Zweifel am Studium im ersten Semester

  • Hallo,


    ich studiere Lehramt für die Sekundarstufe im ersten Semester für die Fächer Deutsch, Geschichte und Geographie.


    Ist es euch auch so ergangen, dass ihr am Anfang gedacht habt wofür all diese Sachen braucht (z.B. in Deutsch Semiotik), vor allem die Bildungswissenschaften wo wir u.a. gerade die Geschichte der Pädagogik machen erscheinen mir für den späteren Lehrerberuf relativ unwichtig. Mittlerweile zweifle ich schon daran, ob das Lehramtstudium wirklich der richtige Weg ist weil selbst Geschichte, früher man allerliebstes Fach, ziemlich trocken erscheint.


    Erging es auch am Anfang auch so, ergibt das in den späteren Semestern vielleicht mehr Sinn?


    mfg
    Plinius

  • wenn dich die gegenstände interessieren, dann wird dir das wissenschaftliche arbeiten daran freude machen. wenn nicht, dann nicht. gib dem ganzen noch etwas zeit, wenigstens bis ende des zweiten semesters, und wenn es dich dann noch nicht gepackt hat (du z.b. noch ernsthaft überlegst, wozu du bestimmte inhalte aus dem studium für die schule brauchst - ernsthaft? du machst bildung, keine ausbildung... wenn du eine ausbildung machen willst, dann bewirb dich z.b. in einer bank; du lernst an der uni in den geisteswissenschaften eine spezifische art zu denken und vor allem zu fragen und zu arbeiten, weniger bestimmte inhalte, die du dann vor schülern wiederkäust), dann mach was anderes, was dir mehr freude bereitet. du bist noch sehr jung nehme ich an (unter 20?) - deine sicht der dinge wird sich hoffentlich im laufe des studiums noch deutlich verändern.


    (nur so als ein baustein unter vielen: wie willst du jemals verstehen, warum du bestimmte sachen im unterricht so und so und nicht auf andere weise vermitteln sollst, wenn du nicht die geschichte der pädagogik, also die geschichte dieser "arten und weisen" kennst? du willst doch an der uni hoffentlich nicht einfach nur kochrezepte des unterrichtens gezeigt bekommen, und dann ab in die praxis?! die vergangenheit erklärt dir die gegenwart - warum es so geworden ist, und nicht eben ganz anders. allein schon deshalb solltest du dich dafür interessieren, wenn du lehrer werden willst. als geschichtslehrer gleich zweimal. warum, denkst du, sollte man jungen menschen geschichte beibringen?... genau. siehe oben.)

    • Offizieller Beitrag

    Das wirst Du einen jedem Lehramtsstudium haben, dass Du da Inhalte hast, die Du hinterher selten bis nie gebrauchen wirst. Aber gerade als Lehrer ist es natürlich auch wichtig, über den normalen Lernstoff die Gesamtzusammenhänge zu verstehen, zumal du dir selbst auch immer neue Inhalte beibringen werden musst. Mich zum Beispiel hat Rechnungswesen nie interessiert, aber jetzt rate mal, was ich seit letztem November zum ersten mal in meiner Schulkarriere unterrichten muss?

  • also aus meiner Sicht gibt es da nur zwei Möglichkeiten:

    • entweder dich interessiert der spätere Beruf und du gehst den Weg bis zum Ziel (bis man weiß, ob man das wirklich machen will, sind vielleicht einige Semester und einige Praktika notwendig) ODER
    • der Beruf des Lehrers ist dir nicht so wichtig und du suchst dir schon im Studium etwas, dass dich mehr fesselt (zB anderen Studiengang, eine Ausbildung etc).

    Ich kenne das Gefühl, dass man manche/viele Dinge aus dem Studium erst mal nicht zu brauchen scheint. Aber ich wollte immer Lehrerin werden und
    dann hieß es eben: Augen zu und durch!

  • Das kenne ich nur zu gut. Ich habe mich während des Studiums ständig gefragt, wofür ich diesen Mist brauchen kann. Mit Vorbereitung auf die Schulpraxis haben nur die aller wenigsten Seminare zu tun. Die Lehrerausbildung müsste auch dahingehend reformiert werden... Selbst meine Didaktikseminare waren weitgehend unbrauchbar.
    Andererseits geht es in einem Lehramtstudium ja auch nicht darum, das zu lernen, was man seinen Schülern beibringt (das sollte man weitgehnd schon können ;) ), sondern wie schon geschrieben wurde die geistenswissenschaftliche Denkweise und Arbeitstechniken zu lernen. Inhalte sind da eher exemplarisch zu betrachten.


    Insgesamt kann ich dir nur raten (falls dir der Lehrerberuf wirklich wichtig ist): Augen zu und durch!


  • Ist es euch auch so ergangen, dass ihr am Anfang gedacht habt wofür all diese Sachen braucht (z.B. in Deutsch Semiotik), vor allem die Bildungswissenschaften wo wir u.a. gerade die Geschichte der Pädagogik machen erscheinen mir für den späteren Lehrerberuf relativ unwichtig. Mittlerweile zweifle ich schon daran, ob das Lehramtstudium wirklich der richtige Weg ist weil selbst Geschichte, früher man allerliebstes Fach, ziemlich trocken erscheint.


    Entschuldigung, aber du findest die Geschichte der Pädagogik unwichtig, wenn du Lehrer werden willst, noch dazu mit Geschichte als Fach? Dann bist du wohl wirklich in der falschen Veranstaltung.


    Wir haben tagtäglich mit den Fragen zu tun, die die pädagogische Wissenschaft von jeher beschäftigt. Wenn wir diese Entwicklungen nicht kennen, werden wir das Rad wieder und wieder neu zu erfinden versuchen. Das solltest du doch wissen, wenn dich Geschichte interessiert??


    Was meinst du denn zu "brauchen", um Lehrer zu werden? Und was meinst du denn, was deine Dozenten tun sollen?


    Du sollst vor allem erst mal lernen, strukturiert zu denken und zu arbeiten. Du brauchst immer einen weiteren Horizont als deine Schüler. Und du musst immer darauf eingestellt sein, dass sie dir genau diese Frage ständig stellen werden: Wozu brauchen wir das alles? Warum Gedichte, Jahreszahlen, irgendwelche Hauptstädte? Was wirst du ihnen darauf antworten? Genau das solltest du dir jetzt sagen. Nämlich dass man a) gar nicht wissen kann, was man alles brauchen wird und b) neben Fachwissen immer auch Methodenwissen gelernt wird.


    Diese Fragen werden in der Bildungswissenschaft übrigens rauf- und runterdiskutiert. Das ist dir wohl bisher entgangen, aber wie soll das denn auch funktionieren? Man muss nun mal bei den Buchstaben anfangen, wenn man Sätze lernen will. Stell dir einen Erstklässler vor, der fragt, wozu er das A braucht. In dem Stadium bist du anscheinend gerade. Du hast dein Studium freiwillig gewählt, jetzt knie dich rein und mach einfach. Das Puzzle ergibt irgendwann Sinn. Und wenn du zu ungeduldig bist, so lange zu warten, dann solltest du dir rasch Alternativen überlegen - Geduld ist eine Grundvoraussetzung für das Lehrersein.

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