Wenn keine Übernahme ins Lehramt: Fehlen die Alternativen?

  • Guten Tag


    Ich studiere zur Zeit Englisch und Erdkunde (ziemlich bescheidene Fächerkombi) auf Lehramt an Gymnasien und bin grad ein wenig am Verzweifeln, wenn ich die vielen Horrormeldungen über arbeitslose Lehrer lese.
    Wenn ich mit der Kombi keine Stelle an einer öff. Schule bekomme, werde ich mit dem Studium überhaupt groß Aussichten auf einen geregelten Job, außerhalb der öffentlichen Schulwelt, (d.h. nicht die nächsten 4-5 Jahre befristete Verträge) haben? Mir kommt dabei der Gedanke, dass ich ja die beiden Fachgebiete nicht so umfangreich studiert haben werde, wie die, die sie auf Bachelor studieren und deswegen im Konkurrenzkampf hier das Nachsehen haben könnte.
    (z.B. wird im Lehramtsstudium Geographie der Bereich "wissenschaftliche Methodik" oder "Geoinformations-Systeme" völlig ausgeklammert")


    In meinem Jahrgang an der Uni Marburg studieren alleine 8-10 Leute exakt meine Kombination. Die Möglichkeit ein weiteres Fach auf Nebenfachbedingungen zu studieren gibt es in Marburg nicht mehr oder man muss noch ein drittes Studienfach komplett studieren (und das im modularisierten System...)


    Oder gilt etwa der Satz: "Warte nach dem Referendariat ein zwei Jahre auf der Warteliste - egal mit welcher Kombi - und du wirst schon eine unbefristete Stelle an einer öff. Schule bekommen?"


    Ich stehe vor der Entscheidung: Studienwechsel oder einfach in's Ungewisse hineinstudieren.


    Wie seht ihr das?

    • Offizieller Beitrag

    Ich würde nach dem jetzigen Stand der Dinge davon ausgehen, dass du - wenn du nicht noch 10 Jahre studierst - mit Englisch ziemlich sicher eine Stelle bekommen wirst, notfalls in einem anderen Bundesland oder in der SekI.
    Momentan ist die Situation so, dass Englisch händeringend gesucht wird: In der Sek I sind in NRW momentan keine (!) Englischlehrer mehr auf dem Markt und viele Schulen suchen ganz dringend Englisch und auch am Gymnasium in NRW ist Englisch ein gesuchtes Fach und die Einstellungschancen sind momentan sehr gut.
    Auch von Rheinland-Pfalz weiß ich, dass Englischlehrer - zumindest an Realschulen - momentan gesucht werden.

  • Keine Panik. Die Pensionierungswelle rollt an.
    Zwischen 1965 und 1975 wurde das Bildungswesen in der BRD massiv ausgebaut. Wie lang ist das jetzt her? Wie viele Jahre verbringt ein Lehrer im aktiven Schuldienst? Siehste.....


    Panik macht sich eher in den Kultusministerien breit, weil die dort nicht wissen, wie sie den Spagat zwischen Neueinstellungsbedarf, Elternerwartungen, Versorgungsbedarf der Pensionäre und Vorgaben der Finanzministerien hinbekommen sollen.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von haraldi
    Guten Tag


    Ich studiere zur Zeit Englisch und Erdkunde (ziemlich bescheidene Fächerkombi) auf Lehramt an Gymnasien und bin grad ein wenig am Verzweifeln, wenn ich die vielen Horrormeldungen über arbeitslose Lehrer lese.


    Hab's grade noch mal gelesen und wundere mich total. Horrormeldungen über arbeitslose Lehrer habe ich schon lange nicht mehr gehört. In den 80er Jahren war das wohl so, aber in letzter Zeit höre ich überall nur noch vom Lehrermangel.
    In welchem Bundesland bist du denn?

