Strom-Standverteiler - wer versteht ihn, wer kennt ihn?

  • Hallo,


    an unserer kleinen Berliner Grundschule haben wir einen Raum für Naturwissenschaften mit dem unten abgebildeten Strom-Standverteiler. Da wir hier ja nur in Klasse 5/6 Nawi unterrichten, und Elektrik nur zwei, drei Wochen "auch mal" Thema ist, verwenden wir für die paar Versuche mit einfachen Schaltkreisen Batterien.


    Aber irgendwie reizt es mich ja doch, diesen Standverteiler zu verstehen. Denn theoretisch haben unsere Schülerplätze auch ein paar Anschlüsse für lose Kabel, mit denen man arbeiten könnte. Wir haben zwar ein paar Naturwissenschaftler als Fachlehrer, aber die kommen aus der Biologie. Und so gibt es niemanden im Haus, der weiß, wie man damit umgeht. "Hier drücken" für die Aktivierung der normalen Steckdosen habe ich noch herausgefunden, aber der Rest bleibt unverständlich. Leider steht auch keine Firma oder ähnliches drauf.


    Wisst ihr, welche Firma das sein könnte, damit ich dort ein Handbuch erbeten kann? Oder benutzt jemand ein ähnliches Gerät und kann grob beschreiben, was zu tun ist? Oder hat jemand eine Idee, wer helfen könnte?


    Vielen Dank für eure Ideen!

  • Vor einem Einsatz im Unterricht, vermutlich unvollständige Liste:

    - Prüfung für ortsfeste Elektrogeräte durch Elektrofachkraft durchführen lassen (sehe kein Siegel)

    - Prüfen lassen, ob ein RCD vor dem Gerät hängt

    - Das Gerät wird vermutlich keine sichere Trennung nach EN- 61558-2-6 haben. Dann Benutzungverbot für Schülerversuche

    - Die Anzeigegeräte zeigen bis zu 30 V Spannung an. Wenn auch Wechselspannung über 25 V möglich sein sollte (kann ich aus den kleinen Beschriftungen nicht erkennen), so ist diese nicht berührungsungefährlich und darf nur von Lehrkräften mit Physik-Studium (oder vergleichbarer Ausbildung) benutzt werden.

    - Es muss eine Gefährdungsbeurteilung erstellt werden.

    - Alle Lehrkräfte müssen belehrt werden.

    Grobe Beschreibung:
    Du kannst wahlweise Gleichspannung oder Wechselspannung, bzw. sogar "Drehstrom" an den unteren Buchsen regelbar (Drehregler unter dem Trafo-Symbol) abnehmen und zusätzlich vermutlich weitere im Raum befindliche Steckdosen im Raum schalten.
    In der Mitte hast Du noch eine Entnahme für konstante Kleinspannung 6,3 V.
    Was an den unteren Drehschaltern steht, kann ich nicht lesen, aber vermutlich kannst Du da schalten, ob Du Wechselspannung oder Gleichspannung an den schwarzen Buchsen haben möchtest.

  • Die Prüfung wurde vor ein paar Wochen durchgeführt, auf dem Siegel steht "UV NaWi, RCD vollständig, Standverteiler".


    Was meinst du mit "kleinen Beschriftungen"? Bei Kreis 1 (unten links im Bild) steht Gleichstrom 0-24V, 24A. Unten Mitte (ebenfalls Kreis 1) "Drehstrom 0-22/12,7V, 18A". Dann geht in der Mitte eine Linie zu "Lehrertisch" mit "6,3V, 30A". Und rechts ist Kreis 2 mit "Gleichstrom 0-24V, 24A" bzw. ganz rechts "Wechselstrom 0-22V, 18A".

  • Da es für mich so klingt, als wolltet ihr die S'uS mit den Anschlüssen am Tisch experimentieren lassen:

    Lest euch die entsprechenden Passagen der RiSU lieber sehr gut durch, bevor ihr da irgendetwas macht. Viele wichtige Aspekte hat Flupp schon angesprochen. Insbesondere die sichere Trennung könnte wie Flupp schreibt wahrscheinlich zum Problem werden (siehe Trafo-Schaltzeichen).

  • Ich habe oben noch die geforderte Fachkunde für die Person, die die Gefährdungsbeurteilung erstellt, vergessen.
    Wenn die Nawi-Lehrer alle "nur" Biologen sind, dann wird es da schon vermutlich schwierig.

    Ich würde als verantwortliche Person mit der bisherigen Kenntnis über die Situation vor Ort und den nicht vorhandenen Bedarf das Ding stilllegen lassen.

  • Die wesentliche Funktion wurde ja schon beschrieben.

    Mit den Wahlschaltern ganz oben schaltest du die Messgeräte auf die entsprechenden Kreise auf.


    Beim Schalter ganz unten kannst du in Position 2 manuell auf die Wahlpole einspeisen.


    Wenn du die Pole am Lehrertisch oder in der Vorbereitung nutzen willst, dann überbrückst du die entsprechenden Abgriffbuchsen zum Wahlpol mit einer Messleitung.


