Lernen durch Lehren/Stille Zeile Sechs

  • Hallo,


    hat von euch schon jemand Monika Marons "Stille Sechs" gelesen oder gar behandelt?


    Ich möchte mal wieder projektorientiert arbeiten (lassen ;) :(


    Die Schüler sollen in Gruppen zentrale Motive (die ich gerade zusammenstelle) bearbeiten. Dazu bekommen sie Fragen und Textstellen im Buch genannt. Als weitere Grundlage soll ein Reader mit Sekundärliteratur dienen, außerdem werden sie in einem Teil der Stunden am Computer und somit auch mit dem Internet arbeiten.
    Am Überlegen bin ich gerade, wie das Ergebnis präsentiert werden soll. Auf jeden Fall sollen die Gruppen ein etwa zweiseitiges Handout erstellen, damit die Schüler auch für die zentrale Fachhochschulreifeprüfung etwas zur Hand haben.


    Was haltet ihr von der Idee prinzipiell und wie könnte man die Ergebnisse präsentieren?
    Und für alle, die die Maron gelesen haben: Welche Motive fallen euch ein?


    Danke an alle, die sich Gedanken machen.


    edit: Erste Motive/Themen, die ich erwäge:


    - der deutsche Kommunismus im sowjetischen Exil, das Hotel Luxor, Stalinismus
    - der Vaterkonflikt und die Projektion auf Beerenbaum
    - Intertextulalität (Don Giovanni, Toller, Döblin)
    - Körper und Handmotiv (evtl. Parallelen im Sturm&Drang/Götz)
    - die Geschichte der DDR
    - das Politbüro (Überalterung)
    - Schriftsteller und Intellektuelle in der DDR

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Hm, 80 Hits, aber keine Antwort


    Anscheinend hat das Buch keiner gelesen (ist aber empfehlenswert!), aber über eine Idee zur Ergebnispräsentation würde ich mich schon freuen...

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo Timm,
    ich habe das Buch zwar auch nicht gelesen, aber mir gerade bestellt, klingt interessant.


    Bei ergebnisgleichen Gruppenarbeiten (und so verstehe ich dich hier - die Gruppen haben alle denselben Arbeitsauftrag?) mache ich es meistens so, dass - je nach Gruppenstärke - je ein "Experte" aus einer Gruppe in eine andere Gruppe geht (also die Gruppen dann aus jeweils einem oder mehreren Experten verschiedener Gruppen zusammengesetzt sind) und die Schüler dort ihre Ergebnisse noch einmal vergleichen und erweitern, verfeinern und korrigieren.


    Diese kann man dann, je nach Art des Arbeitsauftrages, als Folie, Poster oder - wenn laptops/Computer zur Verfügung stehen - als weiteres handout zusammentragen.


    Die Ergebnispräsentation besteht dann in einer mündlichen Darstellung und Erklärung
    a) der gemeinsamen Grundergebnisse
    b) des Diskussionsprozesses: wo waren wir uns einig, wo nicht? Was haben wir dann gemeinsam beschlossen?
    c) offenen Fragen, die aus der Diskussion entstanden sind und die dann im Plenum diskutiert und geklärt werden. Alles hier neu enstehende wir wieder auf die Folien/Poster/.... übertragen.


    Die endgültige Fassung des Handouts inclusive allen gesammelten und diskutierten Wissens wäre dann Hausaufgabe und würde individuell bewertet.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Ich experimentiere gerade selbst mit Arten der Ergebnispräsentation, kann dir deshalb nur Ideen, keine Bewertungen liefern.


    - eine Ausstellung zum Thema (mit Bildern, Objekten, Plakaten und einer Führung, plus fünf Fragen für den Ausstellungsleitfragen, den alle beantworten müssen)
    - eine selbstgestaltete halbe Stunde zum Thema (Form ist den Schülern überlassen, bei der Ideensammlung kamen ein Rollenspiel, ein Film, ein Vortrag... ich bin gespannt)
    - ein Themenalbum, das das Thema selbst und die persönlcihe Auseinandersetzung mit dem Thema dokumentiert


    Wie gesagt: Wie's klappt, weiß ich selbst erst kurz vor den Sommerferien.


    w.

    Frölich zärtlich lieplich und klärlich lustlich stille leysejn senffter süsser keuscher sainer weysewach du minnikliches schönes weib

  • Danke erstmal für die Ideen!


    meike: Die Gruppen bekommen verschiedene Arbeitsaufträge. Jede Gruppe bekommt verschiedene Textpassagen, die verschiedene Themen anschneiden. Mittels Hilfsfragen und des Readers (schon 12 Seiten, das gibt eine Kopierorgie...) sollen sie dann das Thema erarbeiten, vorstellen und mit einem Handout die Ergebnisse sichern.



    Das mit der selbstgebastelten halben Stunde gefällt mir, aber auch der Ausstellungsgedanke ist toll. Ich werde nochmal ne Nacht drüber schlafen - vielleicht lass ich auch die Klasse am Dienstag abstimmen...
    Aber ich bin jetzt inspiriert und freue mich schon auf die Arbeit an dem Roman...

