Ein Arbeitszeignis - Eure Meinung?

  • hallo,
    habe für eine vertretungsstelle als grundschullehrer ein arbeitszeugnis erhalten und weiss nun nicht so recht, was ich davon halten soll:


    "Herr XXX geb XXX wohnhaft xxx war als vertretungslehrer mit 28 WSt in der xxx-schule tätig von xx bis xx.


    er unterrichtete vorwiegend in den klassen 3 und 4 die fächer deutsch, englisch, mathematik und sachunterricht. seinen dienstlichen verpflichtungen kam er ausnahmslos pünktlich und zuverlässig nach.


    wir wünschen ihm für seinen beruflichen weg und für die zukunft alles gute.


    (unterschrift der schulleiterin)"



    hintergrund: ich habe es verspätet "angefordert" (ca. 4 monate nach meinem letzten arbeitstag) da eine andere schule gerne eine beurteilung dieser stelle wünschte. es ist ziemlich offensichtlich, dass die schulleiterin keine große motivation besaß.


    was denkt ihr?
    gibt es eine verschlüsselte formulierung?
    ist es zu kurz?
    kann ich es zu einer bewerbung dazulegen?


    bin im moment relativ ratlos und würde mich über ein paar andere meinungen freuen...
    besten dank im voraus

  • Hallo catweazle,


    in der sogenannten "freien Wirtschaft" würde dein Arbeitszeugnis Folgendes bedeuten:


    Dienstlich kann man dir keine Vorwürfe machen. Du machst das, was du machen musst, ohne Beanstandungen.
    Versteckte Formulierungen gäbe es darin nicht, aber entscheidend ist, was eben NICHT im Arbeitszeugnis steht.
    Heißt auf Deutsch:
    - Er macht nicht mehr, als er machen muss, Unterrichtsgestaltung 0-8-15.
    - Kein Engagement für die Schule, das über die Dienstpflichten hinausgeht.
    - Wahrscheinlich gab es Schwierigkeiten mit Vorgesetzten, Kollegen, Eltern und Schülern (weil zum Verhalten diesen Menschen gegenüber keine Aussage drinsteht -> d.h. "Achtung, der macht Probleme!")
    - Fachliches Wissen praktisch kaum vorhanden (weil auch keine Aussage darüber getroffen.)


    So, die Frage ist jetzt, ob Grundschuldirektoren die "Arbeitszeugnis-Geheimcodes" der freien Wirtschaft ebenso beherrschen. Darin liegt meiner Meinung nach der Knackpunkt. Oftmals ist es einfach blankes Unwissen seitens des Erstellers, dass es zu schlechten Arbeitszeugnissen kommt. Darüber hinaus sind Schuldirektoren aller Schularten gewohnt, dass sie bei Beamten-Beurteilungen "die Wahrheit" schreiben müssen und nicht an die Arbeitszeugnis-positiv-Formulierungen der Privatwirtschaft gebunden sind.


    Ich würde deshalb freundlich das Gespräch suchen und darum bitten, dass Formulierungen zu den üblichen Punkten, die auch in einer Beurteilung aufzunehmen sind, zumindest kurze Statements abgegeben werden, weil ein Auslassen hier auf gravierende Probleme hindeutet. Vielleicht kannst du ja auch selbst ein paar Vorschläge machen, wie du dir die Formulierungen in etwa vorstellst, z.B. "Ich vermisse eine Aussage über die problemlose Elternarbeit, - z.B. Herr Catweazle pflegte stets eine eine konfliktfreie Kommunikation mit den Eltern. - weil eine fehlende Aussage hier als Problemhinweis gedeutet werden könnte."
    So in dem Stil, nicht aufdringlich, aber mit Vorschlägen, falls die fehlenden Aussagen aus reinem Zeitmangel heraus entstanden sind und dann vielleicht gleich einfach so übernommen werden können, falls man dir keine Steine in den Weg legen möchte.

    • Offizieller Beitrag

    Hm, ich weiß nicht, ob ich dazu raten würde: ein Beispiel eines solchen überarbeiteten Zeugnis habe ich mal gelesen: das war dann vernichtend.


    Zumindest würde ich vorher ein inoffizielles Gespräch mit der SL führen, deinen Eindruck schildern und fragen, ob es nur die Kürze der Zeit war, oder ob ihr Eindruck wirklich so schlecht / dünn war. Wenn sie das dann heftig abstreitet und dich lobt, dann kannst du sie ja immer noch bitten, das in Zeugnisform verbal festzuhalten.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Hallo!


    Ich finde das Zeugnis schon enorm kurz.
    Vor einiger Zeit habe ich selbst ein Zeugnis erhalten, in dem ich Formulierungen entdeckt habe, die zwar positiv klangen, aber in "der freien Wirtschaft" auf eine mäßige Leistung hinweisen könnten. Ich habe dann einfach nachgefragt, ob das so gemeint ist und es dann auch ändern lassen.
    An deiner Stelle würde ich nochmal anfragen.....
    Biete doch an, Dinge, die du im Zeugnis haben möchtest, selbst aufzulisten und einige Formulierungen schon mal aufzuschreiben. Das entlastet und einige Arbeitgeber machen das onehin so.
    Wie lange hast du denn an dieser Schule gearbeitet? Du hattest ja sogar ein volles Deputat!
    Also ich finde ja, das ist eine Frechheit. Das kann man dem nächsten Arbeitgeber gar nicht vorlegen.
    Nimm doch nochmal Kontakt auf?


