Der achso ideologiefreie Philologenverband und wie er sich zu Wort meldet ...

  • Hier die Presseerklärung des Philologenverbandes im Vorgriff auf die gestrige Großdemo in Hannover mit über 10.000 Schülern, Eltern und Lehrern. Was treibt den Philologenverband zu so einem Schmarrn ?!



    Muss ich noch schreiben, warum ich nach der Lektüre zutiefst entsetzt war oder ergibt sich das von selber ?! *sprachlos und schockiert* ... vielleicht kann man das mit einem "niederen Lehramt" auch nicht verstehen ?!

    • Offizieller Beitrag

    Schlauby, ich kann dein Entsetzen grade nicht ganz nachvollziehen. So schlimm fand ich die Presseerklärung eigentlich nicht, was aber auch daran liegen kann, dass ich Gesamtschulen, wie wir sie momentan in Deutschland haben, für nicht sehr sinnvoll halte und hinter dem dreigliedrigen Schulsystem stehe. ?(


    Und das, obwohl ich in der GEW bin - allerdings finde ich deren Einstellung zum dreigliedrigen Schulsystem nicht sehr überzeugend.


    Ein dreigliedriges Schulsystem kann dann funktionieren, wenn alle Schulformen mit all ihren Vorteilen gestärkt werden: Gymnasium für die sehr schnellen und leistungsstarken Schüler, Realschule etwas praxisorientierter und stark auf Berufsvorbereitung ausgerichtet, aber auch mit der Möglichkeit, für die leistungsstarken Schüler, nach der 10 weiterzumachen und die Hauptschule nicht als Restschule, sondern als Schule, die kleine Klassen hat, teilweise Doppelbesetzungen, Klassenlehrerprinzip, direkte Zusammenarbeit mit Betrieben...


    Und, ja, in NRW wurden die Gesamtschulen jahrelang gefördert und haben zu großen Teilen eine hervorragende Ausstattung. Ich erinnere mich ans Referendariat, als uns die Leute, die an Gesamtschulen unterrichteten, von der Ausstattung berichteten, die sie dort hatten. Da konnten andere Schulen nur staunen. Ich denke, insbesondere Hauptschulen hätten eine hervorragende Förderung und Ausstattung nötig, damit sie von ihrem schlechten Image wegkommen.


    Okay, der letzte Abschnitt ist besonders stark vom gymnasialen Standpunkt geprägt, aber das finde ich für den Philologenverband, der ja größtenteils aus Gymnasiallehrern besteht und deren Interessen vertritt, weder verwunderlich noch anrüchig.

  • Zitat

    Tatsache sei, dass die Gesamtschulen nach wie vor deutlich besser ausgestattet seien als die Schulen des gegliederten Schulwesens...


    Und das liegt daran, dass man nach 12 Jahren Abi machen kann? Interessant....

  • Hm ...
    Soweit ich sehe, bringt der Philologenverband Fakten, zu fragen bleibt natürlich, ob die "Gesamtschullobbyisten" angemessen darstellt werden.


    Fakt ist:
    * alle anderen Länder mit Gesamtschulen kommen mit einer Regelschulzeit von 12 Jahren bis zum Abitur aus.
    * Bundesländer wie Sachsen gehören mit einer zwölfjährigen Schulzeit zu den weltweit besten PISA-Ländern.
    * Wer über die Realschule->Fachgymnasium bzw. Realschule->Gymnasium geht macht weiterhin 13 Schuljahre (das können sich die Eltern also aussuchen!).
    * Es ist wirklich nicht einzusehen, warum man an (tatsächlich sehr gut ausgestatteten!) Gesamtschulen eine Ehrenrunde für alle erzwingen sollte. Warum kann man sich am Ende der 10. Klasse nicht für einen Übergang in die 12. als Alternative zum Übergang in die 11. Klasse entscheiden?
    * Die Idee hinter G12 ist tatsächlich, die freigewordenen Mittel (weil die Kosten für ein Schuljahr ja wegfallen) in Ausstattung und Klassengröße an Gymnasien zu investieren. Dass das tatsächlich umgesetzt wird, mag man bezweifeln, dann aber, so ist zu hoffen, bekommen wir mit den ersten G12-Klassen in den alten Bundesländern die Leistungsquittung präsentiert.
    * Das Gymnasium ist mit Abstand die leistungseffizienteste Schulform, die wir haben. Die Gesamtschule rangiert (vermutlich, weil sie nur ein Alternativangebot zum dreigliedrigen Schulsystem ist) nicht zwischen Realschul- und Gymansialleistung, sondern zwischen Haupt- und Realschule.


    Ideologisch ist:
    * dass 13 Schuljahre per se "pädagogisch wertvoller" sind als 12
    * die Überlegenheit einer gesamtschulischen Bildung konnte bisher eher widerlegt als belegt werden. Das mag natürlich Gründe im System haben, wer es nicht glaubt, sehe sich trotzdem einmal die PISA-Ergebnisse an.
    * Zwar scheinen sich Ungleichverteilungen bei der Bildungsbeteiligung verschiedener sozialer Schichten besonders stark über den sog. "Elternwillen" zu reproduzieren. Daraus aber die Notwendigkeit einer staatlichen Steuerung abzuleiten und nicht eine Stärkung des Elternwillens (z.B. durch Aufklärung und Information) einzufordern, halte ich eher für einen Rückfall in ein Denken, das im dreigliedrigen Schulsystem gerade überwunden zu werden scheint.