    Den Drehstromabgriff kannst du vergessen bzw. einfach nur die unteren beiden Buchsen benutzen um Wechselstrom abzugreifen. Der Drehstrom wird allenfalls noch für Uraltmotormodelle benötigt. Wegen dem Drehstrom und der Festspannungsquelle hast du übrigens diese "Wahlpol"- Stellung bei den unteren beiden Wahlschaltern. Damit kannst bei entsprechender Verkabelung den Drehstrom auf die vier Schülerpole legen. Aber wie gesagt... braucht heute keiner mehr.


    Die rote Lampe, wo die Beschriftung ab ist, wird vermutlich die Überlast-Anzeige sein.


    Nach Beschriftung ist der Spannungsbereich auf den zulässigen Bereich für Schülerversuche beschränkt. Bei so alten Anlagen macht vorher mal nachmessen aber immer Sinn!


    Das große Problem an diesen Spannungsversorgungen ist, dass halt alle am gleichen Trafo hängen. Dh. wenn ein Schüler einen Kurzschluss macht, bricht die Spannung für alle ein. Darüber hinaus weißt du nicht, ob es ein Trenntrafo ist.


    Für Schülerversuche empfehle ich dringend Schülerexperimentiertrafos zu verwenden. Die von Phywe mit der Automatiksicherung sind ganz gut. Das investierte Geld lohnt sich hinsichtlich Sicherheit, Handhabung und Haltbarkeit auf jeden Fall.

  • Vielen Dank für eure Hinweise. Als naiver Untergebener hätte ich gedacht: Eine Schule baut nur in einen Grundschulraum, was 100% sicher ist, d.h. wenn auch der dööfste Schüler anfängt, seine Zunge in die Buchse zu stecken, passiert ihm nicht viel mehr als ein Tadel. Bei euch klingt es so, als könnte bei falscher Bedienung tatsächlich Gefahr bestehen. Und nicht nur das; wenn ich das verwende, muss ich Risu herunterbeten können, weil ich ja anscheinend bewusst die Batterien verschmäht habe. Ergo bin ich dann schuld, wenn aus dem Kasten mehr Strom fließt, als dem kleinsten gemeinsamen Nenner im Zimmer gut tut?! Das ist ganz schön lebensfern von oben. Und führt dazu, dass ich das dann tatsächlich nie einsetzen werde, und die tausend Euro in die Verkabelung des neuen Lehrertisches mit X Funktionen hätte man sich sparen können. Ärgerlich.


    Aber intellektuell interessiert mich der Schrank trotzdem noch - wie bedient man ihn? Um die Steckdosen an den Schüler und Lehrertischen zu aktivieren, muss man wie markiert 1./2. anschalten. Heißt das, an den Buchsen der Schüler liegt dann auch Strom an? Oder wäre das Kreis 2? Und wie würde ich theoretisch 6 oder 12 Volt anlegen?


    Danke für den Phywe-Tipp, aber die Batterien sind da wirtschaftlicher für die paar Stunden.

  • 12V Gleichspannung anlegen:

    1. Ganz oben unter dem linken Messgerät auf Kreis 1
    2. Hauptschalter an
    3. Schalter 2 drücken
    4. Da drunter Kreis 1 einschalten (Kreis 2 rechts aus)
    5. Drehknopf unter dem linken Trafosymbol drehen bis das Messgerät 12V anzeigt
    6. Schalter ganz unten links auf Gleichstrom stellen
    7. Nun sollte über die Buchsen 1-2 bei den Schülern 12V- anliegen

    Wenn du das auf Buchse 3-4 legen willst, machst du es mit Kreis 2.

  • 6,3V Festspannung auf Buchse 3-4 anlegen, z.B. für alte Experimentierleuchten:

    1. Hauptschalter an
    2. Kreis 2 aus!
    3. Mit einem Messkabel (in der Mitte) die gelben Buchsen (6,3V 30A) mit den Buchsen Wahlpol 3/4 rechts unten verbinden
    4. Schalter rechts unten auf Stellung 2 (Wahlpol 3/4)
  • Vielen Dank für eure Hinweise. Als naiver Untergebener hätte ich gedacht: Eine Schule baut nur in einen Grundschulraum, was 100% sicher ist, d.h. wenn auch der dööfste Schüler anfängt, seine Zunge in die Buchse zu stecken, passiert ihm nicht viel mehr als ein Tadel. Bei euch klingt es so, als könnte bei falscher Bedienung tatsächlich Gefahr bestehen.

    Früher war man da etwas robuster im Umgang. Da wurden noch Schüler unter Hochspannung gesetzt, damit die Haare abstehen, Röhren betrieben, die ungewollt den ganzen Raum röntgen, etc.

    Das Sicherheitsbewusstsein, dass du früher als Lehrkraft qua deiner Fachkenntnis (hoffentlich) hattest, ist heute in Vorschriften und Normen gegossen.


    So richtig viel gefährliches kannst du mit deinem Standverteiler nicht machen.

