Neue Inhalte im Unterricht und Binnendifferenzierung/ indiv.Förderung

  • Sorry, ich hab, damit ich hier nichts falsches behaupte, nun noch einmal alles gelesen. Ich lese nirgends etwas von vernichtendem Urteil oder von Schwachsinn. Eventuell bist du da auch nur etwas empfindlich und liest Dinge hinein, die nicht da stehen. Aber darum soll es nicht gehen.
    Viele der Dinge, die du jetzt schreibst, hattest du vorher nicht geschrieben, es hörte sich alles sehr nach Einzelarbeit an und ab und an gemeinsamer Einführung, die du dann für Schwächere später nochmsl in Kleingruppe wiederholst.
    Für mich ist eine Mathekonferenz nicht eine Kleingruppenarbeit mit der Lehrerin, aber gut, während die anderen arbeiten.
    Aber ich möchte dir dein System gar nicht zerreden, ich möchte nur, dass du verstehst, dass es wohl etliche Lehrer gibt, die das System nicht gut umsetzen!
    Und ich bin bei dir, wenn du dich ärgerst, dass gesagt wird, das System taugt nicht. Es ist einfach so, dass es ein besonders anspruchsvolles ist, welches viele Lehrer aber als solches nicht erkennen, aondern vielmehr als besonders leichtes empfinden ... Trugschluss.

  • Naja solche Kommentare,


    "Zitat Shadow:
    Ganz ehrlich:
    Meiner Meinung nach funktioniert das auch in der Grundschule nicht.
    Das wird schlicht und ergreifend alles im Zuge der Inklusion schöngeredet.
    Genauso die jahrgangsübergreifenden Klassen 1-4, in denen natürlich mehr
    oder weniger zwangsweise mit diesen ganzen Plänen gearbeitet werden
    muss. Wird genauso schöngeredet."


    nachdem sich jemand die Mühe gemacht hat und ausführlich berichtet hat, empfinde ich schon als Abkanzelung, aber vielleicht bin ich wirklich zu empfindlich. Dennoch kann man eben nicht absolut davon ausgehen, dass es nicht funktioniert und andere es sich schönreden.


    Naja ich schrieb von anfang an von gemeinsamen Phasen, sowohl zur Besprechung als auch Einführung. Damit ist in erster Linie das Gemeinsame unter den Schülern gemeint, z.T. frontale Phasen. Ich arbeite auch gerne mit offenen Aufgaben, in denen dann jeder seinen Zugang findet.


    Mathekonferenzen finden durchaus ohne mich statt und dennoch habe ich die Zeit zu beobachten. Ich greife dabei gerne auf Material von Pikas zurück.


    LG Anja


    Edit: Wie gesagt, ich finde die Hefte von Einstern da eigentlich auch eine gute Grundlage.

  • Ich verfolge die Diskussion sehr interessiert. Ich kann nicht viel dazu sagen, aber mich beschäftigt ein Gedanke:


    In Mathematik halte ich dieses System auch für nicht falsch, aber mir kommt es im Fach Deutsch in der ersten Klasse einfach "komisch" vor - Die Unterrichtsmaterialien zum Lernen der Buchstaben finde ich gut, aber diese sind doch kein "Selbstbedienungsladen". Ich finde es wichtig, die ganze Klasse mitzunehmen - dass Schüler z.T. mit der Erarbeitung der Buchstaben 17 Buchstaben voneinander entfernt sind, klingt für mich erst mal ... besorgniserregend....

  • Noch ein Gedanke - viele der Erstklässler sind ja noch sehr kindlich und verträumt, so wie meine Tochter. Beim ersten Elternsprechtag musste ich mir dann anhören, dass sie total hinterherhinkt mit den Buchstaben. Das war für mich eine Überraschung, denn in den Monaten davor stand nie was im Aufgabenheft von wegen nacharbeiten.
    Ich arbeite zur Zeit an diversen Veröffentlichungen über Motivationspsychologie und kann nur sagen, dass aus der Sicht dieser Disziplin das Vorgehen der Lehrerin absolut kritisierbar ist.