    Viel Glück!


    Liebe Grüße
    Nordsternhaus

  • Ach ja, der Kampf um ein adäquates Arbeitszeugnis - habe ich an einem Freund aus der "freien Wirtschaft" mehrfach miterlebt. Gräuslich.


    Die Formulierung von Zeugnissen in der freien Wirtschaft ist eine Kunst für sich, die deutliche Züge ins Pathologische hat. Schuld an den Problemen ist u. a. die deutsche Rechtsprechung, die festgelegt hat, Zeugnisse müssten "wohlwollend" formuliert sein - was nun dazu führt, dass auch die schlechtesten Zeugnisse schön klingen. So etwas


    Zitat

    ein Beispiel eines solchen überarbeiteten Zeugnis habe ich mal gelesen: das war dann vernichtend.


    ist daher rechtlich unzulässig.


    Zum konkreten Fall: Das Zeugnis ist nicht nur extrem kurz, sondern nach Wirtschaftsstandards auch in den Formulierungen bestenfalls befriedigend. Ein Beispiel ist die Schlussformel: "wir wünschen ihm für seinen beruflichen weg und für die zukunft alles gute." Für ein gutes Zeugnis müsste es in etwa heißen: "wir wünschen ihm für seinen beruflichen weg und für die zukunft WEITERHIN alles gute." Denn das Fehlen des Wortes ist ein Hinweis, dass bisher nicht alles gut war.


    Allerdings ist die Frage, was Du daraus jetzt schließen willst. Ich würde überlegen:


    (1.) Wirst Du das Zeugnis für Deine Neuanstellung wirklich brauchen und wirst Du es danach jemals wieder brauchen?


    (2.) Wenn ja: Wie wichtig sind die beurteilenden Formulierungen? Im Schulbereich haben die Wirtschaftsfloskeln ja (Gott sei Dank) in der Regel noch nicht Verbreitung gefunden. Heißt: Die Formulierungen müssen nicht unbedingt negativ gemeint sein und sie müssen von schulischen Lesern auch nicht so verstanden werden - womit dann kein Problem existierte.


    (3.) Ich würde: Auf jeden Fall auf die Aufnahme einer differenzierten Tätigkeitsbeschreibung drängen (kannst Du ja vorformulieren), sodass das Zeugnis Informationswert hat und nicht so kurz ist.


    Wenn Du überlegst, die Leistungsbewertungen zu hinterfragen, würde ich folgendes tun: Ich würde die Schulleitung ZUERST fragen, wie Sie Deine Leistungen eingeschätzt hat - am einfachsten wäre es, wenn sie sich zu einer Schulnote durchringen könnte ;-). Auf dieser Basis könntest Du dann entscheiden, ob Du das Zeugnis überarbeitet haben willst - und die adäquaten Formulierungen gleich selbst vorschlagen (über die Du Dich dann noch kundig machen müsstest...)

  • Wie sieht denn eine umfassend positive Lehrerbeurteilung aus?


    Könntet ihr da Beispiele geben oder mir schicken?


    Was sollte unbedingt erwähnt werden?


    LG


    Simian :)

  • zunächst danke für die konstruktiven hinweise und ideen!


    die idee von simian finde ich sehr gut: hat jemand formulierungen einer lehrerbeurteilung, die er/sie als gelungen empfindet und kann sie hier posten?

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe aufgrund meiner Tätigkeit im Gesamtpersonalrat viele Würdigungsberichte gelesen, aber aus Datenschutz kann ich die wirklich nicht veröffentlichen - sind ja doch sehr auf die Person zugeschnitten.
    Was aber klar ist, ist, dass bei einer wirklich positiven Würdigung die Begriffe "außerordentlich" und "in besonderem Maße" schon das eine oder andere Mal auftauchen sollten. Alles darunter heißt eher "durchschnittlich halt".

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  • Liebe Meike,


    ich dachte nicht an die Veröffentlichung eines authentischen Zeugnisses, sondern an eine fiktive Zusammenstellung von gängigen Bemerkungen oder auch eine Kriterien/ Faktenzusammenstellung, die üblich ist.
    Er gibt zahlreiche Bücher zur Interpretation von Arbeitszeugnissen in der Wirtschaft, aber als Beamter tappt man da im Dunklen.


    LG


    Simian

  • Die Arbeitszeugnisse für Lehrer, die nicht Beamte und damit Angestellte sind, sollten dann doch denen der freien Wirtschaft entsprechen.
    Ich denke dann kann man sich auch an deren Formulierungen halten, für die es ja zahlreiche "Entschlüsselnungsbücher" gibt :)

  • Hallo zusammen,


    sind Arbeitszeugnisse, von denen hier die Rede ist und Bewährungsberichte, die auch an die Bezirksregierung gehen und von denen man auch ein Exemplar bekommt, das Gleiche?


    Lg flipper

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