    Da gibt es deutlich problematischere Modelle. (Bei meinem kannst du z.B. den Netzdrehstrom abgreifen und wenn man dumm und fahrlässig genug ist, manuell in die Kleinspannungsbuchsen einspeisen. Weiterhin hat sie auch noch eine Hochspannungsquelle verbaut.)


    Das größte Problem bei deinem Verteiler sehe ich in folgenden Dingen:

    • Über die Wahlpole kannst du einen Spannungsmix einleiten, wenn du wild verkabelst. Je nach internem Aufbau der Verteilung kannst du dadurch die Spannungsgrenzen überschreiten.
    • Es gibt keine regelbare Strombegrenzung. 24A ist schon relativ viel. Das sind im ungünstigen Fall bei 24V Spannung ca. 550W Leistung, die dann irgendwo im Fehlerfall umgesetzt werden.
  • Vielen Dank für eure Hinweise. Als naiver Untergebener hätte ich gedacht: Eine Schule baut nur in einen Grundschulraum, was 100% sicher ist, d.h. wenn auch der dööfste Schüler anfängt, seine Zunge in die Buchse zu stecken, passiert ihm nicht viel mehr als ein Tadel. Bei euch klingt es so, als könnte bei falscher Bedienung tatsächlich Gefahr bestehen.

    Naja, die Erde hat sich weitergedreht. Das Ding in Deinem Klassenzimmer wurde vor gefühlt 40 Jahren eingebaut.
    Seitdem hat sich die Technik weiterentwickelt.
    Selv/Pelv, Trenntrafos etc. waren damals noch kein Thema.
    Ebenso waren RCD noch nicht flächendeckend verbreitet. Erst seit 2006 (?) müssen die Dinger in Neubauten verbaut werden.
    1970 gab es 250 Stromtote in Westdeutschland, heutzutage in Deutschland unter 50.


    Meiner Meinung nach geht von der obigen Anlage an vier Stellen Gefahr aus:

    1. Brandgefahr bei Überlast im Experimentierbereich, fast wie bei einer Autobatterie.

    2. Gefahr durch den fehlenden Trenntrafo - halte ich persönlich für überschaubar, aber Vorschrift ist Vorschrift...

    3. Gefahr durch fehlende RCD, es sieht zwar so aus, als wäre nachträglich ein RCD für die Steckdosen eingebaut - ob aber auch die anderen Bestandteile abgesichert sind? Danach fragte ich ja oben. Nach einem Trafo ist der RCD zwar grundsätzlich egal, aber es geht ja auch um Gehäuse und andere Teile.

    4. Gefahr durch Fehlbedienung (z.B. Einspeisung von Netzstrom in Schülerbereiche über die Buchsen)


    Ergo bin ich dann schuld, wenn aus dem Kasten mehr Strom fließt, als dem kleinsten gemeinsamen Nenner im Zimmer gut tut?!

    Ja, so ist das grundsätzlich im naturwissenschaftlichen Unterricht, wenn Du mit Elektrizität experimentierst.
    Daher darf ja auch nicht jeder damit im Unterricht rumhantieren.


    Und führt dazu, dass ich das dann tatsächlich nie einsetzen werde, und die tausend Euro in die Verkabelung des neuen Lehrertisches mit X Funktionen hätte man sich sparen können. Ärgerlich.

    Das ist allerdings ärgerlich. Die RiSU ist in dem Bereich aber seit sicherlich zehn Jahren unverändert.

    Kein Vorwurf an Dich, aber viele Schulen investieren viel auf Geratewohl und beim Schulträger interessiert es keinen.

    Um den Lehrertisch zu retten - es gibt sowas wie das eingebaute auch in neu. Kostet aber so viel (>7k, mit Wechselspannung >10k), dass man da mit Einzelgeräten besser fährt. Außerdem finde ich es didaktisch besser, wenn die Schülerinnen und Schüler auch an den Regler drehen...

  • 3. Gefahr durch fehlende RCD, es sieht zwar so aus, als wäre nachträglich ein RCD für die Steckdosen eingebaut - ob aber auch die anderen Bestandteile abgesichert sind? Danach fragte ich ja oben.

    Dieser externe RCD kann definitiv nix schützen, was sekundärseitig an den Trafos hängt.

    Der schützt maximal die Netzsteckdosen der Schüler und die Primärseite der Verteilung.

  • Vielen Dank für euren Rat und Hinweise! Ich fasse das nochmal für die Fachkonferenz zusammen, und dann bleibt der Schrank wie eh und je verschlossen.


    Außer bei folgender Sache/Frage, die oben etwas untergegangen ist: Um die Steckdosen an den Schüler und Lehrertischen zu aktivieren, muss man wie markiert 1./2. anschalten. Heißt das, an den Buchsen der Schüler liegt dann auch Strom an?

  • Wenn bei den Schaltern dort drunter Kreis 1 und 2 auf "aus" steht oder die beiden Drehschalter ganz unten auf 0 stehen, dann liegt an den Schülerkleinspannungsbuchsen keine Spannung an.

  • Also 30A reichen durchaus für 'nen Lichbogen aus. Da besteht große Verletzungsgefahr!

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

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