    Ich wundere mich immer wieder über die enorme Selbstständigkeit, die von den Erstklässlern gefordert ist. Ich glaube, dass das für viele SuS eine nicht zu unterschützend Überforderung ist - so gravierend, dass ich Auswirkungen auf Selbstwert und Selbstwirksamkeit befürchte, vor allem in Kombination mit dem aktuellen Vorgehen der Lehrerin, dass Kinder so weit hinterherhinken und in den Ferien nacharbeiten müssen.
    Ich finde die Tobi-Materialien prinzipiell klasse, nur würde ich anders damit umgehen. Es ist nämlich, dass jedes Kind jedes Arbeitsmaterial zu jedem Buchstaben machen muss, das bedeutet also, dass das Pensum für jedes Kind das gleiche ist. Daher frage ich mich, was die Kinder machen, die alle Materialien zu jedem Buchstaben bereits durchgearbeitet haben.

  • Ach ja, das hat der Lehrer meiner Tochter auch erst gemacht. Meine Tochter ist körperbehindert und schreibt deshalb langsamer. Ich habe ihn dann irgendwann darauf hingewiesen, dass diese ganzen Zusatzmaterialien wie Puzzle, Dominos und Co doch Zusatz sein sollen. Er hat es dann geändert, vielleicht ist das deiner Lehrerin auch nicht klar?


    Ich kann ja leider nur von Mathe berichten. Da sind die Kinder sehr motiviert. In meinen ersten Lehrerjahren hatte ich immer mit Kindern zu kämpfen, die irgendwann zurückfielen, regelrecht Angst vor Mathe entwickelten, weil man es eben schwer aufholen kann.


    In meinen letzten 5 Klassen, die ich in Mathe hatte, war kein einziges Kind mit solcher Versagens- oder Matheangst. Wir besprechen aber auch ganz offen in der Klasse, dass jedes Kind etwas gut kann. Und manche brauchen aber auch etwas mehr Zeit in Mathe. Wichtig ist, dass man voran kommt und nicht wie schnell.


    In meinem letzten Durchgang hatte ich sogar Kinder, die vor dem Wechsel alles aufholen konnten, weil sie es plötzlich kapiert haben. Eben weil sie in ihrem Tempo lernen durften.


    Der einzige Punkt der mir immer noch Kopfschmerzen bereitet, ist die Leistungsüberprüfung. Einerseits sollen wir individualisieren und andererseits dann am selben Tag eine gleiche Klassenarbeit schreiben. Das löse ich im Moment so, dass die Kinder nach jedem Arbeitsplan Lernbeweise schreiben. Da kann ich also die Entwicklung festhalten. In den Klassenarbeiten prüfen wir den Stand ab, der normalerweise dran wäre. Da kann es dann auch schon mal sein, dass schwache Kinder nicht gut abschneiden. Hätten sie im "normalen" Unterricht aber wahrscheinlich auch nicht.


    Und wie ich ja schon erklärte, versuche ich mein Feld auch eng zu halten. Ich habe 2 Kinder mit Förderbereich Lernen und 2-3 sehr schwache Kinder, denen tut es gut, dass alle da arbeiten, wo sie gerade stehen.


    LG Anja

  • Shadow, ich habe versucht sehr ausführlich zu berichten warum es klappt und warum ich das System gut finde. Du bestreitest das einfach, ohne Argumente, ohne Beispiele.


    Hallo,


    ich hoffe, es wird jetzt kein Roman, was ich hier schreibe.
    Anja, ich habe nicht bestritten, dass dein System, so wie DU es betreibst, nicht funktioniert. Schon in meinem 1. Posting habe ich geschrieben, dass es „solche und solche Schulen gibt und dass es letztlich darauf ankommt, wie der Lehrer es handhabt“. Es freut mich, wenn die Arbeit in deinen Matheklassen so funktioniert. Dennoch stößt mir etwas auf. So zum Beispiel das hier:



    Auch bei mir arbeiten Kinder in den Ferien. Nämlich, die die im Grunde leistungsbereit sind, aber einfach Träumer oder Schnecken sind. ;) Sie könnten also mit mehr Zeit schon weiter sein und genau diese Kinder arbeiten bei mir auch mal in den Ferien. Alles auf freiwilliger Basis, aber schon mit meinem Wunsch.

