Als Lehrerin in China - Mein Alltag in der Lernfabrik

  • Danke für den Lesetipp!
    Besonders nett sind auch die Bilder. Siehe dort auch: Der klappbare Schlafstuhl gehört zur Ausrüstung jeden Lehrers. :)

    am ende wird alles gut und wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das ende (oscar wilde)

  • Es ist irgendwie schon beeindruckend zu sehen, welche Status Bildung und auch Lehrer im Allgemeinen in diesen Ländern genießen.


    Über 50 Schüler in einer Klasse - das wäre hier unmöglich.

  • Bildunterschrift: "Der tägliche Mittagsschlaf der Lehrer ist ein heiliges Ritual, das von Schülern respektiert wird."


    Aha! Bei uns heißt es, dass wir faule Säcke vormittags nichts tun und davon so müde sind, dass wir nachmitta mittags erstmal schlafen müssen.....


    Ansonsten wären 50 oder wie es im Bereicht heißt 60 Schüler pro Klasse schon auch bei uns möglich. Aber nur, wenn wir chinesische Verhältnisse einführen. *schauder*


    Grüße
    Raket-O-Katz

  • Ich empfehle auch unbedingt die Kommentare zu dem Artikel zu lesen. Nicht unberechtigt empfinde ich die zum Teil massive Kritik an der Art der Darstellung. Auch sind dort sehr interessante Links zu anderen Artikeln geposted, die das Klischee "China = unkreativ" ein wenig anders beleuchten. Hier zum Beispiel aus der Wirtschaftswoche:


    http://www.wiwo.de/politik/aus…ch-der-ideen/5469430.html


    Allein in folgenden Zitaten wir eine andere Sichtweise auf das Bildungssystem in China deutlich, die der von Frau Meuß ein wenig entgegen stehen.


    "China hat inzwischen auch seine Schwächen im Bildungssystem erkannt,
    der Umbau ist in vollem Gang. Die Schulen bemühen sich, auch Kreativität
    und unabhängiges Denken zu fördern. So hat Peking nach einer
    mehrjährigen Erprobungsphase kürzlich für alle Schulen neue Lehrpläne
    verabschiedet – eine „Gegenreaktion zu der prüfungsorientierten Methodik
    der Vergangenheit“, wie die Verantwortlichen sagen. Künftig sollen die
    Lehrer der Gruppenarbeit mehr Zeit einräumen und die Schüler auch mit
    Spaß lernen dürfen.Großes Gewicht legt die Regierung auch auf die
    Förderung von Eliteeinrichtungen. Bei den Studenten sind vor allem
    technische Studiengänge beliebt. Jedes Jahr machen rund 400 000
    Ingenieure ihren Abschluss. China hat erkannt, dass es allein mit
    billigen Arbeitskräften den Boom dauerhaft nicht in Gang halten kann.
    Und:
    Kein anderes Land hat es bisher so gut verstanden, von der
    Innovationskraft des Auslandes zu profitieren. Chinas Regierung belohnt
    Technologietransfer mit Marktzugang. Millionen junge Chinesen haben in
    den vergangenen Jahren an Universitäten im Ausland studiert, viele davon
    an Spitzenuniversitäten. Noch vor wenigen Jahren wollte kaum einer
    zurück. Seit Lebensstandard und Karrierechancen sich gebessert haben und
    weil die Regierung mit Sondervergünstigungen lockt, kehren sie
    scharenweise in die Heimat zurück – ihr Wissen nehmen sie mit.
    Zudem
    ist China offener für neue Technologien. Atomenergie, Gentechnologie
    und Stammzellenforschung profitieren davon, dass es in der
    pragmatisch-autoritären Volksrepublik viele politische, moralische oder
    religiöse Barrieren nicht gibt, die in vielen westlichen Demokratien die
    Arbeit der Wissenschaftler beschränken."

  • Klar ist es besser Klassen oder Vorlesungen mit 20 Schülern/Studenten zu haben. Die Zahl kann aber eigentlich fast beliebig hochgeschraubt werden, wenn man die Einbussen (keine Interaktivität, keine individuelle Betreuung) in Kauf nimmt.


