Anlaufschwierigkeiten oder größeres Problem?

  • Hallo zusammen, ich bin ganz neu hier und hadere momentan ein bisschen mit mir und meinen "Lehrerqualitäten" :rolleyes:


    Ich bin erst seit Mai im Ref und habe die 10 Wochen bis zu den Sommerferien eigentlich recht passabel hinter mich gebracht, denke ich. Das Feedback seitens der Ausbildungslehrer war ganz gut, die ersten beiden Unterrichtsbesuche liefen derart, dass mir zumindest schonmal gesagt wurde, ich würde gut vor der Klasse stehen und der Faktor Lehrerpersönlichkeit würde stimmen (soweit man das von 2 gesehenen Stunden her überhaupt beurteilen kann). Soweit, so gut.


    ABER: ich tue mich einfach wahnsinnig schwer mit der Unterrichtsplanung. Ich brauche wirklich ewig für eine Stunde, viel viel länger als meine Mitreffis, wenn ich mich so umhöre. Ich habe in den letzten Wochen läppische 6 Wochenstunden unterrichtet und war damit schon quasi Vollzeit ausgelastet (bzw. eigentlich überlastet), kam keinen Abend vor 1 Uhr ins Bett und hatte das Gefühl, mir fehlt an allen Ecken und Enden Zeit. Und das Schlimme daran ist, dass die Stunden, die dabei rauskamen, noch nichtmals besonders toll oder übermäßig kreativ waren. Ich hab in erster Linie mit den Lehrerhandreichungen gearbeitet (jedenfalls in der Fremdsprache) und trotzdem dauerte einfach alles viel viel viel zu lange gemessen am Resultat. Mir graut's schon vor dem neuen Schuljahr, wo ich dann 3 eigene Klassen/Kurse im BdU haben werde.


    Meine 2 Hauptprobleme sind:


    1.) ich brauche anscheinend eine viel gründlichere Ausarbeitung meiner Stundenverläufe, als meine Kollegen. Besonders in der Fremdsprache schreibe ich mir wortwörtlich alles auf, was ich sagen will, gehe die komplette Stunde 2-3x laut durch am Vorabend und feile an Formulierungen (und versuche, meine Sätze halbwegs auswendig zu lernen, um mich nicht zu verhaspeln). Das kostet natürlich alles wahnsinnig viel Zeit, ist aber zumindest momentan einfach noch nötig, weil ich bei spontanem Reden ständig Wörter und Strukturen benutze, die die Schüler noch nicht kennen.


    2.) ich bin einfach komplett unkreativ und ideenlos bei der Unterrichtsgestaltung ;( Ich sitze ewig lange vor meinem Material und mir fällt einfach absolut NICHTS ein, was ich damit anstellen könnte. Mein eigenes Lernen bestand immer aus Lesen & Verstanden-haben, von daher ist meine spontane Eingebung immer "lesen lassen, Informationen herausarbeiten lassen, zusammenfassen, fertig". Dass das kein Unterricht ist, ist mir aber natürlich auch klar. In Spanisch funktioniert die Planung noch halbwegs gut, aber in Erdkunde bin ich teilweise einfach total aufgeschmissen. Aktuell sitze ich an der Vorbereitung für meinen EF Kurs im nächsten Jahr und ich versuche seit geschlagenen 3 Tagen, das erste Thema zu planen und mir fällt einfach absolut gar nichts ein, was ich mit den Materialien und Inhalten anstellen könnte.


    Speziell Nr. 2 sehe ich inzwischen als ziemliches Problem, vor allem, wenn ich sehe, was andere Reffis in wesentlich kürzerer Zeit an
    tollen Ideen aus dem Ärmeln schütteln. Ich dagegen fühle ich mich einfach komplett
    unfähig und fehl am Platz, wenn ich stundenlang vor meinem Material sitze und nichtmals EINE Idee bekomme, wie ich das Ganze erarbeiten lassen könnte.


    Meine Frage daher: sind das - eurer Erfahrung nach - normale Anfangsschwierigkeiten und Handwerkszeug, das man mit der Zeit lernen kann, oder handelt es sich um Grundschwierigkeiten, die ein ernsthaftes Problem im Lehrerjob darstellen? Hatte jemand von euch evtl. mit ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen am Anfang?