    Ich finde, das widerspricht sich, genau wie bei der Lehrerin, die Micky im Ausgangspost beschreibt. Wenn man doch nach so einem „individuellen und jeder in seinem Tempo Arbeitsplan-System“ arbeitet, kann man doch dann nicht ankommen und die Kinder in den Ferien arbeiten lassen, nur weil sie langsamer sind und schon weiter sein könnten?? Mal abgesehen davon, dass Kinder auch ein Recht auf Ferien haben. Finde ich äußerst fraglich.




    Hast du denn so ein System wirklich schon unterrichtet?



    Ja, das habe ich, da ich an eine Schule kam, die mit Arbeitsplänen arbeitete. Es war allerdings im Unterschied zu dir eine jahrgangsgemischte Klasse 1 – 4. Ich habe sowohl selbst damit arbeiten müssen, als auch einen Einblick in viele Klassen bekommen. Darüber hinaus habe ich an Schulen hospitiert, die ebenfalls mit Plänen arbeiteten.


    Ich halte das Ganze für ein sehr schwieriges System. Es mag Lehrer geben, die das alles im Blick und im Griff haben, du gehörst vielleicht dazu, aber die scheinen selten zu sein. Obwohl fast alle Lehrer an solchen Schulen besonders engagiert sind und voll dahinter stehen, so habe ich es zumindest erlebt, steht die Umsetzung dann doch auf einem anderen Blatt. Es kommt viel zu wenig Lernzuwachs dabei rum. Ich persönlich kann und will nicht in dieser Weise arbeiten, weil ich sehe, dass


    • die allermeisten Kinder mit Arbeitsplänen überfordert sind
    • mindestens zwei Stunden täglich (Mathe und Deutsch) alleine vor sich hin gearbeitet wird und Gespräche über Unterrichtsinhalte nur sporadisch stattfinden
    • viele Kinder unter ihren Leistungen bleiben und der Lernzuwachs gering ist
    • die meisten Kinder die von ihnen geforderte und erwartete Selbstständigkeit und Selbstverantwortlichkeit für ihr Lernen einfach noch nicht haben (können)


    Es wird meiner Meinung nach (zu) viel Selbstständigkeit von den Kindern verlangt. Das schlägt sich dann nieder in den Leistungen. An einer Schule war es zum Beispiel so, dass in einer Klasse weit über ein Drittel der Kinder eine Klasse wiederholen musste bzw. 3 Jahre die Schuleingangsphase besuchte. Da frage ich mich, ob das noch Sinn der Sache ist.


    Wie gesagt, ich freue mich, wenn dein System, so wie du es umsetzt, funktioniert.
    Alle Erfahrungen, die ich in dieser Hinsicht gemacht habe, gehen aber wirklich in eine andere Richtung. Mir tun die Kinder leid. Die einzigen, die meiner Meinung nach damit klar kommen, sind die wenigen wirklich leistungsstarken Kinder. Für Kinder mit Förderbedarf halte ich dieses System auch für gut, allerdings nicht, weil ich der Meinung bin, dass sie mit Plänen "mehr" lernen, sondern weil sie einfach mit ihrem Förderbedarf nicht auffallen, da sowieso jeder alleine vor sich hin arbeitet. Das ist wohl ein Vorteil für diese Kinder.
    Für den Großteil (schwach bzw. normalbegabte Kinder) ist aus den Erfahrungen, die ich gemacht habe, dieses System eher von Nachteil.


    LG
    Shadow

  • Hallo Shadow,


    genau das, was du beschreibst, geht auch mir durch den Kopf! Dieses Vorgehen kann man unterschiedlich auslegen, aber wenn solche Aspekte wie soziales Lernen und sinnvolle Binnendifferenzierung im Vordergrund stehen sollen, bedeutet das m.E. einen sehr hohen Anspruch an den Lehrer - und das bei vollen Klassen mit immer schwierigeren Schülern.


    Ich habe keinerlei Erfahrung und auch kein theoretisches Wissen, daher kann ich hier keine fundierten Beiträge leisten, aber mein Eindruck von meiner Tochter und auch anderen SuS in ihrer Klasse unterstützt absolut das, was shadow beschreibt.