    Ziemlich realitätsferne Behauptung! Du bist wohl lange nicht mehr in der Sek. I gewesen? Der durchschnittliche Student hat mit dem durchschnittlichen Mittelstufenschüler so wenig zu tun wie mittlerweile die universitäre pädagogische Forschung mit dem regulären Schulalltag...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Unser Schulsystem verhätschelt Disziplinlosigkeit, nur deshalb sind die Kinder bei uns so laut.

    I could not agree more! Es wird auch oftmals einfach nicht mehr trainiert zuzuhören oder in Stille zu arbeiten und zwar aus Prinzip.



    Zitat

    Wie
    gesagt, ich hab was gegen stille Klassen. Meine werden von alleine
    still, wenn es noetig ist. Wir machen nicht besonders oft
    Einzelarbeiten, bei denen Stille noetig waere. :X:



    Klar ist es anstrengend 45 Minuten leise zuzuhören, leise zu arbeiten, aber es ist imho eine wichtige Fähigkeit die schon von Kindern unter 10 Jahren erlernbar ist, wenn man es entsprechend trainiert. Leider führt uns das weit vom Thread weg, wenn wir das jetzt noch weiter ausführen.


    Aber um zu dem Thread zurück zu kommen. Ich kann mir schon vorstellen, dass man von China lernen kann. Es heißt natürlich nicht, dass alles dort gut ist (im Gegenteil, es liegt doch einiges augenscheinlich im Argen) aber man muss auch anerkennen, dass einiges einfach besser läuft. Warum nicht auch mal etwas von den Chinesen kopieren?

  • ]Mich nervt die Behauptung, dass Studenten sich in 500er-Klassen zurechtfinden sollen können und Schüler nur in 25er-Klassen. Wieso sollen jüngere eine derart massiv intensivere Betreuung benötigen. Denkst Du sie sind nicht intelligent genug zu verstehen, was "ruhig sein" bedeutet? Unser Schulsystem verhätschelt Disziplinlosigkeit, nur deshalb sind die Kinder bei uns so laut. Die könnten sich genau so gut an Regeln halten wie Studenten - oder eben auch genau so schlecht (Studenten fallen ja auch zu 50% durch). In meiner Erfahrung können dies die jüngeren (meine jüngsten sind 15-16) sogar weitaus besser als die älteren (17-18 Jahre), da sie mehr Respekt haben.


    Es ist alles eine Frage des politischen Willens.


    Wenn die Welt so einfach wäre! Studenten sind FREIWILLIG an der Uni und studieren FREIWILLIG ein Fach ihrer Wahl. Wenn sie keine Lust mehr haben, können sie gehen. Jederzeit. Schüler sitzen ZWANGSWEISE in der Schule und sind ZWANGSWEISE in Unterrichtsfächern, die sie vielleicht überhaupt nicht interessieren. Immerhin gibt es eine Schulpflicht und keine Studienpflicht.


    Wenn ein Student mitten in der Vorlesung anfängt herumzupöbeln, seine Nachbarn zu belästigen usw. Was wird der Dozent machen? Er wird sich dem Studenten sicherlich nicht im pädagogischen Einzelgespräch widmen, sondern er wird den Wachdienst (sofern vorhanden) oder die Polizei rufen. Der Student bekommt danach evt. Hausverbot und die Sache ist erledigt. Versuch das einmal in der Schule. Die Polizei würde dich auslachen und die Schulöffentlichkeit als Idioten hinstellen, der seine Schüler nicht im Griff hat.


    Ich glaube du hast wenig Ahnung von dem, was in einer Sek I Klasse passieren könnte. Und was heißt "politscher Wille"? Darüber zu diskutieren ist für den Praktiker müßig, da die gesetzlichen und verwaltungsinternen Vorgaben für die allgemeinbildenden Schulen relativ klar sind. Da hilft auch kein "politischer Wille". Wir sind keine Bildungspolitiker oder Elfenbein-Wissenschaftler, sondern müssen uns im täglichen Kleinkrieg an die Vorgaben halten.