  • Na dann nichts wie ab nach Baden-Württemberg. Wenn ich den Aussagen der hiesigen Kollegen und Schulleiter aus dem Gym.-Bereich Glauben schenken darf, werden zur Zeit den Referendaren bereits vor Beendigung des zweiten Staatsexamens die Verträge unter die Nase gehalten. Hier herrscht wohl Notstand!
    Vor vier/sechs Jahren gab es den Notstand bei uns im Grundschulbereich.... Politiker können wohl nicht rechnen und haben unter anderem keine Ahnung von Geburtenstatistiken oder Überblick über bevorstehende Pensionierungen.......

    Mit Englisch dürfte es außerdem weniger Probleme geben, oder???



    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Aber wie sieht das mit Erdkunde aus? Hab gehört, dass dieses Fach in manchen Bundesländern abgeschafft werden soll?


    Ich überlege auch Wirtschaft auf Lehramt zu studieren, nur an der Uni Marburg geht das nicht, wisst ihr wo das geht?

  • Und außerdem hab ich gehört, dass aufgrund der Pensionierungswelle zwar Lehrer aussteigen, aber die Länder versuchen, die freiwerdenden Stellen nicht mehr zu besetzen und den demographischen Wandel (weniger Schüler) als Argument anzugeben...

  • Ich würde die zukünftige Lage nicht so positiv einschätzen, wobei sich mein Infos schwerpunktmäßig auf BW und die Gymnasien beziehen.


    Zunächst mal: Wenn ich mir so die mir besser bekannten Kollegien anschaue, haben die sich in den vergangenen Jahren bereits dramatisch verjüngt. Aus meiner Sicht ist ein großer Teil der Pensionierungswelle also schon rum.


    Bis zu den G8/G9-Doppelabijahrgang bleibt der Bedarf wohl noch recht hoch. Danach fällt aber ein kompletter Jahrgang an Schülern weg. Gleichzeitig sinken demographisch bedingt die Schülerzahlen in den meisten Regionen weiter ab.


    Auch das Regierungspräsidium hier vor Ort gibt offiziell entsprechend düstere Progrosen für die Einstellungsrate in der nicht mehr fernen Zukunft ab. Mit der aktuellen Mangelsituation hat das nichts zu tun.

  • Kommt man auf eine Warteliste, wenn man nicht sofort übernommen wird? Und wird man später bevorzugt genommen, vor den Neubewerbern?


    Ich meine 1-2 Jahre kann man sich ja schon mit Aushilfe-Jobs über Wasser halten, aber danach möchte man ja schon einer geregelten Arbeit nachgehen.

  • Du musst bedenken, dass hier überwiegend Lehrer schreiben. Erfahrungen aus der Wirtschaft bringt da kaum einer mit, noch dazu, wenn es um ganz spezielle Fächerkombinationen wie in deinem Fall geht.


    Als Geograph der immer mit dem Ziel Lehramt studiert hat, ist mir aber aufgefallen, dass die erfolgreichen Diplom-Kommilitonen ihr Studium anders organisieren: frühzeitig Auslandsaufenthalte durchführen, sich an Forschungsprojekten aktiv beteiligen, sich in den Lehrbetrieb der Uni als Hiwi einbringen...
    Abgesehen von den Erfahrungen die man dabei sammelt, geht es hier wohl insbesondere um das Öffnen und Offenhalten von "Türen".


    Die Chancen in der freien Wirtschaft oder dem Uni-Betrieb schaffst du dir also zu einem erheblichen Teil selber. Du solltest halt im Laufe deines Studiums möglichst Schlüsselqualifikationen und Alleinstellungsmerkmale erwerben, die dich und keinen anderen für einen potentiellen Job geeignet erscheinen lassen.


    Mehr als diese allgemeinen Aussagen kann ich zu diesem Thema nicht beitragen.

  • Zitat

    Original von haraldi
    Wie sieht es denn aus, mit der Kombination Englisch / Erdkunde in die freie Wirtschaft zu gehen?


