Zurückstufung oder L-Schule?

  • Hallo,


    Ich bräuchte Euren Rat.
    Meine Pflegetochter ist im Juni 8 Jahre alt geworden. Sie kam
    zu uns mit knapp 4 Jahren vollkommen retardiert, auf dem
    Entwicklungsstand höchstens eines 1-Jährigen Kindes.
    Sie wurde 1 Jahr zurückgestellt und ist letztes Jahr in die
    Grundschule eingeschult worden. Sie bekommt 2 Stunden Integration und hat die Versetzung nach L-Einstufung geschafft.
    Mittlerweile bin ich mir nicht sicher, ob die Versetzung ihr
    entgegenkommt. Sie rechnet im 10-er Bereich, kennt alle
    Buchstaben, das Lesen von einzelnen Wörtern klappt meistens,den Sinn erfasst sie nicht immer.
    An sich hat sie in dem Jahr eine sehr gute Entwicklung durchlaufen. In die Klasse ist sie sehr gut integriert,sie ist ein sehr liebes und soziales Kind. Allerdings ist sie nicht immer bei der Sache, steht öfter auf, hält ein Schwätzchen und ist
    sehr verspielt.
    Ich weiß nicht, ob das die Lösung ist, dass sie mitgezogen wird
    und der Stoff den die Klasse macht einfach an ihr vorbei zieht?
    Was ist die Alternative? Soll sie die Klasse wiederholen und den Stoff der ersten Klasse verfestigen? Oder sollte sie gleich
    in die L-Schule? Das wäre schade wegen der guten Freunde.
    Sie identifiziert sich eigentlich eher mit den Jüngeren und
    ahmt viel die Kleinen im Verhalten nach, wobei sie auch gleichaltrige Freundinnen hat.
    Was wird aber, wenn sie dann mit 11 Jahren erst in der 4.Klasse ist?
    Geht das überhaupt, dass ein Integrationskind zurückgestuft wird?
    Was würdet ihr vorschlagen?
    LG Dani

    • Offizieller Beitrag

    Soweit ich weiß ist im Saarland grundsätzlich die Integration eines Förderkindes in GS-Klassen möglich. Am besten Du sprichst zuerst einmal mit der Klassenleitung.


    Gruß leppy

  • Hallo Leppy,


    danke für deine Antwort.
    Sie bekommt schon 2 Stunden Integration und darf somit
    bis zum Ende der Grundschulzeit in der Klasse bleiben.
    Das Problem ist, dass sie eigentlich ihre Zeit in der Schule absitzt, weil der Abstand zur Klasse immer größer wird, da ist mit 2 Std. Integration nicht viel getan. Deswegen frage ich mich, ob eine Wiederholung zur Verfestigung nicht besser wäre, damit sie eine Grundlage hat auf der sie aufbauen kann. Es ist nämlich unklar, ob es an der Entwicklungsverzögerung liegt oder doch gravierende Schäden
    vorliegen(evtl. Alkoholembreyopathie.)
    Der erste IQ-Test brachte ein Ergebnis im sprachl. Bereich 85
    und im Handlungsbereich knapp 100.
    Bei einer anderen Psychologin kam ein Gesamtwert von 78
    heraus. Wobei sie relativ kurze Konzentrationsspanne hat.
    LG Dani

  • Hallo Dani,


    irgendwie hört sich deine Beschreibung so an, als ob du dich mit dem Gedanken der Rückstufung schon angefreundet hast, oder?
    Ich weiß zwar nicht, ob ein I-Kind grundsätzlich zurückgestuft werden kann, aber das kannst du ja in der Schule in Erfahrung bringen. Ansonsten spricht doch viel für die Wiederholung der ersten Klasse (Entwicklungsverzögerung, Wiederholung und Festigung der Lerninhalte, Beziehung zu jüngeren Kindern, etc.)


    Es hat vermutlich wirklich wenig Sinn, deine Pflegetochter mit aller Gewalt durch die zweite Klasse zu bringen, wenn ihr das erste Schuljahr bereits schwer gefallen ist. Schließlich werden die Leistungsanforderungen nun höher und der Abstand zum Rest der Klasse wird immer größer. Wenn es schlecht läuft, verliert sie irgendwann die Motivation am Lernen und hat keine Lust mehr auf Schule...
    Ihre Freunde kann deine Tochter auch nachmittags noch treffen, und dass sie evtl. zu "alt" für die erste Klasse ist, find ich eher nebensächlich (zumal sie ja von ihrer allgemeinen Entwicklung anscheinend noch gut zu den Erstklässlern passt).
    Die Überlegung mit der L-Schule ist vielleicht auch nicht unbedingt verkehrt (auch auf die Gefahr hin, dass ich jetzt von einigen Forumsmitgliedern gesteinigt werde ;) )
    Von wem wurde deine Tochter denn getestet? Die Rückstellung vom Schulbesuch, die immense Entwicklungsverzögerung, der Konzentrationsmangel und ein IQ von um die 80 wären für mich als überprüfende Sonderschullehrerin schon ein Grund, den Eltern den Besuch der L-Schule anzuraten. Hier kann deine Tochter einfach gezielter gefördert werden als in 2 I-Stunden pro Woche.
    Sprich doch einfach nochmal mit der I-Lehrerin deines Kindes (müsste doch eigentlich ´ne Lehrerin von der zuständigen L-Schule sein, oder?) und höre, was sie dir rät.


