer mal wieder benötigt. Ob du nun der GEW, dem VBE oder dem Philologenverband beitritts ist von deiner politischen Einstellung abhängig. Ich selbst gehöre letzterem an. In der Regel sind diese Verbände auch im Personalrat vertreten. Dort bekommst du auch Rechtsbeistand etc. Auf Dauer ist es gut, eine starke Organisation "im Rücken" zu haben.


    Liebe Grüße
    Lieselümpchen


    Nachtrag:
    Der Lehrerrat in NRW sind Lehrervertreter, die an einer Schule von einem Kollegium für eine bestimmte Zeit gewählt werden und die Interessen von Kolleginnen und Kollegen dieser Schule vertreten (müssen), vergleichbar mit einem Betriebsrat! Der Personalrat sitzt bei uns in den Bezirksregierungen und die Mitglieder gehören i. d. R. einem der genannten Lehrerverbände an. Ich würde dann den Vertreter ansprechen, der nicht lasch sondern ehrer diplomatisch kämpferisch die Sache angeht. Du kannst ja auch immer den Gleichheitsgrundsatz ins Feld führen, der hier besagt, dass die Belastung möglichst gleich verteilt werden sollte!
    Viele Erfolg!


    L.

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich! (Afrikanisches Sprichwort)
    :)

    2 Mal editiert, zuletzt von lieseluempchen ()

  • hallo Lieseluempchen,


    dann ist der lehrerrat mit unserem personalrat identisch.
    nur ist dieser an meiner neuen schule so lasch -- er musste ja schließlich auch die unterrichtsverteilung mit unterschreiben -- kommt mir aber sehr schulleitungskonform vor. ohne hier vorurteile betonieren zu wollen: zudem besteht er nur aus mathematikern ...


    der tipp mit einem verband bringt mich dazu, tatsächlich einmal einen beitritt ernsthaft zu erwägen, so sehr ich ansonsten skeptisch gegenüber institutionalisierten interessensvertretungen bin. aber wenn wir schon wenig lobby haben, dann sollte man diese vielleicht wenigstens nutzen.
    ich danke dir für deine hilfreichen prompten kommentare!
    ein schönes (korrekturfreies!) wochenende und schöne ferien!


    c. p. moritz

  • Die beschrieben Arbeitsbelastung ist bei uns eigentlich normal.


    Mit meinen Fächern Deutsch und Englisch gibt es keine Klassenstufe, in der nicht 4 Klassenarbeiten geschrieben werden müssten. Mit G8 verschlimmert sich die Situation noch: in der Mittelstufe werden beide Fächer oftmals nur noch 3-stündig unterrichtet, jedoch sind 4 Klassenarbeiten zu korrigieren.


    In der Regel ergibt es sich, dass ich 6 Deputate habe, gnädigerweise bekommen Kollegen mit 2 Korrekturfächern wenn es sich einrichten lässt, nur 2 Deutschklassen, wenn Unterstufe dabei ist auch gerne mal 3. Ich bin in den letzten beiden Jahren bei 25 Stunden immer auf 24 Klassenarbeiten gekommen. Wenn man 6 oder 8 hat, können zusätzlich noch Vergleichsarbeiten dazu kommen.
    Ich hatte 2mal Unterstufe und dann nur Klasse 9 und aufwärts.
    Wir haben große Klassen, die kleinen reißen sich meist du FALs unter den Nagel.


    Projektarbeiten und Portfolios können keine Klassenarbeiten ersetzen, also habe ich aufgrund meiner hohen Arbeitsbelastung beschlossen, keine mehr anzubieten.


    Bei uns ist es selbstveständlich, dass man eine Klassenleitung übernimmt, nebenher habe ich noch eine Studienfahrt organisiert.


    Allerdings fühlt sich bei uns die Arbeitsbelastung relativ gerecht verteilt an - wir arbeiten alle so viel.


    Wie sagen meine Sportkollegen immer? "Intelligenz beginnt bei der Studienfachwahl"


    Grüße
    Lolle

  • Zitat

    Original von c. p. moritz
    Nele, ich kann deine argumentation nachvollziehen, doch zweifle ich daran, ob man damit etwas bewegt,


    Selbstverständlich bewegst du nichts - aber du schützt dich selbst, deine körperliche und deine psychische Gesundheit.


