Medikamente an Schüler ausgeben?

  • Zitat

    Original von Elysium


    So, das ist die rechtliche Seite. Da gibt es auch keine Diskussion. Die gibt es aber, wie gesagt, natürlich in der Praxis. Wer will das so handhaben...?


    Keine Diskussion? Na da wäre ich mir nicht so sicher. Wenn ich einem anderen Menschen (ganz egal ob Kind oder Unbekannter) ein offensichtlich notwendiges Notfallmedikament braucht, derjenige dieses mit Anleitung bei sich trägt, dann kann das schon als unterlassene Hilfeleistung ausgelegt werden (z.B. du bist Klassenlehrerin, bist über eine lebensbedrohliche Allergie informiert, weißt, dass eine Notfallspritze im Schulranzen/in der Schule deponiert ist und du tust im Falle eines Notfalls außer dem Absetzen des Notrufes nichts).
    Ganz eindeutig ist die Rechtslage in diesem Bereich nämlich nicht - und das ist nicht Schulrecht, sonder Zivil- und Strafrecht.


    Zur Praxis: Auf Klassenfahrten ist es mir lieber, dass ich die Medikamente verwahre, da weiß ich, dass damit kein Unfug geschieht.

  • Doch, da bin ich mir sehr sicher, auch als Ehemaliger der anderen Seite, selbst in dem von Dir konstruierten Fall. Denn: Du weißt zwar, dass da ein möglicherweise lebensrettendes Medikament existiert, aber nicht, wie es zu handhaben ist (gut, da kannst Du etwas Schriftliches haben) und vor allem kannst Du nicht die Wechselwirkungen einschätzen. Nur als Beispiel: Es reagiert mit Milch, auf nüchternen Magen etc.pp. Das einzuschätzen vermag nur der Spezialist - und der kommt über die 112. Unterlassene Hilfeleistung ist, nichts zu tun. Indem Du anrufst, hast Du etwas getan. Das lernt man auch in jedem Erste Hilfe-Kurs... und mit Recht.


    Im Übrigen möchte ich ja auch nicht, dass ein Busfahrer meinen Unterricht macht - obwohl der das eventuell hinbekäme und ich umgekehrt vielleicht auch einen Bus fahren könnte. Das Gleiche hier: Für so etwas gibt es Ärzte. Und die sind in spätestens 12 Minuten überall in Deutschland.

  • Zitat

    Original von Elysium
    nachzulesen in jedem Betäubungsmittelgesetz. Und das gilt für Asthmaspray, Antibiotikum bis zu Nasentropfen ohne Ausnahme.


    Jetzt regelt das Betäubungsmittelgesetz aber nur den Umgang mit Betäubungsmitteln. Und das sind Nasentropfen nun nicht gerade. Du mienst vielleicht eher das Arzneimittelgesetz. Aber das regelt eher, was ein Arzneimittel ist, wer es herstellen darf und wer Arzneimittel verkaufen darf.

  • Ich bin schon bei meinen eigenen Kindern und auch mir überfordert, wenn ein Medikament öfter als zweimal am Tag gegeben werden muss. morgens und abends... das bekomme ich gerade noch hin.
    Aber dreimal am Tag... das vergesse ich!
    Und das sage ich auch den Ärzten so und bitte sie, Medikamente zu verschreiben, die höchstens zweimal am Tag eingenommen werden müssen.
    Und da ich bin, wie ich bin, weiß ich, dass ich das auch bei Schülern auf Klassenfahrten vergessen würde. Ich verweigere deshalb die Übernahme der Verantwortung in dem Bereich.


    Als Kinderkrankenschwester habe ich durchaus Medikamente verteilt... aber da war genau das mein Job! Ich war von Ärzten beauftragt die Medikamente zu verabreichen und trotzdem hatte ich da auch eine eigene Verantwortung: kein Medikament vertauschen, die genaue Dosis verabreichen... usw.
    Ich weiß, wie schnell man sich da vertun kann... und das ist mir damals auch mal passiert... was aber glücklicherweise keine Folgen hatte... aber das wäre mein Verschulden gewesen und ich wäre haftbar gewesen.
    Also... auch wenn ich das theoretisch sogar kann... Spritzen geben, Medikamente verabreichen... auch wenn ich sogar eine fundierte Ausbildung habe... und eigentlich genau weil ich die habe... und weiß, was alles schiefgehen kann... lehne ich die Verantwortung dafür ab.


    Was sagt eigentlich die Berufshaftpflichtversicherung dazu, wenn wir solche jobfremden Dinge tun... und womöglich dadurch einem Kind Schaden zufügen?
    Zahlen die dann den Schaden?
    Oder sagen sie... Moooooment mal... das hatte nichts mit Ihrem Beruf zu tun... also sind wir nicht verpflichtet, den Schaden zu übernehmen.

    Das Leben ist unberechenbar. Iss das Dessert zuerst!

