Strafe, weil was kaputt gemacht, aka. Verantwortung für die Schule stärken

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,


    habe grad einen Fall am Laufen, seit heute, bei dem es darum geht, dass Schüler einer Klasse eine Sache kaputt gemacht haben, die von anderen Schülern im Werken und Kunst-Unterricht erstellt wurde und die im Schulhaus hing. Diese Sache war eine Verschönerung der Aula.


    Ich kann die/den Schuldigen identifizieren, werde sie/ihn auch zur Rede stellen entsprechende Maßnahmen über ihn verhängen.


    Habe aber die Sachlage, dass es zwar nur einer oder zwei taten, aber der Rest der Klasse (10-15 Leute) rumstanden und nur zuschauten - als das Ding dann fiel, rannten alle wie blöd weg, sind aber auch namentlich feststellbar.


    Diese will ich auch packen, halt in der Art a) Verantwortung zu übernehmen für das eigene Tun und Nicht-Tun, b) Achtung zu bewahren vor den Dingen anderer Menschen und c) sich selbst einzusetzen für die Gemeinschaft Schule.


    Ich habe dazu eine Idee, die ich der Klasse morgen vorschlagen werde. Würde aber gern hier noch nach weiteren Maßnahmen fragen, damit ich Alternativen habe - und ehrlich, ich bin normale nicht so gut in dem Appell "an die menschliche Seite von Schülern" - sonst eher so der Rustikalpädagoge....aber auch ich möchte mal neue Kunststücke lernen.


    Vielen Dank


    H.

  • Lass die Schüler doch "Zeugenberichte" schreiben. Was ist passiert? Wer hat was gemacht? Was habe ich gemacht? Was habe ich nicht gemacht? usw.


    Und ich würde in diesem Zusammenhang auch die Schüler aufschreiben lassen, was eine gerechte "Strafe" ist. Kommen oft interessante Sachen bei raus.


    Oder die Geschädigten dürfen sich was von den Schadensverursachern wünschen. Wiederherstellung des Gegenstandes, eine "Entschädigung" o.ä.!


    Deine Konsequenzen kannst du ja dranhängen. Meinst du sowas in der Richtung oder richtig "gemeine" Maßnahmen? :)

  • Zitat

    Original von Mohaira
    Lass die Schüler doch "Zeugenberichte" schreiben. Was ist passiert? Wer hat was gemacht?


    Hm, es gibt sicherlich Taten, bei dem man alles daran setzen sollte, die Täter zu überführen - und sei es auf dem Weg der verdeckten Denunziation durch Mitschüler. Das Verfassen von Zeugenberichten könnte da eine Möglichkeit sein, entsprechendes Wissen zu erlangen. Ich würde mich aber ernsthaft Fragen, ob das in diesem Fall gerechtfertigt ist. Die Frage lässt sich nur beantworten, wenn man die Details kennt.


    Ein Zeugenbericht, der die Bennenung der Täter einfordert, hat für mich da einfach einen unangenehmen Beigeschmack. Ich fände es besser, wenn es gelänge, die Täter bei ihrer Ehre zu packen, so dass sie sich selber stellen und gemeinsam für den Schaden einstehen.


    Einen guten Vorschlag habe ich hierzu aber leider nicht. Insofern ist meine Kritik sicherlich nicht besonders konstruktiv.


    Anhand eines aktuellen Beispiels mache ich aber mal deutlicher, wie ich mir das vorstelle. In einer Klasse an meiner Schule ist kürzlich ein Fenster zu Bruch gegangen. Auch hier gab es offensichtlich viele Zuschauer. Nach einem Gespräch, das ich mit der Klasse geführt habe, stellte sich schließlich einer der Beteiligten aus freien Stücken. Die Mittäter benannte er aber nicht. Ich habe das auch nicht verlangt, sondern der Klasse klar gemacht, dass der Schaden nun sicherlich nicht an dem einen Ehrlichen hängen bleiben kann. Die Schüler haben dann einen Tag Zeit bekommen, das unter sich zu klären. Schließlich hat sich die Klasse als Kollektiv dazu entschieden, mehrere Kuchenverkäufe zu veranstalten, um das Geld für das Fenster zusammen zu bekommen. Der oder die Mittäter blieben aber in der Deckung.

  • Mir geht es auch nicht darum die Schüler durch die Zeugenberichte vorzuführen, sondern dass sie die Situation nochmal reflektieren und schriftlich festhalten und so gesehen über ihre Ehre nachdenken. Daher auch der Vorschlag die Schüler Voschläge machen zu lassen, wie man damit umgehen kann. Außerdem habe ich es so verstanden, dass Hawkeye die Namen der Schüler und die Details sowieso kennt.