    Zitat

    denn schlampig zu arbeiten wirkt sich in erster linie auf die schüler aus. was dazu kommt: was macht dann noch spaß am beruf? es gibt zwar auch guten unterricht, der nicht vorbereitet ist, halte ich aber nicht für die regel.
    was heißt "schlampig" bei korrekturen: fehler, die ich sehe, nicht anstreichen, mir die kommentare sparen? das sparte zeit, damit verletzte ich allerdings meine dienstpflichten und -- was mich mehr ebschäftigt -- mein gewissen gegenüber den schülern!


    Wenn du mit Anfang fünfzig deinen Burnout hast und dich das Land Nordrheinwestfalen mit extrem reduzierten Bezügen auf die Straße kotzt, dann wird dir kein Schüler eine Träne nachweinen. Und für mich persönlich steht meine körperliche und seelische Gesundheit, sowie die Stabilität meiner Ehe definitiv sehr viel weiter oben auf meiner Prioritätenliste als mein Gewissen gegenüber meinen Schülern.


    Um es noch einmal zu sagen: die Gründe für die Lehrerüberarbeitung und die schlechte Situation an den Schulen sind seit Jahren bekannt - es gibt entsprechende Studien zur Lehrerarbeitszeit, die wohlweislich in Schubladen abgelegt sind. Die Überlastung und die defizitären Resultate sind offensichtlich politisch gewollt. Wenn das der Wille des Dienstherren ist, werde ich mich nicht kaputtarbeiten, um das auszugleichen.


    Übrigens bin ich absolut der Meinung, dass der Idealismus der Kollegen der älteren Generation ursächlich für die jetzige schlechte Situation verantwortlich ist. Wenn der Dienstherr die Belastung erhöht und die Kollegen brav mitspielen, dann hat er doch allen Anlaß die Schultern zu zucken: "Na bitte, geht doch, dann war die Belastung doch gar nicht so hoch." Und noch ne Schippe drauf. Das System ist darauf angelegt, dass irgendwer bluten muss. Und das werde nicht ich sein.


    Was die Verbände angeht - lachhaft. Wir haben keine Arbeitnehmervertretungen. Der Philologenverband tritt für die Interessen der Gymnasialeltern ein, die GEW für irgendwelche nebulösen Bildungsideale. Das ist ungefähr so, als ob Verdi nicht für die Interessen der Angestellten im Einzelhandel sondern für die Interessen der Supermarktkunden einträte - zu Lasten der Belegschaften natürlich.


    Nele

  • Guter Beitrag, nele! So sehe ich das auch. So lange die Strukturen defizitär sind, soll mir keiner mit dem Totschlag-Argument "ist doch für die Schüler" kommen.


    Grüße
    Maria

    Was man zu verstehen gelernt hat, fürchtet man nicht mehr. Marie Curie

    • Offizieller Beitrag

    Hallo c. p. moritz,
    da hat es dich ja wirklich ganz schön erwischt. Allerdings würde ich gerade in der Oberstufe in Deutsch schauen, wo man was einsparen kann. Übungsaufsätze- wenn, dann nur freiwillig und nur einer pro Halbjahr. Ellenlange Schlussbemerkungen bei den Klausuren, nö, das Wichtigste knapp zusammengefasst muss es auch tun. Meist lesen die Oberstufenschüler (bis auf die Abikandidaten) die Bemerkungen ja sowieso nicht.
    Vergleiche mal mit anderen Deutsch- und Sprachenkollegen und du wirst eine Menge Tipps zusammenbekommen, wie du Arbeit einsparen kannst, ohne allzu sehr die Qualität deiner Arbeit darunter leiden zu lassen.
    Meine Kollegin, die gerade nach dem Ref angefangen hat, guckt immer, wie ich neben meinen zwei Korrekturfächern noch ein Familienleben haben kann- sie selbst schreibt aber über die Aufsätze immer und überall die Musterlösung- klar, dass sie damit deutlich mehr Zeit verbraucht. Ich markiere am Rand den Fehler und schreibe entweder am Rand oder in der Schlussbemerkung was- nicht beides. Muss es bei euch immer die Schlussbemerkung sein oder kannst du nicht mal Korrekturbögen benutzen?
    Stress mit den Schülern, weil sie denken, Deutschklausuren seien immer subjektiv- ich diskutiere nicht mehr. Am Anfang werden meine Kriterien dargelegt und wer dann immer noch denken will, es sei subjektiv- bitte.
    Ansonsten schließ ich mich meinen Vorrednern an- klar bewegst du nichts, aber wie sinnvoll ist es, dann mit Anfang Fünfzig erst recht nichts mehr hinzubekommen, wenn du total demotiviert bist und am Burnout-Syndrom leidest?
    Liebe Grüße
    Hermine

  • Wirklich guter Beitrag, Nele.