    Ich habe derzeit Kontakt zu verschiedenen Diplom-Psychologen und Diplom-Pädagogen, die z.T. in der Hochschullehre tätig sind und werde das Thema mal ansprechen - bin gespannt (ist allerdings niemand dabei, der sich Primarschuldidaktik auskennt)


  • Ich habe derzeit Kontakt zu verschiedenen Diplom-Psychologen und Diplom-Pädagogen, die z.T. in der Hochschullehre tätig sind und werde das Thema mal ansprechen - bin gespannt (ist allerdings niemand dabei, der sich Primarschuldidaktik auskennt)


    Ja, frag ruhig mal, da bin ich auch mal gespannt.
    Wobei es vermutlich an der Uni auch wieder alles positiv dargestellt wird.
    Wenn man es aber in der Praxis mal sieht, was sich in der Theorie so toll anhört, dann sieht man manches eben doch anders ;)

  • Naja in Hamburg wird jedes Jahr der Leistungsstand der Klassen getestet. Zusätzlich zu den Vergleichsarbeiten. Noch dazu schreiben wir im Jahrgang immer die gleichen Arbeiten.


    Sowohl bei der Notenverteilung, als auch die Ergebnisse der Vergleichsarbeiten unterscheiden sich nicht wesentlich zu den Ergebnissen meiner zwei Kollegen, die eher traditionell arbeiten. Auch die Kermit-Rückmeldung der 5. Klassen war da bisher nicht auffällig. Ich kann also behaupten, dass mein System keine schlechteren Mathematiker hervorbringt.


    Ich finde, dass sich das Nacharbeiten nicht widerspricht. Ich arbeite u.a. so individuell, weil Kinder ein unterschiedliches Lerntempo haben. Dennoch ist es mein Ziel jedes Kind möglichst schnell zum Ziel zu führen, bzw. Rückstände natürlich auch aufzuholen. Das tut doch der traditionelle Lehrer doch auch (obwohl er im Unterricht binnendifferenziert).


    Das Nacharbeiten ist freiwillig, doch es gibt den sogenannten Schnecken eine Chance aufzuholen. Ich habe hier übrigens selbst so eine Schnecke zu Hause sitzen und kann daran nichts schlimmes finden. Ferien sollten meiner Meinung nach (auch als Mutter) nie völlig Mathefrei sein. Und auch wenn man nur 1 Stunde die Woche arbeitet, hat man noch ganz viel frei. ;)


    LG Anja

  • Ja, ich glaube auch, dass die Ergebnisse vielleicht ganz gut sind - wie geschrieben, in Mathe kann ich das auch viel eher nachvollziehen als in Deutsch.
    Aber was macht das mit dem Selbstwert der Schüler? Der Elternabend war schrecklich - wie fühlen sich die Eltern, deren Kinder in den Ferien nacharbeiten sollen? Wie gehen sie mit ihren Kindern nach diesem Elternabend um? Nicht jeder hat das Vertrauen in sein Kind, um keinen Druck auf es auszuüben. Und das in einer Zeit, in der ein Kind aus der Klasse meiner Tochter in ein Poesialbum unter "Was ich mir wünsche"folgendes schreibt "Einen guten Schulabschluss machen".
    Was sagen die Eltern, deren Kinder schon vorgearbeitet haben, ihren Kindern? Du bist toll, die anderen sind nicht so toll! ???


    Ich finde übrigens nicht, dass Kinder in den Ferien was für die Schule tun sollten. Ich korrigiere meine Klausuren, wenn es geht, auch so, dass ich mindestens 2 Tage die Schule komplett aus den Augen habe - nur so kann man doch abschalten! Die Sommerferien sind mindestens 4 Wochen frei von Arbeitszimmer aufräumen, Schulkram machen etc.
    Und das sollte auch Grundschülern gegönnt werden, eine klare Trennung zwischen Arbeit und Freizeit ist wichtig und gerade die Leute gehen ja kaputt, die ihren Beruf auch in ihrer Freizeit und im Urlaub nicht aus dem Kopf kriegen.