    • Offizieller Beitrag

    Danke euch beiden.


    Also im Prinzip weiß ich, wer was gemacht hat - glaube ich jedenfalls. Ich habe halt die Nummer geschoben "Du hast mir was zu erzählen? Dann erzähl mal." Drei Schüler einzeln zu mir gebeten. Und ich musste nicht großartig auf sie einwirken - sie haben halt gesungen. Und ich habe ihnen eben klar gemacht, dass jeder "dran" ist, der dabei war und ich mir was ausdenke und sie selber drüber nachdenken sollen, wie eine Entschuldigung und Wiedergutmachung aussieht.


    Und natürlich will ich sie bei der Ehre packen dabei. Ergo soll es darauf hinaus laufen, dass sie sich als Wiedergutmachung und Einstehen für ein Fehlverhalten (wir haben erst Anfang des Jahres lang und breit über den Fall in München Solln geredet und das Thema Zivilcourage und wie man dabei stehen kann, wenn etwas passiert.......) etwas ausdenken, was für die Gemeinschaft etwas bringt.


    Das soll nicht einfach Müllaufsammeln sein oder Nachsitzen oder so.


    Es soll so aussehen:


    Ich will Ihnen die Sachlage erklären und meinen Unmut deutlich vor Augen führen. Nach dem Motto: da arbeiten viele Schüler an etwas über Wochen und hier passiert etwas und das wird in Minuten kaputt gemacht. Und dabei stehen dann ein ganzer Haufen Leute rum, die glauben, dass sie nichts damit zu tun haben, wenn sie nur dabei stehen.
    Ergo finde ich, dass da etwas wieder gutzumachen ist. Also schlage ich vor, dass sie (sie=erkläre ich noch) sich bereit erklären, sich bis zum Halbjahr in den Dienst der Schulgemeinschaft zu stellen und als Hilfstruppe zur Verfügung stellen. D.h. z.B., wenn für die Weihnachtsfeier bestuhlt wird, helfen sie beim Bestuhlen der Aula; wenn Elternsprechabend ist, helfen sie der SMV bei der Verpflegung und Orientierung im Schulhaus; wenn Getränke für den Automaten geliefert werden, helfen sie tragen etc.
    Sie sollen sich die Arbeit dabei aber auch selbst suchen und selber Vorschläge machen, wie das noch aussehen kann.
    Der Vorschlag von meiner Seite aus: ich werde bei allen diesen Aktionen, die vorzugsweise nachmittags stattfinden, dabei sein und es mit ihnen tun - so als Zeichen, dass ich auch meinen Teil dazu beitragen möchte.


    Dabei möchte ich, dass sie selbst eine Liste der Schüler abgeben, die dafür zur Verfügung stehen. Es war im Prinzip der größte Teil der Klasse (vor dem Sportunterricht ist es passiert) dabei. Es soll keine Liste der Schuldigen sein, sondern derjenigen, die helfen möchten.


    Hm, dann gibts noch denjenigen, der es letztlich war. Hier möchte ich eben auch die Wiedergutmachung erlangen und ein Entschuldigung - auf jeden Fall bei der betreuenden Lehrerin, eventuell bei den Schülern der Klasse. Und auch hier möchte ich eine Wiedergutmachungsleistung haben. Noch mal etwas, was über das andere hinaus geht. Vielleicht können da auch die betroffenen Leute selbst was finden.


    Ich selbst finde das irre aufwändig. Aber irgendwie ist mir momentan danach. Möchte mal wissen, ob so etwas funktioniert.


    Grüße


    H.

  • Also ich finde deine Ideen grundsätzlich richtig gut. Vielleicht würde ich das Strafmaß der Zuschauer vom Umfang her etwas begrenzen. Wenn man die Kids überfordert, erreicht man keine Einsicht.


    Problematisch könnte ein Vergleich mit den S/U-Bahn-Fällen werden. Aus meiner Erfahrung reagieren Schüler da extrem abwehrend, wenn man ihr Verhalten in Beziehung zu dem von Straftätern setzt. Das müsstest du sehr gut dosieren, damit die Botschaft ankommt.


    Eins würde ich mit Sicherheit nicht machen:


    Zitat

    Original von Hawkeye
    ich werde bei allen diesen Aktionen, die vorzugsweise nachmittags stattfinden, dabei sein und es mit ihnen tun - so als Zeichen, dass ich auch meinen Teil dazu beitragen möchte.


    Allein schon aus "politischen" Gründen scheidet das für mich in diesem Umfang aus. Hier werden nämlich wieder Signale gesetzt, dass Lehrer halt doch alles mögliche ehrenamtlich und unbezahlt leisten können.

