Umgang mit Rassismus- und Diskriminierungsvorwürfen

  • Maylin85 : Wenn es bei uns mit SuS, innerhalb einer Klassengemeinschaft oder zwischen SuS und KuK Probleme gibt, geben an meiner Schule gerade die Klassenlehrer*innen die "Fälle" häufig an die Schulsozialarbeiter*innen ab; dafür sind diese ja u. a. auch da. Nichtsdestotrotz haben wir Lehrkräfte aber neben unserem Bildungs- auch einen Erziehungsauftag!

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Wenn der Erziehungsauftrag so elementarer Bestandteil der Arbeit sein soll wie hier geschildert, dann braucht es dazu ebenfalls fest definierte Erziehungsziele und ein Stundenkontigent bzw. eine Berücksichtigung bei der Arbeitszeit. Den Erziehungsauftrag als "Nebenbeiaufgabe" mit in die Verordnungen zu schreiben ist extrem billig gemacht und berücksichtgt nicht, wie unterschiedlich viel Arbeitszeit darauf an Schulen mit unterschiedlichem Klientel entfällt. Nein, ich schaue nicht weg, aber ich sehe die tatsächlichen Handlungsmöglichkeiten ebenfalls als begrenzt an - ebenso wie mein Zeitkontingent mich damit auseinanderzusetzen. In erster Linie ist mein Job die Vermittlung von Fachwissen. Bei massivem Auseinandersetzungsbedarf mit anderen Aspekten muss anderes Fachpersonal übernehmen (Sozialpädagogen), das kann nicht auch noch ganz selbstverständlich Aufgabe des Lehrers sein.

    Also hier in BW steht der Erziehungsauftrag - für alle Schularten--gleichrangig neben dem Unterrichtsauftrag (aka "Wissensvermittlung"), sowie weiteren Aspekten. Ich empfinde das als hinreichend klaren Auftrag, um mich nicht damit he rausreden zu können, dass könne nicht selbstverständlichlicher Teil meines Berufs sein. Den Rahmen bzw. die Ziele geben Landesverfassung, GG, Schulgesetz und Schulcurriculum meines Erachtens auch ausreichend klar vor. Es fällt mir schwer zu glauben, dass das in nur einem der 15 weiteren Bundesländer weniger deutlich Teil des Berufs sein könnte oder ist das bei euch wirklich anders geregelt?

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Wie gesagt, dass wir den Auftrag formell haben, ist mir schon klar. Ich habe aber ein Zeitkontingent x für jedes meines Fächer und "nebenbei" noch einen Erziehungsauftrag in variierendem Maße. Ich sehe da schon durchaus ein Problem in Klassen, in denen massive Interventionen nötig sind. Vor einigen Jahren war ich als Unterstufenklassenlehrerin einer recht problematischen Klasse und ohne Klassenstunden im Stundenplan durchaus im Konflikt, wie viele meiner Englischstunden ich denn wohl für Klassenangelegenheiten und Thematisierung von Problemen & sozialem Miteinander abzwacken kann. Der Fachunterricht hat darunter ganz klar (wieder und wieder) gelitten und das halte ich in einer Bildungsinstitution dann auch nicht für angemessen. Von daher empfinde ich es schon als grundsätzlich falsch, zwar einen Erziehungsauftrag auszusprechen, aber keine expliziten Stundenkontingente für soziales Lernen und Klärung von Konflikten einzuräumen.

  • Wie gesagt, dass wir den Auftrag formell haben, ist mir schon klar. Ich habe aber ein Zeitkontingent x für jedes meines Fächer und "nebenbei" noch einen Erziehungsauftrag in variierendem Maße. Ich sehe da schon durchaus ein Problem in Klassen, in denen massive Interventionen nötig sind. Vor einigen Jahren war ich als Unterstufenklassenlehrerin einer recht problematischen Klasse und ohne Klassenstunden im Stundenplan durchaus im Konflikt, wie viele meiner Englischstunden ich denn wohl für Klassenangelegenheiten und Thematisierung von Problemen & sozialem Miteinander abzwacken kann. Der Fachunterricht hat darunter ganz klar (wieder und wieder) gelitten und das halte ich in einer Bildungsinstitution dann auch nicht für angemessen. Von daher empfinde ich es schon als grundsätzlich falsch, zwar einen Erziehungsauftrag auszusprechen, aber keine expliziten Stundenkontingente für soziales Lernen und Klärung von Konflikten einzuräumen

    Ich denke, unser Schulsystem fährt sich damit bald selbst an die Wand.


    Es ist doch jetzt schon sehr schwer, überhaupt Lehrernachwuchs zu finden. Bei uns im Grundschul- und Sek1 Bereich wird die Lage immer dramatischer.

    Die oberen Hierarchien sollten mal darüber nachdenken, woran es liegt.


    Und bei uns die jungen Lehrer? Gehen doch schon nach wenigen Jahren am Zahnfleisch und würden ihren Job am liebsten hinklatschen, wenn sie eine Alternative hätten.


    Unser Chef sagt auch, dass er froh ist, dass noch (!) ein Teil der alten Garde da ist. Aber wie lange noch?


    Unser Job wird immer unattraktiver und ich fürchte, dass er im Wettbewerb mit anderen Berufen nicht mithalten kann. 8)

    • Offizieller Beitrag

    Mit A13 und entsprechenden Beförderungsmöglichkeiten sollte auch im Primar- und Sek I-Bereich einiges zu erreichen sein. Gerade wo die Studienzeiten jetzt identisch sind, greift die alte formale Vorgabe für den gehobenen und den höheren Dienst nicht mehr. (Einmal abgesehen davon, dass es diese Bezeichnung ja auch in NRW formal nicht mehr gibt.)

    Unattraktiv wird der Job m.E. aber besonders dadurch, dass die Vielzahl an Aufgaben und Tätigkeiten systematisch zeitlich nicht erfasst werden sollen, um so die tatsächliche Arbeitsbelastung zu verschleiern. Mir ist das, seitdem ich in der Behörde arbeite, durch das dortige Zeiterfassungssystem noch einmal sehr deutlich gemacht worden. Man stempelt sich morgens ein und nachmittags wieder aus. Die Zeit dazwischen ist Arbeitszeit - ganz gleich ob und wie viel und wie gut ich arbeite. Würden wir dies auf die Schule übertragen, könnte das System Schule in der bestehenden Form nicht mehr funktionieren - und wäre vor allem nicht mehr bezahlbar. Das System Schule lebt von der Ausbeutung von Idealisten - strahlende Kinderaugen sollen auch strahlende Lehreraugen erzeugen.

Werbung