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Auch an unseren Universitäten gibt es regelmässig Vorlesungen mit 500+ Studenten. Ich war schon an einer Vorlesung mit über 1000 Studenten; die Veranstaltung musste per Video in einen Parallelraum übertragen werden.

    Ich habe mich dabei keinesfalls auf finanzielle Ressourcen bezogen, sondern eher auf die pädagoische Herausforderung/Unmöglichkeit.
    Wie soll man als Lehrer 50 Schüler unserer Art unter Kontrolle halten?


    Zumal eine Klasse mit 50 Schülern trotz großerer Klassenräume unterm Schnitt viel billiger ist als zwei Klassen zu je 25 Schülern - immerhin muss dadurch ja auch das Lehrpersonal verdoppelt werden.

  • Wenn die Welt so einfach wäre! Studenten sind FREIWILLIG an der Uni und studieren FREIWILLIG ein Fach ihrer Wahl. Wenn sie keine Lust mehr haben, können sie gehen. Jederzeit. Schüler sitzen ZWANGSWEISE in der Schule und sind ZWANGSWEISE in Unterrichtsfächern, die sie vielleicht überhaupt nicht interessieren. Immerhin gibt es eine Schulpflicht und keine Studienpflicht.

    Die Schulpflicht umfasst (nach meinen vllt mittlerweile veralteten Kenntnissen) doch auch nur 9 Schulbesuchsjahre. Danach ist auch jeder Schüler freiwillig an der Schule. Spätestens für Oberstufenschüler am Gymnasium lasse ich das Argument "Der Schüler ist zwangsweise hier und hat keine Wahl" nicht gelten. Auch nicht, dass er vllt Interesse an manchen Fächern hat und an deren nicht.
    Das Gesamtpaket heißt Abitur, wenn ich mich für dieses entscheide, muss ich alles mitmachen und in allen Fächern mich an die Spielregeln halten.
    Selbst wenn ich später Chemie studiere heißt das nicht, dass ich alles innerhalb des Fachs mag. Trotzdem muss ich da auch alles machen, wenn ich mich dafür entscheide.


    Und mit dem Alter zu argumentieren hat keinen Sinn! Wenn sehr junge Menschen in eine Ausbildung gehen müssen sie sich dort auch an die Gegebenheiten anpassen. Und komischerweise funktionert es da oftmals mit Pünktlichkeit und Respekt vor dem Vorgesetzten. Warum? Einfach weil es rigoros verlangt wird. Wer es nicht zu leisten bereit ist, fliegt nach Verwarnung. In der Schule ist es eben in Deutschland anders. In China sicher nicht.



    Generell glaube ich, dass dieses Bewusstsein ("Ich werde ja gezwungen zur Schule zu gehen") auch innerhalb der Schülerschaft stark verbreitet ist und ein großes Problem darstellt. Eigentlich müsste das Bewusstsein vorherrschen (Ich bin privilegiert, dass ich zur Schule gehen darf). Dies ist in Entwicklungsländern ja zum Beispiel der Fall.
    Auch bei Kursen, für die man Geld zahlt, ist er Eifer größer, unter anderem, weil man eben dadurch das Gefühl bekommt, dass man ja dafür gezahlt hat um da zu sein.


    Uns hat in der Oberstufe mal ein Lehrer gesagt: "Mir ist es *****egal ob ihr Eure Hausaufgaben macht, ob ihr da seid oder nicht. Mir ist es prinzipiell auch egal, ob ihr zu spät aus der Pause kommt, nur stört mich das ständige Auf- und Zugehen der Tür. Also bleibt 5 Minuten nach Unterrichtsbeginn bitte ganz weg.
    Ihr wollt das Abitur und ich biete Euch hier die Möglichkeit gut darauf vorbereitet zu werden, wer es nicht wahrnehmen möchte, der lässt es eben".


