Förderung des Sprachgefühls (Frage als Mutter ...)

  • Hallo zusammen,


    ich hoffe, ich darf mal eine Frage als Mutter stellen. ;)

    Mein Kind kommt jetzt in die 6. Klasse (Gymnasium) und hat offenbar schwierigkeiten mit dem Sprachgefühl und dem Wortschatz. Was mich schon etwas wundert, denn als Kindergarten- und Grundschulkind war es eher auffällig, dass er sich sehr gut und gewählt ausdrücken konnte, das haben sowohl wir als Eltern gemerkt, als auch den Erzieherinnen bzw. Lehrerinnen. Jetzt hat er schwierigkeiten beim Aufsatzschreiben und als ich jetzt mit ihm in den Ferien geübt habe, ist es mir auch aufgefallen, dass er sich da ziemlich schwer tut. Also z. B. passende Wörter zu finden. Das Niveau ist halt jetzt anders als im Kindesalter und irgendwie ist er da irgendwo "hängengeblieben".

    Als Grund kann ich mir nur vorstellen, dass er seit ca. zwei Jahren nicht mehr gerne liest und somit kaum mal freiwillig ein Buch in die Hand nimmt - außer Sach- und Fachbüchern zu Themen, die ihn interessieren, die liest er gerne, da auch keine Kinderbücher, sondern wirkliche Fachbücher. Aber diese haben nun mal einen eher speziellen Wortschatz, der beim allgemeinen Ausdruck nicht so hilfreich ist. Als kleines Kind hat er Vorlesen geliebt und wir haben ihm halt auch sehr viel vorgelesen. Später hat er auch selber gern gelesen, vielleicht so bis Ende 3. Klasse, Anfang 4. Klasse, dann war das Interesse irgendwie weg. Keine Ahnung warum...


    Hat jemand einen Tipp, wie man so ein Kind vielleicht wieder zum Lesen motivieren kann? Mit Zwang ist es ja auch schwierig...

    Und gibt es außer Lesen noch gute Möglichkeiten, den sprachlichen Ausdruck zu verbessern?


    Vielen Dank schon mal und liebe Grüße!

  • Wie sieht es denn mit altersgerechten Wort- und Rätselspielen aus? Hat er daran Interesse?


    Ich würde auch mal versuchen herauszufinden, warum Sohnemann keine wirkliche Lust mehr aufs Lesen hat. Gab es da vielleicht mal an der Schule einen Vorlesewettbewerb, der ihn gefrustet hat?


    Ansonsten: ihn auch viel sprechen lassen, z. B. kann er dir ja eines seiner Fachbücher nacherzählen.

  • Hallo!


    Es könnte hilfreich sein, spielerisch den Wortschatz durch Synonymbildung zu erweitern, z.B. durch Memory, bei dem verschiedene Begriffe mit gleicher/ähnlicher Bedeutung gefunden werden müssen. Den Mythos mit dem Zusammenhang Sprachgefühl und Leseverhalten kenne ich natürlich auch und gerade bei Jungs ist das immer schwierig. Eigentlich ist die KJL thematisch sehr breit aufgestellt, da dürfte sich doch etwas für deinen Sohn finden lassen, oder? Für Lesefaule fällt mir sowas wie Gregs Tagebuch ein. Abenteuergeschichten sind bestimmt auch cool. Da ist nur die Herausforderung, nicht so einen Schinken mit 30-Seiten-Kapiteln zu wählen, was nachvollziehbarerweise direkt wieder abschreckt. Ich erinnere mich noch an solche Leserätselbücher, bei denen man sich nach jedem Abschnitt entscheiden muss, wie es weitergeht, und dann an entsprechender Stelle weiterliest. Vlt. sowas?


    Mit freundlichen Grüßen

  • Für mich persönlich ist momentan der Schlüssel zum Glück alles, was unter "einfache Sprache" fällt.


    Letztes Jahr habe ich in meiner 5. an der Mittelschule folgende Lektüre gelesen...

    https://www.amazon.de/Anton-taucht-ab-Einfacher-Sprache/dp/3407748906/ref=sr_1_1?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&crid=2V8IAD1IG1Q98&dchild=1&keywords=anton+taucht+ab+einfache+sprache&qid=1599207679&sprefix=Anton+taucht+ab%2Caps%2C159&sr=8-1&tag=lf-21 [Anzeige]

    ... und war einfach begeistert.


