Was würdet ihr mir raten?

  • Hallo zusammen!


    Ich brauche mal Euren Rat!


    Ich bin Klassenlehrer einer 8. Klasse. An unserer Schule haben wir die Regelung, dass die Schüler bis einschließlich 8. Schuljahr während der Unterrichtszeit das Schulgelände nicht verlassen dürfen.
    Neulich kommt ein Schüler meiner Klasse auf mich zu und beichtet mir, dass er und zwei Mädchen meiner Klasse in der Pause vom Schulhof gegangen sind und einen "Häuserblock" weiter das Wochenende eingeläutet haben. Dabei wurden sie gesehen. Er wollte es mir - so sagte er - beichten, bevor es mir jemand anders erzählt. Ich muss jetzt dazu sagen, dass ich ihn etwa 3 Wochen vorher schon einmal erwischt hatte, dass er das Schulgelände verließ und hatte das erst einmal ohne Konsequenzen gelassen und ihm das Versprechen abgenommen, das nicht wieder zu machen. Okay, jetzt stellte sich also heraus, er hatte es wieder getan.
    4 Tage später wird mir erzählt, dass dieser Schüler mit den beiden Mädchen an eben dem letzten Schultag außerhalb des Schulhofes gesehen worden ist, und mir wurde außerdem mitgeteilt, dass die drei jetzt von eben diesem Informanden schon zum DRITTEN Mal außerhalb der Schule zur Unterrichtszeit gesehen worden sind.


    Ich möchte diesen Vorfall nicht ohne Konsequenzen lassen, zumal sich ja nun auch herausgestellt hat, dass er mir bei seiner "Beichte" nicht die ganze Wahrheit erzählt hat - was würdet ihr mir raten?

  • nun,
    das hängt doch davon ab, welche Konferenzbeschlüsse es für bestimmte Verstöße gibt, ob eine Maßnahmenpyramide existiert, etc. ...


    Was ich machen würde, ist eventuell nicht der Weisheit letzter Schluss, aber ich würde in Rücksprache mit Stufen- oder Schulleitung die Schüler darauf hinweisen, dass es sich um einen ernsthaften Verstoß gegen die Schulordnung handelt, die im Fall eines Unfalls zum Verlust der Versicherungsleistung führt, verbunden mit dem Hinweis, dass im Wiederholungsfall die Schulordnung abgeschrieben wird/eine zusätzliche Arbeitsstunde fällig ist o.Ä.
    Ungefähr dasselbe würde ich den Eltern schriftlich mitteilen mit der Bitte um Unterschrift und das ganze dann ab in die Schülerakte ...


    mfg
    der unbekannte Lehrer

    "Get thee back into the tempest and the Night´s Plutonian shore!...
    Take thy beak from out my heart, and take thy form from off my door!"
    Quoth the raven: "Nevermore." (E.A.Poe,The Raven)

  • Das mit dem "etwas Raten" ist so eine Sache.
    Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die Hausordnung abschreiben nicht wirklich abschreckt! Allerdings finde ich auch, dass so ein Vorfall nicht ohne Folgen bleiben sollte. Eine Info an die Eltern ist sicherlich fällig.
    Aber viel wichtiger finde ich, dass dem entsprechenden Schüler die Tragweite seines Verhaltens bewußt wird (keine Versicherung und vorallem VERTRAUENSVERLUST!!!). Mir ist besonders wichtig, dass ich mit meinen Schülern und sie mit mir ehrlich umgehen.
    In so einem Fall würde ich mit der Klasse über das Problem reden (ohne Namen zu nennen) und sie fragen, was sie als Strafe bei einem Regelverstoß für angebracht halten. Ich finde, dass die betreffenden Schüler eine Aufgabe für die Klasse oder für die Schule übernehmen sollte.


    Viele Grüße
    Fleufler

  • Hallo Pflaumi,


    es ist aus der Entfernung schwer, einen treffsicheren Rat zu geben.


