• Hallo,


    so langsam werde ich ganz zittrig, denn in einer Woche muss ich meine Themen für die UPPS einreichen, und meine Stunden stehen noch überhaupt nicht. Brauche dringend eure Hilfe!!
    Ich mache "Macbeth" in einem eher schwachen LK und möchte gerne task-based arbeiten. Die SuS haben das Stück noch nicht gelesen (wir stecken momentan mitten im 1. Akt) und erarbeiten das Stück Schritt für Schritt.
    Am Montag waren wir aber in einer Theater-Aufführung in Essen (kann ich echt empfehlen!), sodass die SuS den Ausgang und den groben Handlungsablauf des Stücks kennen.


    Ich habe jetzt eine Idee im Cambridge School Shakespeare-Heftchen gefunden und wollte euch fragen, ob man daraus was machen kann.


    Die Idee lautet folgendermaßen: nach dem Mord an Duncan herrscht Chaos im Schloss. Keiner weiß, wer den Mord begangen hat (außer Macbeth und seiner Lady).
    Jetzt verdächtigen sich alle gegenseitig. Genau da setzt die Stunde an: die SuS schlüpfen in die verschiedenen Charaktere, beschuldigen sich gegenseitig und müssen sich auch rechtfertigen können (Rollenspiel). Ich würde dies gerne an das Brettspiel "Cluedo" von Parker anlehnen: da ist doch auch ein Mord in einer Villa passiert und die Anwesenden äußern Verdächtigungen (z.B. "Ich glaube es war Professor Grün im Wohnzimmer mit dem Leuchter") usw. Kann man das sinnvoll auf das Macbeth-Stück übertragen?
    Gut finde ich auch den Text "Macbeth Murder Mystery" von James Thurber (kennt den jemand?), da spekuliert eine alte Dame auch, wer der Mörder sein könnte. (Das ganze also als eine Art "Whodunnit" aufziehen). Aber ich wüßte nicht, wie ich den Text in die Stunde integrieren kann...Einfach als Einstieg davon erzählen und die Cluedo-Geschichte weglassen? Daraus vorlesen? Als vorbereitende Hausaufgabe aufgeben? (Das nimmt doch dann zuviel vorweg und der Gag ist weg, oder?)


    Textstelle im Stück: keine bestimme, evtl. mehrere unterschiedliche Textauszüge (~nach dem Mord an Duncan, III, 2 –4, es darf auch auf andere Textstellen zurückgegriffen werden, d.h. springen erlaubt???? ist das legitim oder muss ich mich auf eine bestimmte beschränken?)


    Ziel der Stunde: Charakterisierung der verschiedenen Figuren und ihrer Beziehungen untereinander (Character network) durch eine Art Talkshow. Gerade Macbeth und lady Macbeth werden ja hier als ziemlich skrupellos gezeigt...


    Das ganze soll auf Textbasis erarbeitet werden, d.h. die SuS müssen anhand verschiedener Textstellen Motive der einzelnen Charaktere für und gegen die Tat finden, um sich beschuldigen und rechtfertigen zu können
    Teilnehmer: Macbeth, Banquo, Macduff, Lady Macbeth, evtl. einen „Host“, also investigator, der die Untersuchung/die Talkshow leitet.
    Auswertung: SuS spielen Rollenspiel sitzend im Halbkreis vor (max. 5 Personen vorne!). Die anderen bekommen Beobachtungsauftrag: wer war überzeugend? Warum?


    Sicherung:
    o Auswertung der Beobachtungsaufträge
    o Rückbezug auf Ausgangstext (Thurber) falls ich nur daraus vorgelesen habe...was ist da dran... ??????


    Mittlerweile drehe ich mich so sehr im kreis, dass ich nichtmals mehr weiß, was der Lernzuwachs für diese Stunde sein könnte, oder ob das so überhaupt Sinn macht!! :(


    Werde gerade total nervös...
    wär euch superdankbar für Anregungen und Ideen!
    DANKE

    • Offizieller Beitrag

    Hallo!


    Ganz wichtig ist aus meiner Sicht, dass Du entweder einen sprachlich/methodischen ODER einen inhaltlichen Schwerpunkt setzt.