    Das hat bei einigen (nicht allen, okay!) besser gewirkt und mehr zum Nachdenken angeregt, als wenn er vermittelt hat, dass die Schüler ja die Hausaufgaben unbedingt machen müssten und so weiter.


    Wenn ein Student mitten in der Vorlesung anfängt herumzupöbeln, seine Nachbarn zu belästigen usw. Was wird der Dozent machen? Er wird sich dem Studenten sicherlich nicht im pädagogischen Einzelgespräch widmen, sondern er wird den Wachdienst (sofern vorhanden) oder die Polizei rufen. Der Student bekommt danach evt. Hausverbot und die Sache ist erledigt. Versuch das einmal in der Schule. Die Polizei würde dich auslachen und die Schulöffentlichkeit als Idioten hinstellen, der seine Schüler nicht im Griff hat.

    In einem Betrieb fliegt man bei extremem Fehlverhalten raus, aus der Uni wird man von der Vorlesung ausgeschlossen nur an der Schule tut man sich schwer mit dem Ausschluss vom Unterricht. Um in dem Thread zu bleiben, glaubt ihr in China würde man lange fackeln wenn ein Kind aus der Reihe tanzt? Warum in Deutschland? Das ist doch politisch so gewollt.
    Es ginge imho auch anders. Wenn es erstmal Usus ist tageweise, dann Wochenweise Unterrichtsausschluss zu geben, dann wird sich die Schülerschaft schnell anpassen. (In anderen Ländern geht es ja auch mit der Disziplin und der Autorität des Lehrers).

    Einmal editiert, zuletzt von Silicium ()

  • Wie soll man als Lehrer 50 Schüler unserer Art unter Kontrolle halten?

    Ich habe gehört in asiatischen Ländern sind dererlei Wunder möglich. Muss eine innovative Technik sein. Genial, 50 Schüler und trotzdem kein Tohuwabohu im Unterricht. :thumbup:
    Und das, obwohl die pädagogisch quasi in der Steinzeit sind!

  • @Silicium: Als Student musst du ja noch nicht alles wissen. Dafür ist ja das Referendariat und die Praxis da!


    1. Die Schulpflicht beträgt regelmäßig 12 Jahre. Ein Schüler, der z.B. die Hauptschule nach 9 Jahren verlässt, ist danach berufsschulpflichtig. Wer nicht zur Berufsschule (z.B. im Rahmen einer Ausbildung) geht, bleibt im allgemeinbildenden Schulwesen schulplichtig. D.h. der typische G8-Schüler ist bis zum Abitur schulpflichtig.


    2. Einen Schüler auch nur für einige Tage vom Unterricht auszuschließen, ist ein langer Prozess, der in den Schulgesetzen klar geregelt ist (Stichwort: Ordnungsmaßnahmen). Diese Maßnahme kann nur eine Klassenkonferenz beschließen (zumindest in Niedersachsen). Und in der Regel müssen dem Ausschluss andere Maßnahmen vorausgehen (z.B. Anhörung des Schülers/der Erziehungsberechtigten, pädagogische Maßnahmen, schriftlicher Verweis durch den Schulleiter, Androhung des Ausschlusses usw.). Nur wenn sich der Schüler wiederholt schwerwiegend danebenbenimmt, ist so eine Maßnahme daher möglich. Ausnahmen snd wohl nur möglich, wenn die Anwesenheit des Schülers eine unmittelbare Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Mitschüler oder der Lehrkraft darstellt.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Wieso sollen jüngere eine derart massiv intensivere Betreuung benötigen. Denkst Du sie sind nicht intelligent genug zu verstehen, was "ruhig sein" bedeutet?


    "Lehramt: Sek II
    Fächerkombination: Wirtschaft, Recht"


    Da hast du natürlich absolute Kompetenz im alltäglichen Umgang mit SEK I Klientel.


    Jaja.


