Musikunterricht in der Haupt-Realschule durch Grundschulreferendare?

  • Liebes Forum,


    mir ist gestern ein wenig der Hut hochgegangen. Hintergrund:
    in Niedersachsen muss man (soll man) neben der schwerpunktmäßig besuchten Schulform des Ref. (bei mir Grundschule) auch in der Haupt-/Realschule hospitieren und ein wenig (unter Anleitung) praktizieren.


    Gestern nun war ich auf der meiner Grundschule nächsten Haupt-/Realschule, um zu fragen, ob ich nach den Osterferien dort für 4 Wochen zuschauen und ein wenig selbst ausprobieren kann.


    Herausgekommen bin ich mit einem Stundenplan voll eigenverantwortlichem Unterrichts ("so schön, endlich mal eine ausgebildete Musiklehrerin"):


    Montags: 3 h Musik (2 x 5. Kl. Haupt-/Real, 1 x 6. Kl. Real)
    Dienstags: 2 h GitarrenAG 9. Kl. (Haupt)
    Mittwochs: 3 h Musik (10. Kl. Real, 5. Kl. Real, 6. Kl. Haupt)
    Freitags: 2 h Musik (9. Kl. Haupt, 9. Kl. Real).


    So sehr wie ich mich ja darauf freue, viel Musik zu unterrichten, ist mir doch ein wenig mulmig zumute. Ich habe zwar schon Erwachsene unterrichtet, auch Jugendliche zu Jugendgruppenleitern ausgebildet, jedoch kenne ich an der Schule keine Klasse und auch nicht, was sie bisher in Musik gemacht haben. An den Rahmenrichtlinien sich anzulehnen, ist fast sinnlos, denn nach Aussagen der Lehrerinnen haben sie bisher nur gesungen.


    Also, lange Vorrede, kurzer Sinn: was macht "man" (ihr) im Musikunterricht in der weiterführenden Schule bei geringen Vorkenntnissen der Schüler? Welche Lieder erarbeitet ihr mit den Schülern? Was macht den Schülern am meisten Spaß?
    (Große Befragungsaktionen kann ich ja nicht starten, da mir pro Klasse 1 h Musik pro Woche zur Verfügung steht und somit die erste von vier Wochen "vertan" würde.)


    LG, das_kaddl

    • Offizieller Beitrag

    Viel Spaß machen den Schülern in der Hauptschule bei uns Drumcircles. Mit Körperinstrumenten und "richtigen" Instrumenten. Möglichst viel Praktisches Tun möglichst wenig reden ist da gut.


    Du bist ja eh nur so kurz da, deshalb würde ich an Deiner Stelle hauptsächlich praktische Sachen machen.


    Gruß leppy

  • Spiel-mit-Sätze, mit Körperinstrumenten, richtigen Instrumenten, wenn möglich auch mit Xylophon/Glockenspiel... Dort kannst du dann ein bisschen Notenkunde miteinbringen (z.B. erst mal Rhythmen selbst klatschen lassen, bevor sie an die ISntrumente gehen --> Rhythmus aus dem Notenbild ablesen lassen).


    Mit den Drumcircles habe ich auch sehr gute Erfahrungen gemacht. Ich mache sie gern mit den Boomwhackers. Die mögen die Kinder eignetlich sehr gerne. Da können die Schüler auch selbst Rhythmen erfinden, die dann nachgesielt werden, bzw. selbst "Dirigent" sein.


    Singen tu ich nur sehr selten, weil die großen das einfach nicht so gerne machen. Wenn singen, dann peppiges (Marmor, Stein und Eisen bricht, Country Roads, ...)


    Mit meinen Achtern mache ich gerade das Thema Nationalhymnen und habe sie die Geschichte der Nationalhymnen recherchieren lassen umd einen Vortrag daraus zu machen (hinführend uaf die Projektprüfung in Klasse 9). Ich sehe sowas immer als gute Übung. An der RS gibt es aber sowas nicht, oder?


    Wünsche dir viel Glück!


    Gruß, Musikmaus

  • Vielen Dank für eure Tipps!
    Ja, das mit dem "praktisch" dachte ich mir auch schon. Bis ich dann die Instrumente sah... Werde wahrscheinlich den ersten Nachmittag dort in der Schule verbringen, um die Halterungen der Stabspiele für die unterschiedlichen Plättchen geradezubiegen, damit dort wieder eine einigermaßen klingende Tonleiter entsteht :rolleyes:


    Boomwackers haben die dort leider nicht, und ich bin - vor dem Hintergrund, dass ich demnächst erstmal nicht als Lehrerin arbeiten werde - zu geizig, für ein "Praktikum" einen Klassensatz auf eigene Rechnung zu bestellen.