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    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • - Autobiographisches im Roman: 31 Ich selbst war fast 40.../62 Ich war 43 Jahre alt/82 Walter, meinen Vater...)
    - Sprachebenen Propagandasprache/private Sprache, bzw. DDR-Begriffe (s.58 Klasseninstinkt, S. 59-61/95/107-111/200-202)
    -Stadtplan Berlins Orte finden und eintragen (für Ausstellung)
    -Hotel Lux Moskau
    -Freundschaft und Hass in Stille Zeile 6
    -Opfer und Schuld in... (Gerichtsprozess gegen Beerenbaum)



    Dies sind meine Themen, zusätzlich zu Charakterisierungen und Inhaltserarbeitungen und dem schon genannten (vielleicht ist jetzt doch einiges doppelt, ich habe die Beiträge nur überflogen)



    Grüße


    German


  • Vielen Dank, da sind noch gute Anstöße dabei. Das Autobiografische werde ich wohl im Rahmen des Vaterkonfliktes und der Projektion auf Beerenbaum klären. Eine Bekannte wird mir zusätzlich ihre Erfahrungen als systemkritische Schülerin in Schule und FDJ in einem kleineren Text zusammenfassen.

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  • Hallo,


    wollte mal noch von meinen Erfahrungen mit Lernen durch Lehren berichten, nicht zuletzt, da ja einige von euch Ähnliches machen/vorhatten.


    Insgesamt haben 5 Gruppen die von mir vorgegebenen Aspekte zu einer Unterrichtsstunde (30min) ausgearbeitet. Zum größten Teil wurde im klassischen Frontalunterricht mit einer Arbeitsphase gelehrt. Eine Gruppe hatte arbeitsteilige Gruppenarbeit mit einer Präsentation durchführne lassen. Inhaltlich war's im Großen und Ganzen ordentlich bis wirklich gut.


    Einiges hat sich bewahrheitet, was hier im Forum über Lernen durch Lehren erwähnt wurde:


    - Die ersten Versuche der Schüler waren natürlich so, dass man als Didaktiker einiges kritisieren könnte.
    - Andererseits haben die Mitschüler den Lehrenden Fehler verziehen, die sie mir als Lehrer wohl nicht verziehen würden.
    - Bis auf kleine Ausnahmen (s.o.) haben die Lernenden wirklich hervorragend mitgearbeitet.


    Was ich beim nächsten Mal (und das wird es definitiv geben) besser machen würde:
    - Ich hatte die klassische Unterrichtsform nur kurz zu Beginn einer Stunde mal an der Tafel skizziert (Einstieg/Problemstellung, Arbeitsphase, Ergebnissicherung mit Vertiefung/Transfer/Problematisierung). Die Schüler hatten das wohl nicht als verbindlich erachtet. Beim nächsten Mal werde ich diese Struktur auf einem der begleitenden Blätter verbindlich vorgeben, da einige Gruppen gleich mit der Aufgabenstellung ins Haus gefallen sind.
    - Ich hatte mit dem Lernen durch Lehren die Unterrichtseinheit abgeschlossen. Es war die letzte Stunde vor den schriftlichen Abschlussprüfungen. Beim nächsten Mal werde ich noch eine Doppelstunde zur Vertiefung und Ergänzung des Gelehrten einlegen. So musste ich, was ich sehr ungern tue, einmal unterbrechen und einmal am Ende das Tafelbild ergänzen.
    - Unklar bin ich mir noch, ob ich wieder die ganze Gruppen lehren lasse. Zum einen waren die Übergänge und Aufgabenverteilungen nicht immer klar, zum anderen ist es etwas mühsam, wenn rhetorisch Schwächere das Unterrichtsgespräch führen.
    - Zwei Gruppe haben während des Unterrichts durch ihre Mitschüler ab und an noch ihre anstehenden Stunden thematisiert, was auch daran lag, dass sie nochmal Zeit an diesem Tag hatten, letzte "Unebenheiten" zu klären. Beim nächsten Mal werde ich an einem Tag zuvor die Arbeitsphase beenden und alles Material verbindlich einsammeln, das dann erst wieder zur eigenen Stunde zur Verfügung steht.


    Im Großen und Ganzen waren die Schüler aber wirklich eifrig dabei. Es war alles noch bei weitem verbesserungsfähig, aber dafür, dass sie das das erste Mal getan haben, sehr beachtlich.


    Falls jemand Interesse am Reader hat:


    www.gemeinschaftskun.de/internet/D_Reader_Stille_Zeile_Sechs.doc


    Edit: Für weitere Tipps zur Reflexion oder andere Erfahrungen wäre ich sehr dankbar.

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    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Hallo Timm,
    das klingt doch alles prima.
    Der Reader ist übrigens klasse, wenngleich ich das zugehörige Buch (noch) nicht kenne.