    Gleichwohl kann ich Ihnen sagen, wie ich handeln würde. Vielleicht finden Sie einige für Sie nützliche Hinweise.


    Die Grundlage meines Erziehungshandelns sind die 3 K-Dimensionen: Konsistenz,
    Konstanz, Kontinuität. Erziehungshandeln ist nur wirksam, wenn es „verläßlich“ ist in Bezug auf Zeit, Person und auslösendes Verhalten. ********WERBUNG GELÖSCHT*******.


    Analyse des Verhaltens:
    Ich halte die Beichte für „gespielt“ mit dem Ziel eines Sanktionsrabattes. Zudem waren die Aussagen offensichtlich nicht korrekt. Es stellt sich die Frage der „Lüge“. Ferner handelt es sich um ein wiederholtes Fehlverhalten.


    Protokoll anfertigen mit Tathergang, Befragung der Übeltäter, Zeugenaussagen.


    Wertung:
    Klarer Verstoß gegen die Schulordnung, Wiederholungstatbestand, Beichte kein Milderungsgrund, Sanktion ist notwendig für alle Beteiligten (ggf. abgestuft je nach Wiederholungsfrequenz), Aufklärung der gesamten Klasse über die Folgen ist notwendig (Fürsorgepflicht gegenüber den Schülern).

    Sanktion: In Abstimmung mit dem Schulleiter - Einberufung d. Klassenkonferenz, Vorschlag für Sanktion: schriftlicher Verweis aber mindestens schriftliche Missbilligung mit Androhung der nächsten Sanktion gemäß Schulgesetz, Information an die Eltern.


    Überdenken Sie die Richtigkeit Ihrer Entscheidung, das erste Fehlverhalten sanktionsfrei zu lassen. Erziehung sollte Grenzen setzen. Hier wurde sogar eine reale Grenze überschritten.


    Gruß, Helen

  • Normalerweise sollte es, wenn man solche Regeln aufstellt, mitbeschlossen werden, wie man Verstöße sanktioniert.


    Mich interessiert etwas anderes. Hast du die anderen, die daran beteiligt waren und sich nicht gemeldet haben auch "am Kanthaken"? Und wer ist dieser Informant? Ist der überhaupt zuverlässig? Und was bezweckt er mit diesem Verhalten?


    Ich finde das ganz schön zweischneidig. Da steht doch irgendwie Aussage gegen Aussage. Bzw. derjenige, der sich immerhin gemeldet hat, hat sich damit ausschließlich Nachteile eingehandelt. Zu erwarten, dass Schüler immer, umfassend und zuverlässig die Untaten, die sie begangen haben, beichten, finde ich ziemlich unrealistisch.


    Grüße Enja

  • Zitat

    Fleufler schrieb am 16.04.2006 14:00:...Aber viel wichtiger finde ich, dass dem entsprechenden Schüler die Tragweite seines Verhaltens bewußt wird (keine Versicherung und vorallem VERTRAUENSVERLUST!!!). Mir ist besonders wichtig, dass ich mit meinen Schülern und sie mit mir ehrlich umgehen.
    In so einem Fall würde ich mit der Klasse über das Problem reden (ohne Namen zu nennen) und sie fragen, was sie als Strafe bei einem Regelverstoß für angebracht halten. Ich finde, dass die betreffenden Schüler eine Aufgabe für die Klasse oder für die Schule übernehmen sollte...


    Ja, so denke ich auch. Wenn die Klasse die "Strafe" festlegt, beugt das auch viel besser weiteren Regelverstößen vor und wenn man die Sache (noch) nicht an die "große Glocke" hängt, festigt das einerseits das Vertrauensverhältnis und lässt andererseits noch weitere Verschärfungsmöglichkeiten für Wiederholungsfälle zu.


    Wenn immer man immer gleich mit schweren Geschützen auffährt, entstehen schnell Ungerechtigkeiten in Bezug zu solchen Fällen, die schwerere Strafen erfordern.