    Grüße
    Raket-O-Katz

  • Ich habe gehört in asiatischen Ländern sind dererlei Wunder möglich. Muss eine innovative Technik sein. Genial, 50 Schüler und trotzdem kein Tohuwabohu im Unterricht. :thumbup:
    Und das, obwohl die pädagogisch quasi in der Steinzeit sind!

    Für innovativ halte ich das weniger. Ich weiß nicht, wie es in China ist, aber ich habe mal mit einer japanischen Mutter, die auch Lehrerin ist, gesprochen. Dort sind die Klassen auch groß gewesen, die Schüler waren sehr diszipliniert, was für Lehrer durchaus angenehm ist. Aber wenn man bedenkt, welcher Konkurrenzkampf zwischen den Schülern besteht, wie gedrillt sie werden und welche Last Schule für die bedeutet, ist das auch beängstigend.


    Mir fehlt irgendwo der Mittelweg. Eine derartige Disziplinierung ist zwar löblich, fraglich ist jedoch, inwiefern man die jungen Menschen in ihrer Entwicklung dadurch unterstützt. In unserer Gegend hingegen ist es viel schwieriger, sich als Lehrer behaupten zu können, die Schüler sind undiszplinierter und respektloser. Ob wir pädagogisch so viel besser sind, kann ich aber auch nicht behaupten. Wir sind einfach anders...


    Im Übrigen habe ich das Gefühl, dass bei uns der Disziplin und dem Respekt große Steine in den Weg gelegt werden.Sitzenbleiben soll abgeschafft werden (Österreich), Schüler fallen trotz negativer Noten nicht durch wegen des Opportunismus des Lehrkörpers (Italien), etc... All das kann auch nicht zielführend sein.

  • 1. Die Schulpflicht beträgt regelmäßig 12 Jahre. Ein Schüler, der z.B. die Hauptschule nach 9 Jahren verlässt, ist danach berufsschulfpflichtig. Wer nicht zur Berufsschule (z.B. im Rahmen einer Ausbildung) geht, bleibt im allgemeinbildenden Schulwesen schulfplichtig. D.h. der typische G8-Schüler ist bis zum Abitur schulfpflichtig.

    Danke für die Info!



    Aber wenn man bedenkt, welcher Konkurrenzkampf zwischen den Schülern besteht, wie gedrillt sie werden und welche Last Schule für die bedeutet, ist das auch beängstigend.

    Ich gebe Dir recht, dass man den Konkurrenzkampf und den Druck auch nicht übertreiben sollte!
    Ich bin ja auch gar nicht für eine 1:1 Übernahme der strengen Verhältnisse, wie man sie zum Teil in asiatischen Ländern vorfindet und, wie sie von der Frau Meuß in ihrem Erfahrungsbericht geschildert werden.


    Man darf aufgrund übertriebenen Drucks und Konkurrenz aber nicht vergessen, dass Konkurrenz und Druck in Maßen sehr wünschenswert sind, weil sie erstens Ansporn sein können und zweitens das gesamte Leben ausserhalb der Schule (Wirtschaft, aber auch im Privaten, man denke an die Partnerfindung ;)) ein ständiges Konkurrieren ist und man das besser schnell lernen sollte. Allein schon würde der Mensch ohne Konkurrenz gar nicht existieren (Stichwort Evolution).


    Aber, wird mir Philosophus wieder sagen, Argumente aus der Evolution kann man da schon mal gar nicht bringen. Das Übertragen vom Sein aufs Sollen ist ein naturalistischer Fehlschluss, nicht wahr?


    Zurück zum Thema: Wichtig wäre eben, dass diese Konkurrenz in geordneten Bahnen läuft, also die Schüler nicht zu unfairen Aktionen verleitet werden oder, dass die Verlierer der Konkurrenzsituationen total schlecht da stehen.
    Es sollte einfach einen Anreiz geben Leistung zu zeigen und den Willen zu haben besser als andere zu sein. Es sollte Leistung auch stärker positiv herausgestellt werden! In asiatischen Ländern gilt es als normal sich erfolgreiche Menschen Vorbild zu nehmen, und da es in der Schule so, dass, wenn die jemanden vor der Nase haben der Großes leistet, sich die anderen hinhocken um den noch übertrumpfen oder zumindest das Gesicht zu wahren.