    Zu LdL:


    Zitat

    Was ich beim nächsten Mal (und das wird es definitiv geben) besser machen würde:
    - Ich hatte die klassische Unterrichtsform nur kurz zu Beginn einer Stunde mal an der Tafel skizziert (Einstieg/Problemstellung, Arbeitsphase, Ergebnissicherung mit Vertiefung/Transfer/Problematisierung). Die Schüler hatten das wohl nicht als verbindlich erachtet. Beim nächsten Mal werde ich diese Struktur auf einem der begleitenden Blätter verbindlich vorgeben, da einige Gruppen gleich mit der Aufgabenstellung ins Haus gefallen sind.


    DAS würde ich persönlich nicht machen. In meinen LdL-Stunden/-Reihen habe ich Wert auf eine klare, umfassende Aufgabenstellung gelegt. Die SuS sollen sich INFORMIEREN, austauschen usw. Ich habe meist inhaltliche Leitfragen oder Mindestkriterien vorgegeben. Zur methodischen Umsetzung habe ich die SuS nicht mit der Phasenbeschreibung von Unterricht konfrontiert.
    Vielmehr würde ich die SuS stärker auffordern, z.B. "Entwickeln Sie eine Aufgabe für die Mitschüler,mit der überprüfbar ist, ob die Darbietung der Gruppe verstanden wurde." o.Ä.
    Somit ist klar,dass man erst darbietet, dann Aufgaben löst. Natürlich
    Kreative Schüler machen inzwischen (manchmal) so etwas wie einen Einstieg, aber dies ist die Ausnahme. Die meisten fangen einfach mit einem Einleitungssatz an "Wir wollen heute dies und das behandeln". Halte ich für in Ordnung!


    Wichtig ist wirklich die Reflexion, damit deine SuS erkennen, wo die Fehler liegen, was die Mitschüler vielleicht langweilt usw. Aber auch auf inhaltliche Dinge hin muss reflektiert werden. Einmalhatte ich die Abschließende "Vertiefung" so gestaltet, dass die SuS m.H. der Informationen aus LdL-Stunden ein Problem bearbeiten sollten. Da erkannte dann die Klasse ihre inhaltlichen Fehler/Ungenauigkeiten sogar selbst.
    Wenn das nicht geht, verhalte ich mich wie eine Schülerin und stelle brav meine Fragen im Plenum. Das nehmen die SuS wirklich an und ermahnen mich sogar, wenn ich schwatze oder nicht warte bis ich dran bin. ;)

  • Zitat

    Timm schrieb am 25.04.2006 14:52:


    Eine Bekannte wird mir zusätzlich ihre Erfahrungen als systemkritische Schülerin in Schule und FDJ in einem kleineren Text zusammenfassen.


    Systemkritisch und in der FDJ? Wie geht das zusammen?


    MfG


    Amanda

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Timm,


    kannst Du mal ein bißchen erzählen, was Du sonst noch zu dem Buch gemacht hast? Kenne das Buch nur durch einen Nachhiöfeschüler, dem ich ein bißchen Textinterpretation anhand des Buchs "beibringen" sollte. Würde mich mal interessieren, was Du in der UE noch so thematisiert hast.


    Liebe Grüße,


    Dalyna


  • Warum um alles in der Welt sollte das nicht zusammengehen?! Meine Bekannte wollte an die EOS und studieren. Somit war ein Mindestengagement in der FDJ defecto Pflicht.


    Dalyna: Ich habe nur die vorgegebenen Themen/Motive bearbeiten lassen. Die Lektürekenntnisse habe ich mit einem Test zuvor abgeprüft. Ich finde das umfassend genug. Übrigens kam heute die Vaterproblematik in der FH-Reife-Prüfung dran.


    @Peh: Danke für die Rückmeldung. Aber wie stellst du ssonst icher, dass ohne "Problemeinstieg" den Schülern sinnhaft wird, warum sie die Aufgabe bearbeiten?

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  • Den Problemeinstieg setze ich an den Anfang der LdL-Reihe. Bevor die Gruppen Einzelthemen bearbeiten, gibt es ein Problem, welches am Ende (nachdem alle Einzelthemen von den Gruppen unterrichtet wurden) wieder aufgegriffen wird. im Idealfall ist das Problem auch das Thema der Unterrichtsreihe, an dem verschiedene Inhalte abgearbeitet werden. Das ist natürlich nicht immer ganz einfach,bei mir klappte das bis jetzt ganz gut und die jeweilige Gruppe hat natürlich meist den Grobzusammenhang benannt.


    Im Deutschunterricht habe ich noch keine klassische, komplette LdL-Reihe durchgeführt. Bei der Analyse einer Ganzschrift wäre das mit dem übergreifenden Problem schon schwieriger. Muss ich mir nochmal Gedanken machen...
    Ich könnte mir vorstellen, dass man ein Problem aufwirft, für das die Bearbeitung der einzelnen Motive notwendig ist o.Ä.

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