  • Ich sehe das anders, als Mutter. Hier gibt es keinesfalls 6 Wochen ohne Kopfrechnen, bei uns im Speziellen derzeit das Einmaleins. Das ist wie mit Sport. Man muss im Training bleiben. Das Gleiche gilt für Lesen, wobei das meine Tochter freiwillig und gerne macht. ;) Hätte ich einen (oft lesefaulen) Jungen, wäre auch das Pflichtprogramm. ;) Ich sehe viel zu oft, wie selbst gute Rechner nach den Sommerferien mehrere Wochen brauchen, um wieder in die Spur zu kommen.


    Wie sollen sich die Eltern fühlen? Ich thematisiere keine Stände auf Elternabenden. Die Eltern werden in Klasse 1 über meine Arbeitsweise informiert und fertig. Wie ich ja schon mehrfach sagte, geht mein Feld aber auch nicht so weit auseinander. Das kann man steuern. Bei mir bekommen alle Kinder die freiwillige Option in den Ferien weiter zu arbeiten, einige bekommen von mir die Empfehlung. Gerade das gute Mittelfeld nimmt sehr oft das Heft mit ins Wochenende oder in die Ferien.


    Die Kinder in der Klasse sind völlig darauf eingestellt, dass Kinder verschieden sind und verschiedenes unterschiedlich gut können. Das ist sogar unser Klassenmotto (jeder kann etwas gut) Sie wissen, dass es okay ist, wenn sie fleißig weiterarbeiten und so immer weiter vorankommen. Wer faulenzt im Unterricht kriegt von mir aber schon "Feuer". ;)


    In meiner Klasse (Klasse 3) sind derzeit 2 Kinder auf Stand Anfang Klasse 2 (Förderbereich Lernen), einesZahl kleine Gruppe arbeitet noch am Rechnen im Zahlenraum 100, damit sie die Erkenntnisse auf den Tausenderbereich übertragen können. Die Mehrheit ist derzeit im Zahlenraum 1000 unterwegs (Köpf- und halbschriftliches Rechnen) und eine kleine Spitze hat bereits das Große Einmaleins und die ersten schriftllichen Verfahren kennen gelernt.



    LG Anja

  • (...) Hier gibt es keinesfalls 6 Wochen ohne Kopfrechnen, bei uns im Speziellen derzeit das Einmaleins. Das ist wie mit Sport. Man muss im Training bleiben. Das Gleiche gilt für Lesen, wobei das meine Tochter freiwillig und gerne macht. ;) Hätte ich einen (oft lesefaulen) Jungen, wäre auch das Pflichtprogramm. ;) Ich sehe viel zu oft, wie selbst gute Rechner nach den Sommerferien mehrere Wochen brauchen, um wieder in die Spur zu kommen.


    Ich denke, die meisten hier sind sich einig, dass man natürlich "am Ball bleiben muss", gerade was solche Grundlagen wie Kopfrechnen und Lesen angeht. Und ich behaupte mal, dass die meisten Kinder auch in den Ferien hier und da spielerisch Kopfrechnen üben, sei es auf einer Autofahrt o.ä. und dass auch viele Kinder mehr oder weniger regelmäßig selbst lesen oder auch mal dazu in den Ferien ermuntert werden.


    Der Unterschied besteht für mich darin, dass hier eine ganze Reihe an Buchstaben nachgearbeitet oder Arbeitspläne aufgearbeitet werden sollen und nicht Basisfertigkeiten trainiert werden.

  • Ich sagte ja, dass so große Unterschiede nicht gut sind. Bei meiner Klasse ist es eher ein offenes weiterarbeiten. Ich sage den Kindern, dass sie weitermachen können, wie sie Lust haben. Einigen wenigen lege ich ans Herz weiterzuarbeiten, aber ohne Vorgabe, was geschafft werden muss.

  • Mich stört an der Systematik, dass die Eltern viel zu stark mit einbezogen werden - sie sollen mit ihren Kindern täglich lesen und jetzt in den Ferien nacharbeiten. Aha. Und wenn die Eltern gar kein Deutsch können? Oder gar nicht lesen können? Oder ansonsten tätig sind (beruflich zu Beispiel) und die Kinder auch in den Ferien betreut werden?


    Diese Form der Elterntätigkeit fördert schon von der Primarstufe an die sozialen Unterschiede.