    (So habe ich das unzählige Male bei den Asiaten bei uns in der Forschung gesehen, die machen Nachtschichten wenn sie vom Prof. auf eine Wissenslücke hingewiesen wurden und nächsten Tag haben sie die geschlossen! Oder wenn sie bemerken, jemand anderes hat da etwas drauf, was sie noch nicht kennen. Dann heißt es "Kannst Du mir zeigen, wie das Gerät funktioniert?". Ich liebe so etwas, diesen Wissensdurst und das ständige Bestreben Höchstleistungen zu vollbringen.)




    In Deutschland wird jemand, der großartige schulische Leistungen bringt oft negativ besetzt als "Streber" oder "karrieregeil" bezeichnet und wenn man denkt, dass die Schüler bei uns anfangen zu versuchen den zu übertrumpfen, täuscht man sich in der Regel. (Zumindest in den meisten Fällen verglichen mit Asien eben!).
    ie meisten sagen sich:"Um Gottes Willen, so wie der Streber will ich ja gar nicht sein" und hocken weiter auf ihrem faulen Pelz.


    Jeder Leistungssportler weiß aber, dass man es nur durch den ständigen Willen besser zu sein an die Spitze schafft. Aber diese Konkurrenz wird von vielen Lehrkräften kategorisch (aus dem Menschenbild heraus?) abgelehnt.
    Gerade bei Frauen ist das zu beobachten und das ist wohl auch genetisch bedingt. Es gibt Studien die daraufhinweisen, dass Männer ein viel stärkeres Konkurrenzdenken haben. Insofern kann man da gar keinen Vorwurf machen!
    Man kann sich nur eben auch die Folgen überlegen. Nämlich wie wenig dieses natürliche, leistungsbefördernde Konkurrenzdenken bei kleinen Jungs in der Grundschule auf Gegenliebe seitens der Lehrkraft trifft und dementsprechend auch kaum gefördert, sondern eher unterdrückt wird bei so hohem weiblichen Anteil in den Primarkollegien. (Auch könnte ich mir vorstellen, dass die dort tätigen Männer in ihren Ansichten zu Konkurrenz und Druck auch nicht gerade anders sind, aber das ist sicher Spekulation).
    Ausnahmen gibt es natürlich immer, das ist klar (bevor hier wieder von Pauschalisierung gesprochen wird).

    Mir fehlt irgendwo der Mittelweg.

    Genau das ist nämlich auch mein Gedanke! Die Ansichten zu Leistung, Konkurrenz und der von den Schülern einzufordernden Disziplin sind zwischen China und Deutschland komplett entgegengesetzt.
    Genauso wie das in China mit Druck und Disziplin zu extrem ist, ist es in Deutschland extrem zu wenig.


    Nur ist es so, wie man in China beobachtet, dass dort bemerkt wurde, dass manches an ihrem Unterrichtsstil zu extrem ist und man sich da dann in "unsere" Richtung bewegt.


    (siehe Link http://www.wiwo.de/politik/aus…ch-der-ideen/5469430.html)


    Nur wie ist das in Deutschland? Da ist man ja im anderen Extrem und meine Beobachtung ist, dass man das gar nicht negativ wahrnimmt sondern im Gegenteil sogar NOCH mehr in dieses Extrem hineinsteuert.


    (Man beachte in einem Nachbarthread die tolle Idee Schnürsenkelschuhe aus dem Sportunterricht zu verbannen, damit auch ja kein Kind sich bloßgestellt wird. In China würde über das Kind vermutlich durch die Mitschüler gelacht, woraufhin es sich auf den A***** setzt und das lernt um nicht mehr Ziel vom Spott zu sein. Ist auch nicht schön, aber den MITTELWEG dazwischen suchen bitte!!!)