  • Hallo!


    @ Enja:
    Ja, der Informant ist absolut zuverlässig und vertrauenswürdig, gehört nicht zur Schülerschaft und hat es gut mit mir gemeint, indem er mir das meldete.
    Ja, die beiden Mädchen sind mir namentlich bekannt - und auch bei den beiden ist es nicht das erste Mal, dass sie sich vom Schulhof entfernt haben.

  • Hallo,


    auch an unserer Schule bestehen diese Regeln, zumal es in RLP auch eine VV über die Aufsicht in Schulen gibt und hier klar geregelt ist, wer überhaupt während der Unterrichtszeit das Gelände verlassen darf.


    Meines Wissens hat zumindest unsere Schule für solche Verstöße klare Konsequenzen, da aber meine Tochter sich an diese Regel hält, weiß ich nicht, was einem blüht, wenn dagegen verstoßen wird.


    Aber es wird wohl ein schriftlicher Tadel sein in Verbindung mit Nachsitzen bzw. einer Strafarbeit.


    Obwohl ich Schüler verstehen kann, die sich gerade im Winter verkrümeln.


    Wenn eine Gruppe, weil Freistunde, unbeaufsichtigt und ohne Klassensaal in der bahnhofsähnlichen Pausenhalle aufhalten muss, die im Winter saukalt ist, suchen sich die Kids natürlich Ausweichmöglichkeiten. Dazu pilgern dann ein paar Kids (Klasse 7) in einen der nahen Supermärkte. Dort ist es wenigstens geheizt.


    Aber hier ist die Problematik eine andere als im o.g. Fall.


    Als Nichtlehrer würde ich aus dem Bauch heraus zunächst einmal die Eltern informieren, vor allem mit rechtlichen Hinweisen. Dabei muss allerdings sichergestellt sein, dass die Schule genügend kontrolliert hat. Ansonsten würden diese im Falle eines Unfalles der Schule vorwerfen, dass man nicht genügend kontrolliert hat.


    Dem Schüler würde ich zusätzlich einen schriftlichen Tadel erteilen und auch wegen des Vertrauensbruches einen Aufsatz zum Thema :"Einhaltung der Regeln - wieso und welche Folgen sich aus deren Missachtung ergeben"


    Solche Vorfälle wären aber vermeidbar, wären Schulen besser gesichtert.


    An meiner kath. Mädchenschule gab es ein Tor, eine Pforte und da saß eine Aufsicht. Die kannte jedes Kind, pflückte Fremde raus und verhinderte, dass die Jüngeren die Schule vor Schulschluss verließen.


    Es war und ist keine kleine Schule, dort besuchen fast 1400 Mädchen die Schule.


    Am hießigen Schulzentrum, das unsere Tochter besucht, sind es ähnlich viele Schüler, es gibt zwei Zugänge, keiner passt auf, wer auf das Gelände kommt oder geht. Hier wäre es auch möglich, dass völlig Fremde sich z.B. auf die Toiletten verstecken.



    Es ist also sehr schwer, bei solchen gravierenden Verstößen, die richtige Art der Ahndung zu finden.


    Meine Tochter ist erbost, dass andere sich nicht an die Regeln halten und einfach gehen. Aber Melden, davon habe ich ihr abgeraten, denn die Vorschrift kennt jeder und es steht jedem frei, diese einzuhalten.


    Doris

  • @ Doris: Ab einem gewissen Alter sollte man den Schülern vertrauen können. Da es sich um eine achte Klasse handelt, sollten die Schüler von ihrer Entwicklung soweit sein, dass sie Regeln und ihre Gründe verstehen können. Ich finde deshalb, dass man die Schüler nicht einsperren muss! Du hast recht, dass wir Lehrer das Verhalten unserer Schüler gelegendlich überprüfen sollten. Aber permantete Kontrolle halte ich für contraproduktiv bei der Erziehung zum selbständigen Menschen!

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