    Ich kann mich auch nicht erinnern, dass das in meiner Schulzeit so war - meine Eltern hätten sich bedankt!

  • Stelle dir mal vor, auch meine Tochter muss betreut werden, da wir in unterschiedlichen Bundesländern Ferien haben. In diesem Jahr haben wir ganze 4 Wochen zusammen.


    Und dennoch findet sich immer Zeit. Kopfrechnen und lesen üben, ja das ist nunmal Aufgabe des Elternhauses. Das war schon immer so. Und ich würde sogar soweit gehen, dass das früher ganz selbstverständlich zu Hause gemacht wurde. Die Tendenz ist eher umgekehrt, dass immer mehr an die Schule abgegeben wird.


    Eltern, die kein Deutsch können sind ein spezielles Problem, da gibt es aber auch Lösungen. Und mit denen hast du die identischen Probleme auch im normalen Unterricht.


    Letztlich müssen die Kinder bei meiner Parallelkollegin viel mehr nacharbeiten. Nämlich täglich oder zumindest wöchentlich was nicht geschafft wurde, damit alle an einer Stelle sind. Das ist wesentlich mehr Stress für Kind und Eltern.

  • Kopfrechnen und lesen üben war zu meiner Zeit Sache der Schule. Man stelle sich vor - ein Haushalt in den 60ern mit 7 Kindern - und Mama übt mit jedem Kind für die Schule? Nein, das hat so nicht stattgefunden. Lernen war Sache der Schule - und da gehört das auch hin.


    Mit Kopfrechnen + Lesen + Hausi + KA-Vorbereitung +Alltagsleben (Instrument, Sport) bin ich ausreichend beschäftigt.
    ich habe wenig Lust meinen Kindern auch noch den Schulstoff beizubringen. Ich könnte das, ja. Und manchmal mache ich das auch. Weil ich muss. Aber wie viele Eltern können das denn leisten? Ich finde, dass eine Lehrkraft das nicht verlangen darf!


    Da geht man von einem Elternhaus mit nur einem Kind, einer Hausfrau- oder Teilzeit-Mama, die Deutsch spricht, und viel Engagement der Eltern aus. So wie du eben von einer Tochter schreibst. Aber du bist nicht das Maß der Dinge und nicht alle Menschen leben wie du.
    Die obigen Kriterien treffen nur noch auf wenige Familien zu.


    Was macht die Alleinerziehende, die arbeiten muss? Das Elternpaar, das voll berufstätig ist? Die Familie mit 4 Kindern? Familien mit Migrationshintergrund? Familien mit Kleinkind? Und sie sind mittlerweile in der Mehrheit! wann sollen die bitte mit ihren Kindern arbeiten? Abends? In den Ferien? und wenn man da gar nicht da ist?


    Klar, lesen geht immer, auch im Urlaub oder bei Oma. Aber Arbeitshefte mitschleppen? Und wo bleibt das unbeschwerte Familienleben?


    Den Hinweis auf die Parallelkollegin hättest du dir sparen können - auch ich kann Kollegen nennen, die ihren Job schlechter machen als ich, an denen orientiere ich mich aber nicht.

  • wenn es ohne mitarbeit der eltern als hilfslehrer zu hause nicht geht, ist das kind entweder an der falschen (weiterführenden) schulform oder die schule/schulpolitik macht massiv was falsch. *dass* das deutsche system so sehr von diesen häuslichen unterschieden geprägt ist - sprich, dass begabte kinder aus bildungsfernen haushalten deutlich schlechtere chancen haben, als genauso begabte kinder aus bildungsnahen haushalten - ist imo seine allergrößte schwäche.


    wenn ich die schulische arbeit nach hause verlagere, dann fördere ich diese schwachstelle, und zwar ganz, ganz, ganz massiv. das ist ungerecht wie nochmal was.

  • Ich habe es in den 80ern anders erlebt. Wir haben zu Hause sehr wohl geübt, sowohl Lesen als auch Rechnen und Schreiben. Meine Mutter war alleinerziehend seit ich 2 war und (da im Osten) sogar voll berufstätig. Ging alles und auch heute geht das alles. Ich sehe es ja im Alltag.