    In anderen Worten: Entweder charakterisierst Du z.B. die Personen auf der Basis eines bekannten Modells ODER Du führst ein neues Modell ein und lässt es kontextgebunden an Macbeth anwenden.


    Das mit dem Cluedo könnte man sicherlich machen, nur würde der spielerische Aspekt vermutlich zu stark betont. Man könnte Dir einen Strick drehen, dass das für einen LK nicht angemessen wäre. (Und wie sollen 20 und mehr Schüler Cluedo spielen?)


    Die Thurber Geschichte kenne ich jetzt (leider) nicht, aber die Frage ist, ob Du sowohl diese Geschichte als auch das Drama in eine Stunde sinnvoll packen kannst.


    Das mit der Charakterisierung ist mir noch nicht ganz klar.
    Willst Du a) die Personen nur charakterisieren oder willst Du b) über mögliche Verdächtige reden oder c) beides?


    Wenn der "Investigator" dabei wäre, spielt die Frage, wer überzeugend war, weniger eine Rolle als das, was denn nun dabei herauskommt. (Irgendwie würde das auch besser zu "An Inspector Calls" passen).


    Du hast ein paar gute Ideen - soviel steht fest. Wichtig wäre, dass Du Dir anhand der Ideen zunächst das Hauptziel der Stunde überlegst und dann einerseits inhaltlich wie methodisch überlegst, wie Du dieses Ziel erreichen kannst.


    Hört sich einfach an, aber man muss in der Situation ganz nüchtern an die Sache herangehen. (Habe Montag meine letzte Revisionsstunde und überlege auch noch gerade, wie ich die Stalinnoten in Geschichte im GK 13 behandeln will).


    Gruß
    Bolzbold

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe nun Macbeth selbst oft genug unterrichtet und auch X UBs dazu betreut und, so pfiffig ich die Idee auch finde: ich fürchte, die Stunde ist damit viel (!) zu überladen. Das lässt sich nicht mal in einer Doppelstunde machen, ohne das Ganze inhaltlich zu verplatten und die Schüler sprachlich zu überfordern.


    Wenn das ein schwacher LK ist, sind die Schüler nicht in der Lage, den Text einfach so zu "lesen". Die kämpfen sich da Zeile für Zeile durch und bekommen ganz viele der Andeutungen und Bilder in ihrer Bedeutung gar nicht mit.
    Für eine Charakterisierung mit gleichzeitiger Motivdiskussion plus Detektivspiel müssten sie ja den Text fast auswendig können und vollständig kapiert haben, um aus dem FF die richtigen clues zu finden: unmöglich, wenn die nicht absolut textfest sind. Dann verbringen die den gesamten UB mit blättern und suchen.


    Du wirst dich auf ein EIN Ziel (z.B. Charakterisierung EINER Figur und das ist schon schwer genug) anhand weniger kurzer Textstellen beschränken müssen - und wenn du dann noch was Spielerisches einbauen willst, wird das schon schwer genug. Ansonsten hudelst du unangemessen über die potentiellen sprachlichen und inhaltlichen Entdeckungen, die die Schüler machen können, drüber - und daraus wird man dir ganz bestimmt einen Strick drehen.


    Das Cambride School Heft ist ja für natives entworfen, die in der 9. Klasse sind - und da geht es inhaltlich nicht besonders tief, es sind eher "Erfahrungen mit Shakespeares Theater" die da ganz "locker" gesammelt werden sollen, auf Mittelstufenniveau - normalerweise eignen sich da wenige Unterrichtsideen für einen deutschen LK.


    Ich würde mir einen Aspket vornehmen - und den gründlich entwickeln lassen, vor allem auch mit Einbezug sprachlicher Lernziele.


    Möglich wäre im ersten Akt die Frage nach Lady Macbeth's Rolle: und das ist schon vielschichtig genug: das elisabethanische Frauenbild versus das mittelalterliche (man muss ja immer auch die zwei Zeitebenen beachten, des Stückes als Produkt eines elisabethanischen Geistes und die Lady als Mitglied einer mittelalterlichen feudalen Gesellschaft, die - ganz untypisch - eine führende, manipulative Rolle übernimmt und clever argumentativ arbeitet).


