Hilfe - Kind lebt in einer anderen Welt

  • Hallo,


    komischer Titel, ich gebs zu, aber mir ist nichts Besseres eingefallen.
    Ich brauche einfach mal euren Rat und eure Meinungen:
    Wie manche vielleicht wissen, habe ich zur Zeit ein 1. Schuljahr. Ein Mädchen dieser Klasse macht mir inzwischen immer wieder heftigste Sorgen:
    Sie scheint in einer völlig anderen Welt zu leben und bekommt nichts mit. Das geht sogar so weit, dass ich die Kinder nach der Pause in die Klasse hole, sie die letzte in der Reihe war und nicht mitkriegt, dass vor ihr alle schon gegangen sind 8o Oder sie (wieder letzte in der Reihe, weil sie eben immer spät oder gar nicht mitbekommt, was abgeht) bleibt alleine mit dem Turnbeutel in der Hand auf dem Flur zurück, weil sie nicht mitkriegt, dass alle vor ihr schon zur Turnhalle gehen 8o Zu Beginn war es z.B. mit Sitzkreisen im Klassenraum das Gleiche: ein Kind sitzt noch einsam am Tisch...(das ist inzwischen etwas besser geworden). Wenn ich sie anspreche, guckt sie erst noch Sekunden durch mich durch, bevor sie wieder "landet"
    Natürlich geht jede Neueinführung völlig an ihr vorbei und sie braucht immer noch eine Privateinführung. Auch bei Arbeitaufträgen (egal ob nur mündlich oder zusätzlich an der Tafel visualisiert) sitzt sie oft wütend weinend am Platz und herrscht mich dann vorwurfsvoll an: "Ich weiß gar nicht, was ich machen soll". Arbeits- und Wochenpläne kriegt sie allein überhaupt nicht organisiert. Auch wenn ich ihr direkt vorschlage, womit sie anfangen soll, kann sie eine Stunde vor dem aufgeschlagenen Heft verbringen und träumen. Alle Worte, die ich an die Klasse insgesamt richte (Schreibt jetzt eure Hausaufgaben auf! oder "Bringt eure Schnellhefter nach vorne") erreichen sie nicht. Ich darf auch nicht fragen: Ein Heft fehlt noch, wer hat es mir denn gerade nicht nach vorne gebracht? Sondern: "Name, hast du mir dein Heft gerade auch abgegeben?" Antwort: "Weiß ich nicht....".
    Bei alle dem ist sie nicht dumm. Sie konnte z.B. schon viele Buchstaben und fast lesen, als sie zur Schule kam (rechnet allerdings noch immer mit Fingern bzw. Hilfsmitteln). Allerdings entwickelt sie sich nicht wirklich weiter. Wie auch?
    Sie ist künstlerich ein Phänomen und malt Bilder, die vor Bewegung und Detailverliebtheit nur so strotzen. Unglaublich. Oft schreibt sie auch ihre Hausaufgaben so auf, dass sie die Zahlen und Zeichen für Hefte etc durch Augen, Beine und Füße zum Leben erweckt. (dauert dann natürlich schnell mal 20 Minuten). Wenn wir in Sport Spiele machen, bei denen es darauf ankommt, Situationen zu überblicken (z.B. das Atomspiel), ist sie immer völlig desorientiert.
    Obwohl sie schon im Kindergarten Buskind war, ist es z.B. auch schon vorgekommen, dass sie beim Weg nach Hause, "vergessen" hat, auszusteigen.
    Häufig wirkt sie auch irgendwie müde....
    Auch das Umziehen nach dem Sport funktioniert nur halbswegs, wenn ich in kurzen Zeitabschnitten reinschneie und sie "erinnere". Sonst sitzt sie mit Hose auf halbacht auf der Bank und träumt (ich muss "drängeln", weil sie zum Bus muss)
    Was mir sonst noch auffällt: sie weint sehr schnell wegen "Nichtigkeiten" (hat keinen Löffel für ihren Joghurt dabei o.ä.) und brüllt und schreit dann über Minuten in extremer Lautstärke. Das hat mir übrigens schon der Kindergarten berichtet und das macht sie zuhause wohl auch (laut Vater, um ihren Willen gegenüber der Mutter durchzusetzen)
    Sie hat keine Geschwister, eine Freundin im zweiten Schuljahr, aber keine Freundinnen in der Klasse. Zum einen geht sie selbst nicht auf die anderen zu, zum anderen können die anderen Kinder nicht viel mit ihrem Erzählen (kann man schwer beschreiben, das fällt auch irgendwie so anlasslos vom Himmel) anfangen. Lediglich mit einem Jungen aus der Klasse trifft sie sich gelegentlich nachmittags. All meine Versuche, sie auch mit den anderen Mädchen zusammenzubringen, sind bisher gescheitert. Allerdings ist sie auch wirklich irgendwie "anders" und ich weiß selbst noch nicht so recht, wie z.B. ein gemeinsames Spielen während der Pause aussehen könnte. An den Spielen der anderen Mädchen (zur Zeit oft Seilchenspringen, Pferdchen spielen, Fangen) hat sie nämlich kein Interesse.
    Tja, eigentlich ganz klar, dass dringend etwas passieren muss. Ganz offensichtlich hat das Mädchen ganz große Schwierigkeiten mit der Konzentration und Aufmerksamkeit. Nun aber das Problem hinter allem (und der Grund, warum nicht schon vor Monaten mehr getan wurde, um hinter das alles zu steigen): meine einzige Ansprechperson ist aus verschiedenen Gründen der Vater. Und alles, was er dazu zu sagen hat ist, dass er das alles nicht so schlimm findet und selbst auch so war (das ist das Hauptargument) und dass er seiner Frau auch immer sagt, das Kind solle nicht so viel fernsehen X(
    Dabei wird sie zuhause keinesfalls vernachlässigt. Die Mutter ist Hausfrau. Der Vater ruft schon mal in der Schule an, wenn ihr z.B. ein Heft fehlt (oder sie fälschlicherweise zuhause erzählt hat, es sei schulfrei) und sie ist immer sehr ordentlich und liebevoll gekleidet und frisisiert.
    Tut mir Leid, das das jetzt so lang und nicht ganz durchformuliert geworden ist. Ich weiß einfach nicht so recht, wie ich am besten mit dem Mädchen umgehe. All meine bisherigen Vorgehensweisen (Aufmerksamkeit, Lob, Geduld aber auch schon mal Druck) gingen an ihr vorbei. Ich merke auch langsam, dass ich mit ihr immer ungeduldiger werde :(
    Eigentlich denke ich, dass sie erstmal professionelle, ärztliche Hilfe braucht. Aber was wäre da das Richtige? Ergo? Und vor allem: was kann ich machen, wenn die Eltern nicht mitziehen??? Erschwerend kommt hinzu, dass das Kind in einem kleinen Dorf lebt (hier wird es also den passenden Arzt nicht geben), der Vater arbeitet und die Mutter keinen Führerschein hat.
    Ich weiß, dass es schwierig ist, so aus der Ferne Tipps zu geben, wäre aber für jeden dankbar, der mir mit seinen Gedanken vielleicht neue Wege aufzeigt. Was meint ihr?
    Sich hilflos fühlend
    Ronja ?(