    Würde mich sehr über Einschätzungen oder Erfahrungsberichte freuen :)

  • Ja. Das kann man lernen.


    Erster Schritt:
    Hör auf, dich mit anderen zu vergleichen!
    Die kochen auch nur mit Wasser, ob das alles so stimmt, was die erzählen, weißt du auch nicht und außerdem brigt das gar nichts.
    Und ja, es kann sein, das andere kreativer, sprachlich besser, besser im Umgang mit Eltern, Disziplinproblemen oder oder oder sind.
    Das ist aber egal.
    Wichtig ist, DEINE Stärken zu finden und die auszubauen.
    Und ja, die hast du. Ganz sicher. :)
    Die findest du aber natürlich nicht, wenn du dich nur negativ mit anderen vergleichst.


    Zweitens:
    Reihenplanung ist richtig schwierig. Also mach dich nicht zu sehr fertig deswegen.


    Setz dich erst mal hin und überlege, was das Ziel der Reihe ist. Was sollen die Schüler danach gelernt haben, inhaltlich, methodisch etc.
    Dann guckst du, welche Texte/Materialien geeignet sein könnten.


    Drittens:
    Nein, du musst das Rad nicht neu erfinden. Und schon gar nicht in allen Fächern und Stufen auf einmal.
    Was ist schlimm an 'Lesen, Informationen entnehmen, zusammenfassen' etc. Das sind wichtige Dinge, die die Schüler lernen müssen.
    Du bist Anfänger, seit gerade mal 10 Wochen dabei!
    Unterrichten ist sehr komplex, lass dir Zeit!
    Habe Geduld mit dir selber!
    Unterricht revolutionieren kannst du nach und nach. Und nicht alle, was fürchterlich aufwendig ist, ist automatisch besser. Referendare verfallen gerne in einen Methodenzirkus, dabei ist ein sauberes Lernziel, Lernprogression, Spaß an der Sache viel wichtiger!


    Warum musst du alles durchformulieren? Es ist normal (und auch gut) auch Strukturen zu verwenden, die die Schüler noch nicht kennen. Und das passiert einem Anfänger natürlich ständig.
    Versuche, deinen Sprachanteil zu reduzieren.
    Ein Satz für eine Aufgabenstellung und dann evtl auf Rückfragen warten.
    Mach dir evtl Karteikarten mit einem Satz pro Unterrichtsphase. Und ja, die darfst du natürlich im Unterricht benutzen.


    Und am wichtigsten: Hol dir Hilfe!
    Sprich die Kollegen, die parallel unterrichten an, frag nach Tipps, wo Schwerpunkte gesetzt werden müssen, welches Material gut geeignet ist, welches Lehrermaterial sie empfehlen können. Und plane dann ruhig erst mal Brot und Butter Stunden. Die sind schwierig genug. Die Kür kommt später. (Bei uns in der Fachschaft hat das z.B. die Fachkonferenzvorsitzende koordiniert, dass es nach Möglichkeit für jeden einen Parallelkollegem gibt, der einen Ref unterstützt. Fragen, fragen, fragen. Wir haben alle mal angefangen und standen vor exakt dem gleichen Problem)
    Wie gesagt, du bist gerade mal 10 Wochen dabei!
    Den Schülern gegenüber sind wir ja auch geduldig und wissen, dass Lernen dauert. Insbesondere komplexe Dinge. Gestehe dir dasselbe zu: Zeit und Geduld zum Lerrnen!
    Unterrichten ist anfangs ein bisschen wie Autofahren lernen, hoch komplex und gefühlt 35 Dinge gleichzeitig zu tun und zu beachten. ;)

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Meine Erfahrung zu Beginn war ganz ähnlich, nämlich dass Zeiteinsatz für Vorbereitung und Stunde in keinem Verhältnis miteinander standen.




