Du wirst auf diese Frage wahrscheinlich keine befriedigende Antwort bekommen, denn es gibt wenig Menschen, die ein Ref sowohl in Bayern wie in einem anderen Bundesland gemacht haben.
Mich gibt es! Ich habe mein Ref nach dem 1. Ausbildungsabschnitt (= 1 Semester) abgebrochen und jetzt in Hessen noch einmal neu angefangen. Das Ref in Hessen ist ein Spaziergang verglichen mit Bayern!
- In Bayern sitzt dir immer dein Ausbilder ("Seminarleiter") im Nacken. Du musst ihm jede Stunde schriftlich dokumentieren und dich rechtfertigen, wenn etwas nicht passt.
- Du musst abwechselnd mit deinen Fachkollegen regelmäßig fachdidaktische Veranstaltungen ("Fachsitzungen" und andere Sitzungen) protokollieren. Ist belastender als es klingt! Das Protokoll musst du dem SL geben und etwaige Beanstandungen verbessern.
- Du hast im 2. Ausbildungsab. (2.-3. Semester) mindestens 16 Stunden eigenverantwortlichen Unterricht, wie meine Vorredner schon erwähnten. Meines Wissens hat nur NRW eine annähernd vergleichbare Arbeitsbelastung.
- Die Ausbildungsgruppe muss sich gegenseitig bei ihren ersten Lehrversuchen hospitieren, sodass nach wenigen Wochen eine klare Rangfolge festliegt, wer der (oder eher die) Beste und wer der Schlechteste ist. Diese Rangfolge wird auch später in den Lehrprobennoten wieder zu finden sein.
- Unterrichtsbesuche sind zwar unbenotet aber auch unangekündigt. Du kannst also nie unvorbereitet oder mit eigenwilligen Methoden in eine Stunde gehen.
- Im Großraum München gibt es viele karrieregeile, machthungrige Snobs, die dir entweder direkt, meist aber über deine Vorgesetzten die Hölle heiß machen, wenn sie den Eindruck haben, dass ihre Kinder nicht optimal gefördert und/oder ungerecht behandelt werden (z.B. eine 2 statt einer 1 bekommen).
- Die bayerischen Seminarleiter sind so selektiert, dass sie meistens sehr strebsame Arbeitstiere sind, die mit anders gearteten Persönlichkeiten wenig anfangen können.
Kurzfassung: In Bayern wirst du zum gläsernen Referendar, wirst an der kurzen Leine gehalten, mit Arbeit überhäuft und einer konkurrenz- und selektionsfördernden Atmosphäre ausgesetzt.
Bayern hat aber auch Vorteile und ist zumindest leistungsstarken, belastbaren Referendaren durchaus zu empfehlen. In Hessen vermisse ich oft Dinge, von denen ich froh bin, dass ich sie in Bayern gelernt habe.
- Die Ausbildung ist effektiv und effizient gestaltet. Sie enthält bezüglich der Seminarveranstaltungen also nur wenig Überflüssiges.
- Die intensive Arbeitsbelastung härtet dich für die Belastung in einer späteren Vollzeitstelle ab.
- Die Stammschule ist deine alleinige Ausbildungsinstitution. Die Fahrerei zu einem zentralistisch organisierten Seminar entfällt.
- Du bekommst alles Wichtige vorgekaut, was man sich in Hessen mühsam zusammensuchen und erfragen muss oder einfach nicht mitbekommt.
- Vom Hören-Sagen sollen wohl die theoretischen Abschlussprüfungen nicht so schwer sein.
- Bayern nimmt fast jeden Referendar auf. Zumindest bei Einheimischen gilt das sogar wenn du vorher abgebrochen hast.
Fazit: Wenn dein 1. StEx besser als -- sagen wir 2,3 ist, brauchst du dir keine Sorgen machen. Unangenehm wird es wahrscheinlich trotzdem.
PS.:Wenn ich noch in Bayern wäre, hätte ich jetzt keine Zeit, mit euch zu plaudern -- und das obwohl in Bayern jetzt Ferien sind und in Hessen nicht.