    Jeder Tag, an dem du nicht lächelst, ist ein verlorener Tag.

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  • Hallo,
    ganz spontan fällt mir da ADS hypoaktiv ein.Das sollte zunächst in einer guten Praxis abgeklärt werden.


    Vielleicht kommen ja noch andere Ideen......


    LG Jutta

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Ronja,
    leider kenne ich mich mit Grundschulkindern nicht so gut aus, aber auf Grund deiner Beschreibung fiel mir ein Kind ein, dass wir mal bei den Pfadfindern hatten. Ein blasses, kleines, zierliches Bürschchen, etwa acht Jahre alt, sehr fantasievoll, gut im Rechnen, aber bei den Dingen des Alltags total hilflos und überfordert. Beispielsweise blieb er beim Essen, wenn man ihn aufgefordert hatte, sein Besteck zu holen, erstmal stehen und träumte vor sich hin, bis man ihn dann wiederholt aufforderte. Wenn er dann das Besteck nicht sofort fand, gab es große Tränen. Da wir allein mit dem Kerlchen auf einem 14tägigen Lager waren, musste uns etwas einfallen, denn RundumdieUhr-Betreuung ist zuviel verlangt und spätestens, als er eingenässt hatte, lagen bei uns die Nerven blank. Aber nach Hause wollte er auch nicht (bzw. seine Mutter wollte ja, dass er bei uns selbständig wird :rolleyes: )
    Also hat ihn am nächsten Tag mal keiner aufgefordert, sein Eßbesteck zu holen- er ist schmollend und brüllend ins Bett (obwohl es uns ferne lag, ihn hungern zu lassen, der Essenstopf stand noch bis spät in die Nacht da)- am nächsten Tag holte er dann plötzlich ganz selbständig und ohne zu träumen sein Besteck.
    Als die Mutter ihn abholte, meinte sie, er sei zu Hause nie so- allerdings half sie ihm bei sehr viel- aber später kam dann raus, der Junge war auf seinen kleinen Bruder (fast noch ein Baby) eifersüchtig - und wollte, da er es daheim nicht durfte, in der Welt draußen das Baby sein, das von allen umsorgt und umhegt wird.
    Hab wie Jutta in deinem Fall auch an ADS gedacht, aber könnte es nicht auch sein, dass die Kleine zu Hause zuviel umsorgt wird?
    Lg, Hermine

