Ethik Werkrealschule Klasse 8 und 9 Hilfe

  • Ich habe folgendes Problem: Meine Ethikklasse, sowohl 8 als auch 9 besteht zu fast 99% aus Muslimen. Das Interesse für das Fach geht gegen Null, in der siebten Klasse wurde anstelle von Ethik Kunst unterrichtet. Die SuS denken also, wir machen diese Spielereien jetzt weiter. Gesprächsregeln werden nicht eingehalten, es dauert lange bis ich zum eigentl. Thema komme, teilw. aggressives Verhalten, Schimpfwörter etc. Kurz gesagt: Die Störungen nehmen zu. Was kann ich dagegen tun? Strafarbeiten ziehen nicht wirklich. Ich habe großes Interesse an dem Fach und ich würde gerne die SuS "mit ins Boot holen". Wie könnte ich das schaffen?


    Über Tipps würde ich mich freuen!

  • Vorweg: Ich habe mit der Schülerklientel an einer Werkrealschule keine Erfahrung; deshalb meine Tipps/Himweise/Fragen cum grano salis nehmen:


    • Wenn die Gesprächsregeln nicht eingehalten werden (ich vermute: man lässt den anderen nicht ausreden oder hört ihm nicht zu), würde ich statt eines Unterrichtsgesprächs im Plenum kooperative Formen vorschlagen, d. h. das Gespräch in kleine Teilschritte zerlegen. Was bei mir gut funktioniert: Think – Pair – Square – Share. ("Square" kann man auch schon mal weglassen.) Der Vorteil: Jeder kommt erstmal in der Kleingruppe zu Wort und kann seine Gedanken im eigenen Tempo sortieren; erst am Ende wird das Erarbeitete ins Plenum eingebracht.
    • Meine Schüler fühlen sich dann angesprochen, wenn sie selbst etwas machen dürfen: Konzepte erarbeiten, Alternativen aufweisen, Fantasien entwerfen. Gerade im Ethikunterricht kann man da ja einiges machen: Utopien/Dystopien, Dilemma-Geschichten etc.
    • Soweit möglich in jedem Thema von den Schülern Schwerpunkte festlegen lassen, d. h. sie zumindest zum Teil am Planungsprozess beteiligen.


    Viel Erfolg!

    • Offizieller Beitrag

    ebenfalls ohne Erfahrungen an deiner Schulform, aber viel Erfahrungen mit Mittelstufenklassen:


    ich mache es genau umgekehrt. Wenn Störungen und Nebenbeschäftigungen zunehmen, halte ich den Unterricht auch enger, aber mit weniger Gruppenarbeit. Dann wird kleinschrittig und mit viel Schreibarbeit gearbeitet. Konkrete Aufgabenstellungen am Text und nicht zu großzügige Zeitvorgaben (!!), verstärkt Einzelarbeit, sehr konsequentes Einschreiten gegen Störungen. An unserer Schule gibt es ein Konzept dafür, das alle Kollegen und Schüler kennen.
    Ist dann nach einiger Zeit eine gweisse Ruhe eingekehrt, kann man den Unterricht wieder stückweise mehr öffnen.

  • Womit der Unterschied zwischen Ethik/Philosophie und Latein wohl hinreichend bestimmt ist ...
    Man könnte die muslimischen Schüler ja 100x die 10 Gebote (und für Wiederholungstäter: die Bergpredigt) abschreiben lassen.

    • Offizieller Beitrag

    Philosophus, vielleicht kannst du sinnentnehemnd lesen, dass ich 1. durchaus mehrere Fächer unterrichte?
    Zweitens: was wenn nicht Philosophie enthält Lateinlektüre, teils auch schon in der Mittelstufe?
    Drittens bezog sich meine Antwort auf den Umgang mit allgemeinen Unterrichtsstörungen in der Sek.I.
    Das Ausgangsproblem scheint eher eine Disziplinfrage als eine fachgebundene inhaltliche Frage zu enthalten.
    Aber unser TE meldet sich bislang gar nicht mehr, vielleicht hat er sein Problem ja schon gelöst



    P.S. Ach ja, Vorurteile hast du aber nicht, oder ?????