    Und wenn man dann eben aus China hört, dass die sich ein wenig an "unserer Art zu unterrichten" orientieren, dann wird das sogar bei uns als Bestätigung gesehen in unserem Kuschelextrem noch weiter zu gehen. Dabei ist es so, dass wenn China sich ein bisschen in unsere Richtung bewegt, es immer noch auf dem oberen disziplinfordernden, leistungsorientierten Ende der Skala befindet.
    Die Chinesen suchen sich eben nur einzelne Aspekte von unserem System die positive Resultate bringen (Gruppenarbeit und Teamarbeit als Methode einführen) und behalten ihre eigenen positiven Aspekte (dabei aber gleichzeitig eine strenge Disziplin fordern) bei, wohingegen wir nicht bereit sind das, was bei den Chinesen besser ist zu kopieren.


    Im Übrigen habe ich das Gefühl, dass bei uns der Disziplin und dem Respekt große Steine in den Weg gelegt werden.Sitzenbleiben soll abgeschafft werden (Österreich), Schüler fallen trotz negativer Noten nicht durch wegen des Opportunismus des Lehrkörpers (Italien), etc... All das kann auch nicht zielführend sein.

    Du wirst sehen, was mein Beitrag wieder für Reaktionen hervorruft. Dieser Widerstand den man strengerer Disziplin und dem Einfordern von Stillsitzen entgegenbringt ist so tief verankert, dass man Kritik, wie es meine Beiträge jetzt sind, als extrem bedrohlich für den Weltfrieden und den Humanismus sieht, dass man (und das bekommst Du gar nicht mit) wieder im stillen Schritte dagegen einleitet, damit so ein "Gedankengut" nicht gelesen wird.
    Zensur ist übrigens etwas, was ich aus China NICHT kopieren möchte, bevor mir jetzt gesagt wird ich fände doch alles toll in China :D

    Einmal editiert, zuletzt von Silicium ()

  • Zitat

    Im Übrigen habe ich das Gefühl, dass bei uns der Disziplin und dem Respekt große Steine in den Weg gelegt werden.Sitzenbleiben soll abgeschafft werden (Österreich), Schüler fallen trotz negativer Noten nicht durch wegen des Opportunismus des Lehrkörpers (Italien), etc... All das kann auch nicht zielführend sein.


    Josh:
    Ich kann das, was du über Japan beschreibst, sehr gut nachvollziehen. Ich habe vor ca. 15 Jahren ein halbes Jahr lang in einer japanischen Schule nördlich von Tokio gearbeitet. Der Druck auf die Schüler war (ist?) enorm! Nach der Schule ging es für die allermeisten Schüler mit privater Nachhilfe weiter bis in den Abend hinein. Die Suizidrate in Japan war (ist sie es immer noch?) erschreckend hoch. Der Erfolgsdruck, wie in China, ist enorm.