    Gruß
    Potilla

    Man muss nicht immer jeden da abholen, wo er steht - manchmal ist es auch wichtig jemaden da zu lassen, wo er sein will!

  • Hallo Dani,
    ich habe auch mal ein Integrationskind gehabt, dass im 1. Schuljahr zurückgenommen wurde. Das hat dann erst recht Probleme gegeben. Da das auch im Saarland war, ich bin hier Lehrerin, meld dich doch mal per E-Mail bei mir.
    Titania2412@aol.com

    Wer nie verliert, hat den Sieg nicht verdient.

    Einmal editiert, zuletzt von Titania ()

  • Hallo Potilla,


    der erste Test wurde in der psychologischen Beratungsstelle
    des Landkreises durchgeführt. Es ist eine kompetente
    Psychologin gewesen, die sich mit der Problematik der
    Pflegekinder auskennt. Der zweite Test wurde von der
    Psychologin, die mit unserem KiA zusammenarbeitet im
    Rahmen der ADS-Diagnostik gemacht.
    Die sonderpädagogische Überprüfung ist mehr oder weniger
    in die Hose gegangen, weil meine Tochter angeblich
    unmotiviert war.
    Das erste halbe Jahr machte sie den gleichen Stoff wie der Rest der Klasse mit mir als Nachhilfelehrer. Meine Bedenken
    wurden nicht ernstgenommen, erst im zweiten Halbjahr
    wurde sie in Mathe L-beschult, und in Deutsch machte sie
    weiter so. Heute war der erste Unterrichtstag nach den Ferien, dadurch dass die I-Lehrerin noch nicht da war bekam
    sie im Unterricht die gleichen Lernblätter. Ist in Mathe zwar
    Wiederholung trotzdem war ich nicht bereit schon wieder
    mit ihr das zu machen was nicht ihrem Wissensstand entspricht. Es muss doch eine Möglichkeit geben, damit
    das Kind nach ihren Fähigkeiten unterrichtet wird.
    L-Schule war für mich immer die letzte Alternative, dadurch
    dass sie sich immer von denen was abschaut, die schlechter dran sind als sie. Das Phänomen konnten wir bei ihrem leibl.
    Bruder beobachten, der in einer anderen Pflegefamilie lebt.
    Er ist mittlerweile 6 und ab dem Zeitpunkt wo er in den
    I-Kindergarten kam entwickelte er sich langsamer und machte
    die gleichen Sachen wie die Kinder, die noch schlechter in
    der Entwicklung waren als er.
    LG Dani

  • Hallo Dani,
    eigentlich finde ich super, dass dein Pflegekind so viele Freunde hat.
    Jedoch habe ich selber erfahren, dass in den weiteren Klassen, spätestens aber in der 4. Klasse sich diese jetzigen Freunde sehr wahrscheinlich von ihr abwenden werden. Wenn die Leistung nicht einigermaßen der Klasse entspricht bzw. sie noch so kindlich ist (und die anderen sind schon weiter vor), wird das wohl lange nicht mehr gut gehen.
    Ich hoffe, ich liege falsch, jedoch musste ich leider diese Erfahrung mit meinem Kind machen :(
    Eine Entscheidung wurde ich also nie an den "Freunden" festmachen!
    LG
    Uffel

  • Hallo Dani,


    wie du weißt, bin ich keine Lehrerin. Du wünschst hier auf der Seite "Eltern fragen Lehrer" wohl auch nur Lehrerantworten. Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, wenn ich trotzdem meinen "Senf" dazugebe.


    Wenn ich fest überzeugt wäre, mein Kind würde nur mitgezogen und der Stoff der Klasse an ihr vorbeizieht, würde ich sie nicht länger in der Klasse bleiben lassen. Die guten Freundinnen kann sie voraussichtlich trotzdem behalten.