    Zu dem "Sätze auswendig lernen". Den Tip hab ich sehr oft gehört. Es gibt verschiedene Gründe für diesen Tip. Einer besteht darin, dem LAA eine Möglichkeit zu geben, an seiner Lehrersprache zu feilen und vor der Klasse auf einem schülergerechteren Niveau zu sprechen. Da ist die Zielsetzung langfristig. Ein weiterer Grund kann darin bestehen, dass der LAA sich in Stundenabschnitten verhaspelt und hinten raus nicht mehr zum Ende kommt. In beiden Fällen, finde ich, wird er zu oft betont. Als Resultat werden die Stunden nämlich so detailliert, ja wörtlich geplant (und dann auswendig gelernt - Zeit!!! wie du ja selbst merkst), wie sie in 95% der Fälle nicht ablaufen. Man lernt da in der zeitlichen Mehrheit "für den Papierkorb".




    Was Sinn machen kann, ist, die Eckpunkte der Stunde wörtlich auszuformulieren, Lernziele, die angestrebt werden, Zwischenergebnisse, die benutzt werden sollen, Fragestellungen, um die es geht. Das sind pro Stunde vielleicht 3-4 Sätze. Alles was drumherum läuft, wird dagegen adhoc formuliert. Das muss dann am Anfang noch nicht 100% passen, aber dafür ist man sehr viel flexibler, wird auch sicherer im adhoc Sprechen vor der Klasse und braucht VIEL weniger Zeit für die Vorbereitung.




    Zur Stundenplanung selbst. Es spricht besonders als Berufsanfänger garnix dagegen, einfache Stunden zu machen. 08/15 Stoff mit hin und wieder vielleicht einem für die Klasse "neuen" Stundenteil, vielleicht mal eine neue Methode zu Beginn oder am Ende, die man die nächsten Wochen noch öfter benutzen will. Die Klassen honorieren das auch. Erstens werden SuS, die ständig mit Neuem konfrontiert werden, unsicher. Das wird insbesondere problematisch, wenn es sich um methodische Dinge dreht. Nichts ist so problematisch (besonders in einer Lehrprobe), wie SuS, die unsicher sind, wie sie etwas machen sollen. Zweitens wird ihre Erwartungshaltung gefördert und man ist dann irgendwann an der Stelle, wo das Unerwartete/Neue von der SuS wie selbstverständlich gefordert wird. Drittens, freuen sich SuS, wenn sie zeigen können, dass sie schon etwas können. Also sollte man ihnen auch die Chance geben und auf eingeübte Sachen/Methoden zurückgreifen. Wenn die Klasse das Material so und so zu handhaben gewohnt ist, dann macht man das auch so, wenn man nicht gerade die Klassenleitung übernimmt und auf absehbare Zeit viel länger und öfter in der Klasse drin ist (welcher LAA ist das schon?)




    Stunden mit Showeffekt sollte man sammeln und sich für die Lehrproben aufheben, es gibt je nach Fach und Jahrgangsstufe gar nicht so viele, wie man Anfangs glaubt. Und dann ist man halt Berufsanfänger und hat mit grundlegenden Sachen noch genug zu tun. Es bringt nichts, Zeit auf das Lernen des Loopings zu verschwenden, wenn man erstmal den Start üben muss und wie man die Höhe hält. Also einfache Stunden, einfache Ziele für sich selbst ("Heute mal mind. 4 Schüler vor der Klasse loben. Und Kevin, selbst wenn er wieder nix auf die Reihe bringt.")

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

  • Ich kenne das auch und kann mich meinen Vorrednern anschließen. Die Fremdsprache fällt mir auch leichter und EK ist teilweise schwierig, weil man in der Regel fast immer mit Texten arbeiten muss. Mir hat man irgendwann gesagt, dass die UBs das wichtigste sind und der BDU in dieser Zeit vernachlässigt werden kann. Letztlich sieht Dir dabei keiner zu und die SuS danken es einem auch nicht immer, wenn die Stunde perfekt ist.


    Zur mangelnden Kreativität: Es gibt haufenweise Seiten im Internet, die sich ausgezeichnet für den BDU eignen, zb 4teachers. Versuch doch mal, mit Kurzfilmen zu arbeiten, planet schule hat welche zu ganz vielen Themen, auch auf Spanisch. Und zuletzt bringt es was, einfach mal eine Methode einzubauen, angefangen beim Lerntempoduett, was man eigentlich jedesmal machen kann, bis hin zur Freiarbeit. Für die SuS ist eine Abwechslung, für Dich oft kaum Mehrarbeit. Und nun noch der Hinweis von meiner Mentorin: Die Vorschläge in den Lehrerbänden sind oft garnicht so schlecht, man kann sie so übernehmen. Die gibt es auch in EK von Klett und kosten für Referendare nur die Hälfte.