    Ich hatte jetzt noch einen langen Text geschrieben, habe ihn aber wieder gelöscht. Ist mir nicht so wichtig, mich da in Einzelheiten zu verlieren. Ist vielleicht auch schulformabhängig.


    LG Anja


    Übrigens, wenn die Kinder zu Hause arbeiten in ihren Plänen, dann schaffen sie das ganz alleine. Sie brauchen keine Unterstützung der Eltern. Das Programm ist so aufgebaut und gedacht.

  • Liebe/r kecks,


    mit der schulform hast du ganz recht, wenn es denn eine sek 1 ist - aber was macht man mit Kindern in der primarstufe, die schwächer sind?


    Ach, Anja, glaubst du wirklich, dass Erst und Zweitklässler selbständig ohne Aufforderung an ihren Unterlagen arbeiten? Alle? Wenn du einen Hauch pädagogischer Wirklichkeit kennen würdest, wüsstest du, dass das bei vielen Kindern erst in Klasse 5-6 klappt. das ist normal und völlig in ordnung - wir reden ja über Kinder!!!!!
    Bei den meisten Kleineren sind die Eltern dahinterher. Und wo sies nicht sind, wird auch nicht gearbeitet - siehe kecks Beitrag.


    Und jetzt werden wir doch mal konkret: Eine Bekannte von mir, deren Sohn in die Klasse meines Sohnes geht, ist Ausländerin, alleinerziehend und voll berufstätig. Das bedeutet, dass sie den Jungen von Mo bis do gegen 17.00 Uhr von der Betreuung abholt. dann geht es heim, manchmal noch schnell einkaufen. Neben dem essen bereiten wird noch schnell aufgeräumt, eine Waschmaschine angeschmissen, die Post durchgesehen und mit dem Jungen geredet. um 18.30 gibt es dann ein Abendessen und dann, gegen 19.30, macht sich der Bub bettfein - dann wird vielleicht auch noch eine Geschichte gehört uns seit Neuestem manchmal gelesen. Um 20.00 sollte das Kind schlafen. Aus der Fassung bringt die Dame, dass der lernschwache Junge in der einstündigen Hausaufgabenbetreuung seine Hausaufgaben oft nicht fertig bekommt, nach einer Stunde ist aber Schluss. Nun haben wir eine Lehrkraft wie dich, die möchte, dass in der Schule nicht fertig Gemachtes zu hause erledigt wird. das bedeutet, dass das in das Abendprogramm der Mini-Familie reingedrückt wird - die Mutter ist müde und würde gern den Kontakt mit ihrem Kind genießen, von dem sie so wenig hat, muss aber mit ihm für die Schule arbeiten. das Kind ist müde (er muss morgens um 6 mit der Mutter aufstehen udn ist ab 7 in der Betreuung)und weint oft abends, weil er Striche für nicht fertige Hausaufgaben bekommt.
    Für Sport und Spiel bleibt wenig Zeit, am Wochenende wird die Wohnung geputzt, eingekauft, Bürokram muss erledigt und für die Klassenarbeiten gelernt werden.
    Die dame geht schon ziemlich auf dem Zahnfleisch und versteht nicht, warum die Grundschule ihr und ihrem Kind auch noch die wenige gemeinsame Zeit kaputt macht, zumal sie aus dem ausland kommt und ihr das sehr fremd ist.


    Im zweiten Fall hat die Dame 4 Kinder - der Zweitgeborene ist ein eher verspielter Knabe, der viel träumt. Auch hier muss nachgearbeitet werden, das Problem ist, dass das Kind für die Hausaufgaben (die Mutter ist Nachmittags zu hause) mehrere stunden benötigt. es könnte sie in einer Stunde schaffen, wenn es zügig arbeiten würde, aber der Bub ist leicht ablenkbar und hat wenig Lust - in der schule zählt er eher zu den Schwachen. Die Familie hat es mit einer Hausaufgabenbetreuung versucht, da ja noch drei andere Kinder da sind und der zweite Bub die Mutter den kompletten Nachmittag kostet - mit Erklären, wie die Hausi zu machen ist, stoff erklären, den er nicht verstanden hat, Lesen, Kopfrechnen, ihn zum Arbeiten bewegen. Das hausaufgabenstudio bringt aber keine Änderung und jetzt muss auch (in der zweiten Klasse ) nachgearbeitet werden - für den Jungen bedeutet das, dass er regelmäßig bis 19.00 in seinem Zimmer sitzt und Löcher in die Luft starrt. die Mutter ist verzweifelt, weil sich das Verhältnis zum Kind wandelt, sie ist nur noch am antreiben und kritisieren, Liebe und Nähe gehen verloren.