    Wir - die jüngeren - versuchen gerade etwas, diesem Trend entgegenzuwirken, immer und immer mehr aufgebürdet zu bekommen.
    Standardantwort: "Wenn Sie das (und das, und das auch noch) nicht schaffen, dann sind sie wohl nicht belastbar / nicht leistungsfähig / fachlich nicht kompetent...." :explodier:


    Gruß von der Korrekturfront,
    Julie MAngo

  • Zitat

    Original von neleabels


    Übrigens bin ich absolut der Meinung, dass der Idealismus der Kollegen der älteren Generation ursächlich für die jetzige schlechte Situation verantwortlich ist. Wenn der Dienstherr die Belastung erhöht und die Kollegen brav mitspielen, dann hat er doch allen Anlaß die Schultern zu zucken: "Na bitte, geht doch, dann war die Belastung doch gar nicht so hoch."


    Da hast du insofern Recht, als die jetzige ältere Generation diejenige ist, die bereits „im Dienst“ war, als sich die Bedingungen in den Schulen verschlechterten.
    Nur haben sich diese Veränderungen meiner Ansicht nach in so ziemlich allen Berufen vollzogen und nennenswerten Widerstand hat es kaum gegeben.
    Wir haben in Deutschland einen ausgeprägten Untertanengeist und einen infantilen Glauben daran, dass alles irgendwann von ganz allein wieder besser werden wird.


    Nur im Reden und Diskutieren sind wir stark. Wir sagen im kleinen Kreis – und manchmal auch öffentlich – unsere Meinung und fühlen uns dabei ungeheuer mutig. Das war’s dann aber auch schon.


    Bei uns Lehrern ist diese Haltung nur noch ein wenig stärker ausgeprägt als bei den anderen.
    Wir lassen uns immer mehr draufpacken; sind Lehrer, Sekretärin, Hausmeister, Sozialarbeiter, Kassierer und Eventmanager in Personalunion (Blitzableiter hatte ich noch vergessen), korrigieren bis zu 1 000 Stunden im Jahr und trauen uns nicht, einfach mal geschlossen (!) „nein“ zu sagen. Unsere Feigheit verkaufen wir dann als Gewissen.


    Das alles ist altersunabhängig, neleabels!


    (Und Idealisten sind am Anfang wohl alle.)


    Gruß


    Animagus

  • Für mich ist das auch nicht zu verstehen.


    Wenn ich höre, dass sich in manchen neuen Bundesländern ausgebildete Lehrer (Abitur+4 Jahre Studium+Referendariat) mit einer Teilzeit-Angestellten-Stelle abfinden (knapp 1300 euro netto) und keinerlei spürbarer Protest aufkommt, kann mich das nur wundern (ärgern). Man fühlt sich manchmal so alleine ... obwohl überall gemeckert wird, aber keiner geht öffentlich protestieren.


    Bin gespannt, was aus dem Arbeitszimmer wird. Zur Zeit wird ja gern geschimpft, aber jede Wette - am Ende schlucken es dann doch wieder alle.


    @neleabels: Meine Gewerkschaft (die GEW) vertritt neben bildungspolitischen Inhalten natürlich auch spezifische Arbeitnehmerinteressen. Aus meinem Umfeld weiß ich, dass die GEW schon manchem Lehrer bei konkreten Problemen helfen konnte - daneben natürlich noch Tariffragen, Arbeitsrecht, etc.

  • @neleabels

    Zitat

    Was die Verbände angeht - lachhaft. Wir haben keine Arbeitnehmervertretungen. Der Philologenverband tritt für die Interessen der Gymnasialeltern ein, die GEW für irgendwelche nebulösen Bildungsideale. Das ist ungefähr so, als ob Verdi nicht für die Interessen der Angestellten im Einzelhandel sondern für die Interessen der Supermarktkunden einträte - zu Lasten der Belegschaften natürlich.