    Zuletzt ein Vorschlag, den wir bei uns im Seminar gemacht haben: Wir haben unsere UBs auf eine Plattform (mydrive) geladen, sodass alle EK Referendare mit Passwort darauf zugreifen konnten. Die Ideen sind dann nicht unbedingt für den nächsten UB ;-), aber im Unterricht super einsetzbar. Schlags doch mal vor, am besten ohne Fachleiter, manche haben da was gegen.


    Viel Erfolg!

  • Ich persönlich glaube, dass es einen klaren Unterschied zwischen Unterrichtsbesuchen und "normalem" Unterricht gibt. Für die Unterrichtsbesuche habe ich mich im Referendariat auch krumm gebuckelt, während ich meine normalen BDU-Stunden oft gar nicht oder nur sehr wenig vorbereitet habe. Gerade bei solchen Improvisationen lernt man auch sehr viel. Meine Ausbildungslehrerin im Fach Englisch hat mir zum Beispiel eines morgens einmal gesagt: "So, ich weiß, du solltest heute nur hospitieren, aber jetzt setzte ich mich mal nach hinten und du übernimmtst die Stunde heute. So etwas wird dir später im Berufsleben ständig passieren, dass du von jetzt auf gleich irgendwo einspringen musst. Mach doch einfach ein paar Sprachspiele." Die Idee fand ich toll. Natürlich steht man in der ersten Minute etwas ratlos vor der Klasse, aber ich habe dann tatsächlich 45 Minuten Sprachspiele gemacht - und die Schüler haben es natürlich geliebt.


    Was ich damit sagen will ist, dass man spontanes Unterrichten ein Stück weit auch lernen kann, wenn man sich selbst dazu zwingt. Gerade der BdU bietet sich hier an, weil eben keiner hinten sitzt und urteilt.


    Ansonsten wird dir sehr viel Input bei der Unterrichtsplanung bestimmt helfen. Schau doch mal, was es an Werken gibt, die schon fertige Stunden anbieten. Raabits zum Beispiel ist zwar sehr teuer, aber hat mein Leben SO VIEL leichter gemacht. Während des Referendariats, wo man sich ja wirllich fast nur auf die Unterrichtsbesuche konzentriert, habe ich z.B. nur mit Raabits meinen BdU gestaltet. Und das hat toll funktioniert. Die Stunden sind sehr schön ausgearbeitet und ich habe hier sogar viele Anregungen für meine Unterrichtsbesuche gefunden.


    Auch im Seminar wirst du sicher noch guten Input bekommen. Alles ist natürlich nicht toll, was sie einem dort vorstellen, aber du kannst ja für dich selbst entscheiden, was du dir für deinen Unterricht vorstellen kannst und was nicht.


    Also - Kopf hoch!

  • Zu dem "Sätze auswendig lernen". Den Tip hab ich sehr oft gehört.

    Ich bin selber noch Student mit nur Praxissemestererfahrung, aber das Auswendiglernen vorgefertigter Sätze die man zu den Schülern sagt halte ich für wenig sinnvoll. Das kostet erstens enorm viel Zeit und es wirkt bestimmt auch ein wenig hölzern. Mich stört es selbst immer bei Vorträgen, wenn man an der Betonung merkt, dass eine (meist sind es sehr schüchterne) Person ganz fleißig jeden Satz mit jeder Formulierung (wohlmöglich sogar einen Witz) auswendig gelernt hat und nun vorträgt. Da stellt sich bei mir immer eine Art von Fremdschämen ein und man empfindet die Person, sei ihr Vortrag auch noch so gut durch die ganze Vorbereitung, als unsicher!
    Freies, natürliches Sprechen und Formulieren halte ich für immens wichtig für die Glaubwürdigkeit und zur Unterstreichung, dass Du es drauf hast.
    Es gibt nur ganz ganz wenige Menschen, die auswendig gelernte Sätze von der Betonung so sprechen können, als wären die Sätze natürlich und spontan entstanden. Ich merke es bei den meisten sofort und auch die Schüler merken das bestimmt, wenn jemand alles vorformuliert, was er in der Stunde zu ihnen sagt.