  • Ich hatte auch einmal so einen Schüler - er wäre 4 Stunden gesessen und hätte in die Luft geschaut, wenn man ihm nicht alles vorgelegt hätte. Er ist uns auch 2mal falsch abgebogen - vom Spielplatz nicht in die Schule sondern in den Hort und einmal von der Bücherei in die Schule statt auf den Spielplatz - er merkte nicht, dass alle vor ihm wo anders hingingen.
    Nach einem halben Jahr wurde dann der Antrag auf sonderpädagogischen Förderbedarf gestellt, er blieb als Integrationskind in der Klasse. Ich habe damals auch viel über ADS gelesen - er war sehr ruhig, freundlich, aus bester Familie, konnte gut erzählen (sogar in der Mitvergangenheit), aber nicht gut schreiben und rechnen.
    Er "hörte" Anweisungen an die Klasse nicht, aber jedes Geräusch von der Straße.
    Er selbst sprach oft von einer "Wand", die um ihn herum ist - hat er aber vielleicht bei der Therapie gehört. Die Eltern ließen eine Ergotherapie machen. Einmal war ich mit im Therapiezentrum, da war er wie ausgewechselt, lief ständig im Kreis.
    Autismus wurde auch von einem Arzt vermutet, hat sich aber nicht bestätigt. Irgendwie waren alle ratlos.
    Das hat dir jetzt nicht viel geholfen, aber mit ist sofort dieser Schüler eingefallen - vielleicht können die Eltern zu einer Psychologin gehen?
    LG, inschra

  • Ja, ADS war natürlich auch einer meiner ersten Gedanken - und auch heute kommt er mir noch häufig. Es spricht sehr viel dafür... -
    allerdings stellt sich mir die Frage, wie es, mal angenommen ich äußere diese Vermutung gegenüber den Eltern - mit der Kleinen weitergehen soll. Ein bekannter Kinderarzt in der Nähe ist leider auch dafür bekannt, dass er erstmal allen, die mit einem solchen Verdacht zu ihm kommen, Retalin verordnet. Gut, es wird wohl auch noch andere Kinderärzte in der Nähe geben... Trotzdem möchte ich ja nur das Beste für das Mädchen und Retalin sehe ich echt zwiegespalten. Einerseits habe ich schon zwei Kinder (unter mehreren, die es erhalten haben allerdings) erlebt, denen es im Alltag sehr geholfen hat, andererseits sehe ich immer wieder, dass es dann heißt "jetzt fluppts und gut". Das kann es ja auch nicht sein. Gut, letztendlich müssen die Eltern ja die Entscheidung treffen und speziell diese würde sich wohl auf die Ärzte verlassen.
    Mal angenommen es wäre die in sich gekehrte Form von ADS - was kann ICH denn tun (außer die Eltern zum Arzt zu schicken?). Und habt ihr schon mal erlebt, das ADS diagnostiziert wurde und man auch ohne Retalin erfolgreich therapiert hat? Alle "kleinen" Tipps, die ich dem Vater schon gegeben habe (im Bezug auf einen geregelten Ablauf z.B. beim Anziehen) scheinen nicht wirklich zu fruchten. Sie arbeitet übrigens auch in der Schule nicht wirklich besser, wenn ich sie alleine in einen Nebenraum schicke....
    Zum Verwöhnen zuhause. Kann schon sein, dass Mutter und Oma sie verwöhnen (ich weiß es aber nicht). Der Vater scheint eher ziemlich streng zu sein...
    Im Übrigen ist es natürlich nicht so, dass ich ihr alles abnehme und für sie übernehme. Ich habe echt schon so manche Situation "ausgehalten". Genützt hat es allerdings nichts...
    Schon mal vielen Dank für die zwei Beiträge. Weiter dankbar für Denkanstöße und Tipps
    Ronja

    Jeder Tag, an dem du nicht lächelst, ist ein verlorener Tag.

