Vorgehensweise Kündigung bei komplexem Sachverhalt

  • Hallo ihr Lieben,


    mein Sachverhalt:


    Ich arbeite seit der Beendigung des Refs (April 2022) als Vertretungslehrer an einer Förderschule in NRW (also seit ca.14 Monaten). Ich habe immer mit mehreren, aufeinanderfolgenden befristeten Verträgen gearbeitet. Der letzte Vertrag den ich unterschrieben habe, geht nach den Ferien hier los (05.08.23) und endet am 08.10.23.


    Einige Zeit nach der Unterschrift wurde eine feste Stelle an meiner Schule ausgeschrieben. Ich habe mich beworben und diese auch bekommen. Bisher habe ich eine Annahmeerklärung unterschrieben, die erforderlichen Unterlagen eingereicht sowie eine Untersuchung beim Amtsarzt gehabt. Aus persönlichen Gründen habe ich der Bezirksregierung mitgeteilt, dass ich eine Einstellung im Angestelltenverhältnis wünsche. Ich habe bisher noch keinen Vertrag unterschrieben. Die Stelle soll ab dem 02.08.23 losgehen.


    In den letzten Wochen habe ich allerdings gemerkt, dass ich meine Zukunft nicht im Schulwesen sehe und eine berufliche Veränderung anstrebe. Eine Erkenntnis zu einem eher ungünstigen Zeitpunkt, ich weiß, meine Entscheidung steht dennoch fest. Ich war der einzige Bewerber, habe die Stelle also niemandem "weggenommen".


    Nun bin ich mir unsicher über das weitere Vorgehen. Ich würde gerne raus aus der Sache, muss hier aber einige vertragliche Dinge beachten und finde es etwas komplex. Nun zu meinen Fragen:


    1) Welche Pflichten gehen mit der bereits unterschriebenen Annahmeerklärung einher? (Abgesehen davon, dass ich damit aus anderen Bewerbungsverfahren ausscheide)


    2) Angenommen, ich unterschreibe den Vertrag der festen Stelle nicht, dann bleibt noch der Vertretungsvertrag bis Anfang Oktober. Wie verhält es sich da mit der Kündigungsfrist? Im Vertrag steht was von 6 Monaten Probezeit, allerdings hatte ich ja mehrere aufeinanderfolgende befristete Verträge beim selben Arbeitgeber. So wie ich es verstehe, hätte ich demnach also eine verlängerte Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Monatsende.


    3) Angenommen, ich unterschreibe den Vertrag für die feste Stelle. Erlischt damit automatisch der noch aktuelle Vertretungsvertrag?

    Wäre das der Fall, hätte ich also eine Kündigungsfrist von 2 Wochen zum Monatsende, weil ich ja weniger als 6 Monate in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis war (Bin mir auch nicht ganz sicher, ob es nicht auch nochmal Probezeit gäbe). Oder wird hier auch die Tätigkeit als Vertretungslehrer mitgezählt und hat Einfluss auf die Kündigungsfrist?


    Ich werde mich auch nochmal an die Rechtsberatung der GEW wenden. Erhoffe mir hier aber nochmal ein paar Tipps oder eigene Erfahrungsberichte, wie ich hier am besten vorgehen sollte und ob die oben genannten Schlüsse auch so richtig sind.


    Ich bitte euch ganz höflich, meine Entscheidung nicht in Frage zu stellen oder sie zu bewerten, sondern nur auf die vertraglichen Fragen zu antworten.


    Vielen Dank für eure Mithilfe! :)

  • Die Rechtsberatung der GEW und/oder der zuständige Personalrat ist sicherlich der richtige Ansprechpartner. Bei so speziellen Fragen ist es sicherlich schwierig eine seriöse Antwort im Forum zu erhalten.

  • 2) Angenommen, ich unterschreibe den Vertrag der festen Stelle nicht, dann bleibt noch der Vertretungsvertrag bis Anfang Oktober. Wie verhält es sich da mit der Kündigungsfrist? Im Vertrag steht was von 6 Monaten Probezeit, allerdings hatte ich ja mehrere aufeinanderfolgende befristete Verträge beim selben Arbeitgeber. So wie ich es verstehe, hätte ich demnach also eine verlängerte Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Monatsende.

    Richtig.

    Angenommen, ich unterschreibe den Vertrag für die feste Stelle. Erlischt damit automatisch der noch aktuelle Vertretungsvertrag?