    Selbst die schwächsten Schüler (z.B. jene, die dank der Schulschließungen brutal zurückgefallen sind in ihrem Deutschniveau) haben sich tapfer Seite für Seite da durchgequält und dann aber strahlend den Kopf gehoben, wenn sie fertig mit Lesen waren und der nächste drankam, weil die Geschichte halt trotzdem super witzig ist.

    Auch hab ich mich erstmalig mit "Greg's Tagebüchern" beschäftigt und hellauf gelacht!

    Als Klassenlektüre/Referatthema sicher weniger geeignet - aber diese Bücher machen einfach Spaß.


    PS: Neulich hatte ich einen kurzen Austausch zu genau diesem Thema mit dem Goethe-Institut auf Twitter, und da wurde mir gesagt, die Schüler dürften sich nicht vor der Anstrengung des Lesens drücken. Ah ja. Ok. Hm. Trifft voll die Realität des Deutschunterrichts... :_o_P

  • PS: Neulich hatte ich einen kurzen Austausch zu genau diesem Thema mit dem Goethe-Institut auf Twitter, und da wurde mir gesagt, die Schüler dürften sich nicht vor der Anstrengung des Lesens drücken. Ah ja. Ok. Hm. Trifft voll die Realität des Deutschunterrichts... :_o_P

    Dann weiß ich wenigstens warum ich heute Morgen im Rahmen des ITK-Prüfungstrainings einen schönen eineinhalb Seiten langen Lückentext zu einer Deutschlandreise zusammengestellt habe.

  • Ach - und was mir noch einfällt:

    Schau auch gerne mal bei Penguin Books nach sog. "Penguin Readers" nach - da findest du tolle Geschichten, die ebenfalls vereinfacht dargestellt sind.

    Mit der o.g. Klasse habe ich z.B. Charles Dickens' "A Christmas Carol" gelesen (und anschließend die aktuelle Verfilmung geguckt)

    https://www.amazon.de/Penguin-Readers-Level-Christmas-English-ebook/dp/B0891V5P12/ref=sr_1_25?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&crid=2KUBPQ545WYR2&dchild=1&keywords=charles+dickens+penguin+classics&qid=1599208902&sprefix=Charles+Dicken%2Caps%2C161&sr=8-25&tag=lf-21 [Anzeige]

    und auch "Marcel and the Shakespeare Letters" jetzt noch im Juli gelesen.

    https://www.amazon.de/Level-Shakespeare-Letters-Pearson-English/dp/1405878118/ref=sr_1_23?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&dchild=1&keywords=the+Shakespeare+Letters&qid=1599209014&sr=8-23&tag=lf-21 [Anzeige]


    Fanden sie auch toll.

    Wenn dein Sohn aufs Gymnasium geht, ist das Niveau freilich ein anderes, schon klar.

    Aber es geht doch darum, dass er mal ein Buch liest und es nicht unwillig wieder beiseite legt, oder?

  • Vielen Dank für deine Antwort!

    Wie sieht es denn mit altersgerechten Wort- und Rätselspielen aus? Hat er daran Interesse?


    Ich würde auch mal versuchen herauszufinden, warum Sohnemann keine wirkliche Lust mehr aufs Lesen hat. Gab es da vielleicht mal an der Schule einen Vorlesewettbewerb, der ihn gefrustet hat?


    Ansonsten: ihn auch viel sprechen lassen, z. B. kann er dir ja eines seiner Fachbücher nacherzähle

    Hmmmm,


    Spiele weiß ich so gar nicht, meinst du sowas wie Kreuzworträtsel? So spontan weiß ich gar nicht, was es in dem Alter so gibt...


    Warum er keine Lust hat, weiß ich gar nicht so genau. Irgendwann wurde das Lesen "uncool". Jetzt fehlt ihm natürlich die Übung, was dazu führt, dass ihm richtig spannende Bücher z. T. anstrengend zu lesen sind, leichtere Bücher aber wiederum zu kindisch.