    Zum Beispiel die Überzeugungsstrategien, die sie ganz großartig und beeindruckend in Act 1, Scene 7 anwendet - bis hin zum fulminanten Vergleich " I have given suck and know how tender t'is to love the babe that milks me, yet I would, while it was smiling in my face, have plucked the nipple from his boneless gum and dash'd the brains out, had I so sworn".


    Das hat dramatisches Potential! Und die Schüler können ergiebig untersuchen, wie sie Schritt für Schritt Macbeth einer Gehirnwäsche unterzieht. Das lässt sich kreativ vielleicht mit einer Art szenischer Interpretation verbinden, oder mit einem kreativen Teil aus Sicht einer anderen Frau der Zeit oder einer Frau aus dem elisabethanischen Zuschauerpublikum, die sich wundert, wie es denn sein kann, dass eine Geschlechtsgenossin erfolgreich so skrupellos machtgierig agiert.


    Auch nicht schlecht ist eine Auswahl an Textstellen zu Macbeth's schleichender Veränderung - vom neugierig-interessierten, aber skrupelbehafteten Zuhörer der prophesies der Hexen zum immer noch eher unwilligen, aber entschlossenen Mörder, der zwar den Dolch vor sich herfliegen sieht und Grauen vor sich selbst empfindet, aber dennoch meint "I have no spur to prick the sides of my intent, but only vaulting ambition which overleaps itself and falls on th'other..."


    Ich denke im LK bleibt nichts anderes, als sich auf genauere Spracharbeit und etwas tiefergehende Analyse der einzelnen Monologe, Dialoge und asides zu konzentrieren und da relativ intensiv auch mit Sprache im Kontext zu arbeiten.


    X Themen gleichzeitig in einer talkshow zu "verwursten" halte ich a) für eine Überforderung der Schüler (weil sie es nicht angemessen können werden) und gleichzeitig für eine inhaltliche Unterforderung (weil sie die einzlenen genialen Gedanken zwar erkennen können, aber nur, wenn man sie intensiv fokussieren lässt, und wenn das nicht der Fall ist "hudeln" sie halt drüber und geben recht platte Zusammenfassungen einer doch recht komplexen Materie).


    Liebe Grüße
    Meike

  • Wow! Vielen Dank schonmal, bin beeindruckt von eurer Erfahrung und Kompetenz.


    Vielleicht nochmal ein paar nähere Angaben:
    - Der LK hat nur knappe 13 Mitglieder, die auch leider nicht immer alle anwesend sind...also werden die wahrscheinlich alle unter genauer Beobachtung durch die vier Prüfer stehen, oder? Ich hatte eigentlich vorgehabt, dass die Szene den SuS vorher inhaltlich und sprachlich ziemlich klar ist, sodass dann die Erarbeitung des Verdächtigungsspiels entlastet sein würde


    Die Ideen zu Lady Macbeth finde ich sehr spannend - die "I have given suck"-Szene wollte ich am kommenden Montag mit den SuS besprechen, und die UPP ist in knapp 2 Wochen... von daher glaube ich, werde ich schon weitervorangeschritten sein im Text.


    Da ich meine Fachleiterin als bekannte Seminarprüferin mitnehme, habe ich schon auch immer im Hinterkopf gehabt, was sie "gerne sehen möchte"... und das ist vorrangig anspruchsvoll und kreativ. Daher die wahrscheinlich zu hohe Planung. Irgendwie habe ich "Blitzlichter", in denen ich denke "Das könnte man machen", aber es ist so schwer, alle Hürden vorab zu bedenken und alles konsequent zu Ende zu denken. Danke, ihr helft mir dabei sehr hier im Forum.


    Da ich bzgl. des "Cluedo"-Spiels unsicher war, habe ich auch 3 Alternativen überlegt:
    - Macbeth in den Mittelpunkt zu rücken. Bsp. III, 3. Die Auswirkungen des Mordes an Duncan auf Macbeths Leben (Ehe zerfällt, er bekommt Wahvorstellungen, hat ständig Angst, entdeckt zu werden, vom Thron gestoßen zu werden etc.).
    oder:
    - Die (sich verändernde) Beziehung zwischen Macbeth - Lady Macbeth zu thematisieren
    - oder: die banquet-Scene zu erarbeiten --> hier den Verfall Macbeths und seiner Sinneswahrnehmungen.