    Werde mir dort mal den Bass und die E-Gitarre ansehen, mal schaun, was man damit machen kann. Irgendwie freue ich mich auf die Zeit, aber genauso gern würde ich auch bei den Kleinen bleiben und mit ihnen noch ein wenig "mucken". Außerdem empfinde ich diese totale Verplanung als eine - Entschuldigung - Frechheit des Schulleiters - Frau Referendarin soll "eigentlich" nur hospitieren und nun schmeißt sie für 4 Wochen den Mu-Unterricht der ganzen Schule... Mal sehen, ob's gut geht.


    LG, das_kaddl.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo kaddl,


    das ist ja wirklich blöd gelaufen! Gerade bei Musik scheint sowas aber öfter vorzukommen.


    Ich rate auch zu praktischem Tun. Du kannst jetzt nicht die Rahmenrichtlinien aufarbeiten, das schaffst du in 4 Wochen nicht. ;)


    Mit meinen 5. und 6. Klassen (GS mit hohem Anteil nicht so leistungsstarker Schüler) mache ich grad:
    - Rhythmuslehre,
    - Notenlehre,
    - Musizieren auf Metallofonen, Xylofonen, Keyboards und allem was sonst noch an ein Instrument erinnert. (Ja, ich hab erstmal ein paar Freistunden dagesessen und diese Holzteile für die Xylofone entstaubt und geordnet, dann mit Moosgummi so ein Instrument repariert.)
    - Was gut klappt: Bunte Klebepunkte auf die Tasten bzw. Stäbe und dann mit einer Farbpartitur musizieren, dafür muss man keine Notennamen können. Eine meiner Klassen hat einen Mitspielsatz zu "Around the world" gelernt und sogar auf Zensur vorgespielt. Die zweite hat zu "Around the world" musiziert und noch ein kleines Lied (mit 3 Tönen) auf den Instrumenten gespielt. Mit der dritten habe ich einen Mitspielsatz mit Körperinstrumenten eingeübt. (Ja, auch zu "Around the world" :D )
    - in einer der mip-Ausgaben war ein anspruchsvoller Körperinstrumente-Mitspielsatz zu "Der Frühling" (sieht ja momentan hoffnungsvoll aus!) von Vivaldi
    - in der aktuellen mip sind Unterrichtsmaterialien zum Thema "Mechanismen des Musikbusiness" (am Beispiel der Gruppe "Juli") drin, das wäre eher was für die 9.
    - Rappen: Du brauchst ein raptaugliches Playback und Texte, z.B. Gedichte. Hab ich selber noch nicht gemacht, aber der andere aus meinem Musikseminar hatte sich drauf spezialisiert in Klasse 5/6. In der aktuellen mip (Nein ich werde nicht dafür bezahlt... :D ) ist auch "Horch was kommt von draußen rein" als Rap drin.


    Grüße erstmal,
    Conni

  • das_kaddl
    Lass dich nicht zu sehr stressen!
    Du bist dort (fast) freiwillig und hilfst ihnen!!!
    5. und 6. Klasse bieten sich geradezu an, dass du gleiche oder sehr ähnliche Sachen dort ausprobierst.

  • Bei einem Drumcircle sitzt du mit den SChülern im Stuhlkreis, jeder hat ein Rhythmusinstrument. Einer (am Anfang der L.) gibt einen Rhythmus vor, nach und nach übernehmen ihn alle. MIt Handzeichen kannst du dann einzelnen Gruppen andere Rhythmen zuteilen ("Kuchenstücke" abteilen und neuen Rhythmus spielen), Pausezeichen geben für eine Grupe, sie wieder weiter spielen lassen, das ganze auf einmal zum stoppen bringen,... Ist wirklich toll. Meine 6er (15Schüler) haben einmal sogar 4-stimmig Rhythmen geklopft. Später können dann auch Schüler die Rolle des "Dirigenten" übernehmen.