    Ich habe in den letzten Wochen läppische 6 Wochenstunden unterrichtet und war damit schon quasi Vollzeit ausgelastet (bzw. eigentlich überlastet), kam keinen Abend vor 1 Uhr ins Bett und hatte das Gefühl, mir fehlt an allen Ecken und Enden Zeit. Und das Schlimme daran ist, dass die Stunden, die dabei rauskamen, noch nichtmals besonders toll oder übermäßig kreativ waren.

    Dein Arbeitsaufwand und die extrem magere Bezahlung für das Referendariat stehen in keinem Verhältnis! Wenn Du mit fertigem Hochschulstudium Vollzeit bis tief in die Nacht arbeiten sollst, dann muss man Dich auch so bezahlen. Mein BWL Sportskamerad vom Fußball arbeitet direkt nach seinem Studium als Teamleiter und ist auch bis abends spät beschäftigt, aber er verdient dafür so viel, da würde man selbst als fertiger Lehrer nach dem Ref mit vollem Geahlt noch ein bisschen neidisch sein könnte und er ist auch erst im 2. Jahr!


    Du musst also unbedingt sehen, dass Du ökonomischer arbeitest, auch, wenn Du dann einige (unbeobachtete) Stunden vielleicht nicht so toll machst wie sonst. Kein schlechtes Gewissen wegen der Schüler, wenn man von oben wollte, dass man Vollzeit vorbereitet im Ref, dann müsste man die Rahmenbedingungen (monetär) verbessern. Wie die Verpflegung, so die Bewegung.


    Wertvolle Tipps sind dazu:


    - vollen Einsatz und von mir aus, wenn Du nicht darauf verzichten kannst, vorgefertigte und penibel vorbereitete Sätze nur in Prüfungsstunden. Sonst zu genauer Planung bis runter zur Vorformulierung weglassen!
    - nutze schon vorbereitete Stunden für den unbeobachteten Unterricht und erfinde nicht jedes Mal das Rad neu (Quellen: Andere Refs, Internet usw.)
    - setze Dir ein knappes Zeitlimit zur Vorbereitung. Wenn die Zeit abläuft, ist die Stunde fertig vorbereitet (egal ob wirklich oder nicht) und Du gehst abends tanzen oder zum Sport, liest ein Buch oder legst Dich mit einem Glas Rotwein in die Badewanne. (Ist klar, durch das strenge Zeitlimit wirst Du automatisch lernen immer gröber zu strukturieren und mehr zu improvisieren)


    Ach, eigentlich wurde schon alles gesagt, ich hebe noch einmal besonders gelungene Tipps hervor:


    Für die Unterrichtsbesuche habe ich mich im Referendariat auch krumm gebuckelt, während ich meine normalen BDU-Stunden oft gar nicht oder nur sehr wenig vorbereitet habe.

    Das ist ökonomisch gedacht ! :thumbup:
    Dann wenn es darauf ankommt Einsatz zeigen, wenn niemand zuschaut, auf viel Freizeit und Entspannung zum Seelenausgleich sorgen um Kraft für den Einsatz zu haben!

    Gerade bei solchen Improvisationen lernt man auch sehr viel.

    Ich halte diese Fähigkeit zur Türschwellendidaktik für eine der entscheidenden Eigenschaften eines erfolgreichen Referendars oder Praktikanten! Wenn Du fachlich fit bist (also Dein Fachwissen der studierten Fächer immer parat hast), dann kannst Du ganz extrem viel Zeit, Nerven und Mühe sparen, wenn Du einfach viel improvisierst.


