Zukunft angestellter Lehrer an berufsbildenden Schulen durch demografiischen Wandel

  • Hallo zusammen,


    ich bin neu hier und stehe kurz vor meinem Einstieg in meinen Master für das Lehramt an berufsbildenden Schulen. Ich mach mir leider einige Sorgen, die ich kurz ausführen möchte.

    Auf der einen Seite gibt es einen großen Bedarf an Lehrern an der BBS. Meine Fächer wären Wirtschaft und Fertigungstechnik, da geht vermutlich einiges. Auf der anderen Seite betrifft der demografische Wandel auch die nächsten Schülergenerationen. Ich habe die Bevölkerungsprognose des statistischen Bundesames angesehen und es wird von ca 640.000 Geburten im Jahr 2040 ausgegangen (Vgl. 1994: >1 Mio). Das sind dann diejenigen, die ich zum Renteneintritssalter unterrichten würde. Hinzu kommt der Trend zur akademischen Ausbildung, die die Auszubildendenzahl vermutlich noch weiter reduzieren wird. Darüber hinaus sehe ich ich Deutschland als Exportnation stark bedroht sehe, was sich wiederum auf die Landeshaushalte auswirken könnte. Diese Umstände legen für nahe, dass viele Schulen zusammengelegt werden könnten, um Kosten zu sparen und der Bedarf an Berufsschullehrern langfristig (möglicherweise stark) abnimmt. Das wäre für mich persönlich nicht so schlimm, wenn ich verbeamtet werden würde und damit unkündbar wäre. Meine Krankheitsgeschichte wird aber vermutlich der Grund dafür sein, dass mir dieses Privileg verwehrt bleiben wird. Wie ist die allgemeine Ausgangslage für angestellte Lehrer? Das Gehalt ist mir gar nicht so wichtig und nach 15 Jahren im ÖD ist man auch nicht mehr ordentlich kündbar. Aber wie wird das ganze wohl tatsächlich gelebt werden? Niemand kann sagen, ob letzterer Punkt auch noch in 4 Jarhen gilt, wenn mein Ref durch ist. Was für Verträge sind im ÖD an solchen Schulen üblich? Muss ich mich von Befristung zu Befristung durchschlagen oder gibt es unbefristete Verträge? Wie würde im Falle der Rationalisierung des Schulbetriebs mit Menschen wie mir umgegangen werden? Meine größte Sorge ist schlichtweg, dass ich mit Mitte 40 vor dem Nichts stehe, weil mein Arbeitsplatz nicht mehr existiert. Dazu kommt, dass man als Lehrer*in eine Qualifikation hat, die einen zu kaum etwas anderem befähigt (zumndetes offiziell), außer vielleicht zu deutlich schlechteren Komditionen. Hab ihr dazu schon Erfahrungen von Lehrer*innen, die solche oder vergleichbare Maßnahmen bereits aus strukturschwachen Regionen kennen oder gehört ihr vielleicht selbst dazu? Würden die Länder uaf den abnehmenden Bedarf eher mit Kündigungen oder weniger Neueinstellungen reagieren? Im Endeffekt möchte ich mir nur eine realistische Meinung darüber bilden, wie sicher der Job als Angestellter Lehrer wohl ist. Mit dem Netto, was mir im ÖD übrig bleiben würde, kann ich immer noch super leben, darum soll es nicht gehen. Im wesentlichen ist meine Sorge die Arbeitslosigkeit samt mangelnder Alternativen durch eine sehr stark an die Institution Schule gebundene Bildung.


    Ich freue mich auf eure Beiträge

  • Zur Einstellungsprognose bei deinen Fächern kann ich nichts sagen (BL?), aber wenn du im Dienst bist, wirst du nicht plötzlich deine Arbeit verlieren als unbefristet Beschäftigter, nur weil sich die Geburtenzahlen kurz bevor du die Rente erreichst stark ändern könnten. Das ändert dann vor allem etwas an den Einstellungen auf dem Weg bis du das Rentenalter erreicht haben wirst. Lies dir die Einstellungsprognosen für dein Bundesland und deine Fächer durch, um eine Orientierung zu haben, prüf ergänzend, ob bei deinen gesundheitlichen Problemen ein GdB möglich wäre im Hinblick auf die Gesundheitsprüfung zu Beginn des Refs und vor Antritt einer Planstelle, schau dir ergänzend zu deinem BL an, wie die Einstellungsprognosen mit deinen Fächern in anderen für dich infrage kommenden Bundesländern aussieht und behalte im Beruf die Bereitschaft, dich weiterzubilden. Wer weiß, vielleicht hat sich bis 2040 ja auch einfach in der Politik die Erkenntnis durchgesetzt, dass kleinere Lerngruppen kein Schaden sind, Inklusion WIRKLICH kein Selbstläufer ist, sondern ausreichenden Personaleinsatzes bedarf oder auch ganz simpel die recht naheliegende Erkenntnis, dass wenn weniger Kinder geboren werden, man endlich aufhören muss es sich zu leisten, dass rund ein Fünftel eines Jahrgangs noch nicht einmal das untereste Anforderungsniveau bei den PISA-Tests schafft und fördert diese entsprechend (was ausreichende personelle Ressourcen voraussetzt). Es kann sich an sehr vielen Stellschrauben etwas ändern bis 2040 abgesehen von Geburtenzahlen (die ebenfalls nicht in Stein gemeißelt sind, wie man die letzten Jahre beispielsweise in meiner Region feststellen konnte).

