Kollegin schlägt angeblich Schüler - Mobbing, oder ist doch was dran?

  • Hallo, alle zusammen!


    ich bin auch im neuen Schuljahr Klassenlehrerin einer 8. Klasse, die ich letztes Jahr schon als 7. hatte.
    Die Klasse ist groß (32 Sch.) mit vielen, teils nervigen Jungs, und die meisten Mädchen fahren momentan das Programm Zickenkrieg. Mit der Disziplin ist es also nicht ganz einfach. Ich komme einigermaßen klar - zugegeben, mal mehr, mal weniger, na ja, es geht so.
    Jetzt haben sich die Schüler bei mir als Klassenlehrerin über eine ältere Kollegin beschwert, weil sie sie angeblich schlage. Genaueres Nachfragen, wie das denn konkret aussähe, ergab natürlich die reinsten Horrorstories, von wegen Klassenbuch auf den Kopf hauen, usw. - klang irgendwie maßlos übertrieben.
    Ich kann mir das bei der Kollegin, die ich persönlich sehr schätze und für kompetent halte, beim besten Willlen nicht vorstellen. Natürlich muß ich sie darauf ansprechen. Aber wie mache ich das, da braucht es doch Fingerspitzengefühl, das ich, fürchte ich, nicht so habe. Es soll ja einerseits nicht so wirken, als würde ich sie anklagen und auf der Seite der Klasse stehen, andererseits muß ich auch unparteiisch sein und sollte nicht durchblicken lassen, was ich wirklich glaube: Dass ihr die Schüler am Zeug flicken wollen, weil sie recht streng ist und etwas verlangt.
    Es gab im letzten Jahr schon eine ähnliche, absolut fiese Intrige, die allerdings gegen einen Schüler der Klasse gerichtet war.
    In so einer vertrackten, unangenehmen Situation war ich noch nie. Ich hoffe, bekomme von Euch ein paar Tipps.


    Liebe Grüße
    Lisbeth

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Lisbeth,
    eine blöde Situation, in der du dich da befindest.
    Ich würde die Kollegin einfach mal ganz neutral fragen, wie sie so mit der Klasse klarkommt und dann anfügen, dass du von Schwierigkeiten gehört hättest. So kannst du "über Umwege" über die Anschuldigungen deiner Schüler reden.
    Und dann würde ich die beiden Parteien so schnell als möglich zusammen bringen um zu reden. Wenn dein Verdacht richtig ist, werden die Schüler es mögichst vermeiden wollen, direkt mit deiner Kollegin im Beisein Dritter konfrontiert zu werden und ihre Anschuldigung eventuell zurücknehmen.
    Liebe Grüße
    Hermine

  • Hallo Lisbeth,


    ich habe eine ähnliche Situation im Referendariat erlebt, aber es war weitaus weniger dramatisch als bei dir und die Klasse war sehr viel kleiner als deine. Ich schäme mich zu schreiben, dass ich nicht mehr weiß, worum es ging, aber nach einem Vorfall mit unklarem Hergang wurde jedenfalls jeder einzelne Schüler vor der Tür von einer Kollegin befragt, während ich Unterricht hielt. Die Gefahr bei dieser Methode ist allerdings, dass es dadurch zu Zwistigkeiten in der Klasse kommen kann. Wäre ein Elternabend auch eine Möglichkeit, die Sache zu klären? In einem andere Fall habe ich mit der Klasse selbst eine Diskussion geführt und jeden einzelnen Schüler nach seiner Meinung gefragt. Aber auch dieses Vorgehen kann u.U. problematisch sein, wenn in der Klasse Schüler sind, die andere mobben oder terrorisieren.


    Sagt denn die ganze Klasse geschlossen, dass die Kollegin schlägt, oder sind es einzelne, bestimmte Schüler? Vielleicht wird die Situation aufgebauscht, z.B. ein kleiner, vielleicht scherzhafter Klaps mit dem Heft auf dem Kopf (was ich NICHT in Ordnung finde!)?

  • Hi,


    ich weiß nicht, aber vielleicht gibt es ja kompetente Leute bei Euch (Beratungslehrer?), die vielleicht eine Idee haben, wie man in solch pikanten Fällen vorgeht?


    WENN ich die Kollegin ansprechen würde, würde ich mir schon überlegen, ob ich es nicht möglichst direkt mache. Sich freundschaftlich heranzuschleichen a la "wie läufts denn so?" finde ich eher unseriös - und falls sie dann mitkriegt, worum es wirklich geht, dürfte sie ziemlich sauer sein.


    Und auf dem Elternabend? Ich habe ja keine Erfahrung, aber wenn ich mir vorstelle, 30 Eltern auf einem Haufen diskutieren das Thema: "Unsere Kinder werden in der Schule geschlagen" - dann wird mir eher schlecht ;). Wenn die Vorfälle übrigens wirklich vorfallen und gravierend sind, wundert es mich, dass noch kein Elternteil sich gemeldet hat.


