Junglehrer Berufserfahrungen

  • Hi, folks,


    ich soll eine Satire über die Erfahrungen von jungen Lehrern im Berufsalltag schreiben. Vor allem über ihre Hoffnungen, Erwartungen und über ihre "neuen älteren" Kollegen. Ich möchte dabei nicht nur fantasieren (bin schon eine etwas ältere "Junglehrerin") und würde mich über Beiträge freuen.


    Zarja

    • Offizieller Beitrag

    Spontan fällt mir ein:


    Die meisten (nicht alle!) älteren Kolleginnen (Ü50), die ich kennen gelernt habe (und das waren einige) sieht man nach dem Klingeln höchstens noch von hinten (übrigens trifft das auch auf viele junge zu...).


    Bei älteren Kollegen habe ich den Eindruck, dass sie bei den Eltern größere "Narrenfreiheit" haben, während Junglehrer leicht kritisch beäugt und hinterfragt werden - wobei das sicherlich auch auf das Auftreten der Personen ankommt.


    Lehrer (vor allem GS-Lehrer) sind extreme Jäger- und Sammler. Sie brauchen ALLES und haben auch ALLES was man irgendwie für den Unterricht verwenden kann.


    Gruß leppy

  • Zahlreiche Anregungen gibt´s sicherlich im Buch "Lehrerzimmer".


    Spannend sind ja immer diese Typologien. Mir fallen auf Anhieb ein paar davon ein, wenn ich an die Kollegien denke, die ich bisher erleben durfte.


    Vielleicht schaffe ich es die Tage, die Stichpunkte noch mit Leben zu füllen
    - Drachen
    - Kontrollfreak
    - Chaot
    - Schleimer
    - Karrierist
    - Besserwisser
    - Quasselstrippe
    - Angsthase
    - 0815-Kollege (0 Ahnung, 8 Jahre bis zur Pension, A15-Besoldung)
    - Edeka-Kollege (Ende DEr KArriere)

  • ich unterschreibe, sehr gut!!!


    musste beim lesen ganz schön grinsen, fühle mich ertappt!!!

    • Offizieller Beitrag

    Zarja, in welchem Zusammenhang sollst du die Satire denn schreiben? Kennst du die Bücher von Gabriele Frydrych? Die sind sehr gut.


    Jetzt mal ein Brainstorming von mir:


    Wenn du Musik hast, könntest du speziell dieses Fach betonen:


    1. Stunde: Instrumentales Gruppenmusizieren, 4 Instrumente für 32 Schüler, davon 2 kaputt (Instrumente!).


    2. Stunde: Tanzenvon Folklore mit 8.-Klässlern. (Dazu gibt es schon eine Satire von o.g. Autorin, die aber "ein alter Hase" ist.)


    3. Stundel: Singen mit sangesunlustigen Schülern.


    4. Stunde: Singen mit einer Klasse, in der sich alle für fähig halten, DSDS zu gewinnen.


    Hinzu kommt bei SekI/II natürlich, dass du die Schüler nur 1 bis 2 Stunden wöchentlich hast, z.T. epochal, du kennst also nicht wirklich die Namen und turnst den ganzen Tag um den Sitzplan drumrum. Wehe, sie setzen sich heimlich um.



    Speziell zur Alterstendenz habe ich folgenden Vorfall erlebt:
    Ich wollte für unser Küken sammeln, die wurde 30. Unsere zweitälteste Kollegin tönte laut durch's ganze Lehrerzimmer: "Hier wird erst ab 50 gesammelt, das hatten wir mal beschlossen." Ich fragte beim Chef nach, der bestätigte das. 8o


    Und noch etwas: Jungen Kollegen wird versucht, jede unbeliebte Zusatzarbeit zuzulotsen. Bezirkslehrerrat, Schulprogramm etc. etc.