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich denke auch nicht, dass berufliche Schulen so schnell geschlossen bzw. zusammengelegt werden. Hier in der Gegend ist es zumindest so, dass es pro Landkreis nur ein bis zwei BBSn gibt (wenn es zwei gibt, sind diese meist "spezialisiert" auf einen Bereich, meist eine BBS für kaufmännische Berufe und eine für gewerblich-technische o. ä.). An der BBS, wo ich unterrichte, sind die Schülerzahlen in den 17 Jahren, die ich mittlerweile dort bin - trotz rückläufiger Geburtenrate - weitgehend stabil geblieben. Es gab und gibt allerdings "Verschiebungen" in den einzelnen Schulformen und Berufsfeldern, wodurch z. B. einige Ausbildungsberufe mittlerweile bei uns nicht mehr unterrichtet werden (z. B. Automobilkauffrau/-kaufmann, da es einfach in der Gegend zu wenige Azubis in dem Bereich gab), andererseits aber neue Ausbildungberufe und Schulformen hinzukamen, z. B. unterschiedliche Schwerpunkte im Beruflichen Gymnasium (dort haben wir mittlerweile drei Schwerpunkte, nachdem wir damals mit nur einem - dem Schwerpunkt "Wirtschaft" - gestartet sind). Andere Ausbildungsberufe wurden modernisiert und Schulformen neu strukturiert. Das wird auch in Zukunft so sein. Gerade in kommenden Schuljahr werden wir in einigen Bereichen weniger Azubis haben, weil viele Betriebe aufgrund der "Corona-Krise" nicht ausbilden möchten. Nichstdestotrotz wird unsere Schule deswegen nicht geschlossen oder angestellte KuK entlassen werden.

    Lange Rede, kurzer Sinn: ich glaube nicht, dass du dir als angestellter BBS-Lehrer Sorgen machen musst, dass du irgendwann von Arbeitslosigkeit betroffen sein wirst!

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Lange Rede, kurzer Sinn: ich glaube nicht, dass du dir als angestellter BBS-Lehrer Sorgen machen musst, dass du irgendwann von Arbeitslosigkeit betroffen sein wirst!

    Zumal die Länder hier zunächst bei den Beamten ansetzen würden - so seltsam das auch scheint. Bei Beamten gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Arbeitskräfte umzuverteilen, von der landesweiten Versetzung über die Verwendung in anderen Bereichen bis hin zur mehr oder weniger sanft nahegebrachten Frühpensionierung (ja, es gibt Länder, da reicht ein Dreivierteljahr Krankheit mit entsprechender Prognose, und der Kollege ist erstmal raus).

    Bei einem Angestellten hingegen greift, wenn "betriebsbedingte Kündigungen" geplant sind, der Grundsatz der Sozialauswahl, und zwar immer über die ganze "Firma" hinweg. Heißt: Wenn Stellen abgebaut werden sollen, müssten die sozialen Verhältnisse aller angestellten Lehrer nach den üblichen Merkmalen (Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung) landesweit verglichen werden. Das ist unmöglich.

    Um auch eventuell anwesende Beamte nicht allzu sehr zu beunruhigen: Es dürfte in der Bundesrepublik noch nie vorgekommen sein, dass der öffentliche Dienst Arbeitskräfte betriebsbedingt entlassen hat. Wäre interessant zu recherchieren, ob solches während der Weltwirtschaftskrise in der Weimarer Republik vorgekommen ist, aber ich glaube, selbst dazumal war das nicht üblich.


    Was Deine Krankengeschichte angeht: Lass Dich bei einer guten Gewerkschaft beraten. Da geht möglicherweise mehr als Du denkst.

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