    Einmal editiert, zuletzt von Ronja ()

  • Nicht jede ADS- Form muß mit Ritalin behandelt werden.
    Aber das kann man als Laie nicht beurteilen und deshalb würde ich mich vorher genau erkundigen, welcher Arzt evtl. in Frage käme.Wenn du jetzt schon weißt, daß der besagte Arzt zuu schnell diagnostiziert- lieber Finger weg.Es sind schon zu viele Fehldiagnosen gestellt worden.Wichtig ist z.B. auch, daß ein EEG gemacht wird, um evtl. Epilepsie auszuschließen.
    Ritalin ist für einige Kinder ein Segen.Andere widerum bekommen Bauch-- und Kopfschmerzen o.a. von diesen Tabletten.Deshalb ist die richtige Diagnose sehr wichtig.Es gibt auch ADS- Kinder, die ohne Tabletten klar kommen.Das ist aber von Fall zu Fall verschieden.


    LG

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Ronja,


    wir haben z.Zt. einen Jungen im ersten Schuljahr, der genau die Verhaltensweisen zeigt, die du beschreibst. Zusätzlich nässt er ein, wenn ihm der 'Stress' zu viel wird. Wir haben zum Glück ein Krankenhaus mit einer Kinder- und Jungendpsychiatrie in der Nähe. Dort wird er nun untersucht. Wenn du über das Telefonbuch keine entsprechenden Ärzte findest, würde ich mal den schulpsychologischen Dienst anrufen und nach Adressen fragen. Den Eltern musst du klar machen, dass hier eine ernste Sache verschleppt wird. Spätestens, wenn du Noten geben musst, stehen die nämlich bei dir auf der Matte und klagen an! (hab da ja so meine Erfahrungen gemacht ...)


    Als Ferndiagnose würde ich auch auf eine Form von ADS tippen. Es könnte aber auch eine Schwerhörigkeit sein (Tiefenhöhren überprüfen Kinderärzte nicht!) oder eine Sehbehinderung, die das äüßere Gesichtsfeld betrifft. Wenn sie gut zeichnen kann, fällt ihr der Nahsichtbereich leicht und sie konzentriert sich darauf, weil sie sich dort sicher fühlt.


    Vielleicht findest du hier noch Anhaltspunkte:
    http://www.medizinfo.de/kinder/entwicklung/start.htm
    http://www.schulpsychologie.de/
    http://www.kinderpsychiater.org/kinderpsychiatrie.htm
    http://www.avws-bei-kindern.de/
    http://www.autismus-nordbaden-pfalz.de/schule.htm
    http://www.xyz.at/xyz/index.php


    Gruß Talida

  • Ich denke, dass unbedingt der Grund für dieses Verhalten zu finden ist.
    Natürlich habe ich auch sofort an AdS - gedacht, aber es sollte auch eine Epilepsie ausgeschlossen werden (das Kind einer Freudin leidet darunter und der behandelnde Arzt sprach davon, dass es sogar Fälle gäbe, bei denen Kinder in Diktaten Lücken hätten, und erst dadurch die Epilepsie erkannt wurde. Erst nachdem schlimmste Ursachen ausgeschaltet wurden, kann man auch andere Sachen wie Kiss, Wahrnehmungsprobleme, Hörverarbeitungsprobleme, in Betracht ziehen.


