Lehrprobe: Spaghetti f. zwei oder Guanahani?

  • Liebe (alte) Hasen,


    ich bastle an einer Deutschlehrprobe und kann mich nicht entscheiden: Es soll ein handlungs- und produktionsorientierter Literaturunterricht werden am Gehalt einer kleinen Geschichte. Die Textbegegnung werde ich vorentlasten, in der Stunde soll es um eine (emotionle) Texterschließung gehen.


    Zwei Texte hab ich mir jetzt ausgesucht: Spaghetti für zwei von Cesco: hat ne schöne Handlung, hat ne deutliche Pointe, wenig wörtliche Rede, viele innere Mono-/Dialoge. Ist halt griffig, aber sehr bekannt, steht in vielen Schulbüchern und die Schulräte haben das bestimmt auch schon mal gesehen.


    Oder Guanahani, fast keine Handlung, ne versteckte Pointe, viel Dialog, nicht so griffig, offener, lässt mehr Raum für Interpretation, ist aber anspruchsvoller.


    Es ist ne 8. Klasse, Brennpunktschule, in Deutsch sind zwar viele schwach, aber durchaus offen und bereit, mit mir mit zu gehen...


    Vielleicht kennt jemand die Geschichten, oder hat sogar schon Erfahrung damit gemacht. Was meint Ihr?


    Danke schon mal, Lupa


    PS: Zu mir: bin eher so die unorthodoxe Kunstlehrerin, leicht chaotisch, nix für ne Rechtschreibstunde oder so...

  • Zitat Lupa :

    Zitat

    Es ist ne 8. Klasse, Brennpunktschule, in Deutsch sind zwar viele schwach

    Unter Berücksichtigung dieser anthropogenen Voraussetzungen würde ich an Deiner Stelle den weniger anspruchsvollen Text nehmen, also Deinen o.g. erstgenannten. 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    • Offizieller Beitrag

    Hm, gerade wenn du dich selbst eher als Kunstlehrerin bezeichnest, werden die Schulräte bestimmt genauer hinschauen. Was meinst du denn mit emotionaler Texterschließung?
    Bei mir ist die Lehrprobe zwar schon eine ganze Weile her, aber wenn ich die Texterschließung quasi zerstückelt hätte (in einer Stunde den Text lesen und besprechen und in der zweiten Stunde was dazu machen lassen- so verstehe ich zumindest deinen Plan) hätten meine Prüfer mich in der Luft zerrissen. Darüber, ob die Schulräte das schon mal gesehen haben, würde ich mir keine Sorgen machen. Viel wichtiger ist: Welche Geschichte passt besser zum Leistungsniveau deiner Schüler? Denn es gibt nix Schlimmeres als Schüler, die dich in der Lehrprober ratlos anschauen... Ehrlich gesagt, denke ich persönlich, dass die Schüler mit "Spaghetti für zwei" mehr anfangen können und man auch produktionsorientiert besser arbeiten kann.

  • Hmhmhm,


    Ihr seid also für den sicheren Weg...


    Die Guanahani Gecshichte ist halt schon auch nicht übel, weil es da um Beziehungen geht und Weglaufen oder nicht aus dem ganzen Zustand Schule-Zuhause und so. Das ist schon genau das Thema meiner Schüler. Und es sind Junge und Mädchen beteiligt..


    Spaghetti für zwei ist halt so pädagogisch. Hier spielen nur Jungs ne Rolle.


    Das mit dem Vorentlaten ist an der Hauptschule kein Thema ( sonst wären wir in 45 Minunten nur mit dem Lesen beschäftigt:))


    Danke Euch Frühaufstehern!