  • Nun, ich habe tatsächlich oben wohl etwas flapsig formuliert. Deswegen betone ich sicherheitshalber für die des Sarkasmus weniger fähigen Kollegen (wer auch immer das im Einzelnen sein mag ...): Ich habe an allen Schulen, an denen ich bislang länger unterrichtet habe – es sind derer unterdessen drei –, hervorragende Lateinkollegen kennen lernen dürfen, deren Arbeit mir großen Respekt einflößt. Auf Maßnahmen der o. g. Art mussten sie, soweit ich weiß, kaum zurückgreifen – zugegeben bei einer rundweg gymnasialen Klientel.


    Wenn ich nun oben flapsig von "Latein" sprach, so habe ich das streng genommen als Chiffre genommen für einen Unterricht, der in der (deutschen) Pennäler-Literatur und in den Lümmel-Filmen mit Hansi Kraus hinreichend verdichtet dargestellt und parodiert worden ist und von dem ich fälschlicherweise annahm, er existiere nur als mediale Chimäre. Ein solcher Unterricht wäre aber, und damit komme ich auf das zurück, was mit dem flapsigen Kommentar eigentlich ausgedrückt werden sollte, ziemlich genau das Gegenteil von dem, was mit Ethik- und Philosophieunterricht intendiert ist. (Dass im Lateinunterricht Cicero und Seneca zur Sprache kommen, bedeutet ja nun nicht zwingend, dass im Unterricht auch philosophiert würde.) Enggeführte Schreibarbeit unter Zeitdruck, bei der mit offenen Formen als "Belohnung" gewedelt wird, ist m. E. nahe der Dressur und damit in meinen Augen völlig ungeeignet, Interesse für Themenkomplexe zu wecken, d. h. die Schüler "ins Boot zu holen". Bei Fächern, in denen es darum geht, bestimmte Wissensbestände zu erwerben, mag das noch angehen, aber für den Ethik- und Philosophieunterricht ist das tödlich. Insofern ist die Trennung von Fachmethode und Inhalt nicht so einfach, wie es scheint:


    http://www.gymnasium-kerpen.eu/schule_karikatur.jpg



    Zu guter Letzt: ich habe nicht wenige Vorurteile, und manche davon werden dann und wann bestätigt.

    Einmal editiert, zuletzt von philosophus ()

  • ...nunja. man kann auch ethik so unterrichten, und das ist bei manchen mittelstufenklassen gar nicht so verkehrt. schüler schätzen disziplin ab und an durchaus. der krach und das chaos und die ständigen doofen witze nerven die meisten sus nämlich genauso wie dich.

  • Natürlich. Es ist ja nicht verboten, schlechten Unterricht zu machen.


    Was Du in Deinem ersten Beitrag hier geschrieben hast (Kooperative Lernformen, aktiv werden, selbst Schwerpunkte aussuchen) klingt nach gutem Ethikunterricht!


    Manches andere finde ich aber absolut daneben. Kooperative Lernformen sind nicht für jede Lerngruppe geeignet. Nicht alle Sus sind zu einer Aktivität zu bewegen, die wir uns als Lehrende wünschen. Wenn in so einem Fall "enggeführte Schreibarbeit unter Zeitdruck" besser funktioniert als kooperative Lernformen, dann ist in diesem Fall die "Dressur" der passende Unterricht und Think Pair Share nicht.

  • Dressur und Disziplin sind keine Unterrichtsformen. Dass das angemessen sein mag, um eine bestimmte Menschengruppe ruhig zu halten, bestreite ich gar nicht. Aber diese Disziplinierungsmaßnahmen finden dann statt Unterricht statt. Die Selbstverständnis, mit der diese Ersatzhandlungen für eine alternative Unterrichtsform gehalten werden, irritiert mich zunehmend. Nun gut, ich korrigiere mich: Nennen wir es statt schlechtem Unterricht "Nicht-Unterricht".