    Mir fehlen momentan kreative Ideen, ich bin irgendwie total blockiert und drehe mich im Kreis. Zur Zeit finde ichs wahnsinnig schwer (ist das normal am Ende des Refs kurz vor der Prüfung?).
    Danke daher nochmal für Eure Anregungen - werde das gleich mal alles durchdenken...wird wohl ne lange Nacht


    Gerontion ;)

    • Offizieller Beitrag

    Zur Bankett - szene kann man auch gut arbeiten: hier wäre interessant, herauszufinden, mit wem Macbeth jeweils spricht (in rasendem Wechsel zu den Anwesenden, sich selbst, zum Geist, zu seiner Frau, zum Publikum, immer abwechselnd). Sowas kann man gut kreativ mit Subtexten machen (also die Schüler füllen die Lücken kreativ, z.B. mit den Gedanken eines fiktiven Teilnehmers des Benketts der sich Kommentare dazu ausdenkt. Das kann dann auch inszeniert werden, und in arbeitsteiliger GA gemacht werden: also die Gedanken des Teilnehmers zu den wechselnden Stimmungen und den "seltsamen" Gesprächsfetzen Macbeths aufschreiben "Who does our Lord speak to now? I am confused.. it seems as if he was adressing someone who is not in this room... a ghost maybe, but whose? No, that is blasphemous ... I wonder if my Lord is going insane?" etc.)


    Hinterher bliebe zu diskutieren, wie die Teilnehmer des Banketts das jeweils wahrgenommen haben müssen und welche Schlüsse sie wohl daraus gezogen haben und was die Konsequenzen daraus wohl sein werden.


    Als HA dann eine Reflexion des Ganzen in Form eines Dialoges der Beteiligten in ihren Gemächern. Was die wohl denken, mit ein bisschen Ruhe nach dem Spektatkel?


    Klappt bei mir immer ganz gut und mit teils hoch cleveren Ergebnissen. Als kleinie Schwierigkeit kann man den Guten binnendifferenzierend aufgeben, dass sie ihr Englisch poetisch zu gestalten versuchen , evtl gar ein paar iambic pentameters einbauen...



    Oder du thematisierst Macbeths moralischen Verfall an seinem wachsenden Willen, Banquo, seinen Freund und vertrauen umzubringen - das ist ja dann wohl das endgültige Zeichen seines downfalls in moralischer Hinsicht. Sein großartiger Monolog im Akt 3 Szene 1 ist da hervorragend: hier können die Schüler die Veränderung in seinem Charakter an seiner Haltung zu Banquo ausfindig machen: To be thus is nothing, but to be safely thus. Our fears in Banquo stick deep, and in his royalty of nature reigns that which would be fear'd....


    Den Monolog kann man in modernes Englisch übertragen und mit subtext füllen (macbeth's Gedanken "zwischen den Zeilen" dazu schreiben). Wenn vorgetragen und besprochen, ist das eine sichere und auch kreative und hoch anspruchsvolle Stunde, in sprachlicher und inhaltlicher Hinsicht. ...

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Hallo nochmal,


    eure Antworten und Reflektionen über den Text und zu den Stundenideen sind echt super und hilfreich. Vielen Dank dafür.
    Gerade die Sicht auf die Schüler fällt mir noch unendlich schwer: was ist "zu wenig" für einen LK und zu viel für die SuS (überforderungsmäßig) - und da hilft es mir echt ungemein, die Dinge nochmal durch eine andere Perspektive zu betrachten.
    Zudem auch: was ist zu viel für eine 45-Minuten-Stunde?..., ich tendiere irgendwie immer noch dazu "zu schnell zu viel zu wollen" und die Stunden zu überfrachten


    Auch den Tipp, mich auf EINEN Charakter zu konzentrieren werde ich jetzt stärker verfolgen...Ich werde mir jetzt nochmal genauer III, 1 und den Verfall Macbeths ansehen. Da muss sich doch was machen lassen.


    Lieben Gruß
    Gerontion

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