  • caliope: Genau das meinte ich. Es gibt sogar entsprechende (und traurige!) Beispiele. Ich habe es z.B. wirklich einmal erlebt, dass Eltern (allerdings in einem Kindergarten) unterschrieben hatten, dass in bestimmten Fällen bestimmte Medikamente gegeben werden. Das Kind bekam Fieber, es bekam von der Erzieherin ein Medikament, es bekam einen allergischen Schock - und die Eltern verklagten den Kindergarten. Sie bekamen, trotz der vorher geleisteten Unterschrift, Recht - einfach, weil NIEMAND Medikamente geben darf, außer nach ärztlicher Anweisung. Die Erzieherin war ihren Job los. Und das ist nicht ausgedacht.


    Und ja, ich weiß, wie lange 12 Minuten sein können. Aber ich weiß auch, dass ich die Wirkungen und Wechselwirkungen von Medikamenten nicht einschätzen kann. Ärzte studieren nicht ohne Grund so lange.

  • Zitat

    Original von Elysium
    caliope: Genau das meinte ich. Es gibt sogar entsprechende (und traurige!) Beispiele. Ich habe es z.B. wirklich einmal erlebt, dass Eltern (allerdings in einem Kindergarten) unterschrieben hatten, dass in bestimmten Fällen bestimmte Medikamente gegeben werden. Das Kind bekam Fieber, es bekam von der Erzieherin ein Medikament, es bekam einen allergischen Schock - und die Eltern verklagten den Kindergarten. Sie bekamen, trotz der vorher geleisteten Unterschrift, Recht - einfach, weil NIEMAND Medikamente geben darf, außer nach ärztlicher Anweisung. Die Erzieherin war ihren Job los. Und das ist nicht ausgedacht.


    Das sollte für diese Diskussion genügen. Jetzt muss jeder selbst entscheiden, ob im oder ihr das Risiko es wert ist. Die Rechtslage ist wohl eindeutig.


    Und: Wenn der Staat sich für einen Betrieb mit über 1000 Mitarbeitern (=unsere Schule) keine medizinische Fachkraft leisten will, dann ist das eben so. Aber das liegt nicht in meinem Einflussbereich.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Zitat

    Original von Elysiumweil NIEMAND Medikamente geben darf, außer nach ärztlicher Anweisung.

    Das sieht unser Schulrecht aber anders.

    ~*~ Lache nicht über jemanden, der einen Schritt zurück macht - er könnte Anlauf nehmen!~*~

  • Zitat

    Original von Feenstaubflocke
    Das sieht unser Schulrecht aber anders.


    Wo steht das?
    Hast du dafür einen Link?

    Das Leben ist unberechenbar. Iss das Dessert zuerst!

  • Beim zweiten Link steht ausdrücklich dabei:

    Zitat

    Eine Medikamentengabe durch die Aufsichtskraft kann jedoch nur auf freiwilliger Basis erfolgen – sie kann nicht dazu gezwungen werden!

    Das Leben ist unberechenbar. Iss das Dessert zuerst!

    • Offizieller Beitrag

    Es handelt sich hierbei aber a) lediglich um das Schulrecht Schleswig- Holsteins und b) wird auch hier betont, dass Medikamentengabe nur nach ärztlicher Anweisung erfolgen darf und die Aufsichtsperson das lediglich freiwilllig übernehmen kann. I c h würde es aus den von Elysium genannten Gründen konsequent ablehnen. (und bin sehr froh, dass meine Schülerin mit leichter Epilepsie ihr Magnesium eigenverantwortlich selbst nimmt- selbst da hätte ich Bedenken)
    Übrigens wird auch in dem von Feenstaubflocke zitierten Schulrecht bzw. in der Broschüre darauf hingewiesen, dass Aufsichtspersonen ihr Wissen in Erste- Hilfe aufgefrischt haben müssen. Und hier beisst sich die Katze in den Schwanz: Ich habe nun schon drei Erste- Hilfe- Kurse mitgemacht (1mal vor Urzeiten Führerschein, 1mal als Jugendgruppenleiterin und 1mal als Junglehrerin- viele Sachen haben sich verändert, aber eins ist immer gleich geblieben)- es wurde einem jedes Mal eingeschärft, dass man auf gar keinen Fall Medikamente geben darf!



    Off-Topic: Nasentropfen können bei längerem Gebrauch durchaus abhängig machen. (insofern ist das mit dem Betäubungsmittelgesetz vielleicht doch nicht so falsch)


    Liebe Grüße
    Hermine

  • ...und da gerade das Bundesland Schleswig-Holstein zitiert wird, das auch mein Arbeitgeberland ist: Das hatte ich in meinem ersten Beitrag zu diesem Thema auch gesagt, wenn Du vergleichst, nämlich: 1. Erlaubnis der Eltern, 2. Bestätigung des Arztes, 3. persönliche Eignung und Wille. Schon klar, dass das dann geht. Aber nur dann, und oft wird allgemein gesagt, ein Kind brauche ein Medikament oder so, und das geht ganz sicher nicht.


    Ich persönlich würde stets 3. heranziehen, um das abzulehnen. Und niemand kann da etwas gegen haben, wie Hermine schon richtig sagte: Vieles ändert sich, aber kein medizinisch auch nur wenig gebildeter Mensch wird eine Medikamentengabe durch Laien empfehlen.