    Liegt wahrscheinlich auch daran:


    Was ist denn "die" Wirtschaft?
    Das kann natürlich keiner einschätzen.


    Natürlich gibt es Leute, die in der Wirtschaft unterkommen, ABER das geht natürlich nur durch Connections, bereits früher bestehende Geschäftskontakte o.ä. Es werden sicherlich keine Lehramtsabsolventen als Stellengesuch für "die Wirtschaft" gesucht. Dazu sitzen ja zu viele "echte" Wirtschaftler auf der Straße und finden selber nichts.


    Da ist also Eigeninitiative das A und O.


    Ich weiß, dass dir meine Antwort jetzt nicht sehr weiterhilft, aber ich wollte nur mal meine Gedanken zu den Begründungen nennen, warum dir keiner antwortet.


    Bei der momentanen wirtschaftlichen Lage ist es natürlich sowieso nochmal ne Nummer härter.

    • Offizieller Beitrag

    Ich glaube ja immer noch, dass du mit diesen Fächern super gute Chancen hast, ins Lehramt zu kommen, wenn du bereit bist, notfalls auch in ein anderes Bundesland zu gehen und notfalls auch in der SekI zu unterrichten. Es gibt doch für NRW irgendwo im Netz (gibt es wahrscheinlich auch für andere Bundesländer) eine Übersicht, in der der langfristige Bedarf an Lehrern für die jeweiligen Fächer und Schulformen aufgelistet wird. Mit Englisch sieht es dort ziemlich gut, für manche Schulformen sogar hervorragend, aus. Nun weiß ich natürlich auch, dass die Situation in mehreren Jahren möglicherweise anders aussehen kann, als das momentan prognostiziert wird, aber das Gleiche gilt auch für andere Bereiche.


    Wie es mit Erdkunde in der freien Wirtschaft aussieht, kann ich dir nicht sagen. Aber die Leute, die mit mir in der Uni waren und Geisteswissenschaften auf Magister studiert haben, hatten in der Regel größere Schwierigkeiten, eine Stelle zu finden.

  • Also ich habe von 1992 - Ende 2002 in der Industrie gearbeitet, davon 7 Jahre als Schulungsingenieur in der technischen Kundenschulung. In unserem Schulungszentrum waren damals einige Lehrer fachfremd angestellt. Einer war Religionslehrer. Insofern wurde wohl nach pädagogischen Kenntnissen gesucht. Das Fachliche mußte man sich sowieso dort aneignen, da es stark firmenspezifisch ist.
    Also als Perspektive kommt zum einen die gesamte Weiterbildungs-"industrie" in Betracht, als auch die Schulungszentren der Wirtschaft.


    Grüße
    Steffen

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • neben allen angesprochenem Für und Wider .. hin und her. Irgendwie sollte man bei der Berufswahl auch nicht außer Acht lassen, was man gerne macht. Man kann nicht heute absichern, was in vier, fünf .. Jahren sein wird und auf einen Job hinstudieren, den man dann auch vielleicht nicht bekommt, weil die Prognosen falsch waren. Dann steht man doppelt dumm da, was vielleicht nicht so interessantes studiert und auch keinen Job.
    Das sollte man auch noch bedenken. Manchmal ist es auch einfach gut seinen Interessen und Zielen zu folgen und sich von dem ganzen Gerede um Prognosen nicht so verrückt machen lassen. Die Progrnosen gabs schon immer und bei uns hieß es schon, es gäbe keine Jobs und in meinem Jahrgang haben sie eingestellt wie blöd und schreien nach Lehrermangel. Hätte ich damals drauf gehört, wäre ich heute vielleicht weniger glücklich was anderes?....


    Und mit Englisch .. da kann man doch eh so viel machen..

    Wenn ich so bin,
    wie ich bin,
    bin ich
    ich !

    Einmal editiert, zuletzt von Josephine ()

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