    Wie auch immer - es ist Sache der Eltern, das zu veranlassen. Du kannst nur darauf aufmerksam machen und allenfalls eine geeignete Klinik empfehlen - ich denke Ansprechpartner ist zuerst der Kinderarzt, der in eine Kinderambulanz verweisen müsste.
    Ansonsten bleibt dir nur die Eröffnung eines Verfahrens zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs - zu dem ja auch eine ärztliche Untersuchung gehört - vielleicht nicht mit dem Ziel, eine Sonderschule einzuschalten, sondern, um die Eltern dazu zu bringen, sich zu kümmern oder zu veranlassen, dass sich schulische Instanzen kümmern.
    Hoffe, dass du die Eltern von der Notwendigkeit einer ärztlichen Untersuchung überzeugen kannst.
    flip

  • Hallo Ronja!
    Ich habe auch so ein Mädchen im 1. Schuljahr. An Karneval hat sie sich als Elfchen verkleidet, das passte ganz genau.
    Ich stehe momentan mit dem Kinderarzt in engem Kontakt, weil er auch ADS vermutet hat. Es soll aber erstmal ohne Medikamente versucht werden und Untersuchungen bei einem Neurologen stehen auch noch aus.
    Sie sitzt jetzt direkt vor meinem Pult und wenn ich etwas neu erkläre, dann halte ich Blickkontakt zu ihr. Total süß finde ich, dass die Mama ihr einen Marienkäfer aus Plastik in ihr Mäppchen getan hat, der sie ans Aufpassen erinnern soll. Die Kinder haben ihr Mäppchen immer offen auf dem Tisch liegen, also wird sie oft daran erinnert.
    Alles Liebe
    Tamina

  • Zitat

    An Karneval hat sie sich als Elfchen verkleidet,


    "Meine war Prinzessin" - das passte auch wie Faust aufs Auge.


    Durch eure Beiträge fühle ich mich weiter darin bestärkt, dass etwas "passieren" muss....


    Was ich noch nicht erwähnt hatte: Das Kind ist zwar in Deutschland aufgewachsen und spricht perfekt Deutsch - die Eltern aber nicht. Mit dem Vater kann man sich einigermaßen verständigen, die Mutter fängt jetzt erst langsam an, Deutsch zu lernen. Deshalb ist es für mich ja auch so schwierig, den Eltern meine Beobachtungen und Sorgen deutlich zu machen. Außerdem habe ich Bedenken, dass diese Sprachprobleme zu einem Problem werden, wenn es um Arztbesuche, Diagnosen und Entscheidungen geht...
    Gegen das Sonderschulverfahren sträubt sich ehrlich gesagt bei mir selbst alles: Klar, sie bräuchte im Prinzip am besten eine Einzelbetreuung, aber ich habe das Glück eine kleine Klasse zu haben und da sie auf jeden FAll nicht dumm ist, kommt sie bisher auch gut mit (im Schreiben und Lesen sowieso, ihre Probleme liegen eher im Mathematischen). Allerdings braucht sie natürlich EWIG. Ein oder zweimal hat sich mich allerdings auch schon überrascht: einmal bei einem Rechentest (von fünfen allerdings) und einmal bei einem Schleichdiktat: da war sie auf einmal unter den Ersten fertig und hat die Aufgaben auch gut erledigt...
    Ich denke das Hauptproblem ist, dass die Eltern - ich habe ja schon mehrfach meine Sicht der Dinge geschildert - keinen Handlungsbedarf oder Grund zu Besorgnis sehen. "Sie ist genau wie ich früher". X(
    Übrigens ist sie auch noch Antragskind gewesen (allerdings nur einen guten Monat zu jung)....
    Und vielleicht auch noch interessant: sie ist ansonsten kein stillles Kind. Sie kommt morgens z.B. schon angelaufen und erzählt mir etwas (z.B. Mitten im Winter: "Du, ich habe einen Euro und wenn dann bald im Sommer wieder der Eiswagen kommt, hole ich mir dafür Stracciatella")
    Also würdet ihr sagen, dass ich den Eltern am besten einfach rate, sich erstmal an den Kinderarzt zu wenden? Gut fände ich ja, wenn der sich dann noch mal wieder an mich wenden würde.... Ich glaube nämlich, dass man z.B. in so einem Zweiergespräch die eigentlich Problematik nicht feststellen kann (da wirkt sie evtl. sogar recht aufgeweckt) und bezweifle, ob die Eltern das Problem richtig schildern können (sprachlich).
    Ganz neu ist für mich der Gedanke mit der Epilepsie. Epilleptische Anfälle "kenne" ich natürlich vom Hörensagen. Aber wie kann sich Epilepsie auf die Aufmerksamkeit auswirken? Das hieße, das Gehirn setzt einfach immer mal wieder aus, oder wie? Tut mir Leid, ich kenne mich da so gar nicht aus.
    Danke für Mitdenken
    Ronja

    Jeder Tag, an dem du nicht lächelst, ist ein verlorener Tag.

