Soll ich's wagen?

  • Hallo!


    Momentan studiere ich in BW Geschichte und Politik auf Magister und bin demnächst fertig. Aber die Jobaussichten sind mehr als mies und deshalb bin ich am Überlegen, ob ich noch weiter mache und das Staatsexamen dranhänge.


    Als Hauptfach käme für mich nur Deutsch in Frage und das scheint ja eine eher weniger gefragte Kombi zu sein. Ist es wirklich so schlimm? Ich möchte halt nicht vom Regen in die Traufe kommen zwecks Arbeitslosigkeit... Dazu bin ich schon 29 und müsste wirklich abwägen, ob sich ein Lehramtsstudium noch lohnt.


    Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob ich Gymnasiallehramt oder Realschule machen soll. Ich mag meine Fächer sehr gern und könnte mir vorstellen, dass die Arbeit am Gymnasium wissenschaftlich "befriedigender" ist, andererseits reizt mich am Lehrerberuf eher der Umgang mit den Kindern/Jugendlichen und das ganze Drumherum.


    Und ist das Referendariat wirklich so schlimm? Ich hab zwei Freundinnen, die das Ref bereits hinter sich haben und sie fanden es beide recht stressig, aber sonst ok, aber das, was ich bisher im Internet gelesen habe, klingt nach purem Horror! Ehrlich gesagt, bin ich etwas schockiert über manche Geschichten....


    Liebe Grüße...

  • Wenn dich Geschichten aus dem Internet schockieren über's Ref hier mein Tip: Lies sie nicht (wenn du auf eine Seite über Krebserkrankungen gehst und dir den Diagnosegang einiger Patienten durchliest wirst du auch denken, du hättest Krebs - mal so als krasse Parallele). Jeder Mensch erlebt jede Situation anders. Also bitte kein Studium anfangen, wenn man sich durch Erfahrunge völlig Fremder ängstigen lässt!

  • Hhm, du hast da sicher recht, aber irgendwie auch nicht :D
    Ich hab noch nie geglaubt einen Gehirntumor zu haben, nur weil irgendjemand in einem Forum über seine Erkrankung erzählt hat, selbst wenn ich seit Tagen rechts hinterm Ohr einen stechenden, stumpfen Schmerz gefühlt habe... Du verstehst...


    Weißt du, was mich erschreckt hat, war die Masse an Leuten, die das Ref als absolut schrecklich erlebt haben. Zum Teil klingt es so, als ob es völlig normal sei und absehbar ist, dass man von Fachleitern, Mentoren etc fertig gemacht wird, dass man absolut gar kein Privatleben mehr hat, seine Beziehung gleich abschreiben kann, dass man schon Therapien braucht, um das Ref überhaupt zu Ende bringen zu können usw. Es gibt 1000 Foren über die verschiedensten Berufsgruppen im Internet und natürlich gibt es immer positive und negative Meinungen, aber soviel geballte Ladung Stress und Überarbeitung habe ich selten gelesen. Zufall vielleicht.


    Ich bin absolut kein ängstlicher oder beeinflussbarer Mensch, aber da ich noch nie ein Ref persönlich erlebt habe, wird fragen ja mal erlaubt sein, nicht wahr?!

    • Offizieller Beitrag

    Hallo ebony,


    wenn man täglich Nachrichten hört, wird man ab und an von einem Flugzeugabsturz mit mehreren Toten hören - Bilder inklusive. Nimmt man diese nun für sich, so würde das suggerieren, Fliegen wäre gefährlich und es würden ganz ganz viele Menschen jedes Jahr dabei sterben. (Ja, es sterben immer noch zu viele und jeder ist einer zuviel, aber das soll den Vergleich nicht schmälern).


    Du wirst niemals im Fernsehen Nachrichten hören über die täglich völlig harmlos bzw. normal verlaufenden Flüge, die die überwältigende Mehrheit aller Flüge ausmachen.