    Vorsicht: Unsichere oder schüchterne Persönlichkeiten empfinden die Situation nicht sehr gut vorbereitet zu sein oftmals als extrem unangenehm, deshalb weiß ich nicht, ob es dann für diese wirklich gilt!
    Gefestigte Persönlichkeiten mit Präsenz und Selbstsicherheit können so eine ungeplante Stunde allerdings sehr gut verkaufen so, dass man denkt, sie sei vorbereitet. Solch eine Persönlichkeit lässt sich meiner Meinung nach auch noch nachträglich (ein wenig) entwickeln. Je mehr Erfahrung man hat, desto einfacher geht es spontan, haben mir viele ältere Kollegen berichtet. Manche bringen es allerdings von Haus aus mit.
    Ich stimme MrGriffin zu, Du solltest es unbedingt mal probieren und üben! Wenn Du dann erfahren hast, mit wie wenig Aufwand man eine dennoch passable Stunde hinbringen kann, dann kommt Dein Verhältnis von Arbeitszeit, Gehalt und Lebenszeit hoffentlich auch besser in Balance.
    Der Lehrerberuf ist ein theoretischer "open end" Beruf, Du könntest rund um die Uhr arbeiten und es ist wichtig zu lernen sich selber Grenzen zu setzen.
    Regelmässig bis nachts um 1 Uhr zu arbeiten halte ich für zu riskant: Burnout, Tinnitus, hoher Blutdruck, vorzeitige Alterung sind alles mögliche Folgeerscheinungen.
    Solche Nachtschichten am besten nur, wenn eine Benotung ansteht und Du wirklich alles gut machen musst.
    Allerdings auch da, manchmal ist man ausgeschlafen und weniger vorbereitet frischer, kommt besser rüber, als unausgeschlafen und durchgeplant. Muss man dann mal ausprobieren.

  • Ich danke euch für eure schnellen und vor allem beruhigenden Antworten :) Hat mich alles sehr zum Nachdenken gebracht und am Ende stand die Erkenntnis, dass ich mir wahrscheinlich selbst viel zu viel Stress mache... obwohl das bisher eigentlich gar nicht meine Art ist.


    Das Ding ist halt, ich versuche ja nichtmals, besonders tolle Stunden hervorzuzaubern. Meine Zielvorstellung war: solide Stunden, die klar und verständlich gegliedert sind, ein Ziel verfolgen und methodisch nicht allzu überladen sind. Aber schon die normalen 08/15 Stunden dauern Ewigkeiten und ich dreh mich xmal im Kreis, bevor endlich eine halbwegs akzeptable Stunde steht. Das ist dann schon ziemlich frustrierend, wenn gleichzeitig die Kollegin jeden Morgen mit irgendwelchen supertollen Ideen ins Lehrerzimmer geflattert kommt und dabei anscheinend auch noch Zeit hat, ihr Privatleben ausgiebig zu pflegen. Eigentlich bin ich absolut nicht der Typ, der sich mit anderen vergleicht, aber momentan frage ich mich dann halt schon, ob die Eignung bei mir gegeben ist, wenn ich mich doch so viel schwerer tue als Leute in vergleichbaren Situationen.
    Aber es beruhigt mich sehr, dass es auch anderen so gegangen ist zu Beginn des Refs :)


    Ich werde zusehen, dass ich mir mehr Hilfe von den erfahrenen Kollegen hole (obwohl ich dabei immer das Gefühl habe, dass ich damit eher "störe") und mehr auf Dinge wie 4teachers oder andere Vorlagen zurückgreifen. Raabits reizt mich auch, ist aber finanziell momemtan leider gar nicht drin.
    Auf jeden Fall heißt mein Hauptziel für die nächsten Wochen und Monate jetzt erstmal, zeitökonomischer und effektiver zu arbeiten.