    Ich kenne zwei I-Kinder einer Grundschule, die dort angebotene Förderung (wenn man das überhaupt so nennen kann) brachte gar nichts. Diese Kinder gehen jetzt nach der 4. Klasse auf Sonderschule/Schule für Geistig Behinderte.


    Die Frage bei deiner Pflegetochter wäre für mich, Klassenwiederholung oder L-Schule oder auch Körperbehindertenschule (dort soll eher ein Hauptschulabschluss oder sogar Realschulabschluss möglich sein. Außerdem wird sehr viel für die motorische Entwicklung getan.) Wie du weißt, ist eine physiologische Grundausstattung eine sehr wesentliche Voraussetzung für kognitive Leistungen.


    Hast du deine Pflegetochter eigentlich auch schon auf frühkindliche Reflexe testen lassen? Auch der Alkoholkonsum der Mutter kann durchaus für das Perstistieren von Reflexen verantwortlich sein. Über die Auswirkungen von Reflexen weißt du ja bestens Bescheid, auch über die Aussagefähigkeit von IQ-Tests in diesem Zusammenhang.


    Wenn ich die realistische Hoffnung/Erwartung hätte, eine Klassenwiederholung könnte bewirken, dass die Defizite ev. aufgeholt werden könnten, würde ich eine Wiederholung anstreben. Wenn ich aber so gut wie sicher wäre, das dieses nicht möglich sein wird, dann würde ich zu Schule für Körperbehinderte (wenn möglich und qualifizierte im Umkreis) tendieren.


    Viele Grüße
    Erika

    "Die Lehrer bezeichnen Lesen, Schreiben und Rechnen als Grundlagenfächer. In Wirklichkeit handelt es sich aber bei diesen Lehrstoffen bereits um sehr komplexe Prozesse, die sich nur bei einer einwandfreien geistigen Verarbeitung der durch die Sinnesorgane aufgenommenen Wahrnehmung erlernen lassen." A. Jean Ayres

  • Hallo Erika,


    bei meiner Kleinen wurden HWS-Blockaden behoben.
    Sie hat höchstwahrscheinlich einige Restreaktionen der frühkindl. Reflexe. Im Oktober haben wir noch einen Termin beim Orthopäden, anschl. würde ich schon gern mit INPP
    anfangen.
    Du hast einen für mich ganz neuen Aspekt gebracht. Geht das
    überhaupt ein lernbehindertes Kind in der K-Schule unterzubringen? Wir hätten nämlich eine Schule auf dem
    Uni-Gelände, die hat eigentlich einen guten Ruf.
    Vielen Dank und lG
    Dani

  • Hallo Dani,


    hier http://www.lehrerforen.de/oldf…K%F6rperbehindertenschule gab es eine Diskussion zum ähnlichen Thema.


    So viel ich gehört habe, gibt es Möglichkeiten, auf eine KB-Schule zu kommen, wenn körperliche Defizite z.B. Entwicklungsrückstand vorhanden sind. Hier bei uns in der Nähe gibt es eine KB-Schule, die ebenfalls Kinder mit Lernbehinderungen, ADS und mehr aufnehmen. Am besten du fragst bei der Schule nach, vielleicht sind die Bedingungen auch von Schule zu Schule unterschiedlich. Wichtig wird wohl auf jeden Fall dabei sein, dass du den Entwicklungsrückstand, ev. vom Kiss-Spezi bestätigt, in den Vordergrund stellst. Ob sich dann die dort angebotenen Fördermaßnahmen, z.B. Ergo, Psychomotorik und sonstiges mit INPP vertragen, musst du sehen.


    Viele Grüße
    Erika


    Viele Grüße

    "Die Lehrer bezeichnen Lesen, Schreiben und Rechnen als Grundlagenfächer. In Wirklichkeit handelt es sich aber bei diesen Lehrstoffen bereits um sehr komplexe Prozesse, die sich nur bei einer einwandfreien geistigen Verarbeitung der durch die Sinnesorgane aufgenommenen Wahrnehmung erlernen lassen." A. Jean Ayres

  • Ich denke, daß es grundsätzlich falsch ist, Kinder mit Lernproblemen auszusondern. Meiner (zugegeben wenigen) Erfahrung nach werden dann besonders die Verhaltensprobleme nur viel schlimmer.


    Ich bin gerade an einer Gesamtschule, die Integrationsklassen hat und sehe, wie gut es für die I-Kinder aber auch für die "normalen" Kinder ist, gemeinsam zu lernen. Die Integrationskinder erreichen viel mehr, als sie in einer anderen Schule je geschafft hätten und fühlen sich in der Klassengemeinschaft (5 I-Kinder und 18 "normale" Kinder") wohl.
    Allerdings sind auch in fast allen Unterrichtsfächern zwei Lehrer in der Klasse. Einer der den regulären Unterricht macht und eine Sonderschullehrerin, die sich hauptsächlich um die I-Kinder kümmert. Trotzdem läuft irgendwie alles super zusammen.