    In anderen Worten:


    Du wirst in allen Lehrer- oder Referendarsforen für gewöhnlich eine Menge Leute finden, die meckern, jammern, mit dem Ref. Probleme haben oder gar am Ref. kaputt gehen oder ähnliches. Diese Menschen suchen für gewöhnlich dann Hilfe - und mitunter eben auch in Foren.


    Die Zahl derer, bei denen das Ref. völlig normal, erträglich, oder stressig aber dennoch OK verlaufen ist, bei denen das Ref. unter Umständen trotz des Stresses sogar "schön" war und die das dann in den entsprechenden Foren auch posten, iist analog zu den Flügen entsprechend deutlich geringer.


    Es KANN schlimm werden, man KANN es ggf. auch nicht schaffen. Aber das MUSS nicht so kommen - das hängt viel von den Rahmenbedingungen ab und dann noch von der Art und Weise, wie man damit zurecht kommt bzw. damit umgeht.


    Die entscheidende Frage, die es für Dich zu beantworten gilt, ist aber, ob Du mit Leib und Seele Lehrer werden WILLST. Das ist kein Beruf, den man aus Verlegenheit macht, denn dann wird man nicht glücklich damit werden.


    Gruß
    Bolzbold

  • Mach dir nicht schon im Vorfeld Stress wegen des Referendariats. So schlimm ist es auch wieder nicht ;).
    Ich bin gerade mitten drin (Ende des zweiten Ausbildungshalbjahres) und bisher war da nichts wirklich schlimmes dabei. Klar, die Unterrichtsbesuche sind im Vorfeld recht aufwändig in der Vorbereitung und man kann dann auch schonmal bis spät Abends am Schreibtisch sitzen. Aber das ist dann eine Woche oder maximal zwei Wochen vor einem UB.
    Ich tendiere auch dazu mich eher mal zu äußern wenn es gerade besonders stressig ist. Aber die meiste Zeit über bin ich doch recht entspannt. Und das trotzdem auch mit Erfolg ;)


    Wenn du wirklich Lehrer werden willst, lass dich nicht abschrecken! Es gibt immer Leute, die sich selbst Stress machen und andere gerne mit hineinziehen. Lass es einfach auf dich zukommen.
    Ich selbst genieße die Zeit. Das Referendariat gefällt mir viel besser als das Studium und ich bekomme von Familie und Freunden immer wieder attestiert, dass ich im letzten Jahr richtig "aufgeblüht" sei. :D Bin mal gespannt, wie das erst nach dem 2. StEx sein wird :)

    "I propose we leave math to the machines and go play outside."
    (Calvin and Hobbes, Bill Waterson)

    • Offizieller Beitrag

    ergänzend noch zwei dinge von meiner seite:


    komischerweise kann das ref sogar an ein und demselben seminar unterschiedlich erlebt werden - das habe ich erlebt...ich fands nämlich gut, ein bis zwei meiner mit-reffis würden dir andere dinge erzählen.


    ob das gym wissenschaftlich befriedigender ist...frag mal meine frau, die hat dieses jahr den lk abgelehnt, weil ihr letztjähriger aus einem haufen flaschen bestand und schlechter war als ihr gk. sowohl sie wie auch ich arbeiten neben der schule her an projekten, die uns intellektuell eher fordern.


    wie du schon selbst sagtest und hier auch betont wurde. das beste motiv lehrer zu werden ist, dass man lehrer werden will und nicht beamter oder lebensglücksucher oder, weil man keine freunde hat, oder oder oder....


    grüße


    h.


    ps: prognosen über die arbeitsplatzsituation kann man zu beginn eines studiums nie stellen, bzw. sollte man keiner glauben.

  • Zitat

    Original von Hawkeye
    ps: prognosen über die arbeitsplatzsituation kann man zu beginn eines studiums nie stellen, bzw. sollte man keiner glauben.


    Mir haben am Anfang meines Studiums aufgrund der angeblich schlechten Chancen auf einen Arbeitsplatz auch viele davon abgeraten. Dann kam ich aber in die Pensionierungswelle rein und für meinen Abschlussjahrgang war es quasi kein Problem eine Stelle zu finden.