  • Hallo,


    nochmals die Meinung einer wirklich erfahrenen Kinderärztin zur medikamentösen Behandlung mit Ritalin:


    http://www.manmed.de/seiten/th…al/kinder/ads/ads_de.html


    Sie ist nicht die Einzige mit ihrer Sichtweise, aber leider noch in der Minderheit, da die Pharmaindustrie enorm hinter Ritalin steht.


    Nachdem ich als Mutter eines teilweise ähnlich auffälligen Jungen seit vier Jahren viel über ADS, Entwicklungsstörungen und Gehirnforschung gelesen habe, ist ADS für mich nur ein Sammelbegriff geworden, ein Ergebnis von Entwicklungsstörungen.


    Auch Epilepsie und Autismus hängen damit zusammen, es sind Folgen davon. Diese Kinder fühlen sich u.a. überladen von Sinnesreizen und können dadurch Anfälle bekommen oder sich völlig zurückziehen.


    Meine Erfahrung ist, dass die wenigsten Schulmediziner sich wirklich auskennen - leider. Ich würde mit meinem heutigen Wissen nicht mehr zu einem Schulmediziner gehen, es sei denn, ich wüsste, dass er auf dem Wissensstand z.B. von Kinderärztin Frau Dr. Halfmann ist.


    Diese Seiten


    www.paepki.de
    www.let4kids.de
    www.INPP.de
    http://www.samuelhahnemann.de/…cklungsverzogerungen.html
    www.kiss-kid.de


    geben Auskunft über die m.E. wirklichen Ursachen. Dort gibt es auch Therapeutenlisten. Leider bezahlt die Krankenkasse meistens nicht.


    Rufe doch in der Abteilung ANKe in Wetzlar Frau Beigel, eine Kollegin von dir an. Sie kennt sich bestens aus und gibt auch gern Auskunft.


    http://ankewz.bei.t-online.de/anke.htm


    Gruß Erika

    "Die Lehrer bezeichnen Lesen, Schreiben und Rechnen als Grundlagenfächer. In Wirklichkeit handelt es sich aber bei diesen Lehrstoffen bereits um sehr komplexe Prozesse, die sich nur bei einer einwandfreien geistigen Verarbeitung der durch die Sinnesorgane aufgenommenen Wahrnehmung erlernen lassen." A. Jean Ayres

  • Hallo Ronja,


    ich befürchte, ein KiA ist da nicht die richtige Anlaufstelle, sofern er nicht gleichzeitig noch Psychologe oder Psychiater ist. Bei dem wie mir scheint doch begründeten Verdacht auf ADS muss die diagnostische Abklärung unbedingt aus Kinder- und jugendpsychiatrischer sicht erfolgen. Halte dich lieber an eine kinder- und jugendpsychiatrische Einrichtung oder verweise an den schulpsych. Dienst.
    Die Rücksprache mit dem KiA o.ä. ist auch nur möglich, wenn die Eltern diesen von seiner Schweigepflicht entbunden haben.
    Habt ihr evtl an eurer Grundschule Sonderpädagogen im GU, mit denen du dich beraten könntest?


    LG

  • Hallo Ronja,
    wenn man das Wort "Epilepsie" hört, bekommt man häufig erst mal Panik.Um das ganze aber sachlich anzugehen:
    Zunächst eine gute Praxis oder Klinik mit der Abteilung Neurologie ansteuern.
    Dort wird bei Verdacht auf ADS auch ein EEG stattfinden- eben genau aus dem Grund, eine Epi auszuschließen.
    Bei einer Epilepsie gibt es z.B. die Form der Rolando- Epi.Das ist eine gutartige Epi, die sich häufig in der Pubertät auswächst.Sie macht etwa 5-10% aller Epilepsien des Kindesalters aus.Manche dieser Kinder haben Verhaltensauffälligkeiten oder auch Wahrnehmungsstörungen, Konzentrationsschwächen, Störungen des Tempos usw.Kinder können unter Rolando "leiden", ohne es zu wissen, denn es müssen KEINE Anfälle auftreten.Allerdings besteht die Bereitschaft dazu.
    Wenn ein Kind Epilepsie hat, können "Aussetzer" auftreten, die von der Umwelt evtl. nicht wahrgenommen werden.
    Wie gesagt- abklären hilft, so manche Grübeleien einfach schon mal beiseite legen zu können.
    Ich hoffe, ich konnte dir weiterhelfen.