  • faustregel (auch recht gut empirisch validiert): je schwächer die schüler, umso mehr struktur braucht dein unterricht. ein bisschen think-pair-share reicht da nicht immer, vor allem nicht in der mittelstufe in einem aus schülersicht eher unwichtigen fach in einer randstunde bei eher schwachen lernenden, noch dazu mit einem neuen lehrer ohne beziehung zu ihnen vorn.


    oder: mach eine weile kleinschrittigen, stark strukturierten unterricht, den du mittels erziehungsmaßnahmen (nenn es von mir aus dressur, egal) durchsetzt. parallel investierst du in beziehungsarbeit. und zwar viel. und dann wird das schon. lehrerzentriert und kleinschrittig heißt nicht, dass die schüler weniger lernen. bei den beschriebenen lerngruppen eher das gegenteil.


    nicht jede methode passt auf jede lerngruppe und jeden lehrer. guter unterricht ist langfristig erfolgreicher unterricht. offener unterricht hat seinen platz, genau wie lehrerzentriertes arbeiten und viele schreibaufträge.

    Einmal editiert, zuletzt von kecks ()

    • Offizieller Beitrag

    uiii.


    Ich möchte mich doch mal ganz stark dafür einsetzen, dass guter und schlechter Unterricht nicht unbedingt nur an der Methode festzumachen sind.
    Guter Unterricht ist Unterricht, der die Schüler erreicht.
    Wenn der Unterricht jedoch von Lustlosigkeit und Störaktionen geprägt ist, und darum ging es ja im Auagangspost, dann ist er nicht gut, egal welche Methode man anwendet.
    Wenn eine Klasse im pubertierendem Alter meint, sie müsse hauptsächlich rumkaspern, schwatzen od er gähnen, zeigt es, dass die gewählte Unterrichtsform zu strukturlos ist. Eben kein "guter" Unterricht.


    Dementsprechend fährt man als Lehrer gut damit, die Unterrichtsform zu überdenken.
    Das Wort Dressur ist da genauso fehl am Platz wie die Vorstellung: je mehr Think-Pare-Share, desto besser bin ich als Lehrer. (Wohlgemerkt, ich wende diese Methoden auch alle an, aber es funktioniert nicht in allen Klassen).


    Aber vielleicht bin ich zu praxisorientiert und zu wenig sozialromantisch angehaucht... :pfeif:

  • Natürlich. Es ist ja nicht verboten, schlechten Unterricht zu machen.


    Ich finde dein Auftreten hier sehr arrogant und überheblich. So über den Unterricht anderer zu urteilen, finde ich äußerst unverschämt.
    Und nur weil der Lehrer denkt, sein Unterricht wäre klasse, heißt das nicht gleich, dass die Schüler das genauso sehen.
    Ich unterrichte ebenso Ethikschüler wie die Threaderstellerin an einer Werkrealschule. 25 Schüler, 24 mit "Migrationshintergrund". Leider sehr viele Problemschüler. Da kann man leider nicht so unterrichten, wie man es gerne würde, da man sonst als Lehrer nach 2 Stunden erledigt ist.


    Die Schüler brauchen leider eine gewisse Führung und fordern diese auch ein. Natürlich kann man mit ihnen offen arbeiten, aber nicht so wie du es dir vorstellst.
    Das geht leider nur mit gewissen Schülern und so wie es aussieht wohl hervorragend mit Gymnasiasten...
    Ich würde mir nie anmaßen, einer Kollegin Tipps zu geben, deren Lerngruppe ich nicht kenne. Geschweige denn beurteilen, ob ihr Unterricht gut oder schlecht ist.
    Wichtig ist, was hinten rauskommt. Ob die Schüler dabei Spaß haben, ist mir ehrlich gesagt zweitrangig. Der Lernerfolg zählt für mich. Und dieser sieht an einer Werkrealschule eben anders aus als an einem Gymnasium.

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