  • Also meinen wir drei eigentlich alle das Gleiche!? :D


    Gemeinnützige Arbeiten finde ich gut. Nicht schlecht finde ich auch, wenn es nicht nur eine einmalige Sache ist, die schnell abgehandelt ist.

    • Offizieller Beitrag

    wieso sollten wir nicht das gleiche meinen? :D


    Ja, das Begrenzen ist wahrscheinlich richtig. Vielleicht zwei Termine. Vielleicht alternativ auch eine Karitativ-Geschichte in Zusammenhang mit Weihnachten.


    Das mit dem S-Bahn-Vergleich mag richtig sein. Ich reagiere gerade bei solchen Geschichten aber immer sehr empfindlich. Ebenso wie auf die "Der andere wars"-Geschichten. Und oft verteile ich meinen Zorn dabei ziemlich gleichmäßig ;)...wie gesagt, ich werde älter und versuche es mal nicht mit der pädagogischen Brechstange.


    Naja, und als Klassleiter habe ich bisher solche Sachen auch persönlich genommen. Persönlich in dem Sinne, dass ich Ihnen klar machte, dass alles was sie sich diesbezüglich erlauben auch auf mich zurückfällt. Daher habe ich in den letzten Jahren immer sehr persönlich gearbeitet.
    Diese Klasse ist nicht meine Klasse - ich habe seit diesem Jahr keine Klassleitungen mehr - aber ich finde den persönlichen Anteil immer noch wichtig. Davon abgesehen muss ich ohnehin nachmittags länger in der Schule sein. Ich würde also nur praktisch nur vortäuschen...;)


    Grüße


    H.


    Mir wäre es am liebsten,wenn ich sie durch meinen moralischen Vortrag zum Nachdenken brächte und sie mir vernünftige Wiedergutmachungsvorschläge bringen würden.

    • Offizieller Beitrag

    Also gut. So ist es heute ausgegangen:


    Ich war in der ersten Stunde drin, habe ihnen erklärt:


    - dass ich das Kacke finde, wenn man Sachen anderer Leute kaputt macht


    - dass "Ich habe nichts gemacht" nicht reicht, um seine Verantwortung abzustreifen


    - dass eine Wiedergutmachung notwendig ist und


    - dass sich der eigentlich Schuldige bei mir in der Pause melden soll


    Daraufhin habe ich ihnen 15 Minuten Zeit gegeben, in denen sie beraten sollten, welche verantwortungsvolle Leistung sie entsprechend der Schulgemeinschaft gegenüber leisten wollen.


    Ergebnis war:


    Sie erklärten sich bereit, sich dieses Jahr um das Schmücken des Weihnachtsbaums in der Aula zu kümmern. D.h. Auf- und Abschmücken mit anschließendem Säubern der Aula. Als zweiter Vorschlag kam, sich bei allen betreffenden Schülern, die das Kunstwerk erstellt haben, per Durchsage zu entschuldigen. (Den letzten Punkt habe ich freundlich abgelehnt)


    In de Pause kamen 5 Schüler zu mir, die einen 6.en Schüler einrahmten. Diesen wollten sie nicht allein in mein Büro lassen (es waren diejenigen dabei, die ich schon am Tag vorher bei mir hatte...das muss wohl ein schlimmes Erlebnis gewesen sein). Er hat noch mal erzählt aus seiner Sicht, wie es abgelaufen ist und gestand dann zu, dass er es schließlich am Ende verursachte.


    Ich erklärte ihm, dass ich ihm eine Ordnungsmaßnahme ausstelle ( in der ich schon formuliere, dass er sich zu seiner Tat bekannte usw.) und von ihm erwarte, dass er sich noch was überlegt gegenüber den betreuenden Lehrkräften und den Schülern.


    Nun ja...


    ich glaube, dass das recht erfolgreich war. Jedenfalls bin ich zufrieden mit ihnen. Ich hatte befürchtet, dass nichts kommt oder nichts Vernünftiges.


    Grüße und noch mal Danke für eure Äußerungen


    H.

  • Zitat

    Original von Hawkeye
    .....


    ich glaube, dass das recht erfolgreich war. Jedenfalls bin ich zufrieden mit ihnen. Ich hatte befürchtet, dass nichts kommt oder nichts Vernünftiges.
    ....


    Sehe ich auch so. Die Kids sind doch besser als ihr Ruf... Die stellen im Übermut zwar manchen Blödsinn an. Solange sie sich jedoch dazu bekennen und einsehen übers Ziel hinaus geschossen zu sein, ist die Pädagogik nicht am Ende :D

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

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