    • Offizieller Beitrag

    Ja, Spaghetti für zwei ist pädagogisch. Wo ist das Problem? Irgendwie bist du doch auch Padägogin oder willst es doch zumindest werden? Im Übrigen habe ich die Geschichte auch schon in einer achten Klasse Gymnasium durchgenommen. Es kommt immer auf die Aufbereitung an. Und die Geschichte ist auf Jungs und Mädchen anwendbar. Das Thema "Toleranz" bzw. "Vorurteile/Missverständnisse" ist doch gerade für eine Klasse in einer Brennpunktschule super. Ich könnte mir vorstellen, dass die Schüler "Guanahani" sogar langweilig finden, weil in der Geschichte selbst nicht besonders viel passiert (btw. für "Spaghetti für zwei" würde mir genug handlungsorientierte Aufbereitung einfallen- für "Guanahani" finde ich das schon schwieriger- außer, die Insel zu zeichnen und das wiederum finde ich nicht besonders ansprechend für den Deutschunterricht)

  • OK-ich bin überzeugt und stürze mich in die Arbeit. Komisch-irgendwie macht es ja auch Spaß, darüber nachzugrübeln. (Pervers!)


    Ich mach die Aussreissergeschichte mal wann anders mit den Schülern..


    Vielen Dank Hermine!!

    • Offizieller Beitrag

    Komisch-irgendwie macht es ja auch Spaß, darüber nachzugrübeln. (Pervers!)


    darüber musste ich nun doch schmunzeln: DAS ist schließlich unser Beruf: zu knobeln, wie wir die Schüler mit welchem Material umgehen lassen, damit sie einen Lernfortschritt machen können...... Pervers wäre jetzt nicht wirklich meine Vokabel der Wahl gewesen. :pfeif:

  • Wenn du mich grad sehen würdest, würdest du wahrscheinlich sofort verstehen, was ich meine..

  • Ach ach. Ich hab schon recht viel: Wenn es so läuft, wie ich mir das denke, kommen die Schüler mit einem kleinen Figurentheater (obwohl sie das hassen), nem Tagebucheintrag und einer Comikdenkblase bis zu dem Punkt: "H. erkennt, dass die Suppe seine eigene ist, erschrickt über sein Vorurteil, schämt sich und entschuldigt sich."


    Dann hab ich ne Lücke...


    Unten auf der Tafel sollte dann irgendwie hinkommen: H. erkennt, dass er aufgrund eines Vorurteils (falsch) gehandelt hat.


    Dann hab ich wieder ne (kleinere Lücke) und dann kommt der Lebensweltbezug: Ich mach die Tafel zu: da hängen Kopftuch Seppelhut und Schwarze Rastermähne. Schüler schreiben auf n Zettel, wo sie selbst so was schon mal erlebt haben/ ein Vorurteil hatten. Ich sammle das ein, lese eins vor und wir sprechen kurz darüber, wie man so etwas vermeiden kann. Das wärs dann auch, Schnauf.


    Hat vielleicht jemand ne Idee zu der ersten "Lücke" (Gelenkstelle)


    Mann-bin ich froh, wenn das vorbei ist...


    LG Lupa

  • Was meinst du mit Lücke?
    Überleitende Sätze von der einen Phase zur anderen oder willst du noch ein Stück, eine Phase dazwischenschieben?

  • Genau: eine Phase, eine Überleitung von der Präsentation der Ergebnisse (Schüler spielen kleine Szenen mit Figuren vor, lesen Tagebucheintrag vor) zur Ergebnissicherung.


    Möchte, dass unter den Ergebnissen an der Tafel der Satz steht: "H. erkennt....gehandelt hat"(s.o)


    Vielleicht denke ich zu kompliziert und es ist auch schwer, ohne die Stunde zu kennen, das zu beantworten. Wenn ich nur auf nen Pfeil oder so etwas deute, ist der Sprung für die Schüler zu groß...Ein Lücken-Satz ist zu billig. Irgendwie muss ich die Worte: Handeln/Vorurteil/ Missverständniss in die Schülermünder bekommen...


    Es muss ja nicht der Wortlaut sein, aber die müssen den Gehalt des Wendepunkts einmal in einen Satz fassen-das ist Der Kernpunkt und da sind die Prüfer scharf drauf..


    ?? Verstehst??