    Plötzlich erhälst du Post von der GEW auf der "Vertrauensleute-Info" steht. Durch Telefonate kannst du herausbekommen, dass du zur Vertrauensfrau gewählt wurdest und diese Wahl weder durchgeführt noch angenommen werden muss. Herzlichen Glückwunsch!
    Auf vielfachen Wunsch erhälst du irgendwann eine Liste der anderen GEW-Mitglieder deiner Schule. Davon weiß 1/3 nichts von seiner Mitgliedschaft. 1/3 ist verbeamtet und zahlt nur wegen der Schlüsselversicherung und das restliche Drittel ist so überarbeitet, dass es sich nicht kümmert.
    Organisiere bitte eine Basisgruppe, gleich, sofort, gestern!
    Nebenbei versucht dein Schulleiter ständig, dich abzuwerben in den VBE. Du musst ihm jedes Mal erklären, dass du nicht verbeamtet, sondern angestellt bist.
    Speziell für Berlin: Nur, als die Riesengehaltserhöhung versprochen wird, können sich plötzlich alle daran erinnern, dass du angestellt bist - und dann jammern auch die 63jährigen über ihre geringe Besoldung, was das Zeug hält. 2,43 € mehr Kranken- und Pflegeversicherung als ein Angestellter.... An dieser Stelle hast du am besten dringend etwas zu tun und verlässt das Lehrerzimmer. Dass die Riesengehaltserhöhung nie kommt, interessiert eh keinen.


    Die Eltern, denen du begegnest, sind älter als du.


    Die andere Musikkollegin der Schule erklärt dir, dass jeder Schüler ein Liederbuch entleiht und dies bis zum Ende der 10. Klasse behält. Sie gibt dir 60 Stück. Die müssen für deine 8 Musikklassen reichen.
    Natürlich ist der Musikraum auch immer belegt, weil sie dort Musik oder Deutsch gibt. Du musst dir dann eben in deinem Klassenraum ein paar Sachen unterstellen.
    Du erbittest dir einen Stoffverteilungsplan von ihr, den du prompt bekommst. Die in ihm enthaltenen Lieder hat zuletzt deine Mutter bei den Pfadfindern/Thälmannpionieren gesungen.


    Von deiner Deutsch-Parallelkollegin erbittest du dir auch einen Stoffverteilungsplan, den sie dir verweigert, da es ihr geistiges Eigentum ist. Im Gegenzug erwischt sie dich beim Kopieren deiner nagelneuen Literaturwerkstatt und reißt gleich ein paar Kopien an sich.


    Speziell für Frauen: Während dein Chef dich zweimal wöchentlich daran erinnert, bloß die Pille nicht zu vergessen, führen deine Kolleginnen heimlich einen Zykluskalender für dich und versuchen dich an den fruchtbaren Tagen für deinen Mann fit zu machen, da es schließlich schon seit 10 Jahren keine Kollegin mit Nachwuchs mehr an der Schule gab.


    Edit: Die Anlage in der Aula ist noch "mono", während alle CD-Player an die Sport- und Mathekollegen vergeben sind, die sie für wichtige Zwecke brauchen. "Wieso brauchen Sie einen CD-Player, können Sie nicht Gitarre spielen?" fragt euer CD-Player-Verleih-Beauftragter dich.

  • @ Meike:


    Danke für deinen Beitrag, hab mich grade kaputt gelacht.
    Bin selbst Junglehrer und erkenne mich zu nahezu 100% wieder...


    :rotfl: :rotfl:


    Aber jetzt sind ja erstmal Ferien (und ich hab Zeit, mir ein Weltrettungskonzept zu überlegen...)


    LG Mille

    • Offizieller Beitrag

    Mhhhh... hab gestern die Erfahrung gemacht, dass über die Unterrichtsverteilung alle motzen und es die Kleinen abbekommen. Ist aber wohl auch der Unmut, weil bei uns vorher rießen Befragung gemacht wird, wer was möchte, in der Fachschaft das auch nochmal ausgefüllt wird und es dann wegen struktureller Probleme nicht geht und man sich eben ein bisschen fragt, weshalb diese ganzen Zettel dann ausgefüllt werden. Bei einzelnen geht es dann eben doch wieder... Blödes Gefühl, weil ich daher meine 5er jetzt abgeben muss. Dass alles andere anders ist, damit kann ich leben, sowas find ich aber eben auch für die Süßen schwierig.

  • Herzlichen Dank für alle eure Beiträge!! Da sind herrliche Sachen dabei!!!


    Ich finde es toll, dass man mittags was ins Forum stellt und abends schon zig Antworten hat. Falls jemand noch hübsche skurrile Begebenheiten hat ("bei uns wird erst ab dem 50. Geburtsag für jemanden gesammelt"), her damit. Ich freue mich darauf!


    Zarja


    (die hoffentlich zu keinem der gruseligen Lehrertypen gehört, die hier aufgeführt wurden - oder doch? Drachen? Kontrollfreak??)

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