  • Zitat

    Original von Hermine


    Off-Topic: Nasentropfen können bei längerem Gebrauch durchaus abhängig machen. (insofern ist das mit dem Betäubungsmittelgesetz vielleicht doch nicht so falsch)


    Doch ist es. Alkohol und Zigaretten machen auch abhängig und fallen nicht unter das Betäubungsmittelgesetz. Ist eben ein spezielles Gesetz für Betäubungsmittel.

  • Zitat

    Es handelt sich hierbei aber a) lediglich um das Schulrecht Schleswig- Holsteins und b) wird auch hier betont, dass Medikamentengabe nur nach ärztlicher Anweisung erfolgen darf und die Aufsichtsperson das lediglich freiwilllig übernehmen kann.

    Ich habe nichts anderes behauptet. Allerdings wusste ich von der Freiwilligkeit nichts, da wir im Schulrechtstest nur das lernen, was unter dem 1. Link zu finden ist.


    Zu den Nasentropfen: Totaler Quatsch, was Du da versuchst zu konstruieren. In Nasentropfen sind keine Schmerzmittel enthalten.
    Welche sollen das bitte sein?


    Sie machen aus einem ganz anderen Grund abhängig...

    ~*~ Lache nicht über jemanden, der einen Schritt zurück macht - er könnte Anlauf nehmen!~*~

  • Nur mal interessehalber:


    Grundschule, 4. Klasse


    Was macht Ihr mit einem Kind, das auf der Klassenfahrt Medikamente gegen Allergien nehmen muss (gegen Neurodermitis, Heuschnupfen...)?


    Was macht Ihr mit Kindern, die z.B. täglich ihre Tabletten (z.B. Ritalin, wie ein Kind aus der Nachbarklasse oder Metformin/diabetische Tabletten) nehmen müssen?


    Bleiben die Kinder dann zu Hause oder müssen selbst drauf achten, dass sie die Medikamente nehmen?


    Was versteht Ihr eigentlich unter "Abgabe von Medikamenten"? Auch das Erinnern, es einzunehmen?

    ~*~ Lache nicht über jemanden, der einen Schritt zurück macht - er könnte Anlauf nehmen!~*~

  • Ich bin nicht nur Lehrerin, sondern auch Mutter.
    ich habe darauf geachtet, dass meine Kinder nur solche Antibiotika bekamen, die man nur zweimal am Tag nehmen muss, denn weder Kindergarten noch Schule verabreicht bei uns Antibiotika.
    Drei meiner Kinder haben Asthma... und benutzen bei Bedarf Sprays. Es ist meine Verantwortung als Mutter, dafür zu sorgen, dass meine Kinder diese Sprays selbstständig benutzen können. Dass sie erkennen, wann sie das Spray brauchen und es auch nehmen.
    Meine Kinder haben so ein Spray immer in ihrer Hosentasche.... damit hat keine Lehrerin was zu tun... auch nicht auf Klassenfahrten.
    Mein Sohn war Bettnässer, bis er neun Jahre alt war... er ist auch so auf Klassenfahrt gefahren. Er war in der Lage, seine Pampers alleine anzulegen und morgens wieder auszuziehen und wegzuschmeißen. Auch damit hatte die Lehrerin nichts zu tun. Das ist meine Sache als Mutter meinem Neunjährigen Eigenverantwortung und Selbstständigkeit beizubringen.
    Es gibt Asthmaschulungen und Diabetesschulen für Kinder. Es sollte Erziehungsziel sein, dass die Kinder das alles selbstständig geregelt bekommen.
    Meine Kinder können sich übrigens auch Nasentropfen selbst verabreichen.
    Grundschulkinder sind doch keine Babys!


    Und genau das erwarte ich von den Kindern, mit denen ich als Lehrerin auf Klassenfahrt fahre. Dass sie ihre gesundheitlichen Angelegenheiten selbst im Griff haben.
    Bei Notfällen leiste ich erste Hilfe und/oder rufe den Notarzt! das ist auch selbstverständlich. Aber den gesundheitlichen Alltag mit allen Medikamenten haben die Kinder bitte selbst im Griff.


    Im übrigen hätte ich auch keinen Wecker für das Ritalinkind auf meinem Pult... bei mir hätte das Ritalinkind bitte einen Wecker in seinem Schultornister oder auf seinem eigenen Platz!

    Das Leben ist unberechenbar. Iss das Dessert zuerst!

  • Mein Gott, was bist Du doch für eine tolle Mutter und Lehrerin.........und Deine Kinder sind auch totaaaaaaal toll. Toll.

    ~*~ Lache nicht über jemanden, der einen Schritt zurück macht - er könnte Anlauf nehmen!~*~

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Feenstaubflocke
    Mein Gott, was bist Du doch für eine tolle Mutter und Lehrerin.........und Deine Kinder sind auch totaaaaaaal toll. Toll.


    Was soll denn diese Bemerkung? Finde ich ziemlich unpassend!

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