    Wäre das der Fall, hätte ich also eine Kündigungsfrist von 2 Wochen zum Monatsende, weil ich ja weniger als 6 Monate in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis war (Bin mir auch nicht ganz sicher, ob es nicht auch nochmal Probezeit gäbe). Oder wird hier auch die Tätigkeit als Vertretungslehrer mitgezählt und hat Einfluss auf die Kündigungsfrist?

    Das sollte darauf ankommen, ob dein Vertretungsvertrag entfristet wurde oder du einen völlig neuen AV abgeschlossen hast. Eine erneute Probezeit wäre allerdings nicht zulässig (weil dein Arbeitgeber der gleiche bleibt und er dich schon kennt). Normalerweise würde man in deinem Fall aber die Vertretungsverträge berücksichtigen, wenn es um die Beschäftigungsdauer geht; es würde also die längere Kündigungsfrist gelten.


    Bei Lichte betrachtet kannst du allerdings immer zu deinem Wunschtermin ausscheiden: Kein Arbeitgeber ist daran interessiert, einen Arbeitnehmer, der gehen will, unnötig festzuhalten. Ja, theoretisch sind Schadenersatzansprüche denkbar, wenn du einfach gehst (das machst du natürlich nicht, weil es höchst unfein ist), diese sind in der Praxis aber kaum durchsetzbar (weil jeder Ersatz für dich nicht mehr kostet als du selbst).


    Der Fall ist übrigens keineswegs so komplex, wie du befürchtest. Die Frage, ob vor Antritt der Stelle bereits wieder gekündigt werden kann, hängt natürlich vom konkreten AV ab; google mal danach, und du wirst sehen, dass du nicht alleine bist mit dem Problem.


    Mein Lösungsansatz wäre: Die unbefristete Stelle nicht annehmen und den bestehenden Vertretungsvertrag zum nächstmöglichen Termin kündigen. Gleichzeitg signalisierst du deine Bereitschaft, auch vor Ablauf der Kündigungsfrist auszuscheiden und wartest ab, was passiert.

    Hast du denn bereits eine neue Stelle in Aussicht, und wenn ja, ab wann?

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Bei Lichte betrachtet kannst du allerdings immer zu deinem Wunschtermin ausscheiden: Kein Arbeitgeber ist daran interessiert, einen Arbeitnehmer, der gehen will, unnötig festzuhalten.

    DAs kann ich so nicht bestätigen, das mussten bei uns einige länger bleiben als sie gerne gewollt hätten, denn auch eine Betreuung muss ja sicher gestellt werden und besser nur eine schlechte Betreuung (statt Unterricht) als gar keine.


    Mein Lösungsansatz wäre: Die unbefristete Stelle nicht annehmen

    Der Zug ist doch schon abgefahren, wenn eine Annahmeerklärung unterschrieben wurde.


    Ich tendiere auch zur Rechtsberatung vor Ort mit den Verträgen in der Hand.

  • Die Rechtsberatung der GEW und/oder der zuständige Personalrat ist sicherlich der richtige Ansprechpartner. Bei so speziellen Fragen ist es sicherlich schwierig eine seriöse Antwort im Forum zu erhalten.

    Die Rechtsberatung der GEW scheint leider nur GEW-Mitglieder zu beraten. Der zuständige Personalrat zeigte sich eher verhalten bei der Beurteilung der vertragsrechtlichen Sache. Ich solle die zuständige Sachbearbeiterin der BezReg nach Möglichkeiten eines Rücktrittes fragen.


    Danke für die ausführliche Antwort. Für die feste Stelle habe ich noch keinen Vertrag unterschrieben, lediglich die Annahmeerklärung. Es würde sich aber um einen neuen Arbeitsvertrag handeln, also keine Entfristung des Vertretungsvertrages. Ich konnte in Erfahrung bringen, dass der Vertretungsvertrag erlischt, sobald ich den Vertrag der festen Stelle unterschreibe.

    In dem Vertrag für die feste Stelle wird es definitiv auch wieder eine Probezeit von 6 Monaten geben (Was für mich in diesem Fall natürlich ein Vorteil wäre). Laut Personalrat haben die vergangenen Vertretungsverträge keinen Einfluss auf den neuen Vertrag. Von meiner SL weiß ich, dass aber eine Bewerberin darauf wartet, dass sie meine Vertretungsstelle übernehmen kann. Ich würde diese also auch ungern "blockieren".


    Ich werde wohl erstmal mit einem Anwalt klären, was die unterschriebene Annahmeerklärung für mich bedeutet.


    Eine neue Stelle habe ich noch nicht, Bewerbungen laufen aber. Diesbezüglich mache ich mir aber keine Sorgen, da ich bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung im sozialen Bereich habe und mit der ich jederzeit problemlos eine neue Stelle finde.