    Und leider ist halt Handy usw. unter den Jungs cooler als Lesen...


    Über seine Themen berichtet er mir (zu) ausführlich ;-). Reden kann er, das ist nicht das Problem, es ist denke ich eher diese "blumige" Sprache, die man für Aufsätze bräuchte.

    Ich habe halt auch so einen Jahrgangsstufentest mit ihm durchgearbeitet. Es war jetzt nicht katastrophal (sonst wäre er wohl nicht auf dem Gymnasium), aber da waren immer wieder Aufgaben dabei, bei denen er entscheiden musste, welches Wort am besten passt, da war er oft ziemlich unsicher...

  • Hallo!


    Es könnte hilfreich sein, spielerisch den Wortschatz durch Synonymbildung zu erweitern, z.B. durch Memory, bei dem verschiedene Begriffe mit gleicher/ähnlicher Bedeutung gefunden werden müssen. Den Mythos mit dem Zusammenhang Sprachgefühl und Leseverhalten kenne ich natürlich auch und gerade bei Jungs ist das immer schwierig. Eigentlich ist die KJL thematisch sehr breit aufgestellt, da dürfte sich doch etwas für deinen Sohn finden lassen, oder? Für Lesefaule fällt mir sowas wie Gregs Tagebuch ein. Abenteuergeschichten sind bestimmt auch cool. Da ist nur die Herausforderung, nicht so einen Schinken mit 30-Seiten-Kapiteln zu wählen, was nachvollziehbarerweise direkt wieder abschreckt. Ich erinnere mich noch an solche Leserätselbücher, bei denen man sich nach jedem Abschnitt entscheiden muss, wie es weitergeht, und dann an entsprechender Stelle weiterliest. Vlt. sowas?


    Mit freundlichen Grüßen

    Ja, ich glaube auch, dass wir noch die "richtigen" Bücher finden müssen. Danke für die Ideen!

  • Hmmm, ich denke mal "leichte Sprache" ist dann wirklich für sehr schwache Schüler. Das wird ihm vermutlich doch ZU einfach sein.

    Er ist halt doch Gymnasialschüler und auch nicht knapp am Klassenziel vorbeigeschlittert, also die Versetzung ist definitiv nicht in Gefahr gewesen. Aber ich glaube, dass doch bessere Noten drin wären. Schließlich hat er in der Grundschule ohne größere Anstrengung immer gute Noten gehabt...

  • Das sind jetzt dann aber englischsprachige Bücher, oder?

    Vielleicht ist es missverständlich gewesen, es geht mir um das Sprachgefühl im Deutschen.


    Ja, und du hast es genau richtig erfasst: Ich würde mir wünschen, wenn er GERNE etwas liest. Mit Zwang werden wir da nicht weit kommen...

    In der Schule hatten sie letztes Jahr eine Lektüre, die fand er schon schwer zu lesen ("Caius ist ein Dummkopf", falls du es zufällig kennst), vor allem wegen der besonderen Sprache. Aber nach Anfangsschwierigkeiten ging es dann ganz gut. Und er wollte dann sogar die nächsten Bände des Buches lesen. Das haben wir ihm gekauft und seitdem liegt das Buch unberührt da. Irgendwie fehlt ihm die Motivation anzufangen. Mittendrin würde er vermutlich weiterlesen...

  • Hmmm, ich denke mal "leichte Sprache" ist dann wirklich für sehr schwache Schüler.

    Bitte nicht missverstehen - mir ging es nicht um schwache Schüler, sondern um Schüler, die überhaupt keinen Bock haben etwas zu lesen.

    Ja, und du hast es genau richtig erfasst: Ich würde mir wünschen, wenn er GERNE etwas liest.

    Darauf zielten meine Vorschläge ab. ;)

  • Bitte nicht missverstehen - mir ging es nicht um schwache Schüler, sondern um Schüler, die überhaupt keinen Bock haben etwas zu lesen.

    Darauf zielten meine Vorschläge ab. ;)

    Aber diese Penguin Readers sind doch vereinfachte ENGLISCH Bücher? Oder verstehe ich dich irgendwie falsch?