    Gruß, Musikmaus

  • Guten Morgen!
    Für ungeübte Schüler verpackst Du die drumcircle-Einheiten am besten in Geschichten: Z.B. Ein Elefant, zwei Elefanten, die ganze Herde, zwei Elefantenbabies verlieren den Anschluss, laufen auf ihren kleinen Beinchen ( :( - bitte nicht weinen ;) ) schnell hinter der Herde her, ein Feind kommt, etc.p.p..
    Viele Anregungen dieser Art gibt es bei
    Matthias Schwabe
    Musik spielend erfinden
    Improvisieren in der Gruppe für Anfänger und Fortgeschrittene
    Bärenreiter 1992
    und dieses Buch hat für mich das Prädikat: Unbedingt empfehlenswert!



    Viel Spaß mit den Kindern , und den Kindern viel Spaß mit Dir wünscht die Musikatze

    Musik ist die Stenographie des Gefühls.
    Tolstoi

  • Und an Conni: Guten Morgen!
    Offensichtlich sind meine Vorschulen in Musik ja fitter als Schulklassen (das freut mich und ist zugleich bedenklich: Wie wird es ihnen dann in der Schule ergehen???): Sie beschäftigen sich seit zwei Wochen mit Vivaldis Frühling. Daher mein Interesse an dem von Dir erwähnten Körperinstrumente-Mitspielsatz. Weißt Du a la main, wo ich den finden könnte? Hab´ schon gesucht, aber ob der frühen Stunden immernoch "Tomaten auf den Augen"...


    Musikalische Grüsse für einen schönen Frühlingstag von der Musikatze

    Musik ist die Stenographie des Gefühls.
    Tolstoi

  • Der Spiel-mit-Satz ist im MIP Journal 6/2003 vom Helbling Verlag drin. Ist allerdings zu einer peppigeren Version vom Frühling (also mit Schlagzeug und so), aber wirklich gut. Hab ihn gerade mit meinen Drittklässlern gemacht, nachdem wir die Originalfassung mit Tüchern getanzt, Abschnitte rausgehört (spielerisch natürlich :D ) und mit Bewegungen nachgemacht haben. Ich wollte eignetlich noch eine Klanggestaltung machen, aber das reicht vor den Ferien leider nciht mehr. Ist leider so mit nur einer Stunde Musik pro Woche :(
    Den Kindern hat es großen Spaß gemacht, leider waren manche vom motorischen her ganz schön am Limit. Ist also nicht ganz so einfach. ICh hab den Spiel-mit-Satz aber auch schon mit einer Achten Klasse gemacht, und die fanden ihn wirklich KLasse, haben es einw enig als Gaudi empfunden, nachdem wir das Stück von anderer Seite schon bearbetiet hatten. Sie hatten mächtig Spaß und so soll es ja sein ;)
    Man kann die MIP Journal HEfte beim Helbling Verlag auch einzeln bestellen (www.helbling.at)
    Viele Grüße, Musikmaus

  • Danke, vielen Dank!
    Brauch` ich die CD auch dazu?


    Fragt sich die (klamme) Katze

    Musik ist die Stenographie des Gefühls.
    Tolstoi

  • Und wieder zurück zu den drumcircles:
    Sollte der Instrumentenfundus der Schule nicht genug Schlagzeug hergeben, so kannst Du die Idee natürlich mit gemischtem Instrumentarium incl. Tisch, Stuhl, etc. in einer Gruppenimprovisation aufgehen lassen.
    Das macht wirklich große Freude (auch den Nichtprofis = Schülern ;) ) und ganz en passant bringst Du auch noch ein Stück musikalische Grundausbildung unter: Notenwerte, etc.


    Musikatze

    Musik ist die Stenographie des Gefühls.
    Tolstoi

  • Das mip-Journal kenne ich und finde es klasse! Allerdings habe ich es aufgrund der Kosten bisher nicht abonniert. Auf der Website des Verlags kann man allerdings einige Artikel / Playbacks auch runterladen und sich so "gezielter" seinen Musikunterricht zusammenstellen :) .


    Die Drumcircles werde ich wirklich mal ausprobieren. Klingt total gut. Bisher habe ich sowas in der Art nur in "Rondoform" gemacht - alle klappern/klopfen/schlagen ein Thema und zwischendrin jeder sein Solo. Hat den Kids auch immensen Spaß gemacht - neben Notenlehre gleich noch ein bisschen Musikgeschichte/Theorie.


    LG, das_kaddl.