    LG Jutta

  • Hallo Ronja,
    wenn man das Wort "Epilepsie" hört, bekommt man häufig erst mal Panik.Um das ganze aber sachlich anzugehen:
    Zunächst eine gute Praxis oder Klinik mit der Abteilung Neurologie ansteuern.Das macht KEIN normaler Kinderarzt.
    Dort wird bei Verdacht auf ADS auch ein EEG stattfinden- eben genau aus dem Grund, eine Epi auszuschließen.
    Bei einer Epilepsie gibt es z.B. die Form der Rolando- Epi.Das ist eine gutartige Epi, die sich häufig in der Pubertät auswächst.Sie macht etwa 5-10% aller Epilepsien des Kindesalters aus.Manche dieser Kinder haben Verhaltensauffälligkeiten oder auch Wahrnehmungsstörungen, Konzentrationsschwächen, Störungen des Tempos usw.Kinder können unter Rolando "leiden", ohne es zu wissen, denn es müssen KEINE Anfälle auftreten.Allerdings besteht die Bereitschaft dazu.
    Wenn ein Kind Epilepsie hat, können "Aussetzer" auftreten, die von der Umwelt evtl. nicht wahrgenommen werden.
    Wie gesagt- abklären hilft, so manche Grübeleien einfach schon mal beiseite legen zu können.
    Ich hoffe, ich konnte dir weiterhelfen.


    LG Jutta

  • Ich denke, dass der Kinderarzt wirklich zuerst aufgesucht werden muss - es sei denn, das Kind ist privat versichert - er muss die Überweisung in eine Kinder- und Jugendambulanz schreiben. Parallel dazu könnten sich die Eltern und du als Lehrerin unterstützend schon mal um einen Vorstellungstermin bemühen - bei uns dauert die WArtezeit recht lange.
    Hast du schon mal versucht, über das Schulamt einen Dolmetscher zu bekommen? Bei Eröffnung eines VO-SF steht der einem zu - was sehr wirksam in einem meiner Fälle war, denn die Mutter konnte endlich mal Stellung beziehen
    fliip

  • Zitat

    Habt ihr evtl an eurer Grundschule Sonderpädagogen im GU, mit denen du dich beraten könntest?


    Ne, leider nicht.


    Auch der schulpsychologische Dienst steht nicht wirklich zur Verfügung..


    Es wird wohl für den Anfang erstmal darauf hinauslaufen, dass jemand von der Erziehungsberatungsstelle (eine Psychologin) - das Einverständnis der Eltern vorausgesetzt - zu mir in den Unterricht kommt, um das Mädchen erstmal zu beobachten, mir dann Ratschläge für den Umgang und ein evtl. weiteres Vorgehen zu geben.
    Ich denke, das ist erstmal ein Anfang...
    Heute war sie übrigens ziemlich wach, hat sie mündlich beteiligt, nicht sooo langsam gearbeitet und ohne Extraaufforderungen ihr Heft zu mir gebracht. Ist ja oft so, das - wenn man dann etwas anleihert - sich die Situation gar nicht mehr sooo schlimm darstellt.
    Ich möchte auch noch mal betonen, dass ich mir um ihre Leistungen (noch) keine Sorgen mache. Da habe ich ganz andere Kandidaten. Vielleicht sehe ich das ja - mangels Berufserfahrung falsch - aber warum sollte ich dann (zumal sie auch nicht erziehungsschwierig ist) ein Sonderschulverfahren einleiten????? Ich sehe das eher so, dass sie ein in irgendeiner Weise gesundheitliches Problem hat, das es anzugehen gilt. Vermutlich könnten wir uns sogar so durch die Grundschulzeit "wurschteln" - aber irgendetwas scheint da ja zu sein. Und mehr Aufmerksamkeit würde ihr und mir das Leben einfach absolut erleichtern.
    Kleine Witzigkeit am Rande: sie hatte heute eine LEBENDE Schnecke (Schneckenhäuser sammeln kennt man ja) in der Hosentasche und es fiel ihr schwer einzusehen, dass diese sich da trotz der extra hinzugesteckten Blätter nicht wohl fühlen wird ;)
    Danke an alle Poster - ich werde euch auf dem Laufenden halten
    Ronja

    Jeder Tag, an dem du nicht lächelst, ist ein verlorener Tag.

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