    So negativ, darf man die Berufsverbände der Lehrer nicht sehen. Auch ich bin in den 25 Jahren meiner Mitgliedschaft vom Philologenverband sehr gut betreut worden, sei es der "Kampf" um meine Verbeamtung, weil ich schon etwas älter war, als ich Lehrerin wurde, sei es eine Rechtsauskunft oder Unterstützung bei einer Beförderung, immer gab es sehr gute Informationen und hervorragende Unterstützung. Auch habe ich den Eindruck gewonnen, wenn Schulleitung weiß, das hinter diesem Lehrer bzw. dieser Lehrerin ein Berufsverband steht, geht man etwas vorsichtiger mit ihm/ihr um. Deshalb gebe ich hier auch @ schlauby Recht, die ebenfalls mit ihrem Verband gute Erfahrungen gemacht hat und deshalb Berufsverbände nicht negativ sieht. Welchen Verband man letztendlich wählt, sollte von der eigenen politischen Einstellung abhängen und man kann sich ja vorher über die Ziele erkundigen und danach entscheiden.


    Liebe Grüße
    Lieselümpchen

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich! (Afrikanisches Sprichwort)
    :)

  • Ich möchte noch einmal zur Ausgangsfrage zurückkommen.
    Es sieht ja so aus, als ob hier einer einzelnen Lehrkfraft übermäßig viel zugemutet wird. Das ist für mich etwas anderes als wenn die - übermäßige - Arbeitsbelastung auf das ganze Kollegium gleichmäßig verteilt wird.
    Und was kann man da noch machen, nachdem der Stundeplan ja schon fertig ausgearbeitet und von oben abgenickt wurde?
    Ich habe den bösen Verdacht, dasss man da auf die Schnelle nichts mehr machen kann. Ich würde im kommenden Schuljahr das Thema jedoch immer wieder mal aufbringen - auf allen Ebenen und bei allen Entscheidungsträgern den eigenen Standpunkt (gleiche Verteilung der Lasten) hörbar machen. Vielleicht kann man zumindestens eine Wiederholung verhindern. Außerdem: alle zusätzliche (auch schöne zusätzliche) Arbeit einstellen, keine Theatergruppe, kein Chor, kein nix.


    Ansonsten finde ich die Argumentation von Nele immer besser.
    - Auf bundeseutscher Ebene kann ich alleine nichts erreichen. Ich kann lediglich meinen Protest artikulieren und die Vernetzung vorantreiben.
    - Auf lokaler Ebene (Bundesland) kann ich alleine nichts erreichen. Ich kann lediglich meinen Protest artikulieren und die Vernetzung vorantreiben.
    - In der Schule sind wir zwar einige und nicht schlecht vernetzt, können aber dennoch nicht viel erreichen, weil dem Direx zwar nicht der Wille wohl aber die Mittel fehlen. Damit läuft es immer auf Mängelverwaltung hinaus.
    Gerechte Lastenverteilung ist auch so ein Thema, denn es tangiert immer auch die hart erkämpfte Privillegien und Roillen der älteren Kollegen. Außerdem wollen wir ja alle eine - bescheidene Karriere - machen, bzw. - in meinem Fall - das z.A. wegbekommen. Und dafür ist es nicht gut, wenn man die Arbeitsbereitschaft reduziert oder gar bestimmte Dinge ablehnt.
    Was bleibt also? Prioriäten setzen - rationalisieren - flüchtiger arbeiten.
    Gute Vorstätze für das nächste Schuljahr!


    Gruß
    Julie

  • Zitat

    Original von Julie_Mango


    Gerechte Lastenverteilung ist auch so ein Thema, denn es tangiert immer auch die hart erkämpfte Privillegien und Roillen der älteren Kollegen. Außerdem wollen wir ja alle eine - bescheidene Karriere - machen, bzw. - in meinem Fall - das z.A. wegbekommen. Und dafür ist es nicht gut, wenn man die Arbeitsbereitschaft reduziert oder gar bestimmte Dinge ablehnt.


    Julie


    Sag’ ich doch:


    Gegen die „Obrigkeit“ kann man nichts machen (könnte die Karriere gefährden).
    Da nimmt man doch lieber die eigenen (älteren) Kollegen und deren vermeintliche Privilegien ins Visier.
    Das ist viel einfacher.


    Animagus

  • Vielen Dank für die vielen Beiträge, sie haben mir sehr geholfen, meinen eigenen Standpunkt einzuschätzen!
    c. p. moritz

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