    Das hier


    Zitat

    Ich schäme mich zu schreiben, dass ich nicht mehr weiß, worum es ging, aber nach einem Vorfall mit unklarem Hergang wurde jedenfalls jeder einzelne Schüler vor der Tür von einer Kollegin befragt, während ich Unterricht hielt.


    wäre vielleicht die beste Methode? Jede(r) soll einfach mal aufschreiben, was er/sie faktisch gesehen hat (gesehen zu haben meint). Natürlich einzeln und unangekündigt.


    Nette Grüße
    Unter uns

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,
    an die Kollegin "anschleichen", wollte ich auch nicht empfehlen. Eher ein "Als Klassenleiterin wollte ich mich erkundigen, ob es bei dir Probleme mit meiner Klasse gibt- die sind ja schon ziemlich pubertär" ."
    Das frage ich meine Kollegen, die in meiner Klasse unterrichten, in regelmäßigen Abständen - dabei denkt sich keiner was und ich kann einschreiten, bevor was beginnt zu kochen.
    Elternabend: Auf gar keinen Fall, bevor nicht klar ist, was wirklich passiert ist!
    Ich würde mir die "Hauptankläger" der Schüler rauspicken und einzeln mit ihnen reden- und sie dann wirklich noch einmal mit der Kollegin und einem externen Moderator (das musst auch nicht du sein, Verbindungslehrer, Vertrauenslehrer oder Streitschlichter eignen sich da sehr) zusammenbringen, damit jeder die Version des anderen kennt und sich die Wahrheit herauskristallisiert.
    Übrigens: Meiner Meinung nach m u s s deine Kollegin in irgendeiner Weise Probleme mit der Klasse haben, denn einfach mal so zum Spaß liefern Schüler keinen Lehrer "ans Messer" und in der 8. Klasse ist man, denke ich, durchaus soweit, dass einem bewußt ist, welche Konsequenzen diese Anschuldigungen für die Lehrerin haben können.
    Nach der Aufklärung sollte man deshalb den Fall noch einmal in der ganzen Klasse thematisieren, noch dazu, wenn es schon einmal so einen ähnlichen Vorfall gab.
    Liebe Grüße
    Hermine

    • Offizieller Beitrag

    Ich würde mit der Kollegin erstmal auf neutraler Basis (heißt ohne Vorverurteilung), aber sehr offen sprechen: "Es gibt da in der Klasse folgende Behauptungen... ". Je nach Reaktion würde ich dann den Verbindungslehrer (im Falle es scheint was dran zu sein) oder jemandem vom Personalrat (im Falle, dass sie gemobbt wird) hinzuziehen und versuchen, zwischen ihr und der Klasse zu vermitteln. Ich würde auch vorher nochmal mit der Klasse sprechen und den Schülern klar machen, wie ernst solche Vorwürfe sind und dass es ganz wichtig ist, nur das zu nennen, was wirklich vorgefallen ist, ohne Dramatisierungen - und dass Falschaussagen in solch einem Falle ganz üble Konsequenzen haben.
    Sollte wirklich was dran sein, geht das natürlich gar nicht und es muss auch die Schulleitung hinzugezogen und bei der Kollegin eine sofortige Verhaltensänderung durchgesetzt werden. Sollte es eine konzertierte Aktion der Schüler zwecks loswerden einer unliebsamen Kollegin sein, muss es ebenfalls deutliche Konsequenzen geben.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Wichtig finde ich, solche Vorwürfe zunächst ernst zu nehmen.
    Klar ist , dass Schüler gerne Situationen aufblähen und Dinge dazuerfinden. Vieles wird aber auch ganz anders von ihnen wahrgenommen. Und machen wir uns nichts vor, Lehrer benehmen sich auch nicht immer so vorbildlich, wie wir uns das wünschen.


    Je länger ein solcher "Vorfall" zurückliegt, desto schwieriger wird es aber zwischen Legendenbildung und Fakten zu unterscheiden.
    Aus diesem Grund müssen die Vorwürfe möglichst schnell und ohne falsche Zurückhaltung auf den Tisch.


    Wenn die Schüler die Vorfälle erfunden haben sollten - wird ihnen damit gezeigt, dass solche Behauptungen zwar ernst genommen werden, aber eben auch schnell geklärt werden können. Hier müssten für die "Redelsführer" Konsequenzen erfolgen.


    Wenn etwas an den Geschichten etwas drann sein sollte, fühlen sich die Schüler ernst genommen und die Kollegin muss ihr Verhalten erklären / ändern. Je nach Schwere der tatsächlichen Vorfälle, müssen dann zusätzliche Schritte eingeleitet werden.

  • Hallo,


    herzlichen Dank für Eure vielseitigen und gut durchdachten Tipps.
    Morgen bin ich auf einer ganztägigen Fortbildung ( ;), vgl. anderer Thread), da kann ich noch mal zwei Nächte darüber schlafen und überlegen, was ich von euren Ideen umsetze und wie - jetzt, mit Eurer Unterstützung, ist mir schon wesentlich wohler.
    Ich halte Euch auf dem Laufenden, wie es weiter geht.


    Liebe Grüße


    Lisbeth

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