  • Hallo kaddl,


    konkrete Tipps kann ich dir leider nicht geben, da ich an meiner Hauptschule (Gott sei Dank!) kein Musik unterrichten muss. Ich weiß nur, dass eher praktisch gearbeitet wird - die meisten Musik-Hauptschullehrer, die ich kenne, arrangieren ständig neue (Begleit-)Stücke aus dem aktuellen Rock-/Popbereich. Die sind oft so einfach gestrickt, dass auch Hauptschüler sie auf Schlagzeug, Keyboard usw. übertragen können. Dafür wird allerdings auch das entsprechende Instrumentarium benötigt.


    Auch wenn bei dir offensichtlich die Absicht dahintersteckt, Lücken zu stopfen und Unterricht zu decken, so ist es dennoch berechtigt, dass du eigenverantwortlich in der anderen Schulform unterrichtest. In Niedersachsen ist man letztendlich Grund- als auch Haupt- und Realschullehrer - ob man will oder nicht. Daher ist das Unterrichten in der anderen Schulform eigentlich unabdingbar (auch wenn man bei dir nicht von Ausbildung sprechen kann, wenn die Zeit nicht betreut wird).


    Ich bin jetzt auch (eher widerwillig) an einer Grund- und Hauptschule gelandet und wäre froh, wenn ich zuvor wenigstens ein paar Stunden in der Hauptschule Erfahrungen gemacht hätte. Ich war "damals" zusätzlich an der Orientierungsstufe (als andere Schulform) eingesetzt. Das musste ich auch eigenverantwortlich machen, es ist jedoch nicht mit der Hauptschule zu vergleichen...


    Ich wünsche dir, dass du aus der Zeit positive Bilanzen ziehen kannst!


    Liebe Grüße,
    Sophia

  • Hallo Sophia,


    mein Unmut bezüglich meines "Haupt-/Realschuleinsatzes" geht nicht in die Richtung, dass ich in die weiterführende Schule "muss" und unterrichten soll. Er geht in die Richtung, dass wir an der nicht schwerpunktmäßig ausgebildeten Schulform (ich habe nie irgendwas in Richtung Haupt-/Realschule gemacht, mein Studiengang hieß "Lehramt für Grundschulen") hauptsächlich hospitieren sollen (Vorgabe Studienseminar), dass der Rektor der Haupt-/Realschule mich aber ab dem ersten Tag nach den Osterferien vier Wochen lang vollkommen eigenverantwortlich für die o.g. Stundenzahl Musik einsetzt - ohne, dass ich z.B. die Klassen kenne oder konkret weiß, was die vorher gemacht haben.


    Da ich - trotz bestandener Prüfung - mich immer noch Lehreranwärterin nenne und somit in der Ausbildung zur Lehrerin bin, kann ich bezüglich der "Ausbildungsbedingungen" wieder mal nur den Kopf schütteln.


    Dass Haupt-/Realschulerfahrungen nützlich sind, ist mir hingegen klar (auch wenn ich demnächst wahrscheinlich erstmal nicht mehr als Lehrerin in einer Schule arbeiten werde).


    LG, das_kaddl.


    PS: Schlagzeug? -> "Was soll denn ein Schlagzeug in der Hauptschule?" (Der Rektor der Nach-Osterferien-Schule)

    • Offizieller Beitrag

    Wo hast Du denn studiert? Ich war nämlich zunächst etwas verwundert, weil bei uns die Ausbildung Grund- und Hauptschullkehrer heißt und Du dann in der Regel auch an einer Grund- und Hauptschule Ref machen sollst. Du kannst bei uns nämlich nur den Schwerpunkt auf Grundschule setzen, was Dich aber nicht lebenslänglich davor bewahrt, in der Hauptscvhule unterrichten zu müssen.


    Aber nach allem, was Du geschrieben hast und den dazu gekommenen Tipps, glaube ich, daß Du das kannst. Gerade weil Du auch schon mit Jugendlichen außerhalb der Schule gearbeitet hast und daher auch "ältere Schüler" schon kennen gelernt hast und den Umgang mit ihnen sozusagen üben konntest.


    Liebe Grüße,


    Dalyna

  • In Hessen gibt es (noch?) das reine Grundschul-Lehramt, mit der Lehrbefähigung für das Hauptfach bis Klasse 10. Das ist aber nur theoretisch, denn mit einem Fach ist denen in der SekI auch nicht sehr geholfen, und die meisten Grundschulen haben ja keine Sekundarstufe dabei - da würde es noch Sinn machen.
    Gruß venti :)

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