    Bis ich es selber gesehen habe, konnte ich mir auch nur schwer vorstellen, wie solch eine Integration funktioniert, aber ich bin überzeugt davon daß mit motivierten und gut ausgebildeten Lehrern auch Integrationskinder an einer "normalen" Schule gut mithalten können.


    @ dani:
    Ich wünsche Dir, daß Du für Dein Kind die richtige Schule findest!
    Aus Deinen Beiträgen habe ich entnommen, daß die jetzige Schule Deiner Tochter nicht wirklich eine Integrationsschule ist, weil ja nur 2 Stunden pro Woche eine Art Nachhilfe erteilt wird, oder?
    Vielleicht findest Du ja auch in Eurer Nähe eine Schule, die Integration wirklich so betreibt wie oben beschrieben!? Ich drücke Dir dafür ganz fest die Daumen!

  • Hallo,


    Finchen, ich bin auch grundsätzlich nicht für das Aussortieren. Leider scheint jedoch die "Integration" in vielen Grundschulen nicht besonders zu funktionieren. Eine intensive Förderung, die m.E. ganzheitlich sein müsste, gibt es doch kaum. Auch die Unterstützung von Sonderschullehrern reicht meines Erachtens für viele Kinder bei Weitem nicht aus. Bei vielen Kindern müssen erst einmal die körperlichen Grundvoraussetzungen geschaffen werden, die das Lernen schwer oder fast unmöglich machen.


    Wie Dani ihre Grundschule beschreibt, kann ich nicht viel an Förderung und Integration entdecken.


    Verhaltensprobleme können auch in der Grundschule entstehen, wenn ein Kind mit seinen Leistungen ständig den anderen hinterherhinkt.


    Ich kenne ein Mädchen (12J) Diagnose: ADS, Epilepsie, LB, Turner-Syndrom, das leider erst vor einem Jahr auf diese Körperbehindertenschule http://www.schulealsterdorferstrasse420.de/schule.htm gekommen ist. Das Programm kann sich sehen lassen, finde ich (die Reflexetherapie ist m.E. allerdings noch ein fehlender ganz, ganz wichtiger Förderbaustein.) Dieses Mädchen, sehr sozial eingestellt, keine Krawallmacherin, das ich seit seiner Geburt kenne, hat eine große Leidensgeschichte hinter sich, u.a. jahrelang Internat mit angeblich besonderer Förderung, Eltern (ganz normale) durften ihr Kind nur alle 3 Wochen zu sich nach Hause holen. Vor einem Jahr ist sie endlich da weg gekommen (Lehrerin hatte u.a. mit einem Buch nach ihr geworfen). Sie lebt jetzt endlich auf, zum ersten Mal fühlt sie sich akzeptiert und wirklich integriert, nicht mehr anders und nicht richtig auf dieser Welt.


    Dani, bei diesem Mädchen springen mir regelmäßig die frühkindlichen Reflexe so entgegen. Leider konnte ich die Mutter nicht überzeugen, in dieser Richtung etwas zu machen, weil ihr eben die Schulmediziner etwas anderes erzählen.


    Es gibt wohl keine allgemein gültige richtige Entscheidung. Jedes Kind ist ein Individuum, jede Schule ist anders.


    Ich bin sicher, Dani wird das Richtige finden.


    Berichte doch mal, wie es so weitergeht!


    Viele Grüße
    Erika

    "Die Lehrer bezeichnen Lesen, Schreiben und Rechnen als Grundlagenfächer. In Wirklichkeit handelt es sich aber bei diesen Lehrstoffen bereits um sehr komplexe Prozesse, die sich nur bei einer einwandfreien geistigen Verarbeitung der durch die Sinnesorgane aufgenommenen Wahrnehmung erlernen lassen." A. Jean Ayres

    Einmal editiert, zuletzt von Erika ()

  • Hallo Erika,


    die erste Woche ohne Integration haben wir überbrückt indem
    ich J. selbst Material zusammen gestellt habe. Jetzt ist die
    Integrationslehrerin wieder da.
    Im Deutschunterricht kommt J. mit, in Mathe rechnet sie bis
    10. Wir schauen uns das ganze bis Weihnachten an und dann
    entscheiden wir wie es weiter geht. Momentan könnte ich mir
    die K-Schule gut vorstellen.
    LG Dani

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