    • Offizieller Beitrag

    Müssen die Schüler da selbst drauf kommen oder kannst du sie in einem Gespräch dahin lenken?
    Und wenn sie das Figurentheater hassen (verstehe ich übrigens, kommt mir für eine 8. Klasse auch etwas zu kindlich vor), gibt es nicht eine andere Möglichkeit? Scherenschnitttheater beispielsweise oder einfach so in einem Rollenspiel nachspielen?
    Zur Phase der Überleitung: Auf welche Ergebnisse sollen die Schüler mit Spiel, Tagebucheintrag und Comicblase kommen? (Ich nehme an, das ist verteilte Gruppenarbeit, sonst ist die Stunde nämlich zeitlich allein damit sehr voll) Genau diese Ergebnisse kannst du doch dann an der Tafel festhalten z.B. mit der Leitfrage: "Welche Informationen bekommt man über Herbert" oder "Was hat Herbert falsch gemacht?"
    Der Schluss gefällt mir sehr gut, aber ich würde an deiner Stelle dann selbst nochmal den Bezug zur Kurzgeschichte herstellen.

  • der Königsweg wäre, dass sie selbst drau kommen (auf nen "stummen" Impuls die Antwort liefern)


    In der Texterschließungsphase erhalten die Schüler Teile der Geschichte, von der sie nur den Anfang kennen. Mehrere Gruppen, unterschiedliche Sozialformen, nach Leistung differenziert.


    - Schattenfigurentheater (danke) zu: H. entdeckt seinen eigenen Teller


    - Panel aus Comik mit Denkblase : H. erschrickt über seine Vorurteile (welche/warum und so)


    - Tagebucheintrag, wie sich H. schämt...


    - Schattentheater, wie sich H. entschuldigt


    Das hängt dann alles hübsch an der Tafel mit entsprechenden Wortkarten drunter. Und Jetzt???


    Jetzt sollte halt das alles in einem Satz münden, der den Kern ausdrückt.


    Dann kommt der Bezug zum Leben der S. mit einer anonyman Zettelabfrage und ganz am Schluss erfahren die S. das Ende des Autors, vielleicht als Hörspiel (dacht ich mir so..)

    • Offizieller Beitrag

    Hm, mit Pfeil sagtest du, sind die Schüler überfordert... Im Moment habe ich auch keine Idee und muss jetzt weg, aber ich denke intensiv darüber nach- versprochen!

  • Ich kann dich hinsichtlich deiner Entscheidungsschwierigkeiten verstehen. ich persönlich finde "Spaghetti für 2" auch sehr "pädagogisch", indem Sinne, dass die Pointe quasi auf dem Silbertablett serviert wird. Zudem ist die Geshcichte einfach uralt, jeder kennt sie etc.
    ABER: Die Schüler kennen sie in der Regel noch nicht (das würde ich allerdings vorher herausfinden) und sie finden sie witzig. Ich habe sie letztes Jahr in einer 8. leistungsschwachen Klasse besprochen und es lief ganz gut. Man kann den Schülern daran sehr gut die Kompetenz des "Zwischen-den-Zeilen-lesens" beibringen. Ich würde bei der Planung noch bedenken, dass Rassismus in einer Klassen mit vielen Migrations-Hintergrund-Schülern ein heikles aber auch spannendes Thema ist.
    Viel Erfolg :)
    Sofie (die das Ref. bald hinter sich hat, juhu :D )

  • Ich habs!!


    Ich weiß jetzt, wie die Schüler darauf kommen. Es ist zwar ein wenig unelegant, müsste aber funktionieren...(ist ein kleines Betriebsgeheimnis). Ich sag nur: in den Ritualen liegt manchmal die Chance...


    Ein bessere Idee hab ich leider noch nicht. Ich danke Euch für die ganzen lieben Antworten- Ihr habt mir sehr geholfen und ich hab mich an dem Schreibtisch nicht so allein gefühlt. Es hilft einfach, wenn jemand mitdenkt.


    Jetzt wurstle ich das mal weiter und bin aber für alle guten Tipps weiter offen.


    Sofie-meine Lieben kennen das bestimmt nicht- die lesen nämlich garnichts- oder gibts die Geschichte etwa schon auf facebook?


    Danke!!

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