    Andererseit: ebony hat sein Studium ja bereits in weiten Teilen absolviert und würde nur nochmal was oben drauf legen. Das werden wohl kaum mehr als einige wenige Semester sein. Auf diesen kurzen Zeitraum kann man dann doch etwas klarere Prognosen wagen. Für BW an Gymnasien sehen die bspw. in den kommenden Jahren wohl eher schlecht aus. Die Pensionierungswelle ist zumindest in den Kollegien, die ich kenne, nahezu abgeschlossen. Jetzt kommt dann bald noch der Abi-Doppeljahrgang (Wechsel G9/G8 ) und spätestens danach wird der Bedarf vorerst massiv einbrechen. Einige Mangelfächer muss man natürlich ausnehmen.

  • Hallo Malina, ich glaube, diejenigen, denen es im Referendariat gut geht, schreiben in Foren seltener als diejenigen, denen es nicht gut geht. Ich habe nach einem Jahr abgebrochen, das Referendariat war für mich schlimm, aber nicht wegen der Anforderungen, sondern wegen zwischenmenschlicher Probleme mit Vorgesetzten, die damit überfordert waren, eine Referendarin mit Behinderung angemessen zu behandeln, ohne deren Autorität bei den Schülern zu untergraben. Ich geriet in einen Teufelskreis, unterrichtete schlechter, wurde noch mehr beobachtet und dann geriet mir den Unterricht erst recht aus dem Ruder. Natürlich bekam ich die schlimmste Klasse der Schule (wie mehrere im Kollegium sagten) und natürlich wurden ein halbes Jahr nach meinem Weggang die zwei aggressivsten Schüler aus dieser Klasse rausgeschmissen. Dennoch kann ich sagen, dass ich bei rein objektiver Betrachtung auch viele schöne Seiten erlebt habe. Das Referendariat ist für sehr viele eine Stresszeit, aber alles in allem ist es gut zu bewältigen, wenn man psychisch stabil ist, strukturiert arbeiten kann und kein Sonderling ist.

    • Offizieller Beitrag

    Schubidu: da magst du recht haben. für die realschule sieht es auf die nächsten zwei bis drei jahre noch etwas besser aus (bei aller vorsicht), jedenfalls hier in bayern. während die schülerzahlen anderswo schon runter gehen, steigen sie hier noch leicht an. (hier, anderswo=schulform)



    h.

  • Ist wohl wahr, dass man in Foren eher die Unzufriedenen findet, die Redebedarf haben... Aber wenn man das so hört, kommt man als Außenstehender schon mal ins Grübeln. Nicht dass man Angst kriegt, sondern eher in die Richtung, dass man vielleicht selbst die Dinge, die da auf einen zukommen würden, falsch oder zu leicht einschätzt und nachher den Schock seines Lebens erlebt. Arbeiten muss man aber nunmal überall und bewertet wird man auch oft...


    Naja, aber die Sache mit dem Ref war für mich nicht sooo entscheidend, hat mich nur mal interessiert, ob jemand auch das Ref überlebt hat ;)


    Mir geht es tatsächlich mehr um die Zukunftschancen. Ich kann mir gut vorstellen als Lehrerin zu arbeiten, ärgere mich manchmal sehr, dass ich den Abschluss Magister gewählt habe. Aber so habe ich damals nunmal entschieden und jetzt muß ich gucken, wie und ob ich da wieder rauskomme.


    Das KM in BW hat mir eigentlich auch davon abgeraten Deutsch/Geschichte auf SekII zu studieren, weil überbelegt zur Zeit. Würde wohl noch 4 Semester brauchen. Tja, aber ob Realschule besser ist? Hat jemand eine Kristallkugel....


    Was machen denn all die Studenten, die keine Mangelfächer studieren? Winkt euch die Arbeitslosigkeit?

  • Ja, es hat schonmal jemand das Ref überlebt ;).


    Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit, ohne Mangelfächer erstmal arbeitslos zu sein relativ hoch. AUf der Straße sitzen aber auch viele MIT Mangelfächern, meist aufgrund fehlender örtlicher (und in manchen Fällen auch schulformspezifischer) Flexibilität.

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