  • Bei uns in NRW erreichen die SchülerInnen an Gesamtsachulen immer noch in 13 Jahren ihr Abi, das scheint mir ein Grund dafür zu sein, dass in den letzten Jahren noch mehr Anmeldungen (und leider auch notwendige Ablehnungen) erfolgt sind.
    Aus der Sicht eines Vaters kann ich nun wirklich die Einführung von G8 nicht bejubeln. Welchen unsinnigen Druck das auf unsere Kinder ausübt, ihnen große Teile der Kindheit raubt, ist hier ja glaube ich schon diskutiert worden.

  • referendarin,


    ich will hier gar keine gesamtschuldiskussion vom zaune brechen. da gibt es halt befürworter und gegner. allerdings ...


    Zitat

    Okay, der letzte Abschnitt ist besonders stark vom gymnasialen Standpunkt geprägt, aber das finde ich für den Philologenverband, der ja größtenteils aus Gymnasiallehrern besteht und deren Interessen vertritt, weder verwunderlich noch anrüchig.


    ... war ich doch etwas schockiert, mit welchen plumpen opportunismus der philologenverband hier lobbyarbeit betreibt.


    welchen vorteil haben gymnasiallehrkräfte, wenn auf gesamtschulen ebenfalls das g8 gilt?! warum beschweren sich landauf-landab schüler, eltern und lehrer (!) über das turbo-abi und dann sagt ein lehrerverband: "ist doch prima, wir und andere schaffen das auch!"


    was fordert der philologenverband als nächstes? größere hauptschulklassen, weil es iin china (bzw. an ihren gymnasien) auch geht?!? weniger lehrergehalt, weil gute privatschulen mitunter weniger bezahlen?!? na prima ...


    der philologenverband wehrt sich gegen eine idelogisierung der schuldiskussion, bemerkt aber anscheinend nicht, dass die gesamtschulinitiativen mittlerweile längst über das klassische gesamtschulkliente hinausgewachsen sind. hier in einer dörflichen cdu/fdp hochburg wünschen sich laut umfrage 70% der befragten eltern eine IGS. der cdu-bürgermeister inklusive.


    sich als lehrergewerkschaft/-verband für eine schulform (bildungspolitik) einzusetzen ist die eine sache. das tut die gew z.B. für gesamtschulen, der phlilologenverband für die erhaltung des gymnasium - soweit okay! aber den anderen schulformen kürzungen und verschlechterungen zu "wünschen", zu neiden und sich in die reihen der spargeblendeten politiker zu stellen, ist m.e. doch eine andere. ich käme jedenfalls nie auf die idee, zu fordern, dass z.b. gymnasien weniger topfstunden bekommen sollten, weil grundschulen ja auch nur ein paar bekommen. aber anscheinend ist das typisch lehrer ... solidarität geht gerade mal bis zur nachkommastelle bei tarifverhandlungen. *traurig*

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    welchen vorteil haben gymnasiallehrkräfte, wenn auf gesamtschulen ebenfalls das g8 gilt?! warum beschweren sich landauf-landab schüler, eltern und lehrer (!) über das turbo-abi und dann sagt ein lehrerverband: "ist doch prima, wir und andere schaffen das auch!"


    Du hast dir die Frage selber beantwortet:

    Zitat

    ... dass die gesamtschulinitiativen mittlerweile längst über das klassische gesamtschulkliente hinausgewachsen sind. hier in einer dörflichen cdu/fdp hochburg wünschen sich laut umfrage 70% der befragten eltern eine IGS. der cdu-bürgermeister inklusive.


    Evtl. wollen sie die IGS, weil sie sinnvoller ist. Möglicherweise wollen sie die IGS aber auch nur, weil man dort noch in 9 Jahren statt am Gymi in 8 Jahren zu Abitur kommt. Aus Sicht der Gymnasien ist das quasi eine "Wettbewerbsverzehrung", um die Gesamtschulen zu puschen.


    kl. gr. Frosch

  • @frosch:


    dann setz ich mal dagegen, dass die armen gymnasialschüler an gesamtschulen mit den "reste"schülern 9 Jahre zusammen unterrichtet werden. wenn das mal kein ausgleich ist, oder ;)


    dann wäre der wettbewerbsvorteil doch bei weitem wieder wettgemacht :)


    außerdem muss man ja nicht die "schlechtere lösung" für alle fordern, sondern könnte genauso gut eine wahlmöglichkeit g8/g9 für gymnasien wieder einfordern. das wäre für mich der solidarischere weg - aber nicht so!

  • Hi Schlauby,


    wenn ich es richtig mitbekommen habe ist Herr Spreckels nebst Frau Heister-Neumann und einigen anderen Experten morgen (11.5., 18:30) im Oldenburger PFL für eine Diskussionsrunde. Für den Fall, dass Du in der Nähe wohnst, eine gute Gelegenheit, sich direkt Luft zu machen.


    Da ich wegen des Termins __nicht sicher__ bin:
    Tel. PFL (0441) 2 35 - 30 61 (Uwe Schlalos)
    Mail: pfl@stadt-oldenburg.de
    Adresse: Peterstr. 3


    Grüße vom
    Raket-O-Katz

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