    Disziplin und Respekt hatte man früher als Lehrer von Natur aus, weil vor allem auch die Eltern dafür sorgten. Schule und die Schüler funktionierten unter dem Druck von Eltern und Lehrer darin "sehr gut". Heute gibt es viel mehr Freiheiten. Schüler merken, dass Schule oftmals mit ihrem Leben nichts mehr / zu wenig zu tun und äußern das auch nun "auf ihre Art". Spitzer fand ja nicht zufällig heraus, dass sich viele Sekundarstufen-Schüler vormittags physiologisch kurz vor dem Tiefschlaf befänden. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass Schüler mehr Sinn brauchen in dem, was sie tun, was sie lernen. Dann arbeiten sie auch motiviert. Ich erlebe es bei mir im Unterricht, dass das große Maß an Freiheit, die ich den Schülern für eigene Aufgaben, Projekte, Arbeiten gewähre, dazu führt, dass die Schüler an meine inhaltlichen Anforderungen bereitwilliger herangehen. Sie fühlen sich ernst genommen. Das sagen sie mir zumindest. Als ich als Lehrerin anfing, war das noch anders, da war ich auch noch ständig mit Druck und Erpressung (Elternanrufe, Nachsitzen, Extra-Aufgaben, Sitzenbleiben, schlechte Noten) dahinter. ich kannte es ja selbst nicht anders, bin damit groß geworden. Dieser Druck ist in meiner derzeitigen Klassen bei einem Kind leider noch nötig, aber zum Glück nicht mehr für alle. Irgendjemand hat hier geschrieben, dass Lehrer in China mehr Freiheiten hätten als in dem Spiegel-Artikel suggeriert würde und Lehrer durchaus in der Lage seien, die chinesische Schule zu verändern. Diese Haltung würde ich mir auch von mehr Lehrern in Deutschland wünschen. Stattdessen ist es doch eher öfter so, dass man hört: "Ohhh, den und den und den Stoff, den muss ich ja auch noch durchbringen." Ja, und? Was würde denn passieren, wenn nicht? Worum geht es in der Schule? Um den Stoff oder um den Schüler? Bulimie-Lernen las ich neulich - das sei das, womit man heutzutage das Lernen an den Schulen beschreiben könne. Inhalte würden aufgenommen und für den Test wieder ausgespuckt. Zugegeben - das ist effizient, ganz ehrlich! Ich kann als Lehrer in kurzen Zeitabständen viel Stoff durchnehmen. Nur ist der Preis dessen leider sehr hoch, das Wissen wird schnell vergessen, die Schüler identifizieren sich nicht mit dem Gelernten. Die Schüler lernen, dass das Lernen nichts mit ihnen zu tun hat. Das Interesse am Weiterlernen geht gegen null. Sagt auch Schleicher, der PISA-Koordinator, dass wir es zwar noch geschafft hätten, den Stoff zu vermitteln, aber die Motivation weiterzulernen, die eigenen Kompetenzen auszubauen, unzureichend gefördert hätten. Wo ich das genau las, müsste ich noch mal nachlesen, aber das war so der Tenor.


    "Von oben herab" funktioniert mit der heutigen Schülerschaft aber nicht mehr so, wie es sich mancher wünschen würde. Ich finde das für einen demokratischen Staat auch unwürdig. Aber anstatt dann nach Möglichkeiten zu suchen, wie es denn mit diesen Schülern besser gehen könnte, wird dann der Einfachheit halber gemeckert. "Die Schüler von heute, diiiie sind... so und so!" Das ist ja auch schön bequem, Jahrtausende alte Praxis, das gebe ich zu. So schiebe ich meine Verantwortung als LehrerIn wunderbar leicht ab. "Dass die Schüler von heute sooo schwach sind, so wenig lernbereit etc., ja DAS liegt doch nicht an mir!!" Ping-Pong-Verantwortung nenne ich das - jeder schiebt sich den schwarzen Peter zu - die Grundschule dem Kindergarten, die Sek I-Lehrer den Grundschulen, und so geht es munter weiter. Nicht zu vergessen, die Eltern den Lehrern und umgekehrt. Niemand will verantwortlich sein. Na, wunderbar! Und unter diesen Bedingungen der gegenseitigen Schuldzuweisung sollen aus unseren Kindern verantwortlich handelnde Menschen werden?? Ich wundere mich schon lange nicht mehr.


    Schüler brauchen mehr Sinn in der Schule und mehr Verantwortung für sich selbst - das geht nicht, wenn wir ihnen ständig alles vorgeben. Wenn Schüler die Erfahrung machen, dass sie lernen dürfen und nicht immer nur müssen, dann klappt es auch mit Respekt und Disziplin, so meine Erfahrung. Ein populär gewordenes Beispiel dafür sind auch die "Freedom Writers". Sogenannte Problemschüler aus einem US-amerikanischen Ghetto, die durch Respekt- und Disziplinlosigkeit auffielen und von einer Lehrerin "gebändigt" worden sind. Es ist also durchaus möglich. Der Weg dahin ist aber zugegebenermaßen steinig.


    http://www.freedom-writers.de bzw. http://www.freedomwritersfoundation.org

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