    Und jetzt zum Konkreten: was schlägst du (und auch die anderen Vertreter der Ich-lagere-Arbeit-nach Hause-aus-fraktion) in beiden Fällen konkret vor?

  • "Nun haben wir eine Lehrkraft wie dich, die möchte, dass in der Schule nicht fertig Gemachtes zu hause erledigt wird."


    Habe ich das irgendwo geschrieben? Ich habe gerade das energisch abgewiesen.


    Ich schrieb von Kopfrechnen und lesen üben, mehrmals die Woche. Und das ist nicht zu viel verlangt.


    Wenn überhaupt habe ich davon geschrieben, dass man in den Ferien etwas weiterarbeiten KANN.


    Von Hausaufgaben nacharbeiten halte ich gar nichts. Ich möchte wissen, wenn die Kinder in der HA-Zeit nichts geschafft haben und erforsche dann die Gründe. Im Übrigen gibt es bei mir immer zeitbegrenzte HA. Das heißt "arbeite 45 Minuten konzentriert in deinem Mathe-Plan." Die Erzieher und Lehrer bei uns haben ein Symbolsystem ausgearbeitet. Das heißt, die Erzieher kreuzen an, ob das Kind konzentriert gearbeitet hat (und dabei viel oder wenig geschafft hat) oder ob es eben nichts geschafft hat, weil Material nicht da war oder Quatsch gemacht wurde. (Vorlage im Schulplaner der Schule als Wochenübersicht).


    Und übrigens die Kinder arbeiten höchst selbständig in meinem Unterricht, alle, ich sehe doch, dass sie ohne Mama arbeiten können. Die Hefte sind so erstellt und geplant. Wenn Eltern meinen, dass sie sich einklinken müssen, ist das nicht mein Problem. Und das sage ich durchaus als Mutter, der das leider auch nicht immer gelingt mein Kind alleine arbeitenn zu lassen.


    Übrigens dein erstes Beispiel könnte mein Leben sein. Wir kommen selten vor 17 Uhr nach Hause aufgrund von Therapien. Ich kontrolliere keine HA, das ist nicht meine Aufgabe. Und dennoch lese ich mit meinen Kindern jeden Abend und wir üben Kopfrechnen mehrmals die Woche. Meist allerdings am Wochenende, oder auch mal an der Ampel. Kann man spielerisch machen, muss nicht weh tun. ;)


    Zu deinem zweiten Beispiel. Da würde ich ja erstmal schauen warum der Junge so unmotiviert ist. Vielleicht ist es eben gerade deshalb, weil er nicht auf seinem Niveau lernen darf. Weil Lücken entstanden sind, die er a) nicht aufholen kann und b) die ihm nun das Lernen so richtig vermiesen. Vielleicht würde er mit einem individuellen Plan viel besser klarkommen. *reineSpekulation*


    Mehr gerne morgen, jetzt muss ich ins Bett.


    LG Anja


    Edit: Ach ja und das sage ich jetzt als berufstätige Mutter seit ihre beiden Kinder 1 Jahr alt sind. Und als Ostkind, die durchaus sehr für berufstätige Frauen ist. Dennoch: Man muss eben auch einsehen, dass Schule nichts dafür kann, dass Kinder bis 17 Uhr in der Schule sind. Wir haben zahlreiche Familien, die meinen Erziehung läge völlig in der Hand der Schule ("was sollen wir denn tun, ich sehe mein Kind ja nur 2 Stunden am Tag und dann gehts ins Bett). Das müssen sie schon hinkriegen". So gehts ja nun auch nicht. Ja Schule verlangt heute mehr als vor 15 Jahren. Das gilt aber durch die Bank weg für alle Schulformen, das ist eine Entwicklung, die man nicht gut finden kann. Das kann ich nachvollziehen.

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