    Zum Ausformulieren: da spielen bei mir 2 Aspekte rein. Zum einen (das habe ich ja schon gesagt) erleichtert es die Kommunikation im Unterricht, weil ich mir vorher genau überlegen kann, ob die Schüler mich verstehen werden oder eben nicht. Zum anderen habe ich aber auch wahnsinnigen Stress damit, unter Beobachtung zu stehen, was sich in sprachlichen Aussetzern bei mir äußert. Bin ich mit den Schülern alleine im Unterricht, läuft es eigentlich alles sehr gut, sobald aber nur mein Mentor oder Ausbildungslehrer hinten drin sitzt, fange ich beim spontanen Reden an zu stottern, verhaspel mich, mache Fehler, etc. Das ist nicht nur peinlich, sondern natürlich auch qualitativ einfach schlecht. Um das zu umgehen, lerne ich eben alles, was ich sagen werde, auswendig. Habe ich mein Leben lang bei Vorträgen, Referaten, usw. so gemacht und ich glaube, man merkt es tatsächlich nicht bei mir. Ich lerne nicht nur "gerade" Sätze, sondern baue bewusst Halbsätze ein, die "spontan" umgestellt werden, vermeintliche Denkpausen, und all sowas eben. Mir hat nie irgendjemand gesagt, dass irgendetwas auswenig gelernt geklungen hätte. Im Ref war das Feedback bisher so, dass ich sehr klar und verständlich in meinen Arbeitsanweisungen und Gelenkstellen sei und dabei recht souverän und selbstsicher wirken würde. Aber letztlich ist es natürlich alles nur Schauspielerei.
    Ich sehe das aber nicht so sehr als Problem, weil ich das alles nicht brauche, sobald ich mit den Schülern alleine im Raum bin. Insofern wird es sehr sicher eine refspezifische Sache bleiben und sich nicht durch das gesamte spätere Berufsleben ziehen.
    Trotzdem ist es natürlich zeitintensiv und ich werde versuchen, mich schrittweise davon zu lösen. Die Idee mit den Karteikarten finde ich sehr gut und werde ich ganz bestimmt ausprobieren, vielen Dank dafür :) Da kommen dann wirklich nur noch die "Überleitungen" zwischen verschiedenen Phasen und die Arbeitsanweisungen drauf. Bei allem anderen muss ich mich zu mehr Spontanität zwingen.


    Mila81
    Eben die Tatsache, dass man in Erdkunde fast immer mit Texten arbeiten muss, stört mich so sehr. Eigentlich hat man dort so viele schöne, interessante, lebensnahe Themen und es ärgert mich einfach total, dass ich dafür keine interessante Art der Aufbereitung finde. Ist ja kein Wunder, dass die Schüler Erdkundeunterricht tendenziell eher doof finden, wenn es fast nur in Textarbeit ausartet.
    Filme zeigen ist nur begrenzt möglich, weil die Schulausstattung das nicht zulässt. Es gibt zwar einen portablen Beamer, allerdings hat der regelmäßige Aussetzer und ist daher kaum nutzbar. Ansonsten gibt es 2 (!) Fernsehgeräte für die gesamte Schule, die jeweils in einem Klassenraum fest installiert sind. Will man die Geräte nutzen, muss man darum bitten, dass die Klasse ihren Raum wechselt für die Stunde, mit den Fachlehrern sprechen, etc., was eben alles ziemlich umständlich ist und erst recht nicht spontan funktioniert. Geht also alles nur seeeeehr wohldosiedert ;) Ich hab schon überlegt, mir selbst einen Minibeamer anzuschaffen, aber irgendwie sehe ich das auch nicht so richtig ein. Ist ja auch nicht gerade günstig.


    Die Lehrerbände nutze ich, soweit ich eben kann. In Erdkunde haben wir uralte Dierckebücher, für die es keine Lehrerbände mehr gibt nach Verlagsauskunft. Und die Schule hat leider auch keine. Ich kopiere viel aus neueren Büchern zusammen und nutze die entsprechenden Handreichungen, soweit es eben die Themen zulassen.


    Die Idee mit der Plattform zum Austausch von Material im Seminar ist super, das werde ich auf jeden Fall mal ansprechen. Danke dafür!!

  • Aber schon die normalen 08/15 Stunden dauern Ewigkeiten und ich dreh mich xmal im Kreis, bevor endlich eine halbwegs akzeptable Stunde steht. Das ist dann schon ziemlich frustrierend, wenn gleichzeitig die Kollegin jeden Morgen mit irgendwelchen supertollen Ideen ins Lehrerzimmer geflattert kommt und dabei anscheinend auch noch Zeit hat, ihr Privatleben ausgiebig zu pflegen. Eigentlich bin ich absolut nicht der Typ, der sich mit anderen vergleicht, aber momentan frage ich mich dann halt schon, ob die Eignung bei mir gegeben ist, wenn ich mich doch so viel schwerer tue als Leute in vergleichbaren Situationen.