  • Ich kenne einen intelligenten Wirtschaftswissenschaftler, der sich in einem riesigen Konzern dumm und dämlich verdient, der ist nicht in der Lage, vernünftig "Tabu" zu spielen :zahnluecke:


    Also vielleicht kann man einen Text auch unblumig schreiben und trotzdem das Wesentliche sagen, wenn man kein "Romane-Typ" ist? Nur so generell...


    Ideen wären: es gibt noch die "Comic-Typen"... Donald Duck, Asterix oder diverse Superhelden, Mangakram (teilweise auch für Erwachsene), die einen überraschend umfangreichen Wortschatz haben. Vielleicht findet er da was.

    Oder ein Zeitschriften-Abo? Da gibt's ne Menge ganz verschiedene und auch richtig schöne für große Kinder und junge Jugendliche...


    Als Spiele fielen mit spontan ein Scrabble, Tabu, Concept, Stadt-Land-Fluss, das "Duden-Spiel", gefüllte Kalbsbrust...

  • Aber diese Penguin Readers sind doch vereinfachte ENGLISCH Bücher? Oder verstehe ich dich irgendwie falsch?

    Nein, du verstehst mich völlig richtig!


    Mir geht es nur darum, dass Kinder, die nicht lesen, sich nicht ausdrücken können, weder schriftlich noch mündlich.

    Das sieht man als erstes im Deutschunterricht.

    Im Englischunterricht kommt man allerdings auch recht schnell von der Textrezeption zur Textproduktion.

    Und auch hier gilt - wer viel liest, kann sich gut ausdrücken.


    Vielleicht habe ich dich falsch verstanden.

    Ich dachte, es ginge darum, den Knaben überhaupt ans Lesen zu kriegen.

  • Vermutlich ist es so... Ihm würden Sachtexte auch in der Schule mehr liegen. Wahrscheinlich war auch unser Problem, dass ja durch Corona alle Schulaufgaben im zweiten Halbjahr ausgefallen sind, und genau die wären Sachtexte gewesen. Somit hatte er nur zwei Schulaufgaben, beides mit einem Erzähltext. Vermutlich hätte er insgesamt besser abgeschnitten, wenn das Schuljahr normal weitergegangen wäre...


    Vielen Dank für die Spieletipps. Natürlich kenne ich da Einiges, da hätte er bestimmt auch Spaß!

  • .. . Somit hatte er nur zwei Schulaufgaben, beides mit einem Erzähltext. Vermutlich hätte er insgesamt besser abgeschnitten, wenn das Schuljahr normal weitergegangen wäre...

    Ganz sicher, außerdem: Kinder, die in die Pubertät kommen werden neurologisch durcheinandergewürfelt. Du wärst nicht die erste Mutter, die sich zwischendrin fragt, ob das alles normal ist, wie das Kindlein so tickt. Beispielsweise der Konzentrationsmangel bei sinnlos empfundenen Tätigkeiten...

  • Ganz sicher, außerdem: Kinder, die in die Pubertät kommen werden neurologisch durcheinandergewürfelt. Du wärst nicht die erste Mutter, die sich zwischendrin fragt, ob das alles normal ist, wie das Kindlein so tickt. Beispielsweise der Konzentrationsmangel bei sinnlos empfundenen Tätigkeiten...

    Oh ja! Und aktuell ist ALLES sinnlos, was Erwachsene für wichtig erachten! :autsch:

  • Total sinnlos, wer braucht schon Zahnspangen, Hausaufgaben, Lesetips, Clearasil, anrufen, wenn man irgendwohin geht, Hamsterkäfig putzen und Zimmer aufräumen? Eigentlich braucht man nur Taschengeld, Pizza im Kühlfach, WhatsApp und eine Zimmertür.

  • Total sinnlos, wer braucht schon Zahnspangen, Hausaufgaben, Lesetips, Clearasil, anrufen, wenn man irgendwohin geht, Hamsterkäfig putzen und Zimmer aufräumen? Eigentlich braucht man nur Taschengeld, Pizza im Kühlfach, WhatsApp und eine Zimmertür.

    Und Lehrer... :aufgepasst: (also braucht man nicht...)

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