    DAs kann ich so nicht bestätigen, das mussten bei uns einige länger bleiben als sie gerne gewollt hätten, denn auch eine Betreuung muss ja sicher gestellt werden und besser nur eine schlechte Betreuung (statt Unterricht) als gar keine.


    Der Zug ist doch schon abgefahren, wenn eine Annahmeerklärung unterschrieben wurde.


    Ich tendiere auch zur Rechtsberatung vor Ort mit den Verträgen in der Hand.

    Ich halte meine Schulleitung für sehr strategisch und ich möchte ehrlich gesagt nicht länger bleiben als nötig. Und wie du sagst, ich sollte erstmal die Sache mit der Annahmeerklärung in Erfahrung bringen. :)

  • Der zuständige Personalrat zeigte sich eher verhalten bei der Beurteilung der vertragsrechtlichen Sache. Ich solle die zuständige Sachbearbeiterin der BezReg nach Möglichkeiten eines Rücktrittes fragen.

    Hast du das schon probiert? Das finde ich eine gute Idee.


    Die Rechtsberatung der GEW scheint leider nur GEW-Mitglieder zu beraten.

    Völlig normal und logisch.


    In dem Vertrag für die feste Stelle wird es definitiv auch wieder eine Probezeit von 6 Monaten geben (Was für mich in diesem Fall natürlich ein Vorteil wäre).

    Das ist rechtlich eh nicht haltbar dann. Also darauf würde ich mich nicht verlassen, dass das wirklich so ist.


    Ich werde wohl erstmal mit einem Anwalt klären, was die unterschriebene Annahmeerklärung für mich bedeutet.

    Eine gute Idee.

    Ansonsten kannst du, wenn du so schnell wie möglich zum xxx bzw. ersatzweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündigen und dann abwarten, was passiert.

  • Das ist rechtlich eh nicht haltbar dann. Also darauf würde ich mich nicht verlassen, dass das wirklich so ist.

    Wenn der AG aber selbst eine Probezeit in den Vertrag schreibt, kann er sich hinterher nicht auf deren Unzulässigkeit berufen. § 242 BGB.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Bisher noch nicht. Ich möchte erstmal ausloten, welche die schnellste und unkomplizierteste Methode wäre die ganze Sache zu beenden.


    In den Hinweisen zur Beschäftigung der Lehrkräfte im Tarifbeschäftigungsverhältnis steht folgendes zur Probezeit:


    "2 Probezeit


    Grundsätzlich beträgt die Probezeit der Lehrkräfte im Tarifbeschäftigungsverhältnis gemäß § 2 Absatz 4 TV-L sechs Monate. Auf eine Probezeit kann verzichtet werden, sie kann auch verkürzt, jedoch nicht verlängert werden.

    Bei befristeten Arbeitsverträgen ohne sachlichen Grund gelten die ersten sechs Wochen und bei befristeten Arbeitsverträgen mit sachlichen Grund die ersten sechs Monate als Probezeit (§ 30 Absatz 4 TV-L)."



    Ich verstehe das so, dass es standardmäßig eine Probezeit von 6 Monaten gibt (War übrigens auch bei jedem Vertrag so, den ich in den letzten Jahren bekommen habe). Wahrscheinlich müsste ich mit der Personalabteilung klären, wenn ich eine Verkürzung der Probezeit bzw. eine Anrechnung meiner bisherigen Tätigkeit möchte. Das liegt hier aber ja nicht in meinem Interesse. Und wenn da im Vertrag 6 Monate Probezeit steht, würde ich mich dann auch an die daran gebundene Kündigungsfrist von zwei Wochen zum Monatsende halten.

  • Wenn der AG aber selbst eine Probezeit in den Vertrag schreibt, kann er sich hinterher nicht auf deren Unzulässigkeit berufen. § 242 BGB.

    Das sehe auch so. Das wäre ja noch schöner alles sonst. 😅

  • Die Rechtsberatung der GEW scheint leider nur GEW-Mitglieder zu beraten. Der zuständige Personalrat zeigte sich eher verhalten bei der Beurteilung der vertragsrechtlichen Sache. Ich solle die zuständige Sachbearbeiterin der BezReg nach Möglichkeiten eines Rücktrittes fragen.

    Das sollte eigentlich klar sein. Wenn du bei der BezReg nicht weiter kommst, könnte man sich auch anwaltlich beraten lassen. Die Erstberatung ist in der Regel nicht sehr teuer.

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