    Welche Leute meinst du damit? Die Kollegin, die jeden Morgen mit irgendwelchen Ideen ins Lehrerzimmer geflattert kommt, macht den Job doch schon ein paar Jahre, oder? Sie hat die Stunde, bei der du dich xmal im Kreis drehst, vielleicht schon 4x gehalten und schüttelt sie mittlerweile für 85% aller möglichen Klassenzusammensetzungen während 5min fertig aus dem Ärmel?


    Sich gegen so jemanden zu vergleichen ist aber ziemlich masochistisch, während man selbst sich wahrscheinlich noch Gedanken darüber macht, wie man die Stunde hübsch und vorteilhaft ins Klassenbuch eintragen könnte.... ^^


    Was die Beamersituation angeht, hab ich gute Erfahrungen mit den örtlichen Medienzentren hier in RLP gemacht. Vielleicht gibt es entsprechende Einrichtungen bei dir in der Nähe, bspw. in Gemeinschaft mit den örtlichen Stadtbibliotheken. Dort konnte man sich kostenlos Hardware ausleihen, die speziell für Schulen vorgehalten wurde, abgesehen von einer sehr großen Auswahl an Video- und Medienmaterial zu allen möglichen Unterrichtsthemen (DVD, VHS, bliblablubb...). Meine Schule hatte damals sogar eine eigenen Schulaccount für die Ausleihe. War alles sehr unkonpliziert, für eine Woche den Beamer auszuleihen für den Unterricht (und dann Videoabende zu Hause - Fußball auf der Großleinwand :thumbup: ) war da Standard...

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

  • Nein, die Kollegin ist leider auch Referendarin und ein Typ Mensch, aus dem kreative Ideen anscheinend nur so heraussprudeln. Sie bastelt Anschauungsmaterial, findet zu den abgedrehtesten Themen supertolle, problemorientierte Einstiege, schüttelt zu allen möglichen Themen spontan irgendwelche Ideen aus dem Ärmel, wie man sie anschaulich und interessant aufbereiten könnte... und ich stehe dann daneben mit meinem Text in der Hand :D Naja, aber ich bin heute schon entspannter als noch vor ein paar Tagen. Letztlich muss ich im Rahmen meiner Möglichkeiten meinen eigenen Weg finden.



    Das mit der Beamerausleihe ist ja eine tolle Sache; da werde ich mich direkt mal informieren, ob es hier so etwas auch gibt. Danke für den Tipp!

  • Hallo Maylin,


    meine Schule hatte auch nichts, als ich anfing. Mittlerweile habe ich in meinem Raum (Lehrerraumprinzip) sogar einen befestigten Beamer. Nach neuen Büchern habe ich einfach gefragt, das war kein Problem. Ich habe mir übrigens einige Hefte zum Stationen Lernen gekauft. Die kann man auch gut als Einzelstunden verwenden und nur Bausteine drum herum bauen. Und die gibts gebraucht und sind dann günstiger. Eine weitere Möglichkeit sind Zeitschriften für beide Fächer. Such einfach mal bei den Verlagen, da gibt es ganz viel und oft sind Unterrichtsvorschläge drin. Einige Downloads sind kostenlos. Die Zeitschriften sind nicht alle günstig, aber wenn Du in der Nähe einer Uni wohnst, geh dort mal in die Bibo. Die Artikel kannst Du vorher im Internet raussuchen, dann musst Du nicht umsonst fahren. Auch für Deine UBs findest Du da Texte für die Begründungen.


    Ach ja, und viele Verlage schicken Dir als Referendar kostenlos Gratispakete. Raabits ist auch dabei. Auch Firmen, die Material verkaufen, wie Stifte, Kleber etc. :)

  • Hat die Kollegin denn die gleichen Fächer?


    Und wie gesagt: jeder hat seine Stärken und ein großer Stundeneinstieg mit iel tam tam macht nicht automatisch eine gute Stunde. ;)


    Also weiter ruhig